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GEGENWIND/575: Wo stehen Linke in Schleswig-Holstein nach Landtags-, Kommunal- und Bundestagswahl?


Gegenwind Nr. 302 - November 2013
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein

PARTEIEN
Wo stehen Linke in Schleswig-Holstein nach Landtags-, Kommunal- und Bundestagswahl?
Themen, Strategien und außerparlamentarisches Engagement

Von Klaus Peters



Trotz nicht unerheblicher Verluste bei der Bundestagswahl überwiegt bei der Partei Die Linke im Lande nach den ersten Bewertungen die Zufriedenheit über das Wahlergebnis. Deutliche Verbesserungen gegenüber der Landtagswahl und der Kommunalwahl wirken trotz der nicht unerheblichen Verluste gegenüber der letzten Bundestagswahl dennoch ermutigend. Die im nächsten Jahr im Mai anstehende Europawahl dürfte eine relativ geringe Bedeutung für die Entwicklung für Schleswig-Holstein haben. Aber wie geht es weiter?


Die Parteienlandschaft hat sich insgesamt noch einmal erweitert; als kleinere Parteien agieren nun neben der Linkspartei, jetzt auch wieder B90/ Die Grünen, die FDP, die Piraten, der SSW und die AfD mit größeren Erfolgsaussichten in der politischen Arena. Das Bundestagswahlergebnis hat gezeigt, dass zumindest auf überregionaler Ebene Wählerstimmen in fast alle Richtungen wandern können. Der typische Nichtwähler ist Geringverdiener, bildungsschwach, wohnt häufig in sozialen Brennpunkten und ist, das belegt eine neuere Studie der BertelsmannStiftung, also der sogenannten Unterschicht zuzuordnen(*). Gerade hier ist aber auch ein starkes Potential für Linke vorhanden. Bisher ist es allerdings trotz kreativer Ansätze nicht gelungen, in diesem Spektrum in größerem Umfang Stimmen zu gewinnen.

Auf weitergehende Analysen gestützte Ansätze wären wünschenswert. Aktuell geht es zunächst aber zweifellos darum, aus den vorhandenen Wahlprogrammen, geeignete Themen auf die politische Agenda zu setzen. Die Linke muss sich grundsätzlich weiter und verstärkt für die unterprivilegierten Bürger einsetzen. Ein zweiter Schwerpunkt des politischen Interesses und Engagements sollten die Bürgerinitiativen und Organisationen sein, die sich um Benachteiligungen verschiedenster Art kümmern, die sich für den Erhalt ihrer Landschaft, für ökologische Landwirtschaft und gesunde Ernährung, für den Erhalt und die Entwicklung der Baukultur in ihrer Umgebung einsetzen, die gegen soziale Benachteiligungen kämpfen oder gegen gesundheitliche Risiken und Beeinträchtigungen wenden, die sich für eine artengerechte Nutztierhaltung, für den Biotopschutz, für Wildtiere oder die Artenvielfalt insgesamt einsetzen.

Die Anzahl von Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften ist in den letzten Jahren nochmals gestiegen. Das Engagement der organisierten Bürger ist fast immer selbstverständlich auch durch persönliche Betroffenheit hervorgerufen worden, doch ihr Engagement geht zunehmend weit über eigene Interessen hinaus. Ein generelles Defizit von Bürgerinitiativen ist aber häufig die Tatsache, dass die gesellschaftliche Dialektik zu wenig erkannt und berücksichtigt wird. Insofern besteht ein Bedarf an Unterstützung und Mitwirkung von Personen mit einschlägigen politischen Erfahrungen. Es ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass die Umsetzung eines Engagements in parteipolitische Erfolge nur sehr begrenzt möglich sein kann.

Voraussetzung für erfolgreiche politische Bewusstseinsbildung ist immer auch mit objektiver Aufklärung und Vorbildfunktionen verbunden. Das größere politische Wählerreservoir dürfte ohnehin eher außerhalb der Umwelt- und Sozialverbände, der Bürgerinitiativen und Interessengemeinschaften liegen. Doch die Nichtregierungsorganisationen wirken natürlich in die Gesellschaft hinein und es wäre fatal, sich nicht wirkungsvoll in die Aktivitäten der NROs einzubringen. Schließlich verfügen die NROs auch über Potenziale, über die politische Parteien nicht verfügen und die sie nicht erschließen können.

Der zumindest von innen her gelobte Titel des Wahlprogramms der Linkspartei "100% SOZIAL" bewies einmal mehr, dass es offensichtlich ohne wunderbare Versprechen nicht geht. Das Programm selbst war zwar ziemlich gut, müsste nicht unbedingt wieder neu erfunden werden, wenn auch für Norddeutschland und andere Regionen wichtige Themen fehlen: Themen wie die Stromtrassenplanungen, die Folgen des anhaltenden Zweitwohnungsbaubooms und - wie bei allen anderen - das Thema Straßenverkehrssicherheit (Vision Zero), und das trotz täglicher tödlicher Unfälle.

Doch wer liest scheinbar notwendigerweise immer umfangreicher werdende Programme eigentlich von Anfang bis Ende? Zwar sind auch Kurzprogramme obligatorisch, beim Layout könnten die Verantwortlichen schon ein wenig mehr Kreativität zulassen.


(*) BertelsmannStiftung, Nachrichten vom 17.09.2013, "Nur wer wählt, der zählt!" und EINWURF, Zukunft der Demokratie 1/2013, "Ziemlich unpolitische Freunde - wer in Deutschland warum nicht mehr wählt". Knapp 30 Prozent der Wahlberechtigten haben trotz einer leichten Steigerung der Wahlbeteiligung von 70,8 auf 71,5 Prozent auch bei der letzten Bundestagswahl nicht gewählt.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 302 - November 2013, Seite 10-11
Herausgeber: Gesellschaft für politische Bildung e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2013