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WISSENSDURST/011: Ben und Stefan - Das Elektroauto (SB)


Das Elektroauto - Wirklich umweltfreundlich?


Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick

Zeichnung: © 2012 by Schattenblick

Ben und Stefan: Das Elektroauto

Das Elektroauto - Wirklich umweltfreundlich?

Ben und Stefan sind in die Innenstadt gefahren. Stefans Mutter hatte sie gebeten, etwas einzukaufen. Stefan hatte alles, was er besorgen sollte, aufgeschrieben und nun standen sie vor einem Lebensmittelgeschäft. Es war später Nachmittag. Viele Leute waren unterwegs. Die Atmosphäre war hektisch und angespannt. Die beiden fühlten sich nicht wohl in diesem Gewühl. Tapfer erledigten sie die Einkäufe. Auf dem Rückweg meinte Stefan:

"Irgendwie kann ich das verstehen, dass es jetzt mehr
Elektroautos geben soll. Die Luft hier ist echt ätzend."

Ben: "Luft, Luft - wovon sprichst du? Ich atme bloß Abgase ein." Dabei ächzte Ben, hielt sich die Hand an die Gurgel und röchelte: "Wenn das so weiter geht, machen wir 's nicht mehr lange."

Stefan lachte, bat Ben aber doch, ernst zu sein: "Nee, lass jetzt mal den Quatsch. Ich kann mir echt vorstellen, dass viele Menschen sofort für ein Elektroauto wären und auch eins kaufen würden ..."

Ben: "Ich auch. Das scheint doch die Lösung zu sein. Keine Abgase, kein Lärm. Die sollen nur ganz leise schnurren. Na ja, Stefan, aber irgendwie ist das doch verdächtig. Ich meine, wenn das wirklich alles stimmt, warum baut man das Auto denn erst jetzt?"

Stefan: "Ja, genau, gute Frage. Strom gibt 's schon ziemlich lange, also hätten die schon vor Ewigkeiten gebaut werden können ..."

Ben: "Stefan, ich glaube wir haben gerade wieder mal ein
Umwelträtsel aufgestöbert!"

Stefan: "Los komm, ab nach Hause - hoffentlich haben wir nichts vergessen, ich meine, einzukaufen - und dann machen wir gleich einen Plan."

Ben und Stefan liefen zur nächsten U-Bahn-Station, quetschten sich in den Zug und waren froh, als sie endlich wieder zu Hause ankamen. Sie packten die eingekauften Sachen in den Kühlschrank, nahmen sich jeder noch eine Cola mit und gingen in Stefans Zimmer. Es war eher eine Mischung aus Labor-Werkzeug-Bastel-Stube, in der man nach langem Suchen auch so etwas wie ein Bett finden konnte. Stefan fand sein Zimmer urgemütlich. Seine Mutter meinte, dass ab und zu aufräumen noch niemandem geschadet hat. Doch mischte sie sich nicht weiter ein, denn schließlich sollte Stefan sich dort wohlfühlen und nicht sie.

Ben: "Stefan, wo finde ich denn hier Zettel und Stifte?"

Stefan: "Moment, haben wir gleich ..."

Sehr gezielt suchte Stefan, fand beides erstaunlich schnell und reichte es Ben.

Ben: "Danke. Wo fangen wir an?"

Stefan: "Lass uns doch ruhig mit unserer Frage von vorhin loslegen. Warum wird das Elektroauto erst jetzt gebaut?"

Ben: "Nee, ich glaube, die heben wir uns für das Ende auf. Irgendwie denke ich, dass sich mehr dahinter verbirgt, als wir jetzt ahnen."

Stefan: "Ist gut. Wie wäre es mit der Frage nach dem Strom. Sicherlich ist der sauber. Aber er kommt ja nicht einfach so aus der Steckdose."

Ben: "Nee, das wäre ja auch zu toll. Also, die Kraftwerke, in denen der Strom hergestellt wird ... lass uns die mal ansehen: Da wären die Kohlekraftwerke, die Atomkraftwerke, die Wasserkraftwerke und wohl auch die Windkraftwerke."

Stefan: "Meinst du, dass die Windkraftwerke schon richtig viel Strom produzieren?"

Ben: "Genau weiß ich das nicht. Aber sicher bin ich, dass die Kohlekraftwerke und die Kernkraftwerke den meisten Strom liefern."

Stefan: "Alles klar. Also, wenn jetzt die Autos mit Strom betrieben werden, bedeutet das dann, dass in den Kraftwerken noch mehr Strom erzeugt werden muss?"

Ben: "Wäre nahe liegend. Das ist unsere erste Frage! Aber eigentlich gibt es da gar nicht viel zu fragen. Wenn mehr Geräte Strom verbrauchen - dazu zähle ich jetzt mal die Elektroautos - dann benötigt man doch auch mehr Strom, oder verbraucht mehr Strom, oder?"

Stefan: "Ja. Und dann müssten wieder mehr Atomkraftwerke gebaut werden, ach nee, das geht nicht ..., wegen Fukushima, ich meine, weil jetzt doch andere, wie heißen die noch, erneuerbare Energien, benutzt werden sollen. Aber egal, jedenfalls müssen die Kraftwerke dann mehr Strom erzeugen. Warte mal, das ist doch blöd, Ben, das ist doch einfach Quatsch.
Lass uns noch mal überlegen: Wenn man die Abgase und den CO2-Ausstoß in den Städten verringern will, durch die Benutzung von Elektroautos, dann erhöht man den doch wieder bei den Kraftwerken, weil die Autos eben Strom brauchen."

Ben: "Ja, jedenfalls in den Kohlekraftwerken. Bei den Atomkraftwerken soll wohl kein CO2 abgegeben werden ..., hab' ich jedenfalls gehört."

Stefan: "Dann darf der Strom für die Elektroautos nur in Atomkraftwerken produziert werden? Das geht gar nicht! Meine Mutter sagt, die Dinger gehören abgeschaltet. Sie sind viel zu gefährlich. Außerdem sagt sie, weiß immer noch keiner, wo der Atommüll am Ende gelagert werden soll. Sie erzählte mal, dass sie damals nach dem GAU, also der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, Angst hatte, dass so etwas immer wieder passieren kann. Dabei hat sie sich aufgeregt und gesagt, dass sie lieber nicht Recht behalten hätte, aber dass die Atomkatastrophe in Fukushima leider doch passiert ist - und die scheint noch viel schlimmer zu sein, als die von Tschernobyl."

Ben: "Tschernobyl? Hilf mir mal, das ist doch schon lange her, oder? Da gab 's uns noch gar nicht!"

Stefan: "Nee, noch lange nicht. Das war 1986. Aber egal, weißt du was ich fies finde, dass man praktisch gezwungen ist, Atomkraftwerke gut zu finden, wenn man mit Elektroautos fahren will."

Ben: "Nee, die werden doch jetzt abgeschaltet. Also, wo kommt denn dann der Strom her? Aus Atomkraftwerken nicht, auch aus Kohlekraftwerken dürfte er nicht kommen, sonst hätte man überhaupt nichts gewonnen, ich meine die Umwelt wird gar nicht geschützt, denn Kohlekraftwerke geben wiederum CO2 ab."

Stefan: "Also, was haben wir? - Strom muss dann aus Windkraftwerken, Sonnenkraftwerken oder Wasserkraftwerken gewonnen werden, oder aus was weiß ich für Kraftwerken."

Ben: "Genau! Wenn nämlich weiterhin Kohlekraftwerke Strom produzieren, wird das eingesparte CO2 der Abgase von den Autos in der Stadt auf die Gebiete gelangen, in denen die Kraftwerke stehen. Du hast Recht. Es müssen praktisch andere, umweltfreundliche Kraftwerke den Strom für die Elektroautos liefern, sonst macht das doch keinen Sinn?!"

Stefan: "Wer hat denn nun eigentlich was davon, wenn Elektroautos benutzt werden?"

Ben: "Na ja, ich denke die Bewohner der Stadt. Die müssen nicht mehr so viele Abgase einatmen. Leiser ist es dann auch. Die Elektroautos machen fast keinen Lärm."

Stefan: "Und was ist mit den Menschen, die in der Nähe von
Kraftwerken wohnen. Haben die einfach nur Pech gehabt?"

Ben: "Sieht wohl ganz so aus. Aber die Autohersteller haben natürlich auch was davon. Sie können die Autos bauen und verkaufen. Fast alle Leute haben schon ein normales Auto. Bei denen können die nichts mehr loswerden. Aber wenn jetzt die Elektroautos gebaut und verkauft werden können, das lohnt sich bestimmt ..."

Stefan: "Und diejenigen, die die Kraftwerke betreiben, die verkaufen dann auch mehr Strom. Also für diese beiden Unternehmen ist das bestimmt gut, wenn Elektroautos gebaut werden."

Ben: "Das kann ja wohl gar nicht wahr sein. Es wird mehr Strom verbraucht und hergestellt, was die Luftverpestung steigert und die Benutzung des Elektroautos wird einem dann als 'umweltfreundlich' verkauft. Das ist doch so was von abgedreht!"

Stefan: "Reg' dich nicht auf, Ben, ich platz auch gleich vor Wut, aber wir sollten cool bleiben. Wie du schon sagtest, wir müssen herausfinden, ob der Strom für die Elektroautos wirklich aus Kraftwerken stammt, die umweltfreundlich sind, aus Windkraftwerken, Wasserkraftwerken oder ? - sag mal, heißen die eigentlich "Sonnenkraftwerke", du weißt doch ...?"

Ben: "Oh, Mann, damit haben wir uns ganz schön was vorgenommen. Aber für heute reicht 's mir. Jedenfalls glaube ich nicht, dass Elektroautos wirklich umweltfreundlich sind."

Stefans Mutter war vor kurzer Zeit nach Hause gekommen. Sie rief die beiden und bat sie in die Küche zu kommen. Dort hatte sie bereits ein kleines Abendbrot zubereitet.

Mutter: "Hallo, ihr beiden, wie wäre es jetzt mit einer kleinen Stärkung?"

Stefan/Ben: "Super, toll!"

Stefan: "Ich hab' gar nicht gemerkt wie hungrig ich bin ..."

Ben: "Ich auch nicht!"

Mutter: "Na, was habt ihr denn heute angestellt? Alles heil
geblieben?" Sie sah die beiden fröhlich an und lächelte.

Stefan: "Wir haben uns über Elektroautos Gedanken gemacht, ob das nicht vielleicht die Lösung ist und wir dann bessere Luft in der Stadt hätten und so ... Mama, aber ich bin dabei richtig wütend geworden, denn irgendwie stimmt das alles nicht. Strom soll sauber sein, also sind Autos, die Strom "tanken" auch sauber, aber...."

Mutter: "Oh, ja, ich glaube, ich kann dich verstehen. Gestern sprach ich doch mit Herrn Schneider, du weißt doch, der vom Nebenhaus. Er ist total begeistert von den Dingern. Ich hab' nur zu ihm gesagt, dass ich diese Autos für keine gute Erfindung halte, wenn ich bedenke, dass die Batterien von allen möglichen Geräten immer ziemlich schnell wieder leer werden und ich die dann auch noch extra entsorgen muss, weil sie giftig sind. Dann sagte er, das sei doch nebensächlich, die Ingenieure werden schon an dem Problem arbeiten und so weiter. Ich hab' mich im Stillen geärgert, dass ich keine Argumente und eigentlich keine Ahnung hatte, eben nur so ein vages Wissen, dass in dieser Erfindung der Wurm drin ist ..."

Stefan: "Kann ich mir lebhaft vorstellen."

Mutter: "Ich habe mich inzwischen aber ein wenig schlau gemacht. Und so wie ich das sehe, gibt es für dieses Batterie-Problem auch noch keine gute Lösung."

Ben: "Was meinst du genau?"

Mutter: "Na ja, die Speicherkapazität und die rasche Entladung scheint noch problematisch zu sein. Es wird noch relativ viel Strom für den Antrieb und die Elektronik im Auto benötigt. Und wie werden die Batterien entsorgt? Was passiert bei einem Unfall? Das sind alles noch Fragen, denen man nachgehen sollte ..."

Stefan: "Ja, sicher, das stimmt. Aber eines ist für uns bisher schon klar: dieses Auto ist nicht wirklich umweltfreundlich, soweit sind wir uns einig."

Ben: "Ganz genau! Um die vielen anderen Fragen kümmern wir uns später auch noch!"

Stefan : "So, und jetzt muss ich mich unbedingt auf mein Abendessen konzentrieren. Mann ist das lecker ... mmmh!"

21. Oktober 2012