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GLEICHHEIT/4813: Antikriegsdemonstrationen in vielen deutschen Städten


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Antikriegsdemonstrationen in vielen deutschen Städten

Von unserem Korrespondenten
3. September 2013



Am Wochenende kam es in vielen deutschen Städten zu Antikriegsdemonstrationen. Obwohl breite Teile der Bevölkerung einen Krieg ablehnen, blieben die Versammlungen ausgesprochen klein. Das ist die Verantwortung der sogenannten Friedensbewegung und insbesondere der Linkspartei, die alles daran setzten, die Proteste zu begrenzen und in harmlose Kanäle zu lenken.

In Köln hatten sich am Samstag einige Dutzend Menschen auf dem Domplatz versammelt, um gegen den Syrien-Krieg zu demonstrieren. Es waren vor allem einige versprengte Teile der ehemaligen Friedensbewegung gekommen. Politische Parteien und Organisationen fehlten fast vollständig.

In Berlin demonstrierten am Sonntag etwa 500 Menschen vor dem Brandenburger Tor. Der Protest war schon vor Wochen angemeldet worden und sollte sich anlässlich des Antikriegstags gegen deutsche Rüstungsexporte wenden. Er wurde von den Organisatoren aber kurzfristig umgewidmet. Neben syrischen Baathisten waren Regionalvertreter der Linkspartei zugegen.

Die größten Proteste fanden in Frankfurt statt. Arabische und syrische Vereine hatten bundesweit zu der Demonstration aufgerufen. Es kamen etwa eintausend Kriegsgegner zusammen, die zumeist unmittelbare familiäre oder freundschaftliche Kontakte nach Syrien hatten. Politisch dominierten Assad-freundliche Kräfte. Neben zahllosen syrischen Nationalfahnen wurden auch Bilder des syrischen Präsidenten getragen.

Keine der Organisationen der sogenannten Friedensbewegung, die offiziell zu den Protesten aufgerufen hatten, hatte ernsthaft dafür mobilisiert. Das war der Grund für die geringe Teilnahme an den Demonstrationen. Nur wer zufällig eine Notiz auf einem kleinen Blog fand, war überhaupt darüber informiert.

Den Organisatoren dienten die Demonstrationen dazu, die weit verbreitete Opposition gegen den Krieg zu kontrollieren und in harmlose Kanäle zu lenken. Sie fürchten, dass sich gegen die Kriegshetze in Politik und Medien spontane Massenproteste entwickeln könnten. Für diesen Fall wurden überall in Deutschland Bühnen aufgebaut und Redner gestellt, die der Opposition die Spitze brechen sollten.

Eine zentrale Rolle spielte dabei die Linkspartei. Sie mobilisierte ihre eigenen Mitglieder und Anhänger nicht für die Demonstrationen, stellte in jeder Stadt aber hochkarätige Redner. In Berlin sprachen die Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz und der stellvertretende Parteivorsitzende Jan van Aken. In Köln sprach Sevim Dagdelen (MdB) und in Frankfurt der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke.

Gehrcke bemühte sich in seiner Rede, das Interesse des deutschen Imperialismus an einem Krieg zu leugnen und die Opposition gegen einen Militäreinsatz auf die Bundesregierung zu vertrösten. Das deutsche Interesse bestünde darin, einen Krieg zu verhindern, betonte Gehrcke. Deshalb müsse man von der Regierung fordern, dass sie Syrien humanitäre Hilfe zukommen lasse, statt militärisch zu intervenieren.

Schließlich formulierte er noch Bitten an Obama: "Ich bitte alle Konfliktparteien", sagte er, "reden Sie miteinander, stellen Sie die Gewalt ein, setzen Sie sich dafür ein, dass die ursprünglich von den USA und Russland initiierte internationale Syrien-Konferenz in Genf stattfindet."

In einer Situation, in der sowohl die USA als auch die deutsche Bundesregierung in aggressiver Weise einen imperialistischen Angriffskrieg vorantreiben, bemüht sich Gehrcke, dieselben Politiker als Hoffnung für den Frieden darzustellen. Das ist ein zynisches Manöver, mit dem die Linkspartei ihre eigenen Spuren verwischen will.

Monatelang hatten Führungsmitglieder, wie die Bundesvorsitzende Katja Kipping oder deren Stellvertreter van Aken, zusammen mit SPD- und Grünen für den Aufruf "Freiheit braucht Beistand" geworben, der mehr Waffenlieferungen aus dem Westen für die syrischen Rebellen-Milizen forderte. In den letzten zwei Jahren arbeiteten Vertreter der Partei und ihrer Rosa-Luxemburg-Stiftung emsig daran, Vertreter der pro-imperialistischen syrischen Opposition zu fördern.

Wegen dieser Bilanz wurde Gehrcke auf der Demonstration von vielen Teilnehmern mit Buh-Rufen begrüßt. Denn auf die Demonstrationen waren auch einige Menschen gekommen, die ihre Opposition gegen den Krieg und ihr tiefes Misstrauen gegen die offiziellen Lügen zum Ausdruck bringen wollten. So zum Beispiel ein Kriegsgegner aus Baden-Württemberg, der auf einem selbstgemachten Plakat an Hitlers Aggression 1939 gegen Polen erinnerte.

"Die USA und manche Kreise neigen dazu, Amok zu laufen und ihre kriminelle Seite offenzulegen", sagte Matthias. "Ich fürchte wirklich, dass sie erneut Krieg führen, wie schon in Afghanistan, im Irak und in Libyen. Wenn sich der Krieg auf den Iran ausdehnt, wird das ganz extrem."

Behnam, der sich als "linker Aktivist aus dem Iran" bezeichnete, war demonstrierte gemeinsam mit mehreren Bekannten gegen den Krieg. "Wir lehnen jede Einmischung des Imperialismus, von Amerika oder der Nato in Syrien ab. Das betrifft nicht nur ihre Intervention mit Bomben, sondern auch ihre Waffenlieferungen an die islamischen Gruppen. Jedes Kind weiß heutzutage, dass die sogenannten Freiheitskämpfer in Syrien nicht nur Waffen sondern auch Geld von Amerika, von Katar, von Abu Dhabi, von der Türkei, von allen reaktionären Kräften erhalten. Sie kämpfen gegen das syrische Volk."

Behnam sagte, er sei "total gegen Krieg, gegen jede Einmischung von reaktionären Kräften". Das Schicksal der Menschen in Syrien müsse "vom syrischen Volk entschieden werden. Wenn diese sich für Assad entscheiden, würde ich das auch akzeptieren, aber sie müssen selbst entscheiden können."

Eine Frau, die ihn begleitete, meinte: "Ich bin vollkommen gegen Krieg, aber nicht für Assad. Die deutsche Regierung ist offensichtlich für diesen Krieg, obwohl sie es nicht zugibt. Man kann ihr nicht glauben. Sie verkaufen selbst Chemiewaffen, sie sind an Verbrechen gegen die Menschheit wie zum Beispiel in Hallabdscha beteiligt. Man kann ihnen nicht vertrauen."

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Quelle:
World Socialist Web Site, 03.09.2013
Antikriegsdemonstrationen in vielen deutschen Städten
http://www.wsws.org/de/articles/2013/09/03/demo-s03.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. September 2013