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GLEICHHEIT/4884: Berichte belegen US Massaker an Zivilisten durch Drohnenangriffe


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Berichte belegen US Massaker an Zivilisten durch Drohnenangriffe

Von Barry Grey
24. Oktober 2013



Eine Reihe in den letzten Tagen veröffentlichter Berichte dokumentieren die Tötung von Tausenden von Menschen, darunter Hunderte von Zivilisten, die keine Kombattanten waren, durch US-Drohnenangriffe in Pakistan, Afghanistan, im Jemen und anderen Ländern. Die Berichte von Amnesty International und Human Rights Watch von Dienstag letzter Woche und vom UN-Sonderberichterstatter über außergerichtliche, standrechtliche oder willkürliche Hinrichtungen vom vergangenen Freitag entlarven den verlogenen Charakter der Behauptungen von Präsident Obama und Regierungsvertretern, die Drohnenangriffe seien "chirurgische" Angriffe, bei denen nur wenige Zivilisten getötet würden.

Alle drei Berichte deuten darauf hin, dass die Vereinigten Staaten das Ausmaß der Massaker, zu denen ihr Programm der außergerichtlichen Hinrichtungen führt, verheimlichen und dass dies eine Verletzung des humanitären Völkerrechts ist. Die Veröffentlichung der Berichte wurde so gelegt, dass sie mit einer an diesem Freitag stattfindenden Generalversammlung der Vereinten Nationen zusammenfallen, auf der die Drohnen-Angriffe debattiert werden sollen.

Amnesty International widmete seinen Bericht: "Werde ich der Nächste sein?" US Drohnenangriffe in Pakistan [1], den Ergebnissen einer unmittelbaren, vor Ort vorgenommenen Untersuchung von neun der 45 Angriffe, die zwischen Januar 2012 und dem August 2013 stattfanden und von denen die pakistanische Stammes Agentur Nord-Waziristans, das an Afghanistan grenzt, berichtet hatte. Die Kurzfassung des Berichts beginnt so:

Im Oktober 2012 wurde 68-jährige Bibi Mamana vor den Augen ihrer Enkel getötet, während sie Gemüse auf den großen, freien Feldern ihrer Familie holte. Sie wurde von einem Drohnenangriff in Stücke gerissen, der offensichtlich direkt ihr gegolten hatte. Ein Jahr ist vergangen, aber die US-Regierung hat Mamana Bibis Tod nicht zugegeben, geschweige denn, dass sie ihr Gerechtigkeit hätte widerfahren lassen oder eine Entschädigung gezahlt hätte ...

Die USA scheinen die Gesetzlosigkeit und Abgelegenheit dieser Region auszunutzen, um sich der Verantwortung für Verstöße gegen das Recht auf Leben zu entziehen.

"Die Tötung von Mamana Bibi scheint ein klarer Fall außergerichtlicher Hinrichtung zu sein", sagte Mustafa Qadri, der Autor des Berichts, in einem Interview. "Es ist extrem schwierig zu erkennen, wie sie mit einem Kämpfer hätte verwechselt, geschweige denn für eine unmittelbare Bedrohung für die USA gehalten werden können."

Amnesty präsentiert Beweise für willkürliche Angriffe, die Behauptungen der USA, Opfer unter der Zivilbevölkerung würden sorgfältig vermieden, Lügen strafen, Es sind Angriffe durch die eigentlich nur Zivilisten getötet und verletzt werden können. "Amnesty International dokumentiert zahlreiche Fälle, in denen Bewohner nur wegen eines Drohnen-Angriffs zum Ort des Geschehens kamen, um dann in einem Folgeangriff abgeschossen zu werden", heißt es in dem Bericht.

Er führt als Beispiel eine zweifachen Drohnenangriff aus dem Mai 2012 in dem Dorf Zowi Sidgi an, bei dem achtzehn Arbeiter, darunter ein vierzehnjähriger Junge, getötet und 22 Dorfbewohner, darunter ein acht Jahre altes Mädchen, schwer verletzt wurden. Der Bericht stellt fest:

Zuerst trafen Raketen ein Zelt, in dem sich Männer für ein Abendessen versammelt hatten, und töteten acht Menschen. Dorfbewohner eilten zu dem Zelt, um nach Überlebenden zu suchen. Sie trugen Bahren, Decken und Wasser. Dann, ein paar Minuten später, feuerten die Drohnen eine weitere Reihe von Raketen ab. Zeugen beschrieben eine makabre Szene voller Körperteile und Blut, Panik und Schrecken, während US-Drohnen weiter über ihren Köpfen schwebten.

Amnesty zitiert einen Bewohner mit den Worten: "Manche Leute verloren ihre Hände. Andere hatten abgetrennte Köpfe. Einige verloren ihre Beine. Menschliche Körperteile lagen überall verstreut herum."

Der Bericht zitierte NGOs und pakistanische Regierungsquellen, die schätzen, dass die USA zwischen 2004 und September 2013 in Pakistan 330 bis 374 Drohnenangriffe durchgeführt haben. Die Quellen sagen, dass zwischen 400 und 900 Zivilisten bei den Angriffen getötet und mindestens 600 Menschen schwer verletzt wurden. Pakistanische Beamte hatten zuvor die Zahl der zivilen Todesopfer mit in die Tausende gehend angegeben.

Amnesty berichtet, dass die US-Regierung seit der Veröffentlichung des Berichts auf "wiederholte Anfragen wegen einer Stellungnahme" nicht reagiert habe.

Der Bericht von Human Rights Watch, "Zwischen einer Drohne und Al Qaida": Die zivilen Opfer der gezielten Tötungen der USA im Jemen [2], untersucht sechs von schätzungsweise 80 seit 2006 durchgeführten, gezielten Tötungen im Jemen. Er beginnt:

Am Abend des 29. August 2012 versammelten sich fünf Männer in einem Hain von Dattelpalmen hinter der Moschee in Khashamir, einem Dorf im Südosten Jemens. Sekunden später schossen ferngesteuerte US-Flugzeuge, allgemein als Drohnen bekannt, drei Hellfire-Raketen auf die Gruppe.

Der Angriff tötete vier der Männer sofort, ihre Körperteile wurden über das Gelände geschleudert. Die Explosion einer vierten Rakete traf den fünften Mann, als er wegkroch, und nagelte ihn leblos an eine Wand.

Jemens Verteidigungsministerium beschrieb drei der Männer als Mitglieder von Al Qaeda in the Arabian Peninsula [Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel] (AQAP). Die beiden anderen hätten keine Verbindung dazu gehabt.

Der Bericht zitiert einen Angriff vom Dezember 2009 auf den kleinen Ort al-Majalah, der vierzehn mutmaßliche AQAP Kämpfer und mindestens 41 Zivilisten, darunter neun Frauen und 21 Kinder tötete. Der Angriff setzte Tomahawk Marschflugkörper ein, die mit Streumunition bestückt waren.

Er erwähnt auch einen Luftangriff vom September 2012 auf das Dorf Sarar, der einen Kleinbus in die Luft sprengte und zwölf Insassen tötete, darunter drei Kinder und eine schwangere Frau.

Human Rights Watch schätzt, dass mindestens 57 der 82 Menschen, die bei den untersuchten Anschlägen getötet wurden, Zivilisten waren. Es stellt fest: "US-Behörden haben die Zahl der Angriffe, die Anzahl der Zivilisten und angeblicher Kombattanten, die getötet oder verwundet wurden, oder - mit wenigen Ausnahmen - auch die Ziele der Angriffe nicht offengelegt."

Die Anschläge in Pakistan werden von der CIA durchgeführt. Diejenigen im Jemen werden sowohl von der CIA als auch dem militärischen US Joint Special Operations Command [Kommando für Spezialoperationen] durchgeführt. Die Obama-Regierung weigert sich, Zahlen über Tote und Verletzte herauszugeben, die rechtliche Begründung für die einzelnen Angriffe oder allgemein die Identität der Personen, die Ziele der Angriffe sind zu benennen.

Der Bericht des UN-Sonderberichterstatters Ben Emmerson [3] konzentriert sich hauptsächlich auf Drohnenangriffe in Afghanistan, aber er geht auch auf Pakistan, Jemen, Irak, Libyen und Somalia ein. Emmerson zitiert Daten der amerikanischen Luftwaffe, die die Zahl der Drohnenangriffe in Afghanistan, die von 294 im Jahr 2011 auf 447 in den ersten 11 Monaten des Jahres 2012 anstieg, darlegen. Emmerson kommt zu dem Schluss, dass die Vereinigten Staaten schon allein durch die Weigerung, Informationen über ihr Programm für gezielte Tötung herauszugeben, das internationale Völkerrecht verletzen.

Sein Bericht stellt fest: "Die moderne Auffassung der Menschenrechte beruht auf dem Grundprinzip, dass die Verantwortlichen für ihre Verletzung zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Das Scheitern der Untersuchung und einer gegebenenfalls angebrachten Bestrafung derjenigen, die für Verletzungen des Rechts auf Leben verantwortlich sind, ist an sich eine Verletzung dieses Rechts."

In ihrem Artikel über die amerikanischen Drohnenangriffe konzentrierte sich die New York Times am Dienstag auf die Stadt Miram Shah im pakistanischen Nord-Waziristan und stellt fest, dass diese seit 2008 mindestens dreizehn Drohnenangriffen, zu denen weitere 25 in nahe gelegenen Bezirken kommen, ausgesetzt war, "mehr als jede andere städtische Siedlung auf der Welt".

Die Times stellt fest, dass die Anschläge in Miram Shah "vor allem in dicht besiedelten Gegenden stattfanden", und dabei bisher eine Bäckerei, eine geschlossene Mädchenschule und einen Geldwechsler-Markt trafen. Die Zeitung beschreibt die verheerenden Auswirkungen auf die Bevölkerung, die in ständiger Furcht vor einem plötzlichen Tod an einem Ort leben müssen, über dem "Tag und Nacht summende Drohnen schweben". Die Times nannte es "eine Stadt voller Furcht und Verfolgungsangst", und spricht von einer "psychologisch zersetzenden Belastung für viele Bewohner".

Diese Berichte machen deutlich, dass das drohnenbasierte Programm gezielter Tötungen eine genau kalkulierte Maßnahme ist, mit der die ganze Bevölkerungen terrorisiert und eingeschüchtert werden soll, damit sie entweder die direkte US-Besatzung oder die von Marionettenregierungen ausgeübte Herrschaft akzeptieren. Es geht nicht um einen "Krieg gegen den Terrorismus", sondern ist dazu bestimmt, die Hegemonie des US-Imperialismus über den ölreichen und strategisch wichtigen Nahen Osten und Zentralasien zu sichern.

Obama persönlich widmet einen großen Teil seiner Zeit auf die Durchsicht der Aufstellung von "Tötungslisten" und das Auswählen von Zielpersonen, zu denen auch US-Bürger gehören, für außergerichtliche Hinrichtungen. Die Informationen aus den neu veröffentlichten Berichten widerlegen die Behauptungen, die er in seiner zuletzt in der National Defense University gehaltenen Rede vom letzten Mai machte, die Drohnenangriffe würden nur durchgeführt gegen Menschen, die eine "anhaltende, unmittelbar bevorstehende Bedrohung" für die Vereinigten Staaten darstellten und nur in Fällen, in denen zivile Opfer "fast mit Sicherheit" ausgeschlossen werden könnten.

Auf einer Pressekonferenz am Dienstag wies der Pressesprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, die Serie von vernichtenden Berichten, dass die USA internationales Recht verletzen, arrogant zurück und sagte: "dem würden wir in keiner Weise zustimmen". Ohne auf einen der Vorwürfe oder Beweise aus den Berichten einzugehen, erklärte er: "Amerikanische Anti-Terror-Maßnahmen sind präzise, sie sind rechtmäßig, und sie sind effektiv."

Tatsächlich enthalten die Berichte den Beweis des ersten Anscheins für ein zukünftiges Kriegsverbrechertribunal, zu dessen Angeklagten Obama und Spitzenbeamte des Nationalen Sicherheitsrats, des Pentagon, der CIA und der Nationalen Sicherheitsbehörde gehören würden.


Anmerkungen:
[1] http://www.amnestyusa.org/research/reports/will-i-be-next-us-drone-strikes-in-pakistan
[2] http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/yemen1013_ForUpload.pdf
[3] http://msnbcmedia.msn.com/i/msnbc/sections/news/UN_Drones_Report.pdf

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Quelle:
World Socialist Web Site, 24.10.2013
Berichte belegen US Massaker an Zivilisten durch Drohnenangriffe
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2013