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IZ3W/283: Ute Bock - Die Geschichte einer Flüchtlingshelferin


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe Nr. 331 - Juli/August 2012

Cornelia Krebs:
Ute Bock
Die Geschichte einer Flüchtlingshelferin.

Molden Verlag, Wien/ Graz/ Klagenfurt 2010. 192 Seiten, 19,95 Euro.

Buchvorstellung von Natalie Plhak



40 Jahre im Geschäft

Warum Ute Bock in Wien oft »Ikone der Zivilgesellschaft« genannt wird, ist dank der Geschichte einer Flüchtlingshelferin von Cornelia Krebs schnell erklärt. Gegen alle Widerstände durch die sich ständig verschärfende österreichische Asylpolitik setzt sich Bock unermüdlich für Flüchtlinge ein. Menschen, die auf die Entscheidung über ihren Asylantrag warten oder deren Anträge bereits negativ entschieden wurden, landen in Österreich oft auf der Straße. Flüchtlingsheime werden geschlossen mit der Begründung, man brauche sie nicht. Verschärft wird die Lage vieler Flüchtlinge dadurch, dass Asylverfahren oft mehrere Jahre dauern und angekündigte Abschiebungen manchmal jahrelang hinausgeschoben werden. Die Ungewissheit und die permanente Angst treiben die Betroffenen an und über die Grenze der psychischen Belastbarkeit. Ute Bock unterstützt sie, wo es nur geht.

Dass es immensen Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten und Notschlafstellen gibt wird klar, wenn man Ute Bock besucht. Sie wohnt, nein lebt in ihrem Vereinslokal. Das Haus im zweiten Wiener Gemeindebezirk ist stets überbelegt mit Flüchtlingen, die Unterstützung suchen. Bock gibt ihnen Obdach und vermittelt Schlafplätze - wenn es sein muss, für ganze Familien. Weil die Möglichkeiten anderer NGOs bei weitem nicht ausreichen, hat Bock mittlerweile über hundert Wohnungen in Wien angemietet. Zudem bietet ihr Verein Rechts- und Sozialberatung in zahlreichen Sprachen an, organisiert Kleiderspenden, bietet Deutsch- und Alphabetisierungskurse, ermöglicht Kindern den Schulbesuch und finanziert ganze Ausbildungen, inklusive Hochschulabschlüssen. Sogar Krankenversicherungen werden organisiert. Ist dies nicht möglich, vermittelt Ute Bock einen Besuch bei ÄrztInnen, die kostenlos behandeln. »Wenn man über 40 Jahr' im Geschäft is', kennt ma' sich halt«, kommentiert Ute Bock ihr Netzwerk an unzähligen UnterstützerInnen.

Monatlich gibt sie nach eigenen Angaben etwa 50.000 Euro für Mieten, Stromrechnungen, Lebensmittel, Bildung, Fahrscheine und andere alltägliche Bedürfnisse aus. Das funktioniert nur, weil ihr eigenes unermüdliches Engagement andere zur Unterstützung motiviert. Hans Peter Haselsteiner, Vorstandsvorsitzender eines großen Bauunternehmens, rettete Bock im Sommer 2008 vor dem Konkurs und unterstützt sie seither mit substantiellen Beträgen.

Warum im sonst so verhaltenen Wien gelegentlich der Ruf »Bock for President« laut wird, ist nach der Lektüre von Cornelia Krebs' Buch verständlich. Ausgehend von Interviews mit der Protagonistin beschreibt die Journalistin den alltäglichen Wahnsinn von nächtlichen Abschiebungen durch die bis an die Zähne bewaffnete Fremdenpolizei, Ute Bocks bitteren Sarkasmus und ihre Solidarität gegenüber jenen, die in diesem Leben nicht auf der Schokoladenseite gelandet sind.

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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 331 - Juli/August 2012

Restitution geraubter Gebeine
Koloniale Sammelwut

Schädel und Gebeine, die in Kolonien geraubt wurden - dieses Thema mag auf den ersten Blick abseitig erscheinen. Doch die derzeitigen Rückgabeprozesse bringen die gesamten vergangenheitspolitischen Defizite im Zusammenhang mit der kolonialen Gewalt auf die Agenda.

Vor über 100 Jahren brachten deutsche Wissenschaftler zahlreiche Schädel und Gebeine etwa aus "Deutsch-Südwestafrika" nach Deutschland, auch um damit "Rassenforschung" zu betreiben. Bis heute lagern sie in deutschen Universitätseinrichtungen und Museen. Die Nachfahren der Opfer bestehen auf Rückführung (Restitution) der Schädel ins heutige Namibia, auf offizielle Schuldanerkennung und Reparationszahlungen.

Unser Themenschwerpunkt fragt: Was sind Schädelsammlungen? Was wollen WissenschaftlerInnen heute noch damit? Welche Diskussionen gibt es in den "Herkunftsländern" über die Restitution?

INHALTSÜBERSICHT

Hefteditorial - Ni dieu ni maître

POLITIK UND ÖKONOMIE

Salafismus: Reinheitsgebote
Was macht den Salafismus so attraktiv für Jugendliche?
von Jochen Müller

Mali: Nach dem Militärputsch
Zwischen Tuareg-Rebellion, Islamismus und Kriminalität
von Annette Lohmann

Namibia: Begehrter Brennstoff
Der Uranabbau boomt
von Bertchen Kohrs

Simbabwe: Anatomie des Terrors
Das Mugabe-Regime schüchtert mit Jugendmilizen politische GegnerInnen ein
von Beatrice Schlee

Simbabwe: »Die Täter sind selbst auch Opfer«
Interview mit der NGO Tree of Life

Soziale Bewegung: No Work, No Shopping
Occupy in den USA zwischen Erfolg und Stagnation
von Gerald Whittle

Nordkorea: Die Partei als Königsmacher
Nach dem Tod von Kim Jong Il beginnt eine neue Ära
von Rüdiger Frank

Südkorea: Ein Dorf im Belagerungszustand
In Gangjeong regt sich Widerstand gegen regionale Aufrüstung
von Elisabeth Schober

Myanmar: Neigung zum Autoritären
Der Westen kooperiert wieder verstärkt mit dem Militärregime
von Jörg Kronauer


THEMENSCHWERPUNKT: GERAUBTE GEBEINE

Editorial zum Themenschwerpunkt
Koloniale Sammelwut

Verschleppt - vermessen - vergessen
Die Restitution geraubter Gebeine steht in Deutschland erst am Anfang
von Reinhart Kößler und Heiko Wegmann

»Ethisch höchst fragwürdig«
Interview mit der Anthropologin Maria Teschler-Nicola über Schädel-Sammlungen in Österreich

Unterschiedliche Medienwelten
Der Rückgabeprozess im Spiegel deutscher und namibischer Medien
von Nicolai Röschert

Im Dienst der Wissenschaft
Die Schädel der Alexander-Ecker-Sammlung wurden in deutschen Kolonien beschafft
von Heiko Wegmann

Schädelrassen oder Rassetypen?
Ein Paradigmenwechsel im wissenschaftlichen Rassismus
von Christoph Seidler

Post vom Feldlazarett
Namibische Schädel in Berliner anthropologischen Sammlungen
von Holger Stoecker

Gebeine und Gesetze
Internationale Vereinbarungen zur Repatriierung menschlicher Überreste
von Sarah Fründt

»These skulls are not enough«
Der Restitutionsprozess in Namibia zwischen Vergangenheits- und Interessenpolitik
von Larissa Förster

Der Friedhof der Zwangsarbeiter
Knochenfunde verweisen auf deutsche Kolonialverbrechen in Namibia
von Reinhart Kößler


KULTUR UND DEBATTE

Film I: Einen Platz im Leben suchen
Das Internationale Frauenfilmfestival 2012 zeigt Geschichten des Umbruchs
von Ulrike Mattern

Film II: »Kein Fußbreit den Islamisten!«
Interview mit der tunesischen Filmemacherin Nadia El Fani

Film III: »Call me Kuchu«
Homophobie und queeres Selbstbewusstsein in Uganda
von Isabel Rodde

Medien: Für normale Leute
Das südafrikanische Zeitungsprojekt ZA Difference
von Philipp Mattern

Rezensionen

Szene/Tagungen

Impressum

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Quelle:
iz3w Nr. 331 - Juli/August 2012, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2012