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GEHEIM/294: Ein "humanitärer" Krieg gegen Syrien? Teil I


GEHEIM Nr. 3/2011 - 24. Oktober 2011

TEIL I
Ein "humanitärer" Krieg gegen Syrien?
Militärische Eskalation hin zur direkten Aggression.

Von Michael Chossudovsky(*)


Als ich im November 2001 durch den Pentagon ging, hatte einer der Senior Military Staff Officers Zeit für einen Schwatz. Ja, sie seien immer noch auf dem Weg, gegen den Irak vorzugehen, sagte er. Aber da gab es noch mehr. Dies werde diskutiert als Teil eines Planes für eine Fünf-Jahres-Kampagne, sagte er, und davon seien total sieben Länder betroffen, beginnend mit dem Irak, dann Syrien, Libanon, Libyen, Iran, Somalia und Sudan." General Wesley Clark.


Die Entsendung von Todesschwadronen im Irak und in Syrien

Ein ausgedehnter Krieg im Nahen Osten und in Zentralasien ist seit Mitte der 1990er-Jahre auf dem Zeichenbrett des Pentagons gestanden.

Als Teil dieses Szenarios eines ausgedehnten Krieges unternimmt die USA-NATO-Allianz eine militärische Kampagne gegen Syrien, und zwar unter einem durch die UNO geförderten "humanitären Mandat". Die Eskalation ist dabei ein wesentlicher Teil der militärischen Agenda. Destabilisierung von souveränen Staaten durch "Regimewechsel" ist eng mit der militärischen Planung verbunden. Da gibt es einen militärischen Fahrplan, der durch eine Abfolge von US-NATO-Kriegstheatern gekennzeichnet ist.

Die Kriegsvorbereitungen, um Syrien und Iran anzugreifen, haben sich während mehreren Jahren in einem "fortgeschrittenen Stadium der Bereitschaft" befunden. Die Verordnung von 2003, Syria Accountability and Lebanese Sovereignty Restoration Act (Übernahme der Verantwortung in Syrien und Wiederherstellung der Souveränität im Libanon), klassifiziert Syrien unter dem Titel "Schurkenstaat" als ein Land ein, das den Terrorismus unterstützt.

Ein Krieg gegen Syrien wird vom Pentagon als Teil eines ausgedehnteren, gegen den Iran gerichteten Krieges gesehen. Präsident George W. Bush bestätigt in seinen Memoiren, dass er "dem Pentagon befohlen hatte, eine Attacke auf Irans nukleare Einrichtungen zu planen, und dass er eine heimliche Attacke auf Syrien in Betracht gezogen hatte". (George Bush's Memoiren enthüllen, wie er über Angriffe auf Iran und Syrien nachgedacht hatte, "The Guardian", 8. November 2010)

Diese weitere militärische Agenda ist eng verknüpft mit den strategischen Ölreserven und dem Verlauf der Pipeline-Verbindungen. Sie wird von den anglo-amerikanischen Olgiganten unterstützt.

Die Bombardierungen des Libanons vom Juli 2006 waren Teil eines sorgfältig geplanten "militärischen Fahrplans". Die Ausweitung des "Julikriegs" gegen den Libanon auf Syrien war von den amerikanischen und israelischen Militärplanern in Erwägung gezogen worden. Nach der Niederlage, die den israelischen Bodentruppen durch die Hisbollah beigefügt worden war, nahmen sie davon Abstand.

Der Julikrieg Israels gegen den Libanon von 2006 war auch dazu gedacht gewesen, Israel die Kontrolle über die nordöstliche mediterrane Küstenlinie zu geben, worin die Offshore-Öl- und -Gasreserven in den Territorialgewässern Libanons und Palästinas inbegriffen gewesen wären. Die Pläne zur Invasion des Libanons und von Syrien sind trotz der israelischen Schlappe im Julikrieg von 2003 auf den Zeichenbrettern des Pentagons geblieben: "Im November 2008, kaum einen Monat, bevor Tel Aviv sein Massaker im Gaza-Streifen begann, hielt das israelische Militär Drills ab für einen Zweifrontenkrieg gegen den Libanon und Syrien, genannt Shiluv Zro'ot III. Die militärische Übung beinhaltete eine großangelegte Invasion Syriens und des Libanon" (siehe bei Mahdi Darius Nazemoraya "Israel' s Next War: Today the Gaza Strip, Tomorrow Lebanon?" [Israels nächster Krieg: Heute der Gaza-Streifen, Morgen der Libanon?], Global Research, 17. Januar 2009).

Die Straße nach Teheran führt über Damaskus. Ein durch die USA/NATO organisierter Krieg gegen den Iran würde als einen ersten Schritt eine Destabilisierungskampagne gegen die syrische Regierung beinhalten, einschließlich verborgener Geheimdienstoperationen zur Unterstützung von gegen die Regierung gerichteten Rebellentruppen, mit dem Ziel des "Regimewechsels".

Ein gegen Syrien gerichteter "humanitärer Krieg" unter dem Markenzeichen der "Verantwortung, zu beschützen" würde auch zu einer anhaltenden Destabilisierung des Libanon beitragen. Würde eine militärische Kampagne gegen Syrien geführt, so wäre Israel direkt oder indirekt an militärischen und Geheimdienstoperationen beteiligt.


Ein Krieg gegen Syrien würde zu einer militärischen Eskalation führen

Derzeit gibt es vier verschiedene "Kriegstheater": Afghanistan-Pakistan, Irak, Palästina und Libyen. Eine Attacke auf Syrien würde zu einer Vereinigung dieser getrennten "Kriegstheater" führen und letztendlich zu einem ausgedehnteren Krieg vom Nahen Osten bis Zentralasien - die gesamte Region von Nordafrika über das Mittelmeer bis nach Afghanistan und Pakistan umfassend.

Die anhaltende Protestbewegung ist dazu gedacht, als Vorwand und Rechtfertigung für eine militärische Intervention gegen Syrien zu dienen. Die Existenz eines bewaffneten Aufstandes wird abgestritten. Die westlichen Medien haben die kürzlichen Ereignisse in Syrien im Chor als eine "friedliche Protestbewegung" beschrieben, die gegen die Regierung von Bashar Al-Assad gerichtet sei, wenn es doch als erwiesen gilt, dass es sich um einen bewaffneten Aufruhr handelt, an dem islamistische paramilitärische Gruppen beteiligt sind.

Seit dem Beginn der Protestbewegung Mitte März hat es Feuerwechsel zwischen der Polizei und Armeeangehörigen auf der einen Seite und bewaffneten Männern auf der anderen Seite gegeben. Gegen Regierungsgebäude gerichtete Akte der Brandstiftung sind ebenfalls begangen worden. Ende Juli sind in Hama in öffentlichen Gebäuden wie dem Gerichtsgebäude und der Landwirtschaftsbank Brände gelegt worden. Obwohl sie die Tatsache eines bewaffneten Konflikts von der Hand wiesen, bestätigten israelische Nachrichtenquellen immerhin, dass "es Protestierende gab, die mit schweren Maschinengewehren bewaffnet waren". (DEBKAfile, 1. August 2011, Bericht über Hama)


"Alle Optionen auf dem Tisch"

Im Juni spielte US-Senator Lindsey Graham (der im Militärdienstausschuss des Senats arbeitet) auf die Möglichkeit einer gegen Syrien gerichteten "humanitären" militärischen Intervention mit der Absicht an, "das Leben von Zivilisten zu retten". Graham schlug vor, dass die auf Libyen angewandte "Option" unter der Resolution 1973 des UNO-Sicherheitsrates im Falle von Syrien ins Auge gefasst werden sollte:

"Wenn es einen Sinn machte, das libysche Volk vor Ghadaffi zu schützen, und dies tat es, denn sie wären getötet worden, wenn wir nicht die NATO hin gesandt hätten, als er im Außenbereich von Benghazi war, (stellt) sich nun für die Welt die Frage, ob wir diesen Punkt in Syrien erreicht haben (...)

Wir mögen noch nicht dahin gelangt sein, aber wir sind bald sehr nahe daran; wenn es ihnen also wirklich daran gelegen ist, das syrische Volk vor einem Massaker zu schützen, dann ist es jetzt Zeit, Assad wissen zu lassen, dass alle Optionen auf dem Tisch sind", (CBS, "Face The Nation", 12. Juni 2011).

Indem es der Annahme des Statements des UNO-Sicherheitsrates betreffend Syrien folgte, rief das Weiße Haus in unmissverständlicher Weise zu einem "Regimewechsel" in Syrien und zur Amtsenthebung von Präsident Bashar Al-Assad auf:

- "Im Interesse von Syriens Stabilität wollen wir ihn nicht im Amt bleiben sehen, wir betrachten ihn vielmehr als die Ursache der Instabilität in Syrien", sagte der Sprecher des Weissen Hauses Jay Carney zu Reportern am Mittwoch.

- "Und wir denken offen gesagt, dass es vorsichtig ist, zu sagen, dass Syrien ohne Präsident Assad ein besserer Ort sein würde", (zitiert in Syrien: Aufruf der USA für einen Regimewechsel kommt näher, IPS, 4. August 2011.)

Weitreichende wirtschaftliche Sanktionen sind oft der Auftakt zu einer offenen militärischen Intervention. Ein von Senator Lieberman gefördertes Gesetz wurde in den US-Senat eingebracht, in der Absicht auf die Genehmigung umfassender wirtschaftlicher Sanktionen gegenüber Syrien. In einem Brief an Präsident Obama von Anfang August forderte zudem eine Gruppe von mehr als 60 US-Senatoren die "Umsetzung von zusätzlichen Sanktionen (...) während man es auch dem syrischen Regime klarmachen muss, dass es immer mehr bezahlen müsse für seine empörende Repression.

Diese Sanktionen würden das Blockieren von Bank- und Finanztransaktionen verlangen wie auch ein "Aufkündigen des Bezugs von syrischem Öl und das Einstellen von Investitionen im syrischen Öl- und Gassektor." (Pressure on Obama to get tougher on Syria coming from all sides - Foreign Policy, 3. August 2011)

In der Zwischenzeit hat sich das US-Außenministerium auch mit Mitgliedern der syrischen Opposition im Exil getroffen. Ins geheim wurde zudem Unterstützung an bewaffnete Rebellengruppen geleitet.


Gefährlicher Scheideweg: Krieg gegen Syrien - Brückenkopf für einen Angriff auf den Iran

Im Anschluss an das am 3. August vom Vorsitzenden des UNO-Sicherheitsrates an Syrien gerichtete Statement warnte Moskaus NATO-Gesandter Dimitry Rogozin vor den Gefahren einer militärischen Eskalation:

- "Die NATO plant eine militärische Aktion gegen Syrien, um dabei zu helfen, die Regierung von Präsident Bashar Al-Assad zu stürzen, und zwar mit dem langfristigen Ziel, einen Brückenkopf für eine Attacke auf den Iran vorzubereiten" (...)

- "(Dieses Statement) bedeutet, dass die Planung (eines Feldzugs) bereits in vollem Gange ist. Es könnte ein logisches Ergebnis jener Militär- und Propagandaoperationen sein, die gewisse westeuropäische Länder gegen Nordafrika betrieben haben", sagte Rogozin in einem Interview mit der Zeitung "Isvestia". Der russische Diplomat unterstrich die Tatsache, dass die Allianz sich nur bei jenen Regierungen einzumischen beliebt, "deren Gesichtspunkte nicht mit jenen des Westens übereinstimmen".

- Rogozin stimmte mit der von einigen Experten ausgedrückten Meinung überein, dass Syrien und dann später Jemen die letzten Schritte der NATO auf ihrem Weg sein könnten, eine Attacke auf den Iran zu starten.

- "Die Schlinge um den Iran zieht sich zusammen. Die militärische Planung gegen den Iran ist im Gang. Und wir sind allerdings besorgt über eine Eskalation eines großangelegten Krieges in dieser riesigen Region", sagte Rogozin.

- Da es aus der libyschen Lektion gelernt habe, werde Russland "sich weiterhin einer gewaltsamen Lösung der Situation in Syrien widersetzen", sagte er und fügte hinzu, dass die "Konsequenzen eines großflächigen Konflikts in Nordafrika für die ganze Welt zerstörerisch sein würden". (Siehe: "Beachhead for an Attack on Iran: NATO is planning a Military Campaign against Syria" [Brückenkopf für einen Angriff auf den Iran: Die NATO plant einen Feldzug gegen Syrien], Novosti, 3. August 2011.)


Militärischer Entwurf für einen Angriff auf Syrien

Dimitry Rogozins Warnungen gründen sich auf in militärischen Kreisen bekannten und dokumentierten konkreten Informationen, dass die NATO gegenwärtig eine militärische Kampagne gegen Syrien plant. So ist diesbezüglich ein Szenario eines Angriffs auf Syrien auf dem Zeichenbrett, welches französische, britische und israelische Militärexperten einbezieht. Gemäß dem früheren Kommandeur der französischen Luftwaffe (Chef d'Etat Major de l'Armée de l'air), General Jean Rannou, "ist ein NATO-Angriff, um Syriens Armee außer Gefecht zu setzen, technisch machbar":

- "Mitgliederländer der NATO würden mit dem Anwenden von Satellitentechnologie beginnen, um Syriens Luftabwehr ausfindig zu machen. Einige Tage später würden Kriegsflugzeuge von der englischen Basis in Zypern starten. aber in grösserer Anzahl als im Falle von Libyen, und etwa 48 Stunden damit verbringen, Syriens Boden-Luftraketen (SAMs) und Jets zu zerstören. Dann würden Flugzeuge der Allianz eine unbefristete Bombardierung von Syriens Tanks und Bodentruppen beginnen."

- Das Szenario stützt sich auf Analysten des französischen Militärs, von der britischen Fachpublikation "Jane's Defence Weekly" und von der israelischen TV-Station Kanal 10.

- Es wird gesagt, dass die syrische Luftwaffe eine kleine Bedrohung darstellt. Syrien hat etwa 60 russische MiG-29. Aber der Rest - etwa 160 MiG-21, 80 MiG-23, 60 MiG-23BN, 50 Su-22 und 20 Su-24MK - ist überaltert.

- "Ich sehe keine rein militärischen Probleme. Syrien hat keine Verteidigung gegen westliche Systeme (...). (Aber) es wäre riskanter als in Libyen. Es wäre eine schwierige militärische Operation", sagte Jean Rannou, der frühere Kommandant der französischen Luftwaffe zu "EUobserver". Er fügte hinzu, dass es ziemlich unwahrscheinlich sei, dass es zu einem Angriff komme, weil Russland von seinem Veto beim UNO-Mandat Gebrauch machen werde, die NATO-Truppen schon stark in Afghanistan und Libyen engagiert seien und die NATO-Länder in der Finanzkrise steckten. (Andrew Rettman: "Blueprint For NATO Attack On Syria Revealed (Entwurf für eine NATO-Attacke auf Syrien enthüllt), Global Research, 11. August 2011)


Der umfassendere militärische Fahrplan

Während Libyen, Syrien und Iran Teil des militärischen Fahrplans sind, würde dieser strategische Einsatz, wenn er denn durchgeführt würde, auch China und Russland bedrohen. Beide Länder haben Investitionen, Handelsabkommen wie auch Abkommen über militärische Zusammenarbeit mit Syrien und Iran. Iran hat Beobachterstatus in der Shanghai Cooperation Organization (SCO).

Die Eskalation ist Teil der militärischen Agenda. Seit 2005 sind die USA und ihre Verbündeten, einschließlich Amerikas NATO-Partner und Israel, mit der umfassenden Stationierung und Vorratsaufstockung von hochentwickelten Waffensystemen beschäftigt. Die Luftabwehrsysteme der USA, der NATO-Mitgliederländer und Israel sind voll integriert.


Die Rolle von Israel und der Türkei

Ankara und Tel Aviv sind beide daran beteiligt, die bewaffneten Aufstände zu unterstützen. Diese Unternehmungen sind zwischen den beiden Regierungen und ihren Geheimdiensten koordiniert. Es gibt Berichte darüber, dass Israels MOSSAD den radikalen Salafi-Terroristengruppen im Geheimen Unterstützung gewährt hat, welche nach dem Beginn der Protestbewegung in Daraa Mitte März im Süden Syriens aktiv wurden. Es gibt Berichte, die andeuten, dass die Finanzierung des Salafi-Aufstandes von Saudi-Arabien komme. (Siehe: Syrian army closes in on Damascus suburbs [Syrische Armee umkesselt Vorstädte von Damaskus], "The Irish Times", 10. Mai 2011)

Die türkische Regierung von Premierminister Recep Tayyib Erdogan unterstützt nicht nur syrische Oppositionellen-Gruppen im Exil, sondern auch die bewaffneten Rebellen der Moslembruderschaft im Norden Syriens. Die syrische Moslembruderschaft (MB). (deren Führung im Exil in England ist) und die verbotene Hizb-ut-Tahrir (Befreiungspartei) sind beide hinter dem Aufstand. Beide Organisationen werden vom britischen MI6 unterstützt. Das erklärte Ziel beider, des MB und des Hizb-ut-Tahrir, ist es, letztendlich den säkularen Staat Syrien zu destabilisieren. (siehe: Michel Chossudovsky: SYRIA: Who is Behind The Protest Movement? Fabricating a Pretext for a US-NATO "Humanitarian Intervention [Wer ist hinter der Protestbewegung? Das Erschaffen eines Vorwandes für eine "humanitäre Intervention" der USA-NATO], Global Research, 3. Mai 2011)

Im Juni überquerten türkische Soldaten die Grenze zu Nordsyrien, offiziell, um syrischen Flüchtlingen zu Hilfe zu kommen. Die Regierung von Bashar Al-Assad beschuldigte die Türkei, das Eindringen von Rebellentruppen in Nordsyrien direkt zu unterstützen:

- "Eine Rebelleneinheit von bis zu 500 Kämpfern attackierte am 4. Juni eine Position der syrischen Armee in Nordsyrien. Sie sagten, das Ziel war eine Besatzung des militärischen Geheimdienstes während eines 36 Stunden dauernden Angriffs, bei welchem 72 Soldaten getötet oder gefangen genommen wurden, und zwar in Jisr Al Shoughour, in der Nähe der Grenze zu der Türkei."

- "Wir stellten fest, dass die Kriminellen [Rebellenkämpfer] aus der Türkei stammende Waffen benutzten und dies ist sehr besorgniserregend", sagte ein syrischer Offizieller.

- Dies war das erste Mal, dass die Assad-Regierung die Türkei der Unterstützung der Rebellenrevolte beschuldigt hat. Beamte erklärten, die Rebellen hätten die Stellungen der syrischen Armee durchbrochen und dann den Ort eingenommen. Sie sagten, bevor eine weitere Assad-Truppe eingetroffen sei, seien die Regierungsgebäude geplündert und in Brand gesetzt worden.

- Ein syrischer Offizier, der den Einsatz führte, sagte, die Rebellen in Jisr Al Shoughour hätten diverse türkische Waffen und Munition verwendet. Er beschuldigte aber nicht die Regierung von Ankara, dass diese die Ausrüstung geliefert habe. (Syria's Assad accuses Turkey of Arming rebels [Syrien: Assad beschuldigt. die Türkei der Bewaffnung von Rebellen], TR Defence, 25. Juni 2011.)

Zwar wird es von den westlichen Medien bestritten, aber die Unterstützung aus dem Ausland für die islamistischen Aufständischen, welche die "Protestbewegung infiltriert haben", ist nichtsdestotrotz von westlichen Geheimdienstquellen bestätigt worden. So erklärt der frühere MI6-Mitarbeiter Alastair Crooke (und hochgestellter EU-Berater): "Zwei wichtige Kräfte [in Syrien] sind Sunni-Radikale und syrische Exilgruppen in Frankreich und in den USA." Er sagte zudem: "Die Radikalen folgen den Belehrungen von Abu Musab Zarqawi, einem ehemaligen jordanischen Islamisten, der ein Sunni-Emirat in Jordanien, Libanon, Palästina und Syrien zu schaffen anstrebte, das Bilad a-Sham heissen sollte. Sie sind erfahrene Stadtguerilleros, die im Irak kämpften und aus dem Ausland finanziert werden. Sie infiltrieren Proteste, um Assads Truppen anzugreifen, wie in Jisr al-Shougour im Juni, wo sie denen schwere Verluste beibrachten." (Andrew Rettman, Blueprint Fot NATO Attack ON Syria Revealed [Plan für eine NATO-Attacke gegen Syrien enthüllt], Global Research, 11. August 2011, Auszeichnungen beigefügt.)

Politische Parteiengruppen im Libanon sind ebenfalls daran beteiligt. Der libanesische Geheimdienst hat die geheime Lieferung von Sturmgewehren und automatischen Waffen an die Salafi-Kämpfer bestätigt. Die Lieferung wurde durch von den Saudis unterstützte libanesische Politiker durchgeführt.


Das israelisch-türkische Abkommen über militärische Zusammenarbeit

Israel und die Türkei haben ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit, welches auf eine sehr direkte Weise Syrien und die strategische libanesisch-syrische Küstenlinie am östlichen Mittelmeer betrifft (einschließlich der Gasreserven Libanons vor der Küste und der da verlaufenden Pipelines):

- Schon während der Administration Clinton hat sich eine aus drei Parteien bestehende Militärallianz zwischen den USA, Israel und der Türkei ergeben. Diese wird durch die amerikanischen Vereinigten Stabschefs dominierte "Dreierallianz" koordiniert und fasst die militärischen Kommandoentscheidungen zwischen den drei Ländern zusammen, die den Nahen Osten im weiteren Sinne betreffen. Sie basiert auf engen militärischen Verbindungen Israels und respektive der Türkei mit den USA, zusammen mit einer starken bilateralen militärischen Beziehung zwischen Tel Aviv und Ankara.

- Die Dreierallianz ist zudem seit 2005 mit einem militärischen Kooperationsabkommen zwischen NATO und Israel verbunden, welches "viele Gebiete von gemeinsamem Interesse einschließt" wie den Kampf gegen den Terrorismus und gemeinsame militärische Übungen. Diese militärischen Beziehungen der Zusammenarbeit werden durch das israelische Militär als ein Mittel betrachtet, "Israels Abschreckungskapazität hinsichtlich potentieller, es bedrohender Feinde zu steigern, hauptsächlich Syrien und Iran". (Siehe Michel Chossudovsky, "Triple Alliance: The US, Turkey, Israel and the War on Lebanon", August 6, 2006 [Dreierallianz: Die USA, Türkei und Israel und der Krieg gegen den Libanon).

Inzwischen haben die Umstrukturierungen innerhalb von "denen da oben" der Türkei die proislamistische Gruppe innerhalb der Armee wieder gestärkt. Ende Juli hat der Oberkommandierende des Heers und Chef der Vereinigten Stabschefs, General Isik Kosaner sein Amt niedergelegt, zusammen mit den Kommandeuren der Marine und der Luftwaffe. General Kosaner vertritt eine mehr säkulare Einstellung innerhalb der Armee. Als sein Nachfolger als Kommandeur des Heeres und als Armeechef wurde General Needet Ozel bestimmt. Diese Entwicklungen sind von größter Wichtigkeit. Der Tendenz nach unterstützen sie die amerikanischen Interessen. Sie weisen auch auf eine potentielle Verlagerung innerhalb des Militärs zugunsten der Moslembruderschaft hin, einschließlich des bewaffneten Aufstandes in Nordsyrien.

"Die neuen Ernennungen haben Erdogan und die regierende Partei in der Türkei gestärkt (...). Die militärische Führung ist fähig, ehrgeizigere Projekte in der Region durchzuführen. Es wird gesagt, dass im Falle der Anwendung des libyschen Szenarios auf Syrien es möglich sein wird, dass die Türkei sich für eine militärische Intervention entscheiden wird". (New appointments have strengthened Erdogan and the ruling party in Turkey [die neuen Ernennungen haben Erdogan und die Regierungspartei gestärkt]: Öffentliches Radio von Armenien, 6. August 2011)


Die erweiterte militärische NATO-Allianz

Ägypten, die Golfstaaten und Saudi-Arabien (innerhalb der erweiterten militärischen Allianz) sind Partner der NATO, deren Truppen in einem Feldzug gegen Syrien eingesetzt werden könnten. Im Anschluss an ein 2005 unterzeichnetes Abkommen ist Israel de facto Mitglied der NATO.

Der Prozess der militärischen Planung innerhalb der erweiterten NATO umfasst eine Koordination zwischen Pentagon, NATO und Israels Verteidigungsarmee (IDF) wie auch die aktive militärische Beteiligung der arabischen Frontstaaten, einschließlich Saudi-Arabiens, der Golfstaaten und Ägyptens: alles in allem zehn arabische Staaten plus Israel sind Mitglied des "Mittelmeer-Dialogs" und der "Istanbul Kooperationsinitiative".

Wir befinden uns an einem gefährlichen Scheideweg. Die geopolitischen Auswirkungen sind weitreichend. Syrien hat Grenzen mit Jordanien, Israel, Libanon, Türkei und Irak. Es dehnt sich über das Tal des Euphrats aus und auf seinem Territorium befinden sich die Kreuzungen von wichtigen Wasserwegen und Pipelines. Syrien ist ein Alliierter des Iran. Russland hat im Nordwesten von Syrien eine Marinebasis:

- Die Unterhaltung einer Basis in Tartus und der rasche Fortschritt einer militärischen technologischen Zusammenarbeit mit Damaskus macht aus Syrien Russlands wertvollen Brückenkopf und Bollwerk im Nahen Osten.

- Damaskus ist ein wichtiger Alliierter des Iran und ein unversöhnlicher Feind von Israel. Es braucht nicht speziell gesagt werden, dass die Existenz einer russischen Militärbasis in der Region mit Sicherheit Korrekturen innerhalb der derzeitigen Korrelation der Kräfte bewirken wird.

- Russland nimmt Syrien unter seinen Schutz. Das wird mit Bestimmtheit die Beziehungen Russlands mit Israel versauern. Es mag sogar die nicht weit davon gelegene iranische Regierung ermutigen und sie weniger beeinflussbar machen hinsichtlich der Gespräche über das Nuklearprogramm. (Ivan Safronov, Russia to defend its principal Middle East ally: Moscow takes Syria under its protection [Russland muss seinen wichtigsten Alliierten in Nahen Osten verteidigen: Moskau nimmt Syrien unter seinen Schutz], Global Research, 28. Juli 2006)


Szenario eines Dritten Weltkriegs

Während der letzten fünf Jahre hat sich die Region des Nahen Ostens und von Zentralasien auf einem aktiven Marsch in den Krieg befunden.

Syrien verfügt über bedeutende Luftabwehrkapazitäten wie auch Bodentruppen. Syrien hat sein Luftabwehrsystem mit der Lieferung von russischen Pantsir S1 Luftabwehrraketen verstärkt. 2010 lieferte Russland ein Yakhont Raketensystem nach Syrien. Die von Russlands Marinebasis in Tartus aus operierenden Yakhont "sind für den Einsatz auf feindliche Schiffe im Umkreis bis zu 300 km konzipiert". (Bastion missile systems to protect Russian naval base in Syria [Bastion-Raketensystem um russische Marinebasis in Syrien zu schützen], Ria Novosti, 21. September 2010)

Die Struktur der jeweiligen militärischen Allianzen der USA-NATO einerseits und von Syrien-Iran-SCO (Shanghai Cooperation Organization) andererseits, geschweige denn die militärische Teilnahme von Israel, die komplexe Beziehung zwischen Syrien und Libanon, der von der Türkei auf Syriens Nordgrenze ausgeübte Druck, weisen unauslöschlich auf einen gefährlichen Prozess der Eskalation hin.

Jede Form einer von den USA-NATO organisierten und gegen Syrien gerichteten militärischen Intervention würde die gesamte Region destabilisieren; sie könnte zudem möglicherweise zu einer Eskalation über eine riesige geografische Zone führen, die sich vom östlichen Mittelmeer bis zur Grenze von Afghanistan-Pakistan mit Tadschikistan und China ausdehnt.

In der Kleinauflage, im Krieg gegen Libyen, wurden die USA-NATO bereits überstrapaziert, was ihre Kapazitäten betrifft. Während wir die Durchführung einer militärischen Operation seitens der USA-NATO nicht für die nächste Zeit voraussehen, so wird der Prozess der politischen Destabilisierung durch die geheime Unterstützung eines Rebellenaufstandes aller Wahrscheinlichkeit nach weitergehen.


Anmerkung:

(*) Übersetzung Remo Santini, leicht von der GEHEIM-Redaktion korrigiert (Originalartikel auf Englisch: A "Humanitarian War" on Syria? Military Escalation. Towards a Broader Middle East-Central Asian War?).Quelle: http://www.globalresearch.ca/.


Im nächsten Heft unseren Magazins (GEHEIM, Nr. 4/2011) planen wir als Teil 2 unserer Analysen zu Destabilisierungsstrategien im Nahen und Mittleren Osten eine gründliche Darstellung geheimdienstlicher Operationen sowie gesteuerter Desinformationen. Sie sind fester Bestandteil einer westlich gesteuerten Strategie mit dem Ziel einer grundsätzlichen Neuordnung der gesamten Region im Sinne der - zum Teil in wachsender Konkurrenz zueinander stehenden - Strategen in Washington, Berlin, London oder Paris. Wir gehen so genau auf die Entwicklungen in der Region ein, weil sie die Kriegsoption nicht nur einschließt, sondern zunehmend auf diese hinzusteuert - katastrophale globale Konsequenzen eingeschlossen.


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Quelle:
GEHEIM-Magazin Nr. 3/2011 - 24. Oktober 2011, Seite 13-16
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GEHEIM erscheint viermal im Jahr.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2011