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CORREOS/110: Erbärmliche Hilfe für Haiti


Correos des las Américas - Nr. 163, 13. September 2010

Erbärmliche Hilfe für Haiti

Von Mark Weisbrot (*)


Einmal mehr hat der Conseil Électoral Provisoire (CEP, Provisorischer Wahlrat) entschieden, dass die grösste politische Partei des Landes, Fanmi Lavalas, an den für November geplanten Parlamentswahlen nicht teilnehmen darf. Dies entspräche in den USA einem Teilnahmeverbot für (die allerdings relativ einiges kleinere) Demokratische Partei an den Kongresswahlen vom November.

Bisher gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Administration Obama, die, um es nett auszudrücken, enormen Einfluss auf die haitische Regierung hat, dagegen Einwände hätte. Sie hat die letzten Wahlen im April 2009 unterstützt, bei denen Fanmi Lavalas ebenfalls ausgeschlossen war, auch wenn dies zu einem Boykott von etwa 90 Prozent der Wahlberechtigten geführt hat.

Um den historischen Faden aufzunehmen: Fanmi Lavalas wird von Jean-Bertrand Aristide geführt, der 1990 der erste demokratisch gewählte Präsident des Landes wurde. Sieben Monate später hat ihn die Armee mit einem Putsch mit klarem US-Markenzeichen gestürzt. Präsident Clinton brachte Aristide drei Jahre später wieder an die Macht zurück, doch Aristide beleidigte Washington unter anderem damit, dass er die brutale haitische Armee abschaffte.

Paul Farmer von der Harvard Medical School ist Bill Clintons Stellvertreter in dessen Eigenschaft als UNO-Sonderbotschafter für Haiti. Seine «Partners in Health» haben fast 5000 Leute in Haiti. An einer Anhörung vor dem US-Kongress beschrieb er, was geschah, nachdem Aristide und seine Partei 2000 erneut gewählt wurden:

«Ab dem Jahr 2000 suchte die US-Regierung die bilaterale und multilaterale Hilfe an Haiti zu blockieren, da sie die Politik und Ansichten der mit über 90 Prozent der Stimmen gewählten Regierung von Jean-Bernard Aristide beanstandete. Indem sie die Hilfe für die Entwicklung und die Grunddienstleistungen abschnürte, schnitt sie die Regierung auch vom Sauerstoff ab. Das war von Anfang an das Ziel: die Regierung Aristide zu vertreiben.»

Es war die zweite Bush-Administration, die dann Aristide mit dem Putsch von März 2004 zum zweiten Mal stürzte. Aber der Prozess begann, wie Farmer bemerkt, unter der Clinton-Regierung. Und die Obama-Administration hüllt sich in Schweigen, was das Zwangsasyl von Aristide betrifft.

Wäre Washington nur ein Zehntel so gut beim Wiederaufbau von Haiti wie es darin war, vor dem Erdbeben das Land zu zerstören! Aber sechs Monate nach der Katastrophe haben weniger als zwei Prozent der 1.6 Millionen Obdachlosen ein Heim. Hunderttausende haben überhaupt nichts und 80 Prozent der Obdachlosen mit irgendeiner Bedachung leben unter Planen, wo der Boden unter ihren Füssen bei Regen zu Schlamm wird. Weniger als 2.9 Prozent sämtlicher Hilfsgelder gingen an die haitische Regierung. Das macht einen Wiederaufbau so gut wie unmöglich. Hunderttausend Kinder sind erdbebenverletzt und die öffentlichen Spitäler schliessen.

Das Land, das für Obdach gebraucht wird, gehört reichen HaitierInnen, die andere Pläne haben. Die haitische Regierung hat die Vollmacht, dieses Land gegen Entschädigung zu beschlagnahmen. Die internationale Gemeinschaft kann dies wahr werden lassen.


Anmerkung:

(*) Washington and International Donors Have Failed Haiti. Der Autor ist Co-Direktor des Center for Economic and Policy Research.


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Quelle:
Correos de Centroamérica Nr. 163, 13. September 2010, S. 29
Herausgeber: Zentralamerika-Sekretariat, Zürich
Redaktion: Postfach, 8031 Zürich, Schweiz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2010