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TIERE/145: Sterbende Riesen ... (SB)



Nachdem die Moschusochsen lange Zeit wegen ihres Fells und ihres Fleisches gejagt und beinahe ausgerottet wurden, hat sich ihre Population wieder etwas erholt. Diese zotteligen großen Tiere mit ihrem langen, dichten Fell leben heute wieder in größerer Zahl im Norden Kanadas und im Nordosten Grönlands. Die beiden Gebiete gehören zu den Ursprungsländern der sanften Fellriesen und man kann sie durchaus als Überlebende aus der Eiszeit bezeichnen.



Ein Moschusochsen-Männchen mit seinem langen, dichten Fell hält den Blick nach vorn gerichtet - Foto: 2014, by Alan D. Wilson, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Moschusochse
Foto: 2014, by Alan D. Wilson, CC BY-SA 3.0
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

In Alaska wurden die Moschusochsen gegen Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts tatsächlich ausgerottet. Die Neuansiedlung gelang durch Moschusochsen aus Grönland, die hier angesiedelt wurden und sich weiter vermehrten. Aber auch in Sibirien gibt es Moschusochsen-Populationen und in Norwegens Nationalpark Dovrefjell Sunndalsfjella leben heute wieder kleine Gruppen dieser Tiere. Sie sind besonders gut an die eiskalte Witterung in diesen Ländern angepasst und das wollen wir hier etwas genauer betrachten.


Ein Leben in arktischer Kälte und Schneestürmen

Um Temperaturen von bis zu minus 40°C überstehen zu können, bedarf es einiger körperlicher Besonderheiten. Am augenscheinlichsten ist das Fell der Moschusochsen, das ihren ca. 2,50 Meter langen und 1,50 Meter hohen Körper umgibt und ungefähr ein Drittel ihres Umfangs ausmacht. Unter den langen Fellhaaren befindet sich das ca. 5 Zentimeter lange Unterfell aus Wolle, die viel wärmender als Schafswolle und so weich wie Kaschmirziegenwolle ist. Darüber legt sich als Wind- und Kälteschutz das 45 bis 60 Zentimeter lange Deckhaar oder Grannenhaar, welches das Tier bis fast an seine Hufen hinab bedeckt. Besonders viel dieses Schutzhaars wächst an ihrer Kehle, wodurch es so aussieht als trügen sie einen Bart. Das Wort "Umimmaq" aus der Sprache der kanadischen Inuit bedeutet denn auch "Tiere mit Fell wie ein Bart".

Doch befinden sich in der Haut der Moschusochsen keine Talgdrüsen, die ihr Haar fetten könnten. Ihr Fell kann also kein Wasser abweisen. Wenn sie vom Regen durchnässt werden, können sie sich schwer erkälten und auch daran sterben. Ihr bevorzugter Lebensraum sind niederschlagsarme Tundren, in denen die meiste Zeit ein Wind weht, der die Bergkuppen in weiten Teilen von Schnee befreit, was die Suche nach Nahrung erleichtert.

Besonders wichtig ist auch die Anpassung ihrer Augen an die Umgebung. Ihre Pupillen sind sehr groß und ihre Netzhaut hochempfindlich, so dass sie in den Wintermonaten ohne Sonne nur mit Mond- oder Sternenlicht gut sehen können. In den Sommermonaten lassen sie sich aber auch zu einem horizontalen Schlitz zusammenziehen, um sich vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen, das auf dem Schnee stark reflektiert und zur sogenannten Schneeblindheit führen kann.

Dann wäre da noch die Nase der Moschusochsen: um nicht die extrem kalte Luft direkt in die Lungen zu atmen, wird sie vorher in der Nase angewärmt. Ihre Nase ist sehr stark durchblutet, die Luft wird an einigen Windungen in ihrem Inneren vorbeigeleitet und dabei erwärmt. Dann erst erreicht sie die Lungen der Tiere.


Zusammenrücken und sich gegenseitig wärmen

Die Moschusochsen leben in kleinen Gruppen von 10 bis 20 Tieren zusammen. Die Kälbchen werden im Mai geboren und sind schnell auf den Beinen. Sehr nahrhafte Muttermilch und auch ihr schon dichtes Fell lassen sie Temperaturen von bis zu minus 40°C überleben. Sie bleiben bis zu zwei Jahre dicht bei dem Muttertier.


Mehrere große Moschusochsen stehen beieinander, dazwischen steht ein kleines Kalb - Foto: 1998, by Ansgar Walk, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons

Eine Gruppe Moschusochsen mit Baby
Foto: 1998, by Ansgar Walk, CC BY-SA 3.0
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons


Diese mächtigen Tiere haben kaum natürliche Feinde. Werden sie von Eisbären oder Polarwölfen angegriffen, so stellen sie sich im Kreis mit dem Gesicht zum Feind auf. Die so geschlossene Front, wirkt wie ein Schutzwall und schreckt in den meisten Fällen den Feind ab. Leider wurde diese Formation den Moschusochsen zum Verhängnis, denn die Jäger, die ihnen nun gegenüberstanden, trugen Gewehre und konnten auf diese Weise ein Tier nach dem anderen bequem der Reihe nach abschießen. Jagdverbote und Schutzmaßnahmen waren vonnöten, um das Überleben dieser Tierart zu ermöglichen.

Die Moschusochsen bleiben auch sonst stets dicht beisammen und suchen den Körperkontakt. Selbst wenn sie gewisse Strecken zurücklegen, gehen oder laufen sie Schulter an Schulter oder Flanke an Flanke. Wenn sie sich ausruhen, absolvieren sie diese Ruhephase ebenfalls gemeinsam. Die kleine Herde bleibt immer beieinander und wird, wie neuere Beobachtungen zeigen, von einer der älteren Kühe angeführt.


Eine angefressene Speckschicht als Energievorrat für den Winter

Während des Sommers halten sich die Moschusochsen gern in tiefer gelegenen Ebenen und Flusstälern auf. Auf den Permafrostböden bildet sich dort Schmelzwasser, dass das Wachsen von saftigen Pflanzen ermöglicht. Moschusochsen müssen in dieser Zeit so viel fressen wie nur möglich, um sich für den Winter ein gute Speckschicht zuzulegen, denn in der Zeit ist die Nahrung sehr knapp und unter dem Schnee schwer zu finden. Sie ernähren sich von Holzgewächsen wie Birken und Weiden, von denen sie die Blätter abrupfen, aber auch Kräuter, Sauer- und Süßgräser, Flechten und Moose gehören auf ihren Speisezettel. Im Winter ist der Hunger ihr größter Feind, denn konnte ein Tier nicht genügend Fettreserven anlegen, stirbt es meist gegen Ende des Winters den Hungertod.

Erfreulicherweise gilt der Moschusochse laut der Weltnaturschutzunion (IUCN, Internationale Union zur Bewahrung der Natur) derzeit als nicht bedroht. In Deutschland ist der Handel und die Einfuhr von Moschusochsen verboten.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Moschusochsen

https://www.travelmorebabbleless.com/dovrefjell-norwegen-moschusochsen/

https://www.geo.de/reisen/reise-inspiration/dovrefjell-sunndalsfjella-nationalpark--ein-naturjuwel-31391906.html


7. Februar 2022

veröffentlicht in der Schattenblick-Druckausgabe Nr. 171 vom 12. Februar 2022


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