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KALENDERGESCHICHTEN/117: 10/11-2020   Spuk und Tränen - Kieselfeld ... (SB)


Mammut im Käfig - Buntstiftzeichnung: © 2020 by Schattenblick

Rumtrum hatte als winziges Mammut zwischen zwei dicken Sesselkissen ein Gespräch zwischen der Trollfrau und Trovje dem Garstigen mitangehört und dabei erfahren, dass er am morgigen Tag das Steineverwandeln erlernen sollte.

Nachdem die Trollfrau dem Mammut-Hausgeist nochmals eingeschärft hatte, ihr ganz zu vertrauen und alles ihr zu überlassen, begab sich Rumtrum als riesiges Mammut an den vereinbarten Platz und rief nach Trovje. Es dauerte eine Weile bis der garstige Troll erschien, denn er hatte verschlafen und noch nicht gefrühstückt. Seine Laune war mithin nicht die beste. Als er aber das Mammut sah, war er doch beeindruckt von den Gestaltwandelfähigkeiten des kleinen Hausgeistes, ließ dies aber mit keinem Wort und keiner Geste erkennen.

"Na, bist du bereit für die erste Lektion?", brummte Trovje. "Oh ja, sicher, ich kann es kaum erwarten", log Rumtrum, denn mit seinem Vertrauen zur Trollfrau war es doch nicht so weit her wie er es gestern noch angenommen hatte.

"Also gut, komm mit. Dort hinten am Fluss liegen eine Menge kleiner Steinchen am Ufer. Deine erste Aufgabe wird es sein, einen dieser Steinchen in einen Felsbrocken zu verwandeln. Rumtrum blieb stumm, schritt eilig hinter Trovje her und freute sich sehr, sich eine Mammutgestalt gegeben zu haben, denn so war es ihm möglich, einigermaßen mit dem riesigen Troll Schritt zu halten. Als sie endlich den Fluss erreichten, glitzerten abertausende kleiner Kiesel in der Sonne.

"Setz oder stell dich dort hin!", befahl Trovje der Garstige, "und nun höre genau zu, denn jedes Wort von mir ist von großer Bedeutung und entscheidet über das Gelingen."

Rumtrum wurde ganz flau in der Magengegend und alle seine Mammutknie fühlten sich wie Pudding an. Er beschloss still zu sein und genau aufzupassen, zweifelte jedoch daran, dass er dieses Kunststück bewältigen könnte. Zwar hatte die Trollfrau ihm versichert, dass alles gut gelingen würde und er sich keine Sorgen machen solle, doch war weit und breit nichts von ihr zu sehen. Wieder kamen ihm Zweifel, ob sie ihn vielleicht doch reingelegt hatte und sich nun irgendwo im Verborgenen über sein Scheitern lustig machte.

"Zunächst einmal merke dir folgendes: 'Als erstes wähle ein Steinchen aus und lege es vor dich hin.'" Rumtrum musterte die um ihn herumliegenden Kiesel und schubste eines mit seinem Huf vor sich hin. Ungeduldig beobachtete der Troll seine Auswahl und setzte die Unterweisung fort: "Dann sprich laut und deutlich die Worte, die ich dir nun verrate: 'Kieselchen, Kieselchen klein, Kieselchen, Kieselchen mein, sollst nicht länger ..."

Vor lauter Aufregung wiederholte Rumtrum die Worte laut vor sich hin, wofür Trovje der Garstige ihn mit einem bösen Blick strafte. "Zuhören sollst du, verdammt, nicht losplappern!", polterte der Troll. Gerade wollte er fortfahren mit dem Aufsagen der Formel, da geschah es. Rumtrum erschrak so sehr, dass er mit einem gewaltigen Hopps zurück sprang. Der winzige Kieselstein vor ihm begann zu wachsen, bekam Ecken und Kanten, dehnte sich weiter und weiter aus und hier und dort splitterte ein Steinchen ab. Der Stein war nunmehr zu einem gewaltigen Felsbrocken geworden, so hoch, dass er sogar den Troll ganz verdeckte. Plötzlich schien die Verwandlung vollkommen, der Felsen blieb wie er war. Vorsichtig schritt Rumtrum an der Seite des Felsens entlang und lugte um die Ecke, wo er den total verblüfften Trovje stehen sah.

"Das, das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!", schimpfte der Troll und hob drohend seine riesige Faust. "Was hast du getan, du mickriger Hausgeist, hast mich hinters Licht geführt, mich angelogen! Willst du mich zum Narren halten?" Der Troll schnaubte, tobte und sein Gesicht färbte sich rot vor Wut, weil er annahm, dass der kleine Hausgeist sehr wohl zaubern als auch sehr böse sein konnte und er ihn auf diese hinterlistige Weise nur herausfordern oder prüfen wollte. "Nun gut, du gemeiner Wurm, du hättest dich nicht mit mir anlegen sollen. Sieh was geschieht!"

In dem Augenblick bildete sich um das Mammut ein gewaltig starkes Gittergefängnis, aus dem es kein Entkommen gab. Der wütende Troll lachte hässlich und mit donnernder Stimme sprach er zu dem verschüchterten Rumtrum-Mammut: "In diesem Käfig, mein Lieber, werden alle Zauber untauglich, weder kannst du dich befreien, noch in eine andere Gestalt verwandeln, ha ha ha", brüllte der Troll , "dann wirst du für immer ein Mammut bleiben müssen, denn wie du ja weißt, läuft die Frist bald ab, in der du dir eigentlich eine neue Gestalt geben musst, um nicht in der jetzigen zu bleiben."

Rumtrum war entsetzt und ihm war weder nach fluchen noch nach heulen zumute, er war einfach ratlos, für so eine Gemeinheit fehlten ihm die Worte. Er konnte doch gar nichts dafür, dass dieser winzige Stein zu einem Felsen wurde. Oder vielleicht doch? Währenddessen bückte sich Trovje der Garstige, umfasste den Felsbrocken so gut er konnte und hob ihn hoch.

"Nun werde ich dir zeigen, was ich mit deinem Felsen anfange, denn sie haben nur einen Zweck: mit ihnen kann ich alles mögliche zerstören, Häuser, Dörfer oder kleine fiese Mammuts!" Der Troll grölte vor vergnüglicher Bosheit und es sah nun ganz so aus, als wolle er den Felsen auf Rumtrum werfen, denn er vollführte eine halbe Drehung, um Schwung zu holen und stemmte den gewaltigen Felsbrocken noch etwas in die Höhe.

Der kleine Hausgeist in seinem Gefängnis war sicher, sein letztes Stündlein hätte geschlagen und er bereute zutiefst, sein Haus verlassen zu haben. Niemals wäre er hier gelandet, niemals hätte er es mit einem so bösen Troll zu tun bekommen. Warum nur wollte er überhaupt das Bösesein erlernen, dass sich jetzt so grausam gegen ihn selbst zu wenden schien? Nun war alles zu spät. Trovje der Garstige nahm Anlauf und - in diesem Moment erblickte Rumtrum die Trollfrau unten an seinem linken Vorderfuß, nur eben so groß wie eine Maus ...

Wie es weitergeht erfahrt ihr in Kürze


zum 13. November 2020


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