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WISSENSDURST/056: Energiegewinn - schön geredet ... (SB)



Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick


Stefan und Ben saßen nach der Schule oben in Bens Zimmer und beratschlagten, wie sie mit möglichst wenig Aufwand ihre Hausaufgaben bewältigen könnten. Danach widmeten sie sich dem für sie eigentlich interessanten Thema, der Wasserstofftechnologie. Sie mussten bereits feststellen, dass es sich hierbei um ein sehr komplexes Verfahren handelt. Zunächst legten sie ihren Schwerpunkt darauf, herauszufinden, wo die vermeintlichen Vorteile gegenüber den herkömmlichen Energiegewinnungsverfahren liegen. Schließlich soll die Wasserstofftechnologie Erdgas, Kohle und Erdöl als Energielieferanten ablösen und somit die CO2 Neutralität erreichbar werden lassen.

Ben: "Der entscheidende Vorteil gegenüber den erneuerbaren Energien wie Wind- oder Sonnenenergie, soll die Speicher- und Transportfähigkeit von Wasserstoff sein. Aber eigentlich müssen wir uns zuvor noch mit der Herstellung von Wasserstoff beschäftigen, denn der muss erst einmal in reiner Form erzeugt werden, um gespeichert zu werden. Also, schlage ich vor, dass wir uns zunächst die entsprechenden Herstellungsverfahren ansehen."

Stefan: "Genau darüber bin ich auch gestolpert und habe auch schon ein paar Informationen dazu gefunden. Die bisher am besten entwickelten Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff sind zum einen sogenannte Reformierungsverfahren und zum anderen die Wasser-Elektrolyse."

Ben: "Auf die Elektrolyse von Wasser wollen wir später ja noch genau eingehen, denn sie soll wiederum Vorteile gegenüber althergebrachten Herstellungsverfahren haben. Also, ich schlage vor, dass wir uns die herkömmlichen Methoden ansehen. Hast du da auch schon etwas herausgefunden?"

Stefan: "Ja, das hab ich. Die genannte Reformierungsmethode gehört zu den bereits in der Industrie angewendeten Technologien. Also, hör zu, das ist nämlich interessant, aber auch nicht so einfach zu verstehen. Keinesfalls kann man bei der Wasserstofftechnologie davon sprechen, dass sie für sich genommen umweltfreundlich ist. Noch letztes Jahr, also 2020, wurden 98% des verwendeten Wasserstoffs durch eben genannte Reformierungsverfahren erzeugt. Verwendet wurden hier fossile Energieträger, aus denen der Wasserstoff herausgelöst wurde."

Ben: "Das bedeutet, dass hier Erdöl, Kohle oder Erdgas verwendet werden, richtig?"

Stefan: "Ganz genau! Ich nehme mal an, dass aus diesem Grund verstärkt die Bemühungen dahin gehen, in erster Linie das Wasser-Elektrolyse-Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff anzuwenden."

Ben: "Hast du auch irgendetwas darüber gefunden, ob bei den Reformierungsverfahren CO2 frei wird? Das würde ich jedenfalls vermuten."

Stefan: "Warte mal, dazu komme ich gleich noch. Ich habe nämlich einen interessanten Bericht in einer Broschüre gelesen, das muss ich dir dann unbedingt erzählen. Aber jetzt noch mal zu den verschiedenen Reformierungsverfahren, bei denen in allen Fällen viel elektrische Energie benötigt wird, um ein Wasserstoffmolekül aus einem Stoff abzuspalten. Das kann auf verschiedene Weise geschehen. Wird beispielsweise Erdgas als Ausgangsstoff genommen, so wird die sogenannte Dampfreformierung angewendet."

Ben: "Halt, halt, Stefan, du hast mir was voraus, ich verstehe noch immer nicht, was Reformierung bedeutet."

Stefan: "Ich versuche es mal zu erinnern, wie das erklärt wurde: also, Erdgas besteht aus Kohlenwasserstoffen, zum größten Teil aus Methan (CH4). Dann wird dieses Gas mit Wasserdampf zusammengebracht. Wasserdampf enthält kleinste Wassertröpfen aus Wasserstoff und Sauerstoff, der das Methan oxidiert, wobei Wasserstoff und Kohlenmonoxid übrigbleiben, und zwar 3 Teile Wasserstoff und ein Teil Kohlenmonoxid (CH4 + H2O - CO + 3 H2). Allerdings muss hier Energie in Form von Hochtemperaturwärme eingesetzt werden, um diese Reaktion in Gang zu setzen."



Gezeigt wir der Reaktionsverlauf der Ausgangsstoffe Methan und Wasser - Grafik: 2021 by mrmw, CC0 1.0, (gemeinfrei), via Wikimedia Commons

Schematische Darstellung
Grafik: 2021 by mrmw, CC0 1.0, (gemeinfrei), via Wikimedia Commons


Ben: "Ja, klar, denn Wasser muss sehr stark erhitzt werden, bis es schließlich seinen Aggregatzustand ändert und zu Dampf wird, richtig? Um das zu erreichen wird wiederum elektrische Energie benötigt."

Stefan: "Genau. Aber das ist noch nicht alles. Denn diese Reaktion geht noch weiter. Um noch mehr Wasserstoff zu gewinnen, wird das Kohlenmonoxid (CO) weiter zu Kohlendioxid (CO2) oxidiert und dabei wird wieder Wasserstoff frei."

Ben: "Wo kommt denn da der Wasserstoff her?"

Stefan: "So wie ich das verstanden habe, muss wieder Wasser (H2O) hinzugefügt werden. (CO + H2O - CO2 + H2)."

Ben: "Da frage ich mich, was dann mit dem dabei entstandenen
Kohlendioxid (CO2) geschieht?"

Stefan: "Das weiß ich auch nicht. Da müssten wir noch weitere Nachforschungen anstellen. Aber warte mal, jetzt will ich dir endlich berichten, was ich beim Stöbern in einer Broschüre gelesen habe. Da stand, dass Wasserstoff bunt sei. Das machte mich neugierig und sicherheitshalber habe ich mir Notizen gemacht. Also, den unterschiedlichen Herstellungsverfahren von Wasserstoff werden bestimmte Farben zugeordnet: grün, grau, blau und türkis. Pass auf, hier wird nochmals deutlich, dass der Grüne Wasserstoff als bevorzugte Methode gilt. Grüner Wasserstoff bedeutet, dass bei diesem Verfahren Wasserstoff durch Elektrolyse gewonnen wird, das heißt, Wasser wird in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Der dafür benötigte Strom soll aus erneuerbaren Energien stammen und es soll angeblich kein CO2 frei werden."

Ben: "Stopp mal. Wir haben doch bereits ausführlich über die Nachteile von erneuerbaren Energien wie Wind- oder Sonnenenergie geforscht. Die sind doch nun wirklich nicht klimaneutral, geschweige denn umweltfreundlich."

Stefan: "Ja, sicher. Aber das wird hier einfach so behauptet, schließlich soll die Wasserstofftechnologie zur Klimaneutralität beitragen. Da wird das anscheinend ausgeblendet. Also weiter:

Grauer Wasserstoff wird jener genannt, der aus fossilen Rohstoffen wie beispielsweise Erdgas hergestellt wird. In diesem Verfahren werden allerdings pro einer gewonnenen Tonne Wasserstoff zehn Tonnen CO2 erzeugt."

Ben: "Mann, das glaube ich einfach nicht, das ist ja wirklich ungeheuerlich."

Stefan: "Warte, es kommt noch besser: Es gibt auch noch den blauen Wasserstoff: Auch in diesem Verfahren wird der Wasserstoff aus fossilen Rohstoffen abgespalten. Doch das dabei entstehende CO2 wird abgeschieden und gespeichert. Allerdings konnte ich keinen Hinweis finden, wo es denn gespeichert wird und was für eine solche Speicherung vonnöten ist. Schließlich muss es sicher verwahrt werden, damit es nicht doch irgendwie in die Atmosphäre gelangen kann, oder?

Zum Schluss wurde noch der türkise Wasserstoff vorgestellt - hier findet die Abspaltung von Wasserstoff aus Erdgas unter Einsatz von sehr hohen Temperaturen statt. Dabei soll fester Kohlenstoff entstehen. Werden bei der Erzeugung der hohen Temperaturen erneuerbare Energien eingesetzt, soll bei diesem Verfahren kein CO2 entstehen. Ich frage mich jedoch, um was es sich bei dem festen Kohlenstoff handelt und was schließlich mit ihm geschieht?"

Ben: "Das sind schon ganz schön viele ungeklärte Fragen, die mir da durch den Kopf gehen und ehrlich gesagt, kann ich mir trotz all dieser Informationen nicht vorstellen, wie aus Wasserstoff Strom erzeugt wird. Funktioniert das so ähnlich wie in einer Batterie? Herkömmlich wird doch bei der Stromerzeugung mechanische Energie umgewandelt, zum Beispiel, wenn eine durch Dampfdruck betriebene Turbine einen Generator in Gang setzt, aber das kann hier wohl nicht gemeint sein."

Stefan: "Gut, ich denke wir konzentrieren uns nun auf die Elektrolyse, denn die Reformierungsverfahren sind, glaube ich, wenig geeignet, da immer noch fossile Brennstoffe im Einsatz sind. Ich vermute aber, dass auch die Elektrolyse-Methode ihre Schwächen hat, denn nicht nur für die Stromerzeugung, sondern auch für die Speicherung und den Transport der Wasserstoffenergie bedarf es doch sicherlich erheblicher Vorbereitungen, für die Material und Energie aufgewendet werden müssen".

Ben: "Gut, schauen wir uns die Elektrolyse genauer an, vielleicht erfahren wir dann auch, wie genau mit Wasserstoff Strom erzeugt werden kann und wie das mit der Speicherung und dem Transport vor sich geht."

Stefan: "Mir raucht der Kopf, ich bin ganz benommen. Ich fahr jetzt lieber nach Hause, ich muss unbedingt was trinken und vielleicht hat meine Mutter mir noch Essen warmgestellt."

Ben: "Okay, wir machen dann morgen weiter."

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.energie-lexikon.info/dampfreformierung.html

"effzett"
Das Magazin aus dem Forschungszentrum Jülich
Ausgabe 2/20, S. 10 - S. 15


15. Juni 2021

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 22. Juni 2021


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