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GLEICHHEIT/5558: USA planen Stationierung von Truppen und schwerem Kriegsgerät an der russischen Grenze


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

USA planen Stationierung von Truppen und schwerem Kriegsgerät an der russischen Grenze

Von Barry Grey
16. Juni 2015


Die USA planen im Rahmen ihrer Vorbereitungen auf einen Krieg gegen Russland, auf unbegrenzte Zeit Panzer und anderes schweres Kriegsgerät sowie bis zu 5.000 US-Soldaten in den baltischen Staaten und anderen osteuropäischen Nato-Mitgliedsstaaten zu stationieren, die früher zur Sowjetunion gehörten oder an deren Peripherie lagen.

Die New York Times hatte am Wochenende über das provokante Vorhaben berichtet. Am Sonntag bestätigte das polnische Verteidigungsministerium, dass es mit Washington über die Stationierung von amerikanischem Kriegsgerät auf polnischem Boden verhandelt. Wie der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak andeutete, hatte er letzten Monat in Washington mit Vertretern des US-Militärs über den Plan diskutiert. Dabei sei ihm versichert worden, dass die Entscheidung bald fallen werde.

Die Stationierung von Panzern, Schützenpanzern, Panzerhaubitzen und anderem Kriegsgerät stellt eine immense Verschärfung der Versuche der USA dar, Russland zu zwingen, ihre Vorherrschaft über Eurasien und die eigene Degradierung auf den Status einer Halbkolonie zu akzeptieren. Sie bringt die bereits jetzt waffenstarrende Region an den Rand eines Krieges, der die ganze Welt in einen atomaren Holocaust stürzen könnte.

Die Politik der USA wird von Wahnsinnigen im Pentagon und der CIA entworfen. Unabhängig davon, welchen Zeitplan sie für einen Krieg festgelegt haben, erhöht die Stationierung von amerikanischem Kriegsgerät und US-Truppen in den baltischen Staaten (Estland, Lettland und Litauen) sowie in Polen, Rumänien, Bulgarien und möglicherweise Ungarn deutlich die Gefahr, dass sich ein relativ geringfügiger Zwischenfall schnell zu einem offenen Krieg entwickelt.

Die Nato hält unter Führung der USA bereits entlang der russischen Westgrenze, vom Polarmeer über die Ostsee bis zum Schwarzen Meer, Militärübungen ab. Sie baut außerdem eine schnelle Eingreiftruppe auf, die in der Lage sein wird, innerhalb von wenigen Tagen gegen Russland loszuschlagen. Es kam bereits zu zahllosen Zwischenfällen zwischen Flugzeugen der Nato und russischen Flugzeugen.

Der jüngste offizielle Zwischenfall ereignete sich letzten Donnerstag. Das Pentagon veröffentlichte am Samstag eine Erklärung, laut der ein russisches Aufklärungsflugzeug über vier Nato-Kriegsschiffe in der Ostsee geflogen war. Eines der Schiffe war der amerikanische Zerstörer USS Jason Dunham. Die anderen Schiffe gehörten Großbritannien, Frankreich und Deutschland.

Gleichzeitig finanzieren und bewaffnen Washington und seine Nato-Verbündeten in der Ukraine ein ultrarechtes und radikal antirussisches Regime, das in den russischsprachigen Regionen im Osten des Landes einen blutigen Bürgerkrieg führt.

Die postsowjetischen Regierungen, die von den USA Waffen und Truppen erhalten sollen, stehen allesamt politisch rechts und sind äußerst instabil. Sie zwingen der Bevölkerung brutale Sparmaßnahmen auf und sind daher mit innenpolitischen Krisen konfrontiert. Diese Lage erhöht die Gefahr, dass eine von ihnen einen Vorwand für einen Krieg schafft, indem sie Russland durch einen inszenierten Vorfall zur Vergeltung provoziert.

Die Times zitierte den lettischen Verteidigungsminister Raimonds Vejonis, der ab Juli das Amt des Präsidenten übernehmen wird, mit den Worten: "Wenn etwas passiert, können wir nicht tage- oder wochenlang auf weitere Ausrüstung warten. Wir müssen sofort handeln."

Der US-Imperialismus setzt die Bevölkerung Amerikas und der Welt einer enormen Gefahr aus, wenn er Waffen und Truppen in diesen Ländern stationiert und ihren Regierungen verspricht, sie in einem Krieg gegen Russland zu unterstützen. Zudem wird all das hinter dem Rücken der Bevölkerung ausgehandelt, ohne öffentliche Diskussionen oder Debatten, und ohne auch nur der Form halber eine Ermächtigung durch den Kongress zu beantragen (die es sicherlich erhalten würde, wenn das Militär sie beantragte).

Präsident Obama hatte sich in einer Rede in Estland während des Nato-Gipfels in Wales im letzten September uneingeschränkt dazu verpflichtet, das US-Militär zur Verteidigung der baltischen Staaten gegen die angebliche Bedrohung durch Russland einzusetzen. Er erklärte: "Als Nato-Verbündete haben wir laut Artikel 5 die Pflicht zur gegenseitigen Verteidigung. Diese Verpflichtung ist unzerstörbar. Sie ist unerschütterlich. Sie ist für die Ewigkeit."

Er betonte, diese Verpflichtung umfasse auch den Einsatz amerikanischer Bodentruppen.

Der Times-Artikel unterstützt zwar den Plan, macht aber deutlich, dass er eine deutliche Eskalation der Offensive der USA gegen Russland darstellt. Die Zeitung schreibt: "Es wäre der wichtigste in einer ganzen Reihe von Schritten, mit denen die USA und die Nato ihre Truppen in der Region gestärkt haben und ihren Verbündeten und dem russischen Präsidenten Wladimir W. Putin signalisieren, dass die USA entschlossen sind, die Nato-Mitgliedstaaten an der russischen Grenze zu verteidigen."

Die Times deutet an, dass der Plan, der vermutlich noch vor dem Treffen der Nato-Minister Ende des Monats von Verteidigungsminister Ashton Carter und der Obama-Regierung formell abgesegnet werden wird, einen Verstoß gegen die Nato-Russland-Gründugsakte von 1997 darstellt. In diesem Dokument hatte die Nato Moskau garantiert, sie werde ihre Osterweiterung nicht benutzen, um Russland militärisch zu bedrohen.

Die Nato hatte u.a. garantiert, sie werde auf dauerhafte Stationierungen von Streitkräften in den osteuropäischen Staaten verzichten, die früher zum sowjetischen Einflussbereich gehört hatten. Die Zeitung schreibt: "Das Abkommen legt auch fest, dass sich die 'Nato und Russland gegenseitig nicht als Gegner betrachten.' Viele Stimmen innerhalb der Nato argumentieren, dass dieser Pakt durch Russlands zunehmend aggressives Vorgehen an den Grenzen der Nato faktisch hinfällig geworden ist."

Wie die Times unter Berufung auf anonyme "amerikanische und verbündete Quellen" schildert, sieht der Plan vor, Ausrüstung für einer Kompanie von etwa 150 Mann in jedem der baltischen Staaten bereitzustellen. Außerdem soll in Polen, Rumänien, Bulgarien und möglicherweise in Ungarn ausreichend Kriegsgerät für ein Bataillon - etwa 750 Soldaten - vorgehalten werden.

"Laut einem ranghohen Militärvertreter würde die Ausrüstung einer ganzen Brigade - offiziell als European Security Set bezeichnet - zirka 1.200 Fahrzeuge umfassen, darunter etwa 250 M1-A2-Kampfpanzer, Bradley-Schützenpanzer und Panzerhaubitzen", heißt es in dem Artikel.

Der Admiral a.D. und ehemalige Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa, James G. Stavridis, erklärte: "Das ist ein nicht unerheblicher politischer Kurswechsel." Er deutete an, dass über weitere Schritte diskutiert werde: "Er gibt nervösen Verbündeten ein ausreichendes Maß an Sicherheit, aber natürlich ist nichts so gut wie dauerhaft stationierte Truppen."

Der Artikel zieht einen bedrohlichen Vergleich zwischen dem Plan und dem Vorgehen des US-Militärs auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und vor dem Einmarsch im Irak. Er vergleicht die Stationierung von schwerem Kriegsgerät in Osteuropa mit der Berlin Brigade, die 1961 während der Krise um die Berliner Mauer entsandt wurde, und mit der amerikanischen Militärpräsenz in Kuwait während der Vorbereitungen für den Irakkrieg im Jahr 2003.

Die Times stellt Washingtons rücksichtslose Eskalation als Verteidigung gegen "mögliche russische Aggressionen in Europa" dar. Diese Behauptung stellt die Realität auf den Kopf.

In Wirklichkeit sind die USA und die Nato die Aggressoren. Die derzeitige Krise begann im Februar 2014 mit dem Maidan-Putsch und dem Sturz der prorussischen Regierung von Wiktor Janukowitsch.

Der Putsch wurde von Washington und Berlin organisiert und von faschistischen Milizen angeführt. Diese verherrlichen die ukrainischen Nationalisten, die im Zweiten Weltkrieg mit der Wehrmacht zusammengearbeitet haben und am Holocaust beteiligt waren. Als die russischsprachigen Ukrainer im Osten des Landes Widerstand gegen die rechtsradikale amerikanische Marionettenregierung in Kiew leisteten, begann diese mit voller Unterstützung durch Washington einen blutigen Bürgerkrieg.

Der Putsch selbst war der Höhepunkt der unablässigen Versuche des US-Imperialismus seit der Auflösung der Sowjetunion 1991, Russland zu isolieren, zu schwächen und einzukreisen und so die Vorherrschaft der USA über die ungeheuren Bodenschätze Eurasiens zu sichern.

Zu dieser Kampagne gehörten die Nato-Osterweiterung in die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes und die baltischen Staaten. Ferner umfasste sie eine Reihe von Aggressionen und Kriegen gegen Russlands Verbündete in Osteuropa und dem Nahen Osten, u.a. den Ersten Irakkrieg (1991), die Auflösung Jugoslawiens und den Krieg gegen Serbien (1999), die "Farbrevolutionen" in Georgien und der Ukraine (2003-2004), den Angriff Georgiens auf russische Streitkräfte (2008), die Sanktionen und Kriegsdrohungen gegen den Iran und die Unterstützung der USA für den Bürgerkrieg gegen das syrische Regime.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 16.06.2015
USA planen Stationierung von Truppen und schwerem Kriegsgerät an der russischen Grenze
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2015

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