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AUFBAU/337: Kongo - Der Fluch des Rohstoffreichtums


aufbau Nr. 71, januar 2013
klassenkampf - frauenkampf - kommunismus

Kongo - Der Fluch des Rohstoffreichtums

Seit 16 Jahren wütet im Osten Kongos ein erbarmungsloser Krieg. Über 500.000 Menschen sind auf der Flucht. Ihr Unglück ist der Rohstoffreichtum dieser Region.



(rabs) Der Krieg im Osten der Demokratischen Republik Kongo hat Mitte November mit der vorübergehenden Besetzung der Stadt Goma durch die M23-Rebellen eine neue Dimension erlangt. Allein in den letzten Wochen wurden über 100.000 Menschen in die Flucht getrieben. Die Bezeichnung M23 bezieht sich auf das nie umgesetzte Friedensabkommen vom 23. März 2009 zwischen der kongolesischen Regierung und der CNDP (Congrès national pour la défense du peuple) unter dem Warlord Laurent Nkunda. Die M23-Truppen rekrutieren sich in erster Linie aus desertierten Regierungssoldaten, wobei richtigerweise von erneutem Seitenwechsel gesprochen werden müsste. Im seit 1996 anhaltenden Konflikt mit verschiedensten "Rebellentruppen" hat die Armee immer wieder für Kriegsverbrechen berüchtigte Kriegsherren samt Anhang in ihren Reihen integriert. Die Folgen für eine Armee, die ihren Soldaten kaum den Sold bezahlen kann, liegen auf der Hand. Genauso wie die jeweiligen Rebellen ist auch die Armee längst ein plündernder und marodierender Haufen geworden.


Die ostkongolesischen Rebellen als langer Arm Ruandas

Der Präsident der M23, Jean-Marie Runiga ist ein christlicher Fundamentalist und hatte schon in der CNDP eine führende Funktion inne. Er gilt als Marionette des Militärchefs Sultani Makenga. Die politischen Ziele der Truppe umschreibt Makenga vage mit dem "totalen Frieden" und "mehr Föderalismus für Nord-Kivu".(1) Runiga ist der Schwiegervater von Laurant Nkunda, der offiziell unter Hausarrest in Ruanda steht. Unklar ist, welche Rolle der ehemalige CNDP-Führer Nkunda in der M23 spielt. Klar hingegen ist, dass Ruandas Präsident Paul Kagame die M23 wie seinerzeit die CNDP tatkräftig unterstützt. Wie schon die CNDP konzentriert sich auch die M23 auf die Besetzung der mineralstoffreichen Gebiete in den Kivu-Provinzen und Ituri. Mit den weltweit bedeutendsten Vorkommen von Coltan, dem Grundstoff für die Handyproduktion, ist diese Gegend im Visier aller Elektromultis und der mit ihnen verbandelten Staaten. Neben Coltan locken auch Gold, Zinn und Diamanten Profithungrige aller Couleur an. Ruandas Strategie ist damit durchsichtig und von Wirtschaftsinteressen bestimmt. Seit Jahren unterstützt Präsident Kagame die jeweilige militärische Opposition gegen die konogolesische Regierung. Von Laurent-Désire Kabila, dem Vater des derzeitigen Präsidenten Joseph Kabila über Laurent Nkunda bis zu den M23-Rebellen. Für Ruanda geht es schlicht und ergreifend um die Kontrolle der Rohstoffausbeutung Ostkongos, was das Land allen Menschenrechtsverletzungen zum Trotz zum erklärten Liebling Deutschlands und der USA macht.


Die Rolle der imperialistischen Mächte

An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf die Grossmächte, die hinter diesem Konflikt stehen: Die alten Kolonialmächte Frankreich und Belgien stehen traditionell hinter der Regierung Kabila in Kinshasa, während die USA und Deutschland als neokoloniale Quereinsteiger auf das Regime von Paul Kagame in Ruanda setzen. Das hatte für das französischsprachige, einst dem Einflussbereich Belgiens zugehörige Land auch ganz praktische Folgen. Als neue Amtssprache wurde in Ruanda über Nacht, wie übrigens auch im Südsudan, englisch eingeführt. Und wie es für durch die USA protektierte Staaten so üblich ist, blockiert die Schutzmacht konsequent jede UNO-Kritik. Im Falle Ruandas stoppten die USA dieses Jahr einen Bericht, der die direkte finanzielle und organisatorische Abhängigkeit der M23 vom ruandischen Verteidigungsministerium belegte. Dass dieser Bericht dann trotzdem durch Indiskretionen an die Medien gelangte, wird wiederum dem imperialistischen Konkurrenten Frankreich zugeschrieben.(2)


Deutschland forciert die Ostafrika-Geschäfte

Inmitten des von Ruanda angezettelten Krieges im Ostkongo weiht Deutschland in Tansania am 28. November das von der Bundesrepublik finanzierte neue Gebäude der Ostafrikanischen Gemeinschaft (East African Community EAC) ein. Angesichts der kriegerischen Politik des Geschäftspartners Ruanda ziemlich unverfroren kommentiert der deutsche Aussenminister Westerwelle das Ereignis mit den Worten: "Regionale Stabilität in Afrika liegt auch in unserem Interesse."(3) In der Tat setzt Deutschland auf diese Wirtschafts- und Zollunion, der Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda und Burundi angehören und hat deshalb in den letzten Jahren seine Ostafrika-Geschäfte massiv intensiviert. Die Rohstoffausbeutung spielt bei diesem Business eine entscheidende Rolle. Uganda und Kenia verfügen über Erdölvorkommen, Tansania über Erdgas. Ruanda wiederum garantiert, über seinen militärischen Einfluss auf die Kriegsfürsten im Ostkongo für die Ausbeutung der dortigen Rohstoffvorkommen.


Glencore lässt im Kongo Kinder schuften

Und, bei jeder Schweinerei ist die Schweiz mit dabei: Der Zuger Konzern Glencore ist mit Kapitalanteilen bei der Kamoto Copper Company und der Mutanga Mining an der Ausbeutung von Kupfer und Kobalt in der Demokratischen Republik Kongo massgeblich beteiligt. Die entsprechenden Minen soll Glencore vom kongolesischen Präsidenten Kabila für rund 5 Milliarden unter dem Marktwert erhalten haben. Und weil Kapitalgesellschaften wie die Glencore das Maul nie voll genug kriegen können, lässt Glencore im Kongo auch Kinder für den Profit schuften und vergiftet mit unseriösen Abbaumethoden das Trinkwasser im Land. Alles straffrei, im Kongo wie natürlich auch in der Schweiz. Mit den gleichen Vorwürfen wird der Schweizer Konzern auch in Kolumbien schwer belastet.


Anmerkungen:

(1) Interview mit Sultani Makenga, Jeune Afrique vom 26.11.12

(2) Der nächste Kongo Krieg, german-foreign-policy.com vom 22.07.2012

(3) Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes vom 27.11.2012

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Redaktion

Revolutionärer Aufbau Basel (rabs), Revolutionärer Aufbau Bern (rab), Revolutionärer Aufbau Winterthur (raw), Gruppe politischer Widerstand Zürich (gpw), Gruppe Arbeitskampf Zürich (az), Arbeitsgruppe Antifa Basel (agafbs), Arbeitsgruppe Antifa Zürich (agafz), Arbeitsgruppe Klassenkampf Basel (agkkbs), Arbeitsgruppe Klassenkampf Zürich (agkkz), Arbeitskreis ArbeiterInnenkämpfe (akak), Arbeitskreis Frauenkampf (akfk), Frauen-Arbeitsgruppe (agf), Frauenkollektiv (fk), Rote Hilfe International (rhi), Kulturredaktion (kur), Arbeitsgruppe Jugend Zürich (agj)

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Quelle:
aufbau Nr. 71, januar 2013, Seite 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2013