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TIERE/121: Fische - ein Multikämpfer ... (SB)



Ein Fisch, der sich auch an Land fortbewegen und sogar auf Bäume klettern kann - gibt es so etwas?

Bereits im 9. Jahrhundert wurde von Indienreisenden von einem Fisch berichtet, der sein Gewässer verlasse, über Land gehe und sich auf die Kokospalmen zubewege, um daran hochzuklettern. Dort oben würde er dann Palmwein trinken, bevor er wieder in sein Gewässer zurückkehre. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es sich bei diesem Fisch um den sogenannten "Kletterfisch" gehandelt hat.

Also, das "Auf-Palmen-Klettern" mag wohl übertrieben sein, doch reichte diese Legende immerhin dazu, dem Fisch seinen Namen zu verleihen: Kletterfisch. Dass dieser Fisch sich auch an Land fortbewegen kann, ist beobachtet worden und erwiesen. Man hat sogar Kletterfische gesehen, die längere Strecken von bis zu 180 Metern in einer Nacht zurückgelegt haben, und das erscheint doch wirklich recht ungewöhnlich. Was befähigt dieses Tier, das eindeutig ein Fisch ist und zu den Barschverwandten gehört, sich auch außerhalb des Wassers aufzuhalten? Als Süßwasserfisch ist er in mittelgroßen Flüssen, Kanälen, Seen, Teichen, Sümpfen und in Reisfeldern anzutreffen. In Südostasien ist er weit verbreitet, doch auch auf den australischen Inseln Boigu und Saibai fühlt er sich mittlerweile zuhause.


Zeichnung eines Kletterfisches, der sich zwischen Gräsern an Land hievt - Grafik: 1896, by Richard Lydekker (1849-1915) (The Royal Natural History) [Public domain], via Wikimedia Commons

Ein Kletterfisch beim Landgang
Grafik: 1896, by Richard Lydekker (1849-1915) (The Royal Natural History) [Public domain], via Wikimedia Commons



Was macht ein Fisch an Land?

Aber warum sollte ein Fisch sich überhaupt an Land fortbewegen wollen? Nun, in den Gegenden, in denen dieses seltsame Tier beheimatet ist, sind lange Trockenzeiten nicht selten und führen oftmals zum Austrocknen der Gewässer. Um dem immer weniger werdenden Wasser in einem Fluss oder See zu entkommen und andere wasserreiche Gewässer aufzusuchen, bleibt ihm nur der Weg übers Land. Andere Fische würden binnen kurzer Zeit auf dem Trockenen sterben, da sie über ihre Kiemenatmung nur über das Wasser den lebenswichtigen Sauerstoff aufnehmen können. Der Kletterfisch verfügt neben der Kiemenatmung noch über ein spezielles, sogenanntes Labyrinthorgan, mit dem er auch den Sauerstoff aus der Luft einatmen kann. Zwar reicht das nicht für ein generelles Leben an Land, befähigt ihn aber schon, mehrere Tage außerhalb des Wassers zu überleben. Feucht sollte seine Umgebung allerdings trotzdem noch sein, denn ein Austrocknen seiner Haut würde er auch nicht lange überstehen. Mag sein, dass er aus diesem Grund auch zu den nachtaktiven Lebewesen gehört.


Auf dem Foto sieht der Fisch ganz schlicht und stromlinienförmig aus, weil er seine Flossen nicht abgespreizt hat - Foto: 2007, by Haplochromis [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], from Wikimedia Commons

Kletterfisch mit angelegter Rückenflosse
Foto: 2007, by Haplochromis [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], from Wikimedia Commons



Das Wunderding namens Labyrinthorgan

Das Labyrinthorgan befindet sich links und rechts am Kopf des Fisches, direkt hinter dem Ohr. Es erhält seine Festigkeit durch eine Art "geknüllte" Knochenplatte. Sie ist mit einer Schleimhaut mit reichlich Blutgefäßen überzogen, genau wie die Kiemenhöhle, in der sich dieses Gebilde befindet. Hier findet die Aufnahme der Luft durch das Maul und die Abgabe des Sauerstoffs an die Blutgefäße, wie auch das Ausatmen der verbrauchten Luft durch die Kiemendeckel, statt. Das komplizierte Organ ganz präzise zu erläutern, würde in diesem Zusammenhang zu weit führen. Doch die kurze Beschreibung reicht vielleicht, um sich vorstellen zu können, dass der Kletterfisch auch an Land atmen kann. Allerdings reicht die Kiemenatmung unter Wasser allein auch nicht aus und so muss der Fisch in bestimmten Abständen an die Wasseroberfläche schwimmen, um dort Luft zu schnappen.

Die ca. 25 cm langen Kletterfische bewegen sich an Land mit schlängelnden Bewegungen mit Hilfe ihrer Bauch- und Brustflossen. Sind ihre Rücken-, Schwanz- und Afterflossen gespreizt, so bilden sie einen nahezu lückenlosen Flossensaum, was für das Schlängeln von Vorteil ist, da sich so die einzelnen Flossen nicht gegeneinander bewegen. Besonders gut gelingt ihnen das Fortkommen auf schlammigen Boden, aber auch Strecken auf festen Grund können sie gut bewältigen. Während der Trockenzeiten verlassen die Kletterfische meistens am frühen Morgen, in kleinen Gruppen ihr versiegendes Gewässer auf der Suche nach neuen Wasserstellen. Etwa 3 Meter weit kann sich dieser Fisch in einer Minute an Land fortbewegen. Sollten die Kletterfische auf kein weiteres Gewässer treffen, können sie sich auch im Schlamm eingraben und dort aufgrund ihrer Fähigkeit zur Luftatmung bis zur nächsten Regenzeit aushalten. Sicherlich aber nur dann, wenn die Trockenzeiten aufgrund der Klimaveränderungen nicht ungewöhnlich lange andauern.


Kletterfisch mit weit abgespreizter Rücken- und Bauchflosse, auch die Schwanz-, Brust- und Afterflossen sind gut zu erkennen - Foto: 2012, by Sahat Ratmuangkhwang (FishBase) [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Kletterfisch mit gut sichtbaren Flossen
Foto: 2012, by Sahat Ratmuangkhwang (FishBase) [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons



Gefahren an Land

Einmal an Land gekrabbelt, sind die Kletterfische auch leichte Beute für einige Säugetiere. Allerdings hat dieser Fisch eine besondere Verteidigungstechnik entwickelt, die für seinen Jäger tödlich enden kann. Versucht ein Freßfeind ihn zu verschlucken, so bläht er sich blitzschnell auf, was zum Erstickungstod des Angreifers führt. Da dieser Fisch sich relativ rasch und zahlreich vermehrt, fürchten australische Wissenschaftler, dass er für Säugetiere zur tödlichen Gefahr werden kann. Aus diesem Grund bemühen sich sowohl Forscher als auch Tierschützer, die Ausbreitung dieser Fische auf die beiden Inseln Boigu und Saibai zu begrenzen und damit zu verhindern, dass Kletterfische auf das australische Festland gelangen.



Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Labyrinthorgan

https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/labyrinthfische/37814

https://www.galileo.tv/earth-nature/an-land-lebener-fisch-bedroht-australien/

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Kletterfische_und_Buschfische



16. Oktober 2018


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