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TIERE/136: Lernen von der Natur - der Nebeltrinker-Käfer ... (SB)



Es gibt wohl nur wenige Orte auf der Welt, die so trocken und heiß sind, wie die Namib Wüste. Hier finden sich die wahren Überlebenskünstler aus dem Tier- und Pflanzenreich, denn das größte Problem ist das fehlende Wasser, genauer gesagt, ohne das lebensspendende Nass auszukommen. Ein winziges Tier hat hier eine ganz besondere Methode entwickelt, um trotz dieser schwierigen Bedingungen an Wassertropfen zu gelangen: der Nebeltrinker-Käfer.

Doch zuvor sehen wir uns seinen Lebensraum etwas genauer an. Beheimatet ist er in der Wüste Namib, die zu einem großen Teil aus Sand und vielen kleinen und gewaltig großen Sanddünen besteht. An ihrer Westseite trifft sie in ihrer gesamten Länge auf den Atlantik. Die Dünen sind der Hauptaufenthaltsort dieser kleinen, nur zwei Zentimeter großen Käfer mit ihren ungewöhnlich langen Beinen, die es ihnen ermöglichen, ihren Körper weit von dem heißen Sand abzuheben. Viel Zeit verbringen diese winzigen Wüstentiere eingegraben im Sand. Tagsüber schützen sie sich unter der Sandschicht vor der sengenden Sonne, in der Nacht ebenso vor der Kälte. In der Zeit vor der großen Mittagshitze begibt sich der Nebeltrinker-Käfer auf Nahrungssuche und seinen Tag beginnt er früh am Morgen, wenn vom Atlantik her die Nebelschwaden über die Wüste treiben.


Kühles Meerwasser und heiße Wüstenluft

Die Oberfläche des Meeres in der Nähe der Wüste wird durch die heiße Wüstenluft erwärmt, steigt als Nebel auf und weht in nahe Wüstenregionen. Dieser Nebel ist es, den der kleine schwarze Käfer sich zunutze macht. Und das funktioniert folgendermaßen:

Die Deckflügel des Nebeltrinker-Käfers sind mit kleinen Noppen übersät und die gesamte Oberfläche ist leicht gewellt, so dass diese Noppen sich auf "Wellentälern" oder "Wellenbergen" befinden. Diese Anordnung hat zur Folge, dass sich wasseranziehende (hydrophile) und wasserabweisende (hydrophobe) Bereiche auf seinen Deckflügeln bilden. Das Wichtigste daran ist aber, dass durch diese Noppenanordnung die Oberfläche der Deckflügel stark vergrößert wurde und sich so mehr Feuchtigkeit ansammeln und kondensieren kann. Dort wo die beiden Flügelhälften aneinander treffen, zeigt sich zudem eine Rinne, die bis zum Kopf des Käfers führt.


Ein schwarzer Käfer steht mit hochgestütztem Hinterleib auf gelben Sand - Grafik: © 2020 by Schattenblick

Ein Nebeltrinker-Käfer auf dem Kamm einer Sanddüne, stark vergrößert
Grafik: © 2020 by Schattenblick


Am Morgen also begibt sich der Nebeltrinker-Käfer möglichst weit oben auf eine Sanddüne und nimmt dort eine eigentümliche Haltung ein. Mit den Hinterbeinen hievt er seinen Körper in die Höhe, so dass sein Kopf ziemlich steil nach unten weist, den Sand aber nicht berührt. Dabei richtet er sich stets in Richtung Wind aus. Trifft nun der frühe Nebel auf den Rücken des Tieres, kondensiert er dort zu Wassertröpfchen. (Zur Veranschaulichung: Wenn ihr draußen im Nebel in eurer Regenkleidung spazieren geht, dann bildet sich dort zunächst ein feuchter Film und schließlich feine Wassertropfen)

Diese winzigen Tröpfchen sammeln sich auf der speziellen Oberfläche seiner Deckflügel und in der Rinne zwischen den Flügeln, fließen dann nach unten in Richtung Käferkopf und auf direktem Weg in seinen Mund. Auf diese Weise kann der Nebeltrinker seinen Wasserbedarf für den Tag decken.


Wissenschaftler lernen von dem Käfer

In dem Wissenschaftsbereich Bionik beschäftigen sich Wissenschaftler und Techniker damit, die in der Tier- und Pflanzenwelt durch Evolution entwickelten Methoden und Strukturen zu erkennen, zu untersuchen und sie sich zum Vorbild zu nehmen, um bestimmte Probleme zu lösen - zum Beispiel das Problem der Wasserknappheit in bestimmten Regionen dieser Erde. Es wird mithin daran geforscht, Wasser nach dem Vorbild des Nebeltrinker-Käfers zu gewinnen, um die Wasserversorgung für Wüstenbewohner in Zukunft zu verbessern.

Wenn ein kleiner Käfer die Feuchtigkeit aus der Luft nutzen kann, um Trinkwasser für sein Überleben zu gewinnen, fällt das mit Sicherheit nicht weiter ins Gewicht. Sollten jedoch Anlagen gebaut werden, die im großen Stil der Luft Wasser entziehen, wäre vorher zu überlegen, welche Auswirkungen das auf die ökologischen und meteorologischen Verhältnisse haben könnte.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.umweltnetz-schweiz.ch/themen/konsum/962-tr5C3%A4gt-ein-k%C3%A4fer-zur-I%C3B6sung-des-welt-durst-problems-bei.html

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Nebeltrinker-K%C3%A4fer


12. Februar 2020


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