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ARBEITERSTIMME/300: Das Atomdilemma


Arbeiterstimme Nr. 187 - Frühjahr 2015
Zeitschrift für die marxistische Theorie und Praxis
Die Befreiung der Arbeiterklasse muß das Werk der Arbeiter selbst sein!

Das Atomdilemma

Vom Bau der Atombombe zum "Regime nuklearer Weltordnung"


Im Jahr 2015 jährt sich zum 70. Mal der bisher einzige Großeinsatz atomarer Kriegswaffen. Grund genug, über die Ursachen und unmittelbaren fürchterlichen Folgen dieses epochal tief einschneidenden Ereignisses für die Menschheit kritisch nachzudenken. Modernste nukleare Waffenarsenale samt Trägersysteme von kurzen bis globalen Reichweiten an vielen bekannten wie geheim gehaltenen Orten der Welt bedeuten ein unwägbares Gefahrenpotential und Belastungsrisiko für Mensch, Natur und Umwelt und bedrohen den Weltfrieden. Die Doktrin der atomaren Abschreckung stellt nach wie vor den Kern militärischer Strategie aller neun Atomwaffen besitzender politischer Mächte dar. In einem nie geahnten Ausmaß kam es zu einem verhängnisvollen Rüstungswettlauf gerade bei der Entwicklung und Bereitstellung nuklearer Waffensysteme, der die Menschheit bisher einen ungeheuren materiellen Preis gekostet hat, Mittel, die anderweitig besser für soziale, kulturelle, wirtschaftliche und völkerverständigende Zwecke hätten verwendet werden können. Heute gibt es "die Atombombe" in jeder wünschbaren Größe und Wirkung sozusagen von der Stange, vom transportablen Aggregat im Handkoffer bis zum tonnenschweren Sprengkopf auf Interkontinentalraketen. Zeitweise kann man in einzelnen Phasen des Ost-West-Konflikts und Kalten Kriegs von eskalierenden (Atom-) Psychosen und Hysterien sprechen, die zu bedrohlich labilen Konstellationen in der internationalen Politik führten, bei denen es nur noch eines einzelnen Funkens oder Befehls bedurft hätte, einen dritten atomaren Weltkrieg auszulösen. Dass dies nicht geschah, ist einerseits in mancher Hinsicht nur purer Zufall, in anderer trotz und nicht wegen der bestehenden gegenseitigen Bedrohungen der Besonnenheit verantwortlich handelnder Menschen zu verdanken. So hatte im Herbst 1983 der zuständige Raketenkommandeur auf sowjetischer Seite die Lage richtig einschätzend keinen Vergeltungsschlag ausgelöst, nachdem ihm vom eigenen defekten Spionagesatelliten irrtümlich mehrere Starts von US-Interkontinentalraketen in Montana mit Ziel Sowjetunion gemeldet worden waren.

Atomwaffen sind Massenvernichtungsmittel, gehören als solche weltweit geächtet und wie die zivile Atomkraftnutzung, mit der sie eng korrelieren, restlos abgeschafft. Es gilt zu verstehen, warum und wie es zur Entwicklung und Perfektionierung dieser technologisch auf die Spitze getriebenen Weltuntergangswaffe unter einst begünstigenden Weltkriegsbedingungen kam. Gleichermaßen gilt es zu erkennen, welche Bedingungen und Faktoren politisch wie wirtschaftlich und strategisch dabei eine wesentliche Rolle einnahmen, um auf diese heute Verändernd einwirken zu können. Hintergründe und Fakten dazu sollen in einem weiteren noch folgenden Beitrag dargelegt und untersucht werden. Es können hier nicht alle Einzelheiten und Aspekte der umfassenden Thematik angesprochen und ausgeführt werden, die Fülle an einschlägiger Literatur ist zudem übergroß. Es muss daher genügen, wenn die wichtigsten Ereignisse, Stationen und Entwicklungen geschildert und kritisch erörtert werden.

Realität und Legende von Hitlers "Bombe"

Dass es bereits während des Zweiten Weltkriegs einen Rüstungswettlauf um den Bau der ersten einsatzfähigen Atombombe zwischen Nazideutschland und den USA gegeben haben soll, ist nach heutigen Erkenntnissen eine Legende. Es würde voraussetzen, dass beide beteiligte Seiten jeweils über einen ungefähren wissenschaftlich-technischen Gleichstand der Entwicklung verfügten und über den Fortgang der anderen genau im Bilde gewesen wären, was zumindest für die deutsche mit zunehmender Kriegsdauer nicht zutrifft. So waren noch nach der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 bis zum Bombeneinsatz gegen Hiroshima die namhaften deutschen Atomwissenschaftler fest davon überzeugt, die einzigen zu sein, die im Besitz des effektiven Know-hows eines Uranreaktors und damit verbundenen Baus einer Uranbombe wären. Die von dem Wirtschaftshistoriker Rainer Karlsch seit 2005 so spektakulär wie zugleich spekulativ vorgetragen "Befunde" für erste kleinere "Kernwaffentests" unter findiger Umgehung gewisser normierter Entwicklungsschritte durch die Forschergruppe um den Physiker Kurt Diebner (1905-1964) von der NS-Heeresversuchsanstalt, sind in der Fachwelt nicht unumstritten. Sie entbehren für diese überwiegend des wissenschaftlich-technischen, plausibel einzuordnenden Nachweises aufgrund verbürgter dokumentierter Berichte und Quellen, die es nicht bzw. nur spärlich gibt. Unterlagen darüber wurden danach offenbar gezielt beiseite geschafft bzw. vernichtet. Die daran Mitwirkenden hüllten sich auch nach dem Krieg in eisernes Schweigen. Die Annahmen aus den jahrelangen Recherchen und versuchten Verifizierungen von Karlsch müssten sich mindestens heute noch immer durch deutlich erhöhte Spuren von radioaktivem Material im Boden der angegebenen Testareale auf Rügen (Marineforschungsstelle in Bug, wo sog. Hohlladungs-Explosionsversuche stattfanden) und in Thüringen (Truppenübungsplatz der Wehrmacht bei Ohrdruf) feststellbar bestätigen lassen. Seriöse Messungen in von der Bodenoberfläche entnommenen Proben des Geländes bei Ohrdruf weisen auf geringe bis durchaus deutlich erhöhte Werte radioaktiver Spaltsubstanzen hin, was bislang die damit betrauten Experten dazu veranlasste, zumindest vorsichtig zurückhaltend von einem möglichen stattgefundenen "nuklearen Ereignis" als Ursache zu sprechen.

Deutsche Kernwaffentests vor den Amerikanern?

Diebner, Mitglied der NSDAP, hat sich selbst nie bestätigend dazu geäußert, sondern wenn, dann wohl auch aus Angst, nach dem Krieg dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden, bis zu seinem frühen Tod in absolutes Schweigen gehüllt. Patentanmeldungen von ihm bald nach Kriegsende lassen durchaus auf vorhandenes inneres Wissen um das praktische Wirkprinzip nuklearer Bomben schließen. Auch während der gemeinsamen halbjährigen Internierung in England (s. u.) lenkte er das Gespräch im Kreis der hochqualifizierten deutschen Physikerkollegen an keiner Stelle darauf etwa derart, dass er gesagt hätte, es habe bei seiner Gruppe funktioniert, sie hätten eine wenn auch nur "kleine" Bombe gebaut und auch schon getestet. Wenn überhaupt, dann muss es sich bei den seit Oktober 1944 unter strengster Geheimhaltung und SS-Oberaufsicht (Ebene Himmler) durchgeführten unterschiedlichen Experimenten um technisch kaum richtig ausgereifte, problematische Versuchsanordnungen gehandelt haben, wobei es in Thüringen zu einer Verstrahlung größeren Ausmaßes hunderter beteiligter Zwangsarbeiter aus nahegelegenen KZs gekommen sein muss, deren Leichen unverkennbare Zeichen eines Strahlungstods aufwiesen. Schwerstverletzte Überlebende unter ihnen fielen Exekutionen durch die SS zum Opfer, ihre Leichname wurden an Ort und Stelle verbrannt. Unter der Zivilbevölkerung der unmittelbaren Umgebung zeigten sich typische leichtere bis ernstere Verstrahlungs-und Erkrankungssymptome. Von Karlsch gefundene Belege aus verstreuten Quellen (russische Archive) und für Aussagen von Augenzeugen lassen nach Art und Inhalt des berichteten Hergangs vermuten, dass es am 3. und 12. März 1945 bei Ohrdruf nahe Stadtilm zu zwei nächtlichen nuklearen Zündungstests kleineren Ausmaßes gekommen ist. Was da genau beim größeren ersten Versuch mit welcher beabsichtigten Wirkung getestet wurde und sich in Augenzeugenschilderungen als durchaus einer Mini-Atomexplosion gleichend ausnahm, bleibt nach wie vor weitgehend indizien- und lückenhafte Vermutung. Das alles wirft die bisherige Geschichtsschreibung der deutschen nuklearen Kriegsforschung an Reaktor und Bombe zwar nicht gleich über den Haufen, legt aber nahe, diese differenzierend und ergänzend zu erweitern um die bisher weit weniger beachteten Unternehmungen der Diebner-Gruppe und kooperierender Militärversuchsstellen. Im Gegensatz zur - ob gewollt oder nicht - "schleppenden" Arbeitsweise der Gruppe um Heisenberg, arbeiteten jene mit Hochdruck, dabei offenbar einen technischen "Seitenweg" nutzend, weit zielstrebiger und "erfolgreicher" als bislang angenommen an einer bis Kriegsende noch verwendungsfähigen, taktischen (begrenzten) nuklearen Waffe und kamen dabei sogar einige Monate vor den Amerikanern zu praktischen Lösungen. Unbestritten ist, dass sich das weit ergiebigere Uranwürfelkonzept Diebners beim Reaktor der Uran-Schichten-Plattenlösung Werner Heisenbergs (1901-1976) eindeutig als überlegen erwies, weshalb dieser es schließlich auch für sein Projekt übernahm. Man kann und darf durchaus feststellen, dass auf deutscher Seite am Ende noch ein kleiner Teil der Beteiligten am Uranprojekt an den Punkt kam, anknüpfend an eigene Reaktorexperimente die komplizierte Technik und Mechanik einer funktionierenden taktischen Nuklearwaffe praktisch zu entwickeln, ohne diese aufgrund der äußeren Umstände wie die Amerikaner im großen Maßstab beherrschen, erproben und einsetzen zu können. Gedacht wurde zuletzt auf deutscher Seite immerhin an die Kombination einer taktischen Nuklearsprengladung als Sprengkopf einer Aggregat 4-Rakete (V2), das spätere Prinzip atomarer Mittel- und Langsteckenraketen damit schon vorwegnehmend. Bereits Anfang Juni 1942 hatte - wenn auch noch rein theoretisch - der Atomphysiker Heisenberg in einer Unterredung mit Nazi-Rüstungsminister Speer davon gesprochen, dass im Prinzip die Straße zu einer Bombe frei wäre (siehe dazu: Rainer Karlsch: Hitlers Bombe. Die geheime Geschichte der deutschen Kernwaffenversuche. München 2005 und Richard von Schirach: Die Nacht der Physiker. Heisenberg, Hahn, Weizsäcker und die deutsche Bombe. Berenberg Verlag 2012; Reinbek b. Hamburg 2014. Die aktuell vielleicht detailreichste und informativste Darstellung zum Thema).

Entdeckung der Kernspaltung

Fakt ist, dass zuerst in Deutschland Mitte Dezember 1938 von der Forschergruppe um Otto Hahn (1879-1968) und Fritz Straßmann am Berliner Kaiser Wilhelm Institut für Chemie die Urankernspaltung mittels langsamem Neutronenbeschuss entdeckt und sodann in der Zeitschrift Die Naturwissenschaften beschrieben wurde. Die jüdische Physikerin Lise Meitner, bis zum Sommer 1938 noch bei Hahn als Assistentin tätig und mit den Versuchsreihen dort aufs engste vertraut, bis sie nach Skandinavien emigrieren musste, und ihr Neffe, der Physiker Otto Frisch, ein Mitarbeiter des Physikgenies Niels Bohr in Kopenhagen, nahmen im Februar 1939 eine erste theoretisch-kernphysikalische Deutung des Durchbruchs der Deutschen im internationalen Magazin Nature vor. Zur gleichen Zeit waren auch in anderen Ländern Wissenschaftlergruppen damit beschäftigt, auf unterschiedlichen theoretischen Niveaus und Entwicklungsstufen der Kernspaltung auf die Schliche zu kommen, so etwa in den USA, England, Frankreich, Italien, der Sowjetunion und auch in Japan. Besonders in England und den USA wurde sofort nach Bekanntwerden der Ergebnisse aus Berlin damit begonnen, diese theoretisch zu überprüfen und praktisch nachzuvollziehen, so dass dort ungefähr eine vergleichbare Ausgangssituation mit der deutschen angenommen werden kann. Der Verdacht, es könnte dabei auch zu einer militärischen Nutzung der bei einer Atomspaltung aufgrund der Kettenreaktion freiwerdenden riesigen Energiemengen kommen, wurde in den USA wohl zuerst von dem aus Ungarn stammenden, jüdischen theoretischen Physiker Leo Szilard (1898-1964) nach entsprechenden eigenen Experimenten und Berechnungen geäußert. Es war der Beginn der späteren Anstrengungen der USA im großen Maßstab, einer angenommenen militärischen Ausnutzung der Kernspaltung über die Zwischenstufe eines Reaktors durch das Dritte Reich zuvorzukommen.

Atombombe lange keine Option der Nazis mit Priorität

Interessant wie auch z.T. verwunderlich ist der Weg, wie er zunächst in Deutschland weiter beschritten wurde, der die beteiligten deutschen Wissenschaftler und Techniker bis etwa Mitte 1942 in ungefährem Gleichstand mit ihren US-Kollegen zur wissenschaftlich-technischen Projektierung eines Reaktors (damals noch Brenner oder Meiler genannt) als erforderlicher Vorstufe für den möglichen Bau einer Bombe führte und man in die Phase praktischer Erprobung eintreten konnte. Vorausgegangen waren von Frühjahr bis Herbst 1939 mehrere Treffen und Beratungen unter Beteiligung führender wissenschaftlicher Köpfe der deutschen Atomphysik, woraus der sog. Uranverein (Arbeitsgemeinschaft für Kernphysik) hervorging, angesiedelt beim Heereswaffenamt (HWA), das alle Projekte dazu unter militärischer Verwaltung zusammenführen sollte. Man beschäftigte sich mit grundsätzlichen konzeptionellen Überlegungen und Plänen zur technischen Verwertung der Kernspaltung hinsichtlich eines zu bauenden Uranbrenners. Nur ganz wenige wie der theoretische Physiker Werner Heisenberg hatten damals einen auch nur ungefähren Überblick darüber, welche weitreichenden Konsequenzen die von ihm zusammen mit anderen angestellten Überlegungen und bald durchgeführten ersten Experimente haben würden. In einer Stellungnahme an das Heeresamt im Dezember 1939 sprach Heisenberg auch von einer möglichen waffentechnischen Anwendung der Kernspaltung. Sein Versuch, mit seinem ehemaligen dänischen Mentor Niels Bohr anlässlich eines Besuches zusammen mit v. Weizsäcker in Kopenhagen im Herbst 1941 darüber auch über dessen Beziehungen in Richtung USA ins Gespräch zu kommen und angesichts des Krieges Möglichkeiten für eine Art allgemeines Moratorium (Unterbrechung) bei den begonnenen Forschungsvorhaben zu erörtern, wurde von diesem als spionageverdächtige Finte verstanden, ihn auszuhorchen und misstrauisch zurückgewiesen.

Der geniale Quantentheoretiker Heisenberg war zwar kein Nazi-Anhänger und schon gar kein Antisemit, aber als Nationalpatriot durchaus "antibolschewistisch" eingestellt. Seitens der beteiligten Vertreter der Naziadministration brachte man mit zunehmend länger dauernder Kriegszeit wissenschaftlich-technischen Innovationen, die sich nicht kurzfristig zu den Krieg zu Gunsten Hitlers entscheidenden "Wunderwaffen" entwickeln ließen, jedoch grundsätzlich Skepsis und Zurückhaltung entgegen. So auch dem Vorhaben des bei den erwähnten Experten-Treffen durchaus auch schon angesprochenen Baus einer möglichen Uranbombe, dessen Erfolg für sie wenn, dann eher nur mittel- bis längerfristig zu erwarten war. Das markierte den Entscheidungspunkt, an dem das deutsche und US-Atomprojekt dann auseinanderliefen. Die Forschungen im Dritten Reich sollten zwar weiterlaufen, aber in einem eher bescheiden ausfallenden Ausmaß von beteiligtem Personal und eingesetzten Finanzmitteln. Man könnte fast von einem deutschen Experimentierstubendasein im Dr. Faust-Stil sprechen, in dem dies zunächst in Behelfseinrichtungen wie dem zur abschreckenden Tarnung sog. Virus-Haus, dann einem geräumigeren Bunker auf dem Gelände des Berliner Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik, geschah. Zudem konkurrierten die beiden Gruppen um Heisenberg/v. Weizsäcker/Wirtz und Diebner/Heeresversuchsanstalt (HVA) und Paul Harteck in Hamburg um die sehr begrenzten wichtigen Ausgangsmaterialien Uranerz/-oxid und schweres Wasser als Bremssubstanz (Moderator) zur Steuerung einer sich selbst erhaltenden Kettenreaktion. Die genannten Teams arbeiteten außerdem mit teils unterschiedlichen technischen Anordnungen und verwendeten Grundstoffen lange unkoordiniert nebeneinander her. Dies begünstigte auch eine unterschiedliche Verfolgung von damit verbundenen Zielsetzungen.

Die US-Atombombe

Ganz anders der Verlauf in den USA. In Chicago wurde im Metallurgischen Laboratorium (Met. Labs) der dortigen Universität unter Leitung des aus Italien emigrierten Physikers Enrico Fermi an einem Reaktor (Chicago Pile) geforscht und man gelangte vor den Deutschen bis zum Sommer 1942 bereits zu brauchbaren Ergebnissen mit einem kritischen Meiler mit sich selbst erhaltender, kontrollierter Neutronenvermehrung. Mehrere Forschungseinrichtungen in den USA verfügten anders als in Deutschland schon über leistungsfähige Hochspannungsanlagen und hochmoderne Zyklotrone für die Neutronenbeschleunigung. Wiederum war es Leo Szilard, der sich zuvor schon zusammen mit dem späteren Konstrukteur der Wasserstoffbombe, Edward Teller, ebenfalls aus Ungarn stammend, im Sommer 1939 an Albert Einstein in dessen Domizil in Princeton gewandt hatte, um diesen gegen dessen Zweifel zu seiner maßgeblichen Unterschrift unter ein Vorformuliertes Memorandum an Präsident Roosevelt zu bewegen. Mit diesem Eingabebrief sollte die US-Regierung mit Nachdruck auf die Gefahr des möglichen Baus einer Atombombe durch Hitler-Deutschland hingewiesen und empfohlen werden, effektive Schritte und Maßnahmen einzuleiten, dem mit einem Eigenbau zuvorzukommen. Es war neben einer später noch hinzu kommenden Expertise von US-Wissenschaftlern der entscheidende Anschub für das am Tag vor dem japanischen Überraschungsangriff auf die US-Pazifikflotte in Pearl Harbor (7. Dezember 1941) administrativ auf den Weg gebrachte Manhattan-Projekt zum Bau einer eigenen amerikanischen Atombombe, so benannt, weil sich das koordinierende Engineering Büro anfänglich in Manhattan befand. Unter optimalen Bedingungen weder eingeschränkter noch gestörter Kriegsforschung und -produktion gelang es den USA mit weit über hundertfünfzigtausend beteiligten Wissenschaftlern, Ingenieuren, Technikern und Arbeitern binnen relativ kurzer Zeit ab 1942/43 an den drei Hauptorten Los Alamos in New Mexico, Richland/Washington (Plutoniumproduktion der Hanford Engineer Works, heute teuerste Atomruine der Welt) und Oak Ridge/Tennessee, wo man die erforderliche Isotopentrennung und Urananreicherung vornahm, zuverlässig das Prinzip einer funktionsfähigen Atombombe zu entwickeln. Anders als die deutschen Forscher arbeiteten die US-Wissenschaftler nicht mit dem schwer herzustellenden Schwerwasser als Bremssubstanz für die Neutronen, sondern mit dem leichter zu beschaffenden und handhabenden reinen Graphit. Uran bezog man in genügender Menge aus kanadischen Minen. Der erste erfolgreiche Test "Trinity" (Dreifaltigkeit) fand jedoch erst nach dem Ende des Krieges mit Nazi-Deutschland am 16. Juli des Jahres 1945 in der Wüste New Mexicos bei White Sands statt. Auch die offiziellen Stellen in den USA trauten vor allem ihrem jungen wissenschaftlichen Personal nicht recht, das wie Hans Bethe, Deutscher mit zur Hälfte jüdischen Eltern, nicht selten als Mathematiker, Atomphysiker oder Physikochemiker seit den 1930er Jahren aus Deutschland und Europa über Exilwege in die USA gekommen war. Die wissenschaftliche Sektion in Los Alamos lag zwar führend in den Händen des noch keine 40 Jahre alten organisationstüchtigen und meisterlich kommunikationsfähigen, deutsch-jüdisch abstammenden Physikers J. Robert Oppenheimer (1904-1967). Dieser verfügte über ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Physikszene aus seiner Göttinger Doktorandenzeit bei Max Born, wo er u. a. mit Heisenberg, Bohr, Fermi und Teller zusammentraf. Die Gesamtleitung des Projekts aber hatte das Militär inne in Gestalt des West Point-Absolventen und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ingenieurwissenschaftlich ausgebildeten Army-Generals Leslie R. Groves (1896-1970).

"KZ für Nobelpreisträger"

Das eigentliche Kernforschungsgelände des National Laboratory bei Los Alamos, einem ursprünglich kleinen Gebirgsort am oberen Rio Grande in über 2.200 Metern Höhe gelegen, war im Grunde ein hermetisch vom Militär abgeriegeltes und gesichertes geheimes Terrain. Hinter Stacheldrahtzäunen befanden sich Verwaltungsgebäude, Experimentierbaracken, Laboratorien, Militärunterkünfte, Wohnwagen und einfache Fertigbauwohnhäuser. Es hatte etwas vom Charakter eines improvisierten "Ghettos", wie es von manchen dort Lebenden und Arbeitenden auch empfunden wurde, andere sprachen sogar offen vom "KZ für Nobelpreisträger". Spätestens seit der zweiten Hälfte des Jahres 1944 wähnte man sich in den USA zuverlässig aus eigenen Geheimdienstquellen und durchsuchten Verbindungsstellen der Deutschen in Paris und Strassburg darüber informiert, dass im von schweren Luftangriffen stark kriegsgeschädigten Deutschland eine Atombombe absehbar nicht zustande gebracht werden würde. Dies sickerte auch bald bis Los Alamos durch und verursachte Unruhe und Bedenken unter einem Teil der beteiligten Forscher. Der Bau und präventive Einsatz einer nuklearen Bombe gegen Hitler-Deutschland schien ihnen nicht mehr dringlich geboten. Sie wollten daher die Arbeit daran einstellen. Auf je eigene zwingende Weise wurden solche Vorbehalte und Skrupel jedoch von Oppenheimer und Groves gemeinsam entkräftet und weggewischt, u. a. mit Verweis auf den auch noch im Gang befindlichen Krieg im Pazifik und die vermutlich hohe Zahl soldatischer Opfer, die die USA eine militärische Eroberung Japans noch kosten würde. Die dennoch kursierende Erklärung einer Wissenschaftlergruppe in Los Alamos um Szilard, die u. a. vorsah, hochrangigen japanischen Militärs und Regierungsvertretern die Testzündung einer Atombombe abschreckend zu demonstrieren, wurde von General Groves schlicht ignoriert und ihre Übermittlung an die Regierung Roosevelt verhindert. Man wollte seitens des US-Militärs den Einsatz und hatte dazu bald zwei einsatzbereite Atombomben (siehe dazu: Leslie R. Groves: Now it can be told. The Story of the Manhattan Project, 1962; dt.: Jetzt darf ich sprechen. Die Geschichte der ersten Atombombe; 1965). Viele wissenschaftliche Mitarbeiter des Manhattan-Projekts, das nahtlos in das US-Atomrüstungsprogramm überging, kündigten jedoch nach den beiden Bombenabwürfen auf Japan ihre Jobs in Los Alamos.

Das Ende deutscher Träume von "Uranmaschine" und "Bombe"

Der einzige nennenswerte Lieferant der Deutschen für das dringend benötigte Schwerwasser (D2O), die Norsk Hydro-Werke im besetzten südnorwegischen Rjukan, war Anfang 1943 durch ein spektakuläres Sprengkommando norwegischer Widerstandskräfte erheblich beschädigt, nach erneutem raschem Wiederaufbau durch alliierte Luftangriffe noch im selben Jahr völlig zerstört worden. Ein letzter noch auf den Weg gebrachter Schwerwassertransport aus Norwegen von mehreren hundert Litern in Fässern wurde durch eine erneute Sabotageaktion vereitelt. Ein weiterer entscheidender Faktor gegen schnelle deutsche Fortschritte. Wichtige (Ersatz-)Zulieferfirmen im Reich wurden immer wieder bombardiert, Materialtransporte in Zügen verzögerten sich oder fielen aufgrund zerstörter Gleisnetze und Bahnhöfe auf Tage und Wochen aus. Vermehrt wurden daher Lieferungen auf die Straße mit LKWs verlegt, die oft noch von Tieffliegern angegriffen wurden. Die Vorräte an Uranerz (z.B. aus belgischkolonialen und tschechischen Beständen) und schwerem Wasser waren bereits ziemlich erschöpft, um deren Erhalt zusätzlich noch von den einzelnen Versuchsstellen kleinlich gestritten wurde. Im Lauf des Jahres 1944 war kriegsbedingt damit begonnen worden, die Uran-Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin ins südschwäbische Städtchen Hechingen unter der Burg Hohenzollern zu verlegen, wo die Gruppe Heisenbergs ab Anfang 1945 unter einfachsten ungeschützten Bedingungen im nahegelegenen malerischen Örtchen Haigerloch ihre Arbeit aufnahm. Im ehemaligen Bier- und Weinkeller (heute Atommuseum) der Schwanen-Gaststätte befand sich bunkerartig natürlich gesichert im Kalkfelsen unterhalb der Schlosskirche der letzte deutsche Versuchsreaktor mit der experimentellen Bezeichnung B(erlin) VIII. Das war nicht mal annähernd die Dimension wie in den USA mit ihren riesigen großindustriellen Anlagen. Auch die Abteilung der Heeresversuchsanstalt bei Kummersdorf/Gottow südlich von Berlin, wo die Gruppe um Diebner tätig war, wurde nach einem offensichtlich erfolgten schwerwiegenderen Reaktorunfall (Versuch G III) noch nach Stadtilm in Thüringen umquartiert, ohne dort die Arbeit an einem neuen Reaktor noch mal gezielt aufzunehmen. Man war dagegen ja mit anderem beschäftigt. Diebner selbst kam, vermutlich auf der Suche nach weiterem uranangereichertem Material, nach dem 3. März 1945 noch für mehrere Tage nach Haigerloch zu Heisenberg und seiner Gruppe, um sich vom Stand ihrer Arbeit zu überzeugen, jedoch ohne von den laufenden "Nukleartests" in Thüringen zu berichten. Die Gruppe Heisenberg war bis zuletzt noch aktiv, der es aber mangels genügendem Ausgangsmaterial an Uran und Schwerwasser nicht mehr gelang, eine sich stabilisierende Kettenreaktion zu erzeugen, bevor die in vorderster Frontlinie operierende amerikanische Spezialsuchtruppe der ALSOS-Mission am 23. April eintraf, die Forscher gefangen nahm, den Reaktor abbaute und alle Gerätschaft in die USA abtransportierte. Heisenberg, dem nachgesagt wird, er habe von sich aus das von ihm geleitete Versuchsprojekt absichtlich zusätzlich verzögert, war es auch, der Anfang 1947 in einer ersten Denkschrift angab, die Anzahl der Menschen, die in Deutschland an einem Uranexperiment arbeiteten, "hat wohl in keiner Phase einige hundert überschritten". Hinsichtlich der von deutschen Behörden für das Uranvorhaben zur Verfügung gestellten Mittel, stellte er ohne dies zu präzisieren an gleicher Stelle fest, dass sie "gegenüber den von den Alliierten eingesetzten Mitteln verschwindend gering" waren. Insgesamt hätte der in Deutschland unternommene Aufwand den tausendsten Teil des amerikanischen betragen. (nach W. Heisenberg: Über die Arbeiten zur technischen Ausnutzung der Kernenergie in Deutschland, Göttingen, Januar 1947 in: William L. Laurence: Dämmerung über Punkt Null. Die Geschichte der Atombombe, München 1949, S. 241-252). Die beiden dann "ersatzweise" statt über Berlin und Mannheim/Ludwigshafen über den von US-Luftangriffen nahezu unbehelligten südjapanischen Küstenstädten Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Bomben "Little Boy" und "Fat Man" sollten furchtbare und verheerende Auswirkungen für Hunderttausende Menschen und die Substanz ihrer Heimatstädte zeigen und noch über Jahrzehnte nach sich ziehen. Ihre Fertigstellung ließen sich die USA insgesamt etwa 2 Mrd. Dollar kosten, was heute einem Vielfachen davon entspräche. Enorme Finanzmittel, zu denen man im Dritten Reich, das schon an die 45 Mrd. Reichsmark (RM) in seine Kriegsrüstung gepumpt hatte und finanziell dem Kollaps nahe war, zusätzlich weder bereit noch fähig gewesen wäre. Immerhin lag der sich sehr interessiert zeigende Rüstungsminister Speer mit seiner Schätzung, man bräuchte für die Atomsache mindestens 100 Mio. RM, die er bereitzustellen gewillt war, gar nicht so weit davon entfernt (siehe Albert Speer, Erinnerungen; 1969). Ein eingereichter Kostenvoranschlag von Heisenberg für das Jahr 1942 für sein Projekt nannte dagegen noch eine erklecklich geringe Summe von 350.000 Reichsmark.

Vom Kriegsprojekt zur deutschen Nachkriegssituation

Noch im Sommer 1945 wurden im Zuge der Operation Epsilon zehn maßgeblich am deutschen Uranprojekt beteiligte wie nur vermeintlich beteiligte deutsche Wissenschaftler, Bagge, Diebner, Gerlach, Hahn, Harteck, Heisenberg, Korsching, V. Laue, V. Weizsäcker, Wirtz, auf dem mittelenglischen Landsitz Farm Hall bei Cambridge für ein halbes Jahr komfortabel interniert. Man trieb sich frei in idyllischem Parkgelände bewegend Lauf- und Ballsport, aß und trank gut, ging musischen Neigungen nach, spielte abends lange Bridge- und Skatpartien, hielt einander Vorträge und diskutierte diese und wurde einzeln immer wieder verhört. Die Gespräche der Festgesetzten untereinander wurden von Mitarbeitern englischer und US-amerikanischer Geheimdienste systematisch abgehört, aufgezeichnet und ausgewertet (siehe Farm Hall-Protokolle). Man erhoffte sich davon weitere wesentliche Aufschlüsse über den tatsächlich erreichten Stand der deutschen Forschungen und die Rolle ihrer Protagonisten. Als am 6. August per Radio die Kunde zu den Internierten vom Abwurf der Hiroshimabombe durchdrang, stellten sich teils helle Verwunderung und Zweifel, teils fassungsloses Entsetzen bei den Versammelten ein. Heisenberg hielt es zuerst für eine Falschmeldung, um die Deutschen auf die Probe zu stellen, Otto Hahn soll sich aufgebracht und grübelnd stundenlang in sein Zimmer eingeschlossen haben und musste erst wieder beruhigt werden. Er machte sich selbst schwere Vorwürfe, obwohl er als Chemiker am deutschen Uranprojekt gar nicht maßgeblich mehr beteiligt gewesen war. Andere wie Kurt Diebner und Erich Bagge reagierten eher kühl argumentierend und sich wundernd auf die Nachricht. Sie wie auch Karl Wirtz von der Heisenberg-Gruppe gehörten später in den 1950er Jahren zu den wichtigen Stützen des westdeutschen zivilen Atomversuchsprogramms und Befürwortern des Aufbaus einer eigenen Energie erzeugenden Atomwirtschaft (siehe Bagge/Diebner: Zur Entwicklung der Kernenergieverwertung in Deutschland, in: Bagge, Diebner, Jay: Von der Uranspaltung bis Calder Hall. Hamburg 1957, S. 9-80). Insofern erwiesen sich ihre Beteiligungen zur Nazizeit am Uranprojekt in Kontinuität als wichtige Voraussetzung, dass dabei erworbenes Grundlagenwissen und erprobte technische Verfahren später nutzbringend wieder eingesetzt werden konnten, um der BRD einen Einstieg in die moderne Atomtechnologie zu ermöglichen. Doch zuvor mussten nach der Aufhebung des jegliche kernphysikalische Forschung verbietenden Besatzungsstatuts 1955 zehn untätige "verlorene Jahre" rasch nachgeholt werden. Der erste Nachkriegsversuchsreaktor im ab 1956 neu geschaffenen Kernforschungszentrum Karlsruhe war im Prinzip noch ein getreues Abbild des zuletzt im Krieg entwickelten und getesteten Schwerwasserreaktors (siehe Informationsbroschüre Atommuseum Haigerloch). Bald sollten weitere neue Forschungsreaktoren in Geesthacht bei Hamburg und noch an anderen Orten folgen.

Die Sowjetunion zieht nach - ein Regime etabliert sich

Roosevelts Nachfolger, Präsident Truman, ließ die Kunde vom erfolgreichen Test der ersten US-Atombombe im Juli 1945 taktisch noch in die Potsdamer Siegerkonferenz hinein platzen. Man erhoffte sich davon eine schockartige Wirkung auf Stalin, Molotow und die sowjetische Delegation. Stalin wiederum, so wird kolportiert, soll nur verhalten und nüchtern ohne weitere Fragen zu stellen darauf reagiert haben, dabei die Hoffnung äußernd, dies möge den Krieg bald beenden. Man war keineswegs sehr überrascht davon, da man durch den eigenen Atomspion, den jungen deutschen theoretischen Physiker Klaus Fuchs, der über England nach Los Alamos gekommen war, und seine Mittelsleute in Santa Fé bis in Einzelheiten über das amerikanische Bombenprojekt informiert war. Fuchs arbeitete nach erfolgter Rückkehr nach England am britischen Atombombenprojekt weiter, wo er 1950 enttarnt wurde. Er hatte nicht nur allgemein Pläne verraten, sondern den Sowjets auch in seine eigene maßgebliche wissenschaftliche Zuarbeit zur zweiten US-Plutoniumbombe Einblick verschafft. Fuchs wurde bald gegen Spione der anderen Seite ausgetauscht und später als Physiker in der DDR zu einer angesehenen Persönlichkeit des wissenschaftlichen und öffentlichen Lebens. Die oft geäußerte Einschätzung, die USA hätten die Atombomben auf das so gut wie besiegte Japan vor allem als deutliche Warnung an die SU eingesetzt, ist insofern zu relativieren als man von sowjetischer Seite bereits darauf vorbereitet war und prompt antwortete. So erklärte Moskau gemäß einer Vereinbarung des Abkommens von Jalta noch am 8.8.1945 Japan den Krieg. Man rückte zunächst in die von Japan besetzte Mandschurei ein (1946 an China abgetreten), um ein Gegengewicht gegen die Vordringenden USA zu schaffen und bei späteren Kapitulationsverhandlungen mit am Tisch zu sitzen, etwa um sich den Besitz der Kurileninseln zu sichern.

Es sollte dann trotz reichlich geförderten Uranerzes vor allem aus der sowjetischen Besatzungszone in Thüringen / später DDR (Wismut SAG) und deutschen technischen Know-hows (Manfred von Ardenne u.a.) noch vier Jahre dauern, bis in identischer Bauart der amerikanischen Bomben die Sowjetunion Ende August 1949 ebenfalls soweit war, ihre erste Atombombe in der kasachischen Steppe im Gebiet von Semipalatinsk erfolgreich zu zünden und damit das nur kurz bestehende Atombombenmonopol der USA zu brechen (siehe A. Heinemann-Grüder: Die sowjetische Atombombe. Münster 1992). Es mutet paradox an, dass Nazideutschland zwar keine eigene richtige Atombombe konstruieren und noch einsetzen konnte, dafür aber in die USA emigrierte und geholte bzw. von der Sowjetunion verpflichtete deutsche Wissenschaftler und Techniker (siehe H. und E. Barwich: Das rote Atom. Als deutscher Forscher in der UdSSR. Ffm. 1970) an den Anfängen für die Atombombenprogramme der ersten beiden nuklearen Supermächte nicht unwesentlich mit beteiligt waren. Das Atomdilemma entfaltete von da an seine bis heute andauernde unumkehrbare Eigendynamik. Aus den USA und der Sowjetunion wurden die ersten über Jahrzehnte in scharfem Systemgegensatz (Kalter Krieg) zueinander stehenden Atomstaaten der Erde, gefolgt von Großbritannien (Atommacht seit 1952), Frankreich (1960), der VR China (1964) bis hin zu Indien (1974), Pakistan (1998), Südafrika (ab Mitte/Ende '70er Jahre; Ausstieg 1991), Israel (Ende '70er Jahre) und Nordkorea (2006), nicht mit einbezogen eine Reihe von sog. nuklearen Teilhabestaaten im Rahmen der Abschreckungsdoktrin der NATO wie Belgien, Deutschland, Italien, die Niederlande und Türkei, die sich im Ernstfall die Option zum Einsatz von auf ihrem Staatsgebiet gelagerten US-Atomwaffen unter amerikanischer Kontrolle vorbehalten. Dies begründete den Anfang des seither kontinuierlich ausgebildeten komplexen Geflechts von Mechanismen ("Gleichgewicht des Schreckens"; "Atoms for Peace"/Atome für den Frieden u.a.), gesetzlichen Regelwerken zu weltweiter Atomwaffenkontrolle (Teststopp-/Nichtverbreitungsabkommen), atomrüstungstechnischen Innovationen, Weltmachtinteressen, Militärbündnissen, Kriegsszenarien, nuklearwaffenbedingten Vormachtstellungen, durchgesetzten Sonderwegen (Bsp. Israel), Kriegen und Konflikten dicht am atomaren Abgrund (Korea-/Vietnamkrieg, Kubakrise, Berlinkrise 1948, Naher Osten '60er Jahre, Europa Anfang '80er Jahre, Militärschläge gegen Iraks Atomreaktor, Atomkonflikt mit dem Iran) u.a.m., das hier mit dem Begriff "Regime nuklearer Weltordnung" gekennzeichnet wird. Aber das ist Stoff und Inhalt eines weiteren Beitrags zum Fortgang der Atomrüstung und Politik mit Atomwaffen bis in unsere Tage.

E.K., Bremen, 1.3.2015


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Explosion der US-Atombombe "Baker" im Bikini-Atoll, Juli 1946

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Quelle:
Arbeiterstimme Nr. 187 - Frühjahr 2015, Seite 29 bis 34
Verleger: Thomas Gradl, Bucherstr. 20, 90408 Nürnberg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2015

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