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PFLANZEN/042: Der Bambus, schön und nützlich ... (SB)



Bei Gras denken wir zuerst an eine grüne Rasenfläche oder eine schöne Wiese. Zarte, dünne Hälmchen wiegen sich im Wind sanft hin und her. Obwohl die Grashalme so zierlich anmuten, entwickeln sie dennoch eine enorme Kraft. Sie bahnen sich ihren Weg durch die Ritzen zwischen Betonplatten auf Gehwegen oder Pflastersteinen, zwängen sich durch schmale Spalten und Risse zwischen dem Sockel von Hauswänden und dem Erdboden. Ihnen reichen schon geringe Mengen an Erde aus, um zu überleben. Selbst eine frisch geteerte Straßendecke, ist für sie unter Umständen kein Hindernis. Diese faszinierenden Grünpflanzen, die ein jeder von uns kennt, haben in ihrer Verwandtschaft noch weitere beeindruckende Familienmitglieder wie zum Beispiel den Bambus.


Bambus - ein riesiges Gras

Betrachtet man einen Bambushalm, kann von Zierlichkeit oder Zartheit nicht die Rede sein. Er wächst in kräftiger Gestalt, wobei sein Halmdurchmesser bis zu 35 cm beträgt und er eine Höhe von 35 Metern erreichen kann. Bei dem Anblick einer so großen Bambuspflanze ist es kaum zu glauben, dass sie zu den vielen Arten der Süßgräser gehört.

Die verschiedenen Bambusarten sind auf allen Erdteilen anzutreffen, mit Ausnahme von Europa und natürlich der Antarktis. Das Bambusgras weist einige Besonderheiten auf, die es wie ein Wunderwerk der Natur erscheinen lassen. Beeindruckend ist die Geschwindigkeit, mit der ein Bambus wächst, die allerdings je nach Region und klimatischen Bedingungen verschieden sein kann. So hat man in einigen Bambuswäldern ein Wachstum von 25 cm innerhalb nur eines Tages (24 Stunden) gemessen. In tropischen Gebieten entdeckte man Pflanzen dieser Art, die sogar ganze 3 Meter in 24 Stunden wuchsen!


Gezeigt werden mehrere Bambushalme, an denen die Unterteilungen in die einzelnen übereinander gewachsenen Halmabschnitte zu erkennen sind - Foto: 2007, by I, Manfred Heyde, [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], from Wikimedia Commons

Bambushalme
Foto: 2007, by I, Manfred Heyde, [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], from Wikimedia Commons

Dabei fangen die Bambushalme ihr Leben ganz gewöhnlich an. Sie durchstoßen den Erdboden vergleichbar mit Spargelspitzen und strecken sich in die Höhe. Sobald sie sich an der Oberfläche befinden, härtet bereits ihr unterer Teil aus, nur die Halmspitze bleibt noch weich. Die ersten Blätter können sich schon aus dem unteren Halm entfalten. Es dauert ungefähr 2 bis 3 Jahre, bis die Halmwand des Bambus ganz ausgehärtet ist. Gleich einem Grashalm ist auch der Halm einer Bambuspflanze innen hohl, was ihm im Zusammenhang mit der festen Halmwand eine hohe Stabilität verleiht. Hinzu kommt noch, dass in der Wand des Halms ein Stoff enthalten ist, Lignin genannt, der auch im Holz der Bäume vorkommt. In dieser Weise ausgestattet kann die Pflanze auch orkanartigen Stürmen standhalten ohne zu brechen.


Die Grafik zeigt einen Halm, der aus einem Rhizom sprießt, umgeben von Blattscheiden, aus denen er empor wächst - Grafik: © 2018 by Schattenblick

Wachstum eines Bambushalms
Grafik: © 2018 by Schattenblick



Das Riesengras, das nicht sterben muss?

Zu einer Bambuspflanze gehört im unterirdischen Bereich das sogenannte Rhizom, was auch gern Wurzelstock genannt wird. Es wächst in horizontaler Richtung und verbindet die Bambushalme. So ein Wurzelstock kann 30 cm lang werden und sich sogar auf einer Fläche von bis zu 12 Metern ausbreiten. Aus ihm heraus wachsen die Wurzeln in den Erdboden hinein. Ein Rhizom enthält in bestimmten Abständen sogenannte "Augen" (Rhizomaugen), aus denen jeweils eine neue Knospe sprießt und ein neuer Halm erwächst. Darüber hinaus ist in ihm Stärke enthalten, die als Energielieferant dient. Im oberirdischen Teil der Pflanze befinden sich Halme, Knospen, Zweige und Blätter. Das Phantastische ist, dass ein einzelner Halm zwar nach ungefähr sieben bis neun Jahren stirbt, die gesamte Bambuspflanze aber theoretisch ewig weiterlebt, denn sie kann aus ihrem Rhizom immer wieder nachwachsen. Diese ganz besondere Eigenart macht sich der Mensch zunutze, wie wir später noch sehen werden.


Aus einem runden, länglichen Gewächs treiben in regelmäßigen Abständen Wurzeln hervor und an dem sogenannten

Rhizom (Wurzelstock) einer Bambuspflanze
Foto: 2011, by Kuebi = Armin Kübelbeck [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons



Die Blüte kostet dem Bambus viel Kraft

Natürlich lebt der Bambus nicht ewig, aber man kann ihn auf jeden Fall zu den sehr langlebigen Pflanzen zählen. Sein Ende findet er meistens nach seiner Blütezeit.

Mit der Bambusblüte hat es eine besondere Bewandtnis. In Zeitabständen von 80 bis 130 Jahren blüht so eine Pflanze überhaupt erstmals und das kostet sie so viel Energie, dass sie in vielen Fällen kurze Zeit danach stirbt. Wie diese langen Phasen zwischen den Blütezeiten zustande kommen, ist noch ein Rätsel. Für die Menschen, die von dem Bambus leben, sich von seinen Sprossen ernähren oder ihre Halme als "Kochtopf" verwenden, stellt die Bambusblüte eine Bedrohung dar, denn alle Pflanzen blühen zur gleichen Zeit, was auch bedeutet, dass sie zur gleichen Zeit absterben.


Abgebildet in schwarz-weiß: eine einzelne kleine Blüte und eine Blütenrispe - © 2018 by Schattenblick

Bambusblüte
Grafik: © 2018 by Schattenblick


Damit entfällt die Möglichkeit der umfangreichen Nutzung des Bambus als Werkstoff, als Nahrung, als Wirkstoff für medizinische Anwendungen und als Herstellungsmöglichkeit von Bambussalz, dass als Desinfektionsmittel und als Verdauungshilfe eingesetzt wird. Zwar gilt Bambus als die am schnellsten wachsende Pflanze weltweit, doch bis er für die menschlichen Bedürfnisse wieder nutzbar ist, braucht es lange Zeit.


Wie ein Bambus wächst

Bambus zählt, bis auf wenige Ausnahmen, zu den immergrünen Pflanzen. Das bedeutet, dass zwar einige wenige Blätter welken und abfallen, die größere Anzahl aber grün bleibt. Erst wenn sich neue Blätter entfaltet haben und das Halmwachstum vonstatten gegangen ist, fallen die alten ab. Auf diese Weise kommt es zu dem immergrünen Erscheinungsbild dieser Pflanze.

Die typische Wuchsform des Bambusgrases mit den deutlich unterteilten Halmabschnitten entsteht durch die Art und Weise des Wachsens. Ein Bambushalm weist kein Dickenwachstum auf wie Bäume. Er bleibt in seinem Umfang relativ gleich und verjüngt sich nur bei einer ausgewachsenen Pflanze im oberen Teil etwas. Zwischen den einzelnen Halmabschnitten (Internodien) befindet sich ein kleiner, leicht wulstiger Zwischenpart (Nodie), der zeigt, wo der nächste nachgewachsene Halmabschnitt hervorkam. So ist gut zu erkennen, wie sich ein Bambushalm in die Höhe "türmt". In folgendem Bild eines Bambuswaldes ist das gut zu sehen.


Viele schlank und gerade hoch wachsende Bambuspflanzen mit den typischen Halmabschnitten - Foto: 2008, by Mätes II. [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons

Bambuswald in Huang Shan
Foto: 2008, by Mätes II. [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia Commons


Im nächsten Teil: Die vielseitige Nutzung des Bambus


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.bambuswald.de/das-wachstum-und-die-hoehe-von-bambus

https://www.welt.de/print-welt/article647653/Wenn-der-Bambus-blueht-muss-er-auch-sterben.html

http://www.twitrer.com/das-geheimnisvolle-phanomen-der-bambus-blute/

http://www.bambus-lexikon.de/phyllostachys-edulis.html


16. Juli 2018


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