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GLEICHHEIT/5145: Milliardenschwerer Oligarch zum Sieger der Wahl in der Ukraine erklärt


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Milliardenschwerer Oligarch zum Sieger der Wahl in der Ukraine erklärt

Von Thomas Gaist
27. Mai 2014



Der Oligarch Petro Poroschenko wurde zum Sieger der ukrainischen Präsidentschaftswahlen vom vergangenen Sonntag erklärt. Nach den Umfragen vom Wahltag kam der EU-freundliche Milliardär ("Schokoladenkönig") auf ca. 56 Prozent der Stimmen, mit großem Abstand zu Julia Timoschenko, ihrerseits Oligarchin und ehemalige Ministerpräsidentin.

Die Wahl wurde abgehalten, um dem rechtsgerichteten Regime, das vor drei Monaten mit Unterstützung der USA und der EU eingesetzt worden war und das von faschistischen Kräften gestützt wird, den Anschein politischer Legitimität zu verschaffen. Große Teile der Bevölkerung boykottierten den Urnengang, vor allem im Osten und im Süden des Landes, wo viele Wahllokale geschlossen blieben. Die Wahl fand unter wachsender Gewalt und Einschüchterung statt, die sich gegen die Gegner der Kiewer Regierung richten.

Während das ukrainische Regime und seine Unterstützer die Wahl als großen Erfolg feierten, belief sich die Wahlbeteiligung landesweit lediglich auf 55 Prozent.

Im Bemühen, den Wahlprozess zu leiten, entsandte die Obama-Administration eine Beobachtergruppe unter Leitung der ehemaligen Außenministerin Madeleine Albright. Am Freitag erreichte ein Lenkwaffenkreuzer der US-Navy das Schwarze Meer. Damit wird das Engagement des Militärs und der Geheimdienste der USA in der Ukraine unterstrichen.

US-Präsident Barack Obama erklärte die Wahl schnell zu einem Erfolg. Er bezeichnete sie als einen "wichtigen Schritt vorwärts bei den Bemühungen der ukrainischen Regierung, das Land zu einen" - eine Anspielung auf die Feindseligkeit der neuen Regierung gegenüber den Separatisten und den prorussischen Bewegungen im Osten, wo die Mehrheit der Bevölkerung Russisch spricht.

In den Wochen vor der Wahl trat Poroschenko als Konsenskandidat verschiedener Kräfte innerhalb der herrschenden Klasse der Ukraine auf, die engere Beziehungen mit der EU und die Verhängung von weitgehenden Sparmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse anstreben. Er erhielt Unterstützung vom früheren Boxweltmeister Vitali Klitschko, der zum Bürgermeister von Kiew gewählt wurde.

Poroschenko ist ein altgedienter Politiker der Ukraine. Er war fünf Jahre lang Vorsitzender des Rates der ukrainischen Nationalbank und ist Eigentümer des Nahrungsmittelkonzerns Roshen mit einem Wert von etwa einer Milliarde Euro. Im Jahre 2004 war er der finanzielle Hauptunterstützer der vom Westen gestützten "Orangenen Revolution."

Poroschenko wird die Aufgabe haben, die Integration der Ukraine in die EU fortzusetzen. Diese Frage hatte den vorherigen Präsidenten Wiktor Janukowitsch zum Ziel des US-amerikanischen und deutschen Imperialismus gemacht. Poroschenko versprach, das wirtschaftliche und politische Assoziierungsabkommen mit der EU, das im März initiiert wurde, zum Abschluss zu bringen. Mit diesem Abkommen wird das Land zu harten Austeritätsmaßnahmen im Gewand von "Reformen" verpflichtet. Die Unterzeichnung des zweiten Teils des Abkommens wurde bewusst auf die Zeit nach der Wahl verschoben, damit die unpopulären Maßnahmen, die es nach sich zieht, nicht zum Wahlkampfthema werden konnten.

Bevor er seine Stimme abgab, betonte Poroschenko, es sei wichtig, in der Ukraine für ein "sehr gutes Investitionsklima" zu sorgen und alles Notwendige zu tun, "um das Business anzuziehen".

Poroschenko erklärte einerseits, die Stabilität in der Ukraine erfordere irgendeine Art von Dialog mit Russland. Andererseits hielt er daran fest, die Annektion der Krim durch Russland und die Unabhängigkeit der östlichen Provinzen Donezk und Lugansk, die sich für autonom erklärt haben, nicht anzuerkennen.

Die Oligarchin und Erdgasmilliardärin Julia Timoschenko landete nach vorläufigen Ergebnissen mit etwa 13 Prozent auf dem zweiten Platz. Timoschenko, deren siebenjährige Haftstrafe im Gefolge des von den USA gestützten Putsches vom Februar umgewandelt worden war, reagierte auf den Sieg von Poroschenko mit der Forderung nach nationaler Einheit und einem Referendum über den Nato-Beitritt der Ukraine.

In den Wochen vor der Wahl wurden Mitglieder der Gruppe Borotba ("Kampf") und der Kommunistischen Partei der Ukraine (KPU) durch Kräfte des Rechten Sektors tätlich angegriffen, eingeschüchtert und sogar ermordet. Auch Oleg Tsarev, Mitglied von Janukowitschs Partei der Regionen, wurde von rechten Kräften geschlagen. Sowohl er als auch der Kandidat der KPU zogen ihre Kandidatur zurück und riefen zum Boykott der Wahl auf.

Während sich das neue Regime auf faschistische Kräfte als Stoßtruppen der "Revolution" verließ und sie benutzt, um den politischen Widerstand zu terrorisieren, ist die Unterstützung dieser Gruppen in der Bevölkerung im Osten wie im Westen ausgesprochen gering. Der Vorsitzende der Partei Swoboda Oleg Tjahnybok erhielt nur 1,3 Prozent, der Vorsitzende des Rechten Sektors Dmitry Yarosh 1,1 Prozent der Stimmmen.

Die Wahl fand unter Bedingungen des sich verschärfenden Bürgerkriegs statt, vor allem im Osten. Der Scheincharakter der Wahl wurde durch den Massenboykott von Millionen Menschen in den industriellen und überwiegend russischsprachigen Regionen des Landes offenbar. Es gab auch Berichte über separatistische Kräfte, die Stimmzettel an sich nahmen oder Wahllokale dichtmachten.

Die zentrale Wahlkommission der Ukraine ermittelte eine Wahlbeteiligung von knapp über 12 Prozent in der Region Donezk. Nach Quellen, die von Ria Novosti zitiert wurden, fanden die Wahlen in 23 Städten der Region überhaupt nicht statt.

Noch während der Wahl wurden diese Gebiete zum Gegenstand von Besetzungen und Bombardierungen durch Regimekräfte. Am Freitag aufgetauchtes Filmmaterial zeigt, wie ultranationalistische ukrainische Kräfte reguläre ukrainische Soldaten angreifen, die sich weigerten, auf Zivilisten und Separatistengruppen zu schießen. Noch am Samstag kam es zu Zusammenstößen bei Slawjansk, bei denen ein italienischer Journalist und sein russischer Kollege im Kreuzfeuer ums Leben kamen.

Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk machte klar, dass die Unterdrückung der Bevölkerung im Osten, wo die Feindschaft gegenüber dem quasi-faschistischen Regime in Kiew besonders stark ausgeprägt ist, in den nächsten Tagen fortgesetzt wird. "Ich möchte unseren Landsleuten in den Regionen Donezk und Lugansk, die durch den Krieg in der Ukraine davon abgehalten werden, die Wahllokale aufzusuchen, versichern: Den Kriminellen bleibt nicht mehr viel Zeit, um Euer Land zu terrorisieren".

Der russische Präsident Wladimir Putin reagierte mit versöhnlichen Stellungnahmen auf die Wahlen, da er befürchtet, dass die zunehmend explosive Situation in der Ukraine als Katalysator für ein Erstarken der Opposition gegen seine eigene Regierung wirken könnte.

Obwohl er die Situation als "Chaos und offenen Bürgerkrieg" beschrieb, erklärte Putin, er sei zur Zusammenarbeit mit dem Wahlsieger bereit, unabhängig davon, wer dies sei.

Putin signalisierte den Wunsch, einen Kompromiss mit dem US-Imperialismus zu erzielen und die Krise zu entschärfen. "Trotz unserer abweichenden, manchmal diametral entgegengesetzten Herangehensweisen bei der Einschätzung kritischer Situationen werden wir dennoch weiterhin zusammenarbeiten", sagte Putin. "Sie [die USA] haben ihre Militärtransporte von und nach Afghanistan über unser Staatsgebiet nicht unterbrochen, da es für sie bequem ist. Genauso ist es eine Tatsache, dass wir sie nicht verweigert haben", fügte er hinzu.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 27.05.2014
Milliardenschwerer Oligarch zum Sieger der Wahl in der Ukraine erklärt
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2014