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DAS BLÄTTCHEN/1982: Ein Leben für den Blues - Mr. Slowhand wird 75


Das Blättchen - Zeitschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft
23. Jahrgang | Nummer 6 | 16. März 2020

Ein Leben für den Blues - Mr. Slowhand wird 75

von Manfred Orlick


Obwohl ich schon längst keinen Plattenspieler mehr besitze, hüte ich doch einige AMIGA-LPs als Erinnerungsstücke an die Musikinteressen meiner "Sturm-und-Drang-Zeit", die sich auch im Rentneralter kaum geändert haben. Unter den Vinyl-Schätzen eine LP von Eric Clapton aus dem Jahre 1984. Ob ich damals vor dem Polyhymnia-Geschäft in Halle in der Schlange gestanden habe? Es ist anzunehmen. In den 1990er Jahren bereicherte dann ein gutes Dutzend CDs mit Clapton-Alben meine Sammlung. Und noch heute - im Download-Zeitalter - lege ich gelegentlich eine Scheibe von Mr. Slowhand auf, wie ihn seine Fans wegen seines melodischen Gitarrenspiels liebevoll nennen. Grund genug, an seinen 75. Geburtstag zu erinnern.

Eric Patrick Clapton wird am 30. März 1945 in Surrey (England) geboren. Der uneheliche Sohn der 16-jährigen Patricia Molly Clapton und eines 24-jährigen kanadischen Soldaten wächst bei seinen Großeltern auf. Erst mit neun Jahren löst sich für ihn, der bis dahin geglaubt hat, seine Großeltern seien seine leiblichen Eltern, das familiäre Geheimnis. Ein tiefer Schock und Schulleistungen, die in den Keller sinken, sind die Folge.

Wie fast alle Kinder der englischen Nachkriegszeit wird auch Eric vom Rock'n'Roll-Fieber gepackt. Der Heranwachsende findet seine musikalische Leidenschaft besonders im American Blues, bei Muddy Waters und Robert Johnson. Es ist die Musik, mit der er sich identifizieren kann: rau und ungeschliffen, einsam und traurig. Mit 14 Jahren bekommt er seine erste Gitarre geschenkt, auf der er ständig seine Vorbilder kopiert. Trotz seiner mangelhaften schulischen Leistungen wird er in das Kingston College of Art aufgenommen. Hier findet er Anschluss an Gleichgesinnte, doch die Vernachlässigung des Studiums führt bald zum Verweis von der Kunstakademie. Danach arbeitet Clapton auf Baustellen und zieht abends durch die Londoner Musikkneipen und Jazz-Szene, wo er Alexis Korner, Keith Richards und Mick Jagger kennenlernt. Mit 17 Jahren ermöglicht ihm die Großmutter, die ihrem Enkel jeden Wunsch von den Augen abliest, den Kauf einer E-Gitarre.

Anfang 1963 tritt Eric Clapton in seine erste Band ein, "The Roosters". Nach nur sieben Konzerten hat er jedoch die Nase voll und verschwindet. Ein halbes Jahr später stößt er zu den "Yardbirds". Die Gruppe ist schnell beliebt, doch es kommt zu künstlerischen Auseinandersetzungen. Eric will sich mehr auf den Blues konzentrieren. So kommt es im März 1965 zum Bruch. Danach ist er Gitarrist bei "John Mayall & The Bluesbreakers". Eine verrückte Idee jagt die nächste. Gruppen - wie "The Glands" - werden gebildet und wieder aufgelöst. Zusammen mit dem Bassisten Jack Bruce und dem Schlagzeuger Ginger Baker gründet er im Sommer 1966 das Super-Trio "Cream". Viele Konzerte und drei erfolgreiche Alben machen die Band weltweit berühmt und man setzt sie annähernd auf eine Stufe mit den Rolling Stones und den Beatles. Eric Clapton hat sich da längst den Ruf als einer der Top-Rockgitarristen erarbeitet. Fans sprühen "Clapton is god" an die Londoner Häuserwände. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, im November 1968, löst sich die Gruppe "Cream" jedoch wegen Feindseligkeiten auf.

Ein Vierteljahr später schlittert Eric Clapton mit der Band "Blind Faith" in das nächste Abenteuer, das nach einer LP und einer USA-Tournee bereits wieder gescheitert ist. Es folgen Gastspiele mit der "Plastic Ono Band". 1970 formiert er die Band "Derek and the Dominos", mit der er das exzellente Doppelalbum "Layla" aufnimmt. Die folgenden Jahre sind mit vielen persönlichen Tiefpunkten verbunden. Seine Gesundheit und seine finanzielle Lage verschlechtern sich zunehmend, beides eine Folge seiner Drogensucht.

Im Frühjahr 1974 beginnt er schließlich seine Solo-Karriere. Am Beginn dieses Comebacks steht das Album "461 Ocean Boulevard". Auch die Alben "Slowhand" (1977) und "Backless" (1978) werden große Erfolge. Aber unter den Strapazen der Tourneen folgt auf das Heroin der Alkohol. 13 Jahre dauert diese Sucht. Zum Schluss ist Clapton so pleite, dass er beinahe seine Gitarren verkaufen muss. Seine Karriere flacht ab, die Musik klingt müde und ziellos, außerdem leidet seine Stimme unter der ständigen Trunkenheit.

Der langersehnte Durchbruch gelingt Clapton erst wieder 1989 mit seinem elften Album "Journeyman". Überhaupt repräsentieren die späten 80er und frühen 90er Jahre die Spitze in seiner bisherigen musikalischen Karriere. Er ist beliebter denn je, seine Konzerte und Tourneen werden wieder reine Triumphzüge.

Ein harter Schicksalsschlag trifft ihn am 20. März 1991, als sein viereinhalbjähriger Sohn Conor bei einem Sturz aus einem New Yorker Hochhauses ums Leben kommt.

1993 erhält der Ausnahme-Gitarrist sechs Grammy Awards, drei allein für sein Album "Unplugged". In den letzten Alben "Riding With The King" (2000, gemeinsam mit B.B. King) und "Me and Mr. Johnson" (2004) beweist Eric Clapton erneut, dass er der weltbeste "weiße" Bluesspieler ist. 2016 erscheint mit "I Still Do" bereits sein 23. Studioalbum. Seine Popularität ist ungebrochen und als einziger Musiker ist er dreifaches Mitglied der Rock and Roll Hall of Fame.

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Quelle:
Das Blättchen Nr. 6/2020 vom 16. März 2020, Online-Ausgabe
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Internet: https://das-blaettchen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. März 2020

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