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FUNGI/001: Pilze - uralt und geheimnisvoll ... (SB)


Pilze - weder Tier noch Pflanze - bilden das Reich der Fungi


Pilze - unscheinbar, winzig klein, aber auch Walfisch groß leben sie zum größten Teil unter der Erde. Ihr Pilzgeflecht durchzieht den Boden, dringt in Baum- und andere Pflanzenwurzeln ein, hilft beim Nährstofftransport und erntet als Gegenleistung Nahrung in Form von Zucker für sich selbst. Auf geheimnisvolle Weise überleben sie seit vielen 100 Millionen Jahren auf der Erde. Und das ist gut so, denn ohne sie würde das gesamte Leben ersterben, ohne sie würde es die uns vertraute Welt nicht geben. Dass sie Eiszeiten, lange Dürreperioden, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche, Erdbeben und viele andere Katastrophen überleben konnten, zeugt von ihrer intelligenten Überlebensstrategie. Heute versuchen Wissenschaftler ihrem Geheimnis auf die Spur zu kommen, um von ihnen zu lernen und sie für sich arbeiten zu lassen.


Pilze, die unbekannten Wesen

Den meisten sind wohl die Champignons als Beilage manigfaltiger leckerer Gerichte bekannt. Natürlich gibt es noch viele andere wohlschmeckende Sorten, ebenso aber auch sehr giftige und solche, die nicht gleich als Pilz erkannt werden.


Champignons auf einem Holzteller - Foto: © 2017 by Schattenblick

Champignons
Foto: © 2017 by Schattenblick

Keinen schönen Anblick bietet schimmeliges Brot, Gemüse oder Obst. Es ist verdorben und wir sollten es nicht mehr essen. Doch Schimmel ist ebenfalls ein Pilz. Er zersetzt das Essen, das ihm als Nahrung dient und ihn wachsen lässt. Wenn man lange genug wartet, bleibt von dem Brot nichts übrig, der Schimmel hat sich allerdings stark ausgebreitet. Pilze sind wahre Nimmersatte, immer auf der Suche nach Nahrung. Sie fressen und scheiden aus. Wo sie nichts mehr finden, können auch sie sterben und sich auflösen. Viele Pilzarten bilden Fruchtkörper aus. Darin enthalten sind die Pilzsporen. Irgendwann zerfällt der Fruchtkörper und die Sporen verbreiten sich in der Umgebung, um neue Pilze zu bilden. Zunächst bedeutet das, dass aus ihnen Pilzfäden hervortreten, die sogenannten Hyphen, aus denen ein weitverzweigtes Pilzgeflecht (Myzel) wachsen kann. Treffen die Sporen nicht auf eine geeignete Fläche und finden keine guten Wachstumsbedingungen vor, so können sie lange Zeit in einer Art Ruhezustand überdauern und erst bei ausreichender Feuchtigkeit und Nahrung wieder zum Leben erwachen.


Pilze als Zersetzer von toten organischen Stoffen

Hätte es die Pilze nicht gegeben, wäre unsere Erde schon längst mit Tonnen von Abfällen bedeckt. Obst, Getreide, Holz, Tannennadeln oder die Ausscheidungen der Tiere werden sämtlich von Pilzen zersetzt. Dazu brauchen sie eine gewisse Feuchtigkeit und Sauerstoff. Aus diesem Zersetzungsvorgang beziehen sie ihre Nahrung und wachsen. In Zusammenarbeit mit Bakterien und Bodenorganismen wird aus den Abfallstoffen Humus gebildet, der für das Bodenleben wichtig ist, aber auch für die darauf wachsenden Pflanzen.

Viele Pilze zählen zu den Parasiten und befallen Pflanzen, denen sie ihre Nährstoffe abzapfen. Sie können sogar schwere Pilzkrankheiten hervorrufen, die letztendlich zum Tod der Pflanzen führen. Bekannt ist der Pilzbefall bei Ulmen und Kastanien, der jüngst bei den letztgenannten in Schleswig-Holstein zu einem massenhaften Baumsterben geführt hat. Pilzkrankheiten bei Getreide sind besonders schlimm, da sie erhebliche Ernteausfälle zur Folge haben. Einige Beispiele: Maisbeutelbrand, Weizensteinbrand, Mutterkorn bei Roggen und Apfelschorf, Birnengitterrost und Echter Mehltau bei Obstsorten.


Pilze und Pflanzen - Ein Geben und Nehmen

Andererseits können beinahe 90 Prozent der Landpflanzen mit bestimmten Pilzen eine Gemeinschaft bilden, eine sogenannte Symbiose, von der beide ihren Nutzen haben. Die Pilzfäden dringen in die Wurzeln einer Pflanze ein und entwickeln ein weit verzweigtes Geflecht im Boden. Über dieses Netzwerk transportieren sie Nährstoffe und Mineralien zu den Pflanzen. Als Gegenleistung erhalten diese sogenannten Mykorrhizapilze den Zucker, den die Pflanzen durch Photosynthese erzeugt haben. Auf diese Weise wird der Pilz ernährt und kann wachsen und gedeihen.

Bäume stehen über lange Jahre, Jahrzehnte und oft Jahrhunderte am gleich Ort, den sie nicht verlassen können, wenn die Nährstoffe im Boden an ihrem Standort knapp geworden sind. Für sie sind die Mykorrhizapilze, die ihre Wurzeln umschlingen und in sie dringen von besonderer Bedeutung. Da das Pilzfädengeflecht sich weit und tief im Boden ausbreitet kann es auch Nährstoffe aus weiter entfernten Regionen zur Baumwurzel transportieren.

So kommt es, dass mit Hilfe dieser Mykorrhizapilze auch auf weniger guten Böden noch Bäume wachsen können. Außerdem werden über dieses unterirdische Pilzmyzel an den Wurzeln der Bäume auch Nährstoffe zu solchen Artgenossen weitergeleitet, die gerade schlecht versorgt sind und denen es nicht so gut geht. Die Bäume im Wald sind über dieses Pilzgeflecht der Mykorrhizapilze miteinander verbunden und können sich in Notlagen helfen, selbst dann, wenn es sich um Bäume handelt, die nicht der eigenen Art angehören. Beispielsweise helfen Buchen auch Eichen, Fichten oder Tannen und umgekehrt.


Pilze - nicht nur zum Essen

Es gibt unglaublich viele verschiedene Pilzarten, die bislang nur zu einem kleinen Teil bekannt sind. Forscher gehen davon aus, dass sogar die allermeisten noch nicht einmal entdeckt worden sind. Einige altbekannte Sorten werden allerdings schon sehr lange für die Herstellung von Lebensmitteln genutzt. Es handelt sich um sogenannte Nutzpilze wie Wein-, Bier- und Backhefen oder solche, die den Reifeprozess von Milchprodukten, Käse und Sauermilchprodukten bewirken. Aber Pilze können mehr. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts wurde ein Pilz mit besonderen Fähigkeiten entdeckt, aus dem ein Medikament entwickelt werden konnte, das Penicillin genannt wird.


Auf dem Nährboden in der Petrischale breitet sich das dunkel- bis hellgraue Pilzmyzel aus - Foto: 2009 by Crulina 98 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

Eine Petrischale mit dem Schimmelpilz Penicillium natatom
Foto: 2009 by Crulina 98 (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0), via Wikimedia Commons

Seitdem konnten viele Menschenleben damit gerettet werden und in der modernen Medizin ist es ganz allgemein unter dem Begriff Antibiotika nicht mehr wegzudenken. Heute forschen Mykologen, also die Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung von Pilzen befassen, auch noch auf einem anderen Gebiet. Sie wollen Pilze ganz gezielt einsetzen, um beispielsweise Ölrückstände in und auf dem Boden zu beseitigen. Wieder andere arbeiten daran, mit Hilfe von Pilzen neue Materialien herzustellen, die in der Industrie benutzt werden können. Der Ideenreichtum der Forscher scheint kein Ende zu finden und nicht wenige machen sich Hoffnung, dass die Pilze unseren verschmutzten Planeten vielleicht doch noch retten können.

Im nächsten Teil:
Die Bedeutung der Pilze bei der Herstellung von Nahrungsmitteln


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://derstandard.at/1363706514713/Pilzgefelcht-als-unterirdischer-Klimaschutz

"Pilze - Pioniere der Biotechnologie"
Dokumentarfilm, Frankreich, 2013
Regie: Thomas Sipp, Anne Rizzo
55 Min.


8. März 2017


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