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GLEICHHEIT/5517: Russland und China geben gemeinsame Marine-Übungen im Mittelmeer bekannt


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Russland und China geben gemeinsame Marine-Übungen im Mittelmeer bekannt

Von Alex Lantier
5. Mai 2015


Laut Quellen des chinesischen Militärs werden russische und chinesische Kriegsschiffe noch in diesem Monat gemeinsame Marine-Übungen im Mittelmeer durchführen. Diese beispiellose Entscheidung zeigt die starken Spannungen zwischen den Weltmächten. Hervorgerufen werden sie durch den von den USA angeführten und gegen China gerichteten "Pivot to Asia" und das NATO-Kriegstreiben gegen Russland aufgrund der Krise in der Ukraine.

Chinesische Kriegsschiffe werden jetzt erstmals militärische Operationen im Mittelmeer durchführen. Der Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums Geng Yansheng sagte, die chinesische Marine werde Kriegsschiffe hinzuziehen, die derzeit auf Piratenjagd vor der somalischen Küste im indischen Ozean sind. Die russisch-chinesische Flotte von neun Schiffen wird im Mittelmeer Tanken, Begleitung und Schießen mit scharfer Munition üben.

Bei einem monatlichen Briefing am Donnerstag sagte Geng: "Ziel ist es, die freundschaftliche praktische Zusammenarbeit der beiden Länder zu vertiefen und die Fähigkeiten der Marinekräfte zu stärken, mit gemeinsamen Sicherheitsbedrohungen auf See umzugehen".

Chinesische Beamte versuchten den Verdacht zu zerstreuen, dass die Übungen gegen die Vereinigten Staaten oder ihre Europäischen Verbündeten gerichtet seien - keine sehr glaubwürdige Position. Geng verkündete: "Wir möchten festhalten, dass diese Übungen nicht gegen Dritte gerichtet sind und nichts mit der regionalen Situation zu tun haben."

Ein Blick auf die "regionale Situation" zeigt, dass die militärischen Spannungen zwischen den imperialistischen Mächten der NATO einerseits und Russland und China andererseits in Wirklichkeit zunehmen. Für diese Situation ist in erster Linie die aggressive Politik der NATO verantwortlich. Während die NATO in Osteuropa und dem Schwarzen Meer militärische Übungen gegen Russland durchführt, weitet sich der Krieg in der Mittelmeerregion aus. In Syrien wütet ein von den USA geführter Stellvertreterkrieg und Libyen wurde durch die NATO-Intervention gegen das Regime von Muammar Gaddafi 2011 in einen Bürgerkrieg gestürzt.

Russische und chinesische Kriegsschiffe waren bereits während der Kriege in Libyen und Syrien im Mittelmeer aufgetaucht. Während des Kriegs 2011 evakuierten chinesische Schiffe 30.000 Arbeiter aus Libyen. Russische Kriegsschiffe patrouillierten im Jahr 2013 vor der syrischen Küste, um die NATO von Raketenangriffen auf den russischen Verbündeten Syrien abzubringen.

Wenn Moskau und Peking nun Schießübungen mit scharfer Munition vor Europas Küste veranstalten, dient das allerdings dazu, ein politisches Signal an Washington und seine europäischen Verbündeten zu senden. Die Politik der USA birgt die Gefahr eines umfassenden Kriegs. Sowohl die Versuche, Russlands Wirtschaft mit finanziellen Sanktionen die Luft abzuschneiden und Präsident Wladimir Putin zu stürzen als auch der amerikanische "Pivot to Asia", mit dem China isoliert werden soll.

Chinesische Kommentatoren deuteten an, die Übungen im Mittelmeer seien auch die Antwort des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping auf die US-japanischen Abkommen in der asiatisch-pazifischen Region, die Obama und Japans Premierminister Shinzo Abe in der letzten Woche vereinbart haben.

"Russland will den Vereinigten Staaten zeigen, dass es nicht isoliert ist und Manöver in unmittelbarer Nachbarschaft Osteuropas durchführen kann. Und Xi will als Antwort auf Abes Besuch in den Vereinigten Staaten und auf die verbesserten japanisch-amerikanischen Beziehungen den USA zeigen, dass er gute Beziehungen zu Russland hat", sagte Shi Yinhong, ein Professor für internationale Beziehungen an der Renmin-Universität in Peking.

James Hardy, der Asien-Pazifik-Redakteur der IHS Jane's Defense Weekly, sagte, die Übungen markierten eine neue Stufe in der Entwicklung der Kampfkraft der chinesischen Marine und würden von den herrschenden Eliten der NATO-Länder als Herausforderung angesehen werden.

"Die geopolitische Bedeutung der gemeinsamen Übungen mit Russland bleibt den USA und der NATO nicht verborgen, obwohl es angesichts der Anzahl gemeinsamer Übungen der USA und ihrer Verbündeten in der Nähe chinesischer Gewässer abwegig wäre, wenn westliche Vertreter sich darüber beklagen würden", sagte er der New York Times.

Die größte Bedrohung für die Weltbevölkerung ist, dass ihr die Gefahr eines Weltkriegs weitgehend verborgen bleibt. Denn militärische Konfrontationen wie die mögliche Bewaffnung des rechtsextremen Regimes in Kiew gegen die pro-russischen Kräfte in der Ost-Ukraine oder die japanische Konfrontation mit China über die Senkaku/Diaoyu Inseln könnten zu Kriegen führen, die die gesamte Menschheit bedrohen.

Im März bestätigte Putin in einem Interview, dass sich das russische Militär in den ersten Wochen des Konflikts in der Ukraine, auf einen möglichen Atomkrieg mit der NATO vorbereitet hatte.

Die einzige fortschrittliche Grundlage für den Kampf gegen die Gefahr eines Weltkrieges ist die internationale Mobilisierung der Arbeiterklasse. Dieser Kampf kann nicht einer Allianz der reaktionären Regimes in Moskau und Peking überlassen werden.

Die kapitalistischen Oligarchien in Russland und China pendeln zwischen Manövern zur Warnung der NATO-Entscheidungsträger und Versuchen, Abkommen mit ihnen zu schließen, hin und her. Damit erhöhen sie die Kriegsgefahr nur. Die imperialistischen Mächte werden ihren militärischen Druck auf Moskau und Peking nach den Manövern verstärken, wie sie es mit jedem Regime tun werden, das sie als mögliches Hindernis für ihre Interessen betrachten.

Die rücksichtslose imperialistische Politik zwingt Russland und China geradezu in eine strategische Allianz. Im vergangenen Jahr unterzeichneten Russland und China ein Abkommen für eine 400 Milliarden Dollar Pipeline, die es Russland ermöglicht, sein Öl und Gas nach China zu exportieren und damit einen möglichen Boykott russischer Energieexporte nach Europa zu umgehen. Zur gleichen Zeit führten Moskau und Peking gemeinsame Marineübungen vor Chinas Pazifikküste durch. Als die Sanktionen der USA und Europas Russland trafen und der russische Rubel letzten Dezember an den Devisenmärkten stark abfiel, sicherten hohe chinesische Beamte Russland finanzielle Unterstützung zu.

Nun bietet Peking Moskau in der Krise um die Ukraine symbolische Unterstützung an. China plant die Entsendung einer offiziellen Delegation zu den Feierlichkeiten anlässlich des Siegs über Nazi-Deutschland am 9. Mai in Moskau. Vertreter der USA, der führenden europäischen Mächte und des von der NATO unterstützten ukrainischen Regimes haben angekündigt, die Zeremonie zu boykottieren.

Eine defensive russisch-chinesische Allianz, die sich gegen die USA, Europa und Japan richtet, zieht nur allzu offensichtlich potenzielle Kampflinien für einen dritten Weltkrieg. Es ist jedoch keineswegs ausgemacht, dass solch ein Krieg nur in Form eines Konflikts zwischen den instabilen Allianzen der imperialistischen Mächte auf der einen und Russland und China auf der anderen Seite stattfinden muss.

Zusehends entwickeln sich Meinungsverschiedenheiten zwischen den imperialistischen Großmächten darüber, welche Politik gegenüber Russland und China verfolgt werden soll. Im März widersetzten sich die europäischen Mächte deutlich dem Wunsch Washingtons, die von China geführte Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) zu boykottieren. Mehrere europäische Regierungen sprachen sich offen gegen finanzielle Sanktionen gegen Russland aus.

Darüber hinaus sind auch die chinesisch-russischen Beziehungen gespannt. Es bestehen starke Konflikte zwischen Peking, das reich an Exporteinnahmen aus den auf Billiglohnarbeit beruhenden Exportindustrien ist, und Moskau, das sich nie vom industriellen Zusammenbruch erholt hat, der auf die Restauration des Kapitalismus in der UdSSR folgte.

In einem Artikel zu der Frage, warum Chinas finanzielle Hilfe nicht ausreichen würde, um amerikanisch-europäische Wirtschaftssanktionen auszugleichen, wies Chinas Zeitung Global Times auf das Misstrauen zwischen den rivalisierenden kapitalistischen Cliquen in Russland und China hin.

Sie schrieb: "Aufgrund von Russlands großer Bevölkerungszahl von 140 Millionen Menschen, kann seine Modernität und starke Währung nicht allein auf Öl, Gas und Holz gestützt werden... China ist in der Lage, Russland ausreichend Kapital, Technologien, und Märkte zu bieten, aber diese Bemühungen können nur begrenzte Wirkung zeigen, wenn die russische Wirtschaft weiter in hohem Maße von den Ölexporten abhängig ist und es an Strukturvielfalt fehlt. Wenn chinesische Investitionen unter diesen Umständen in Russland in die Höhe schießen, könnte Moskau Hintergedanken bei China vermuten. Russland möchte kein Lehnsmann der chinesischen Wirtschaft sein."

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Quelle:
World Socialist Web Site, 05.05.2015
Russland und China geben gemeinsame Marine-Übungen im Mittelmeer bekannt
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2015

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