Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → NATURKUNDE

PFLANZEN/010: Raps - Eine Pflanze mit einst gutem Selbstschutz (SB)


Raps - Warum die Wehrhaftigkeit einer Pflanze weggezüchtet wurde



In der Zeit von Ende April bis Anfang Juni blüht der Raps. Leuchtend gelbe Felder breiten sich wie riesige Teppiche in dem Grün der umliegenden Felder aus. Doch wer oder was ist eigentlich Raps?


Die Pflanze

Raps sieht mehr wie eine große Wiesenblume aus, gehört aber zur Familie der Kohlgewächse. Raps ist aus einer Kreuzung von wildem Gemüsekohl und Rübsen entstanden. Raps und Rübsen sind somit nahe Verwandte innerhalb der Gattung Kohl (Brassica). Sie gehören zur Familie der Kreuzblütengewächse. Der Name leitet sich von der Anordnung der Blütenblätter her (je vier kreuzweise stehende Kelch- und Blütenblätter). Raps wächst gerne auf nicht zu feuchtem Boden.

Für Bienen, Wildbienen und Hummeln ist Raps-Nektar besonders lecker. In großer Zahl fliegen sie in die Rapsfelder, um sich satt zu trinken. Dabei sammeln und verteilen sie die Pollen aus den Blüten der Pflanzen und bestäuben sie. Auf diese Weise helfen sich Raps und Bienen gegenseitig. Die Bienen bekommen Nektar und Pollen für ihre Ernährung und die Honigproduktion, und der Raps kann sich durch die Bestäubung fortpflanzen.

Zeichnung 'Rapsblüte' - © 2012 by Schattenblick

Rapsblüte
Zeichnung: © 2012 by Schattenblick


Selbstschutz

Wenn Pflanzen wachsen und sich vermehren wollen, müssen sie sich vor ihren Feinden schützen. So entwickelte der Raps Selbstschutzmaßnahmen, um sich gegen Fraßfeinde zu wehren. Er setzte ein Gift ein, das die Tiere, die ihn anfressen wollten, vergiftete. Je nach Größe des Tieres starb es daran oder es wendete sich wegen des bitteren Geschmack von der Pflanze ab.

Auch gegen Pilzbefall konnten die Raps-Pflanzen einen Schutz aufbauen, und sie setzten sich gegen Blattläuse zur Wehr. Blattläuse stechen die großen Blattadern an, um den Pflanzensaft herauszusaugen. Beim Raps war dieser Saft jedoch mit einem Stoff versetzt, der für die Läuse giftig war. Die Raps-Pflanzen waren also recht wehrhaft ausgestattet.

Keine Chance haben sie allerdings gegen die Maschinen des Menschen. In großen Mengen wird der Raps abgemäht. Da hilft ihm kein noch so gutes Gift!


Raps und Mensch

Menschen versuchten und versuchen auch heute noch stets die Pflanzen, die in ihrer Umgebung wachsen, irgendwie zu nutzen. Zuerst wird geprüft, ob sie essbar sind. Wenn ja und wenn sie auch noch gut schmecken, ist ihr Zweck für den Menschen eindeutig. Dann werden sie zur Nahrungspflanze erklärt.

Der Raps allerdings war nicht gerade schmackhaft. Also versuchte man aus seinen Samen, die sehr ölhaltig sind, das Rapsöl herauszupressen. Aber auch das gewonnene Öl war nicht wohlschmeckend. Es war bitter und hatte einen etwas beißenden Geschmack. Zwar konnte das Öl bei der Zubereitung von Speisen verwendet werden, wurde aber nur in der Not benutzt, wenn wirklich kein anderes Öl mehr zu haben war. Während des Zweiten Weltkrieges wurde zum Beispiel auf Rapsöl als Speiseöl zurückgegriffen. Es diente außerdem zur Herstellung von Margarine und als Rohstoff für andere Speisefette.

© 2012 by Schattenblick

Rapsfeld in der Blüte
Foto: © 2012 by Schattenblick

Es lag also nahe, nach einem anderen Verwendungszweck für das Rapsöl zu suchen. Damit hatten die Menschen schon früh begonnen. In Zeiten, in denen es noch keine Elektrizität gab, wurden die Häuser mit Öllampen beleuchtet. Das Rapsöl eignete sich genau für diesen Zweck: als Lampenöl.

Hauptsächlich wegen dieses Öls wird der Raps nun schon seit Jahrhunderten angebaut. Später landete Rapsöl auch als Schmierstoff in Reinigungsmitteln und Kosmetikprodukten. Ursprünglich stammt die Pflanze aus dem östlichen Mittelmeerraum. Im mittleren Europa wird er ungefähr seit dem 14. Jahrhundert angebaut.

Erst viel später, im Jahr 1960, entdeckte eine Wissenschaftlerin Rapspflanzen, denen genau der Stoff fehlte, der für den kratzig-bitteren Geschmack verantwortlich war. Große Anstrengungen wurden unternommen, exakt diese Rapspflanze zu züchten, damit dann nur noch die wohlschmeckende Art Raps angebaut werden konnte. Denn diese Sorte konnte vielseitiger verwendet werden, auch im Lebensmittelbereich. Die Züchtung dauerte ca. 10 Jahre. Der Name der neuen Rapssorte war: 0-Raps (gesprochen Null-Raps).

Doch noch ein weiterer Inhaltsstoff der Pflanze sollte beseitigt werden, damit der Raps als Lebens- und Futtermittel genutzt werden konnte. Wenn das Öl ausgepresst wird, bleibt der sogenannte Presskuchen zurück. Dieser Presskuchen ist sehr eiweißreich und hätte sich vorzüglich zur Herstellung von Viehfutter geeignet. Doch das Rapsfutter enthielt eben noch diese eine Substanz, die letztlich dazu beitrug, dass Tiere krank wurden, wenn sie eine zu große Menge von diesem Stoff gefressen hatten. Deshalb wurde kein Viehfutter mehr daraus hergestellt.

Die Wissenschaftler waren nun sehr daran interessiert, einen Raps zu züchten, der auch diesen Stoff nicht mehr enthielt, was ihnen gelang. Die gesamte Entwicklung dauerte bis in die Mitte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Nachdem beide Substanzen (es handelt sich um Glucosinolate und Erucasäure) aus dem Raps entfernt worden waren, wurde der Raps "00-Raps" (gesprochen: Doppel-Null-Raps) genannt und fortan fast ausnahmslos angebaut. Auf den Anbauflächen steht heutzutage nur noch 00-Raps.


Auf diese Weise hätte der gesamte 00-Raps für die Lebensmittelproduktion ohne weiteres verwendet werden können. Doch heute werden in Deutschland nur etwa 30 Prozent (etwas weniger als 1/3 der Produktion) in der Herstellung von Lebensmitteln oder auch als Speiseöl genutzt. Zu finden ist das Rapsöl unter anderem in der Margarine, in Backwaren, Fertiggerichten oder Brotaufstrichen.

Ungefähr aus der Hälfte des Rapsöls wird Biokraftstoff hergestellt und aus weiteren 12 Prozent werden sogenannte technische Fette und Öle erzeugt, die in der Industrie verwendet werden. Diese Produkte hätten auch aus der alten Rapsart produziert werden können.

Immerhin wird der Presskuchen, der bei der Gewinnung des Rapsöls zurückbleibt, zu Viehfutter verarbeitet. Rinder, Schweine und auch das Geflügel werden damit gefüttert.

Mehr und mehr Acker- und Weideflächen werden für den Anbau von 00-Raps genutzt. Dieser Raps muss mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden. Gegen Pilzbefall setzt man Fungizide ein - so heißen die Mittel, die dafür verwendet werden. Diese Substanzen belasten die Böden und schaden vielen Tieren, die in den Feldern leben oder dort ihre Nahrung suchen.


Was ist hier passiert?

Die Rapspflanze, die sich eigentlich vor Fraßfeinden, Pilzbefall und Läusen gut schützen konnte, ist ihres Selbstschutzes beraubt worden. Die Wissenschaftler entfernten genau die beiden Stoffe aus dem Raps, die diesen Schutz ermöglichten.

15.‍ ‍Mai 2012