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VORSICHT/017: Trinkwasser - geraubt und verkauft ... (SB)



Trinkwasser ist unser kostbarstes Gut, denn ohne Wasser können wir nicht und alle anderen Lebewesen auch nicht überleben. Obwohl die Erde auch den Namen "Blauer Planet" trägt, weil sie zu rund 70% mit Wasser bedeckt ist, bedeutet es nicht, dass wir über Trinkwasser in Hülle und Fülle verfügen, denn bei diesem Wasser handelt es sich um salziges Meerwasser und nur ungefähr 2,5 bis 3 % der vorhandenen Wassermassen sind Süßwasser. Viel Wasser wird in der Landwirtschaft zur Lebensmittelproduktion verbraucht, aber auch die Industrie benötigt gewaltige Mengen Wasser für die unterschiedlichsten Produktionen. Das wäre an sich noch nicht wirklich schlimm, denn das Wasser findet seinen Weg über Abwasser und Sickerwasser oder durch Verdunstung zurück in den Erdboden, wo es sich zu Grundwasser sammelt und auf natürlichem Wege gereinigt wird. Das ist eigentlich ein wunderbares Regelwerk, eine Art Wasserkreislaufsystem, in dem das Wasser nicht verlorengeht. Dennoch entsteht heute eine weltweite Wasserknappheit, die sich nicht in der Wassermenge niederschlägt, sondern die durch starke Verunreinigungen hervorgerufen wird. Pestizide und andere Chemikalien aus der Landwirtschaft, Giftstoffe und radioaktive Substanzen aus der Industrie verschmutzen und vergiften das Wasser in einer so erheblichen Weise, dass die Reinigungskraft des natürlichen Wasserkreislaufsystems nicht mehr ausreicht, um Trinkwasser von gesunder Qualität zu bilden.


Wasserverschmutzung in Deutschland

Erste starke Wasserverschmutzungen traten im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hauptsächlich in den großen Städten Deutschlands auf. Die Abwasser wurden ungereinigt in Flüsse, Seen oder das Meer geleitet. Infolge der Industrialisierung entstanden viele neue Industrieunternehmen und damals sorgte man sich anscheinend nicht um Wasserverschmutzung, denn die bei verschiedenen Produktionen anfallenden, teils schwer abbaubaren Giftstoffe, wurden einfach in die Gewässer gespült. Aus den Bergwerken, in denen verschiedene Erze, Metalle und Kohle abgebaut wurden, gelangte ein hoher Anteil an Eisen- und Schwermetallen in Flüsse, Seen oder ins Meer. In der Eisen- und Stahlindustrie sowie in der neu entstehenden Chemischen Industrie sammelten sich in deren Abwässern Cyanide, Schwermetalle, Salze, Farbstoffe und giftige organische Substanzen an. Ein eindrückliches Beispiel ist die Verschmutzung des Rheins.


Ein Rückblick auf die Rheinverschmutzung

Heute kann man es sich kaum vorstellen, aber im 18. Jahrhundert schwammen im Rhein so viele Lachse, die besonders klares sauerstoffreiches Wasser bevorzugen, dass sie wirklich oft auf den Tellern der Anwohner landeten. Als dann aber Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr Handels- und Transportschiffe den Rhein als gut geeignete Wasserstraße nutzten, siedelten sich gleichsam auch mehr Industrieunternehmen am Rhein oder in Rheinnähe an. Eisen- und Stahlproduktion wie auch große Chemieunternehmen verursachten durch das Einleiten ihrer Abwässer eine starke Verschmutzung des Flusses. Lachse wurden nur noch selten gesehen und es heißt, dass der letzte Stör 1931 gefangen wurde. Als dann 1948 auch noch Phospor und Stickstoff aus der Waschmittelherstellung sowie der Produktion von Kunstdüngern hinzukam, fand man im Unterlauf des Rheins fast keine Fische mehr. Es gäbe noch eine ganze Reihe anderer Beispiele zu nennen, doch soll dieses als Beispiel genügen.


Wasser in giftig grün-blauer Farbe strömt einen Abhang hinunter - Foto: 1992, by Andrew Dunn als CC-BY-SA 2.0 Generic license, via Website: http://www.andrewdunnphoto.com

Industrieabwasser
Foto: 1992, by Andrew Dunn unverändert als CC-BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/)
via Website: http://www.andrewdunnphoto.com



Späte Wasserschutzmaßnahmen nicht nur hierzulande

Aber bis erste Maßnahmen zum Schutz der Gewässer durchgesetzt werden konnten, dauerte es eine lange Zeit und brauchte wohl noch eine überdeutliche Verschmutzung und deren erkennbare Folgen wie beispielsweise das Fischsterben. Dem schließlich 1957 verabschiedeten Wasserhaushaltsgesetz Deutschlands folgte erst 1976 eine weitreichendere Neufassung, aus der das "Gewässerschutzgesetz" hervorging. Für den Bau vieler wirksamer Kläranlagen sorgte die Umweltbewegung, die Anfang der 1970er immer stärker wurde. In den USA kam es bei einem schwer mit Öl und Chemikalien belastetem Fluss häufiger zu Fluss-Bränden. Am 22. Juni 1969 brannte der Fluss "Cuyahoga River" abermals, was der Anlass für 20 Millionen Menschen war, am ersten "Earth Day" (22. April 1970) gegen die Umweltverschmutzung zu demonstrieren. 1972 wurde unter diesem Druck dann ein Gesetz zur Reinhaltung von Gewässern (Clean Water Act) erlassen. Auch hier gab es zuvor viele Möglichkeiten die Gefahren der Wasserverschmutzung zu erkennen, doch schien das Interesse daran lange Zeit nicht vorhanden gewesen zu sein.


Aus einem großen Rohr wird Abwasser in den Fluss gepumpt - Foto: 1973, by Frank J. (Frank John) Aleksandrowicz, National Archives at College Park [Public domain]

Abwasserrohr in den Cuyahoga-River
Foto: 1973, by Frank J. (Frank John) Aleksandrowicz, National Archives at College Park [Public domain]



Dritte Welt- und Schwellenländer: Gewässer in großer Gefahr

In anderen Regionen dieser Erde sieht es allerdings weitaus schlimmer aus. Die Verschmutzung geht nicht nur von der Industrie und Landwirtschaft aus, sondern es mangelt vielerorts an Sanitäranlagen. In vielen Ballungsgebieten und in den Slums der Großstädte fehlen Toiletten und funktionierende Abwassersysteme. Die großen Städte liegen oft an Flüssen oder Seen und die Stadtbevölkerung nimmt stetig zu, damit wächst aber auch das Problem der Trinkwasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung. Oft sind diese Gewässer mit Fäkalien durchtränkt, gemischt mit Haus- und Plastikmüll. Niemand kann daraus trinken ohne zu erkranken. Zwar kochen die Menschen das schmutzige Wasser ab, bevor sie es zu sich nehmen, doch oft reicht auch schon der Kontakt mit dem Wasser über Hände oder Füße um sich anzustecken. Das Wasser ist mit Keimen von Krankheiten wie Cholera, Typhus, Hepatitis und verschiedenen Durchfallerkrankungen belastet.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich ca. 500.000 Menschen an Durchfallerkrankungen. Der Cholera Erreger (Vibrio cholerae) ist der bekannteste, der in der Vergangenheit Millionen Menschen das Leben kostete. Heute erkranken weltweit jedes Jahr ungefähr 3 bis 5 Millionen Menschen an dieser Krankheit, 100.000 bis 120.000 von ihnen sterben. In Katastrophengebieten, in denen große Fluten, Stürme, Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Brände die Trinkwasser- und Abwassersysteme zerstört haben, kommt es häufig zum Ausbruch dieser Krankheit, aber eben auch in den Slums der Großstädte oder den Dörfern und Städten, die an stark verschmutzen Flüssen oder Seen angesiedelt sind. Mit dem Typhus Erreger werden jährlich ca. 22 Millionen Menschen infiziert, 200.000 sterben daran. Diese Beispiele mögen genügen, um die tödliche Gefahr, die von verunreinigtem Wasser ausgeht, zu veranschaulichen. Aber auch chemische Stoffe, die in das Wasser gelangen, können schwere Erkrankungen hervorrufen. Oft dauert es Jahre, in denen diese Substanzen vom Menschen aufgenommen werden, die sich dann im Körper ansammeln und bei einer bestimmten Konzentration eine Erkrankung auslösen. (Arsen, Blei, Fluorid). Auch die Aufnahme von radioaktiv verseuchtem Wasser kann letztendlich zu verschiedenartigen Krebserkrankungen führen. Verschmutztes Trinkwasser dürfte es also gar nicht geben!

Betrachtet man nun die Situation in den Städten weltweit, wird geschätzt, dass die Hälfte der Stadtbevölkerung über keine Abwasserreinigung verfügt. Am stärksten betroffen von Wassermangel aufgrund von Verunreinigungen sind Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika. Dort wachsen Bevölkerungen in den Städten immer schneller an und es wird davon ausgegangen, dass bis 2050 der Wasserbedarf der Menschen um 50 Prozent steigen könnte. Das heißt, man bräuchte Trinkwasser, dass schon heute nicht mehr in guter Qualität zur Verfügung steht.

Aber auch in China, einem sogenannten Schwellenland, in dem die Industrie in rapider Geschwindigkeit anwächst, die Umweltverschmutzung zunimmt und damit auch die Gewässerverunreinigung, gelten etwa ein Drittel des Wassers in Flüssen und Seen als nicht mehr für Menschen genießbar. Hinzu kommt noch, dass der Grundwasserspiegel im Umland der Großstädte rasch absinkt und lange nicht wieder aufgefüllt werden kann, denn ständig wird zu viel Wasser abgepumpt, um den Bedarf der Industrie und der Landwirtschaft zu decken. Selbst in vielen chinesischen Metropolen, die über ein intaktes Wasserleitungssystem verfügen, ist das Trinkwasser, das aus dem Hahn fließt, stark verunreinigt.

Angesichts der lebensnotwendigen Bedeutung, die das Trinkwasser für alles Leben auf der Erde hat, ist es kaum zu begreifen wie unachtsam, sorglos und verschwenderisch damit umgegangen wurde und leider immer noch wird.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.fr.de/politik/china-versagt-wasserversorgung-11042763.html

https://www.oekosystem-erde.de/html/wasserverschmutzung.html


10. Juli 2019


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