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GUTE-NACHT/3644: Im Gewächshaus - Vergessen (SB)

Gute-Nacht-Geschichten

Im Gewächshaus - Vergessen

Enna kann es nicht fassen. Ihr Körper ist wirklich geschrumpft. Aber das ist nicht das Schlimmste. Schlimmer ist, daß niemand sie hören kann. Wie oft hat sie jetzt schon nach ihrer Mama gerufen. Aber keiner wird auf sie aufmerksam. Es scheint, als ob die anderen sie nicht einmal sehen können, ja nicht einmal mehr an sie denken.

Enna kann hören, was Mama und Oma miteinander sprechen, aber kein einziges Mal ist dabei von ihr die Rede. Auch ihre kleine Schwester scheint sich nicht mehr an sie zu erinnern. Was ist hier nur geschehen?

"Kleine Schwester!", flüstert Enna, "jetzt bin plötzlich ich die kleine Schwester, aber ich habe nichts davon." Enna ist verzweifelt. Wie kann sie ihre wahre Größe wiedererlangen? Wenn sie doch nur mit irgendjemand darüber sprechen könnte. Oder wenn es etwas gäbe, daß sie wieder wachsen ließe. In ihren Märchenbüchern gibt es Pilze, die einen kleiner, aber auch größer werden lassen. Vielleicht hatte sie ja einen solchen Pilz im Essen gehabt. "Quatsch, dann wären die anderen auch geschrumpft", denkt Enna. Trotzdem, es könnte ja sein, daß irgendeine Pflanze, die hier in Mamas Gartenhaus wächst, ihr helfen kann, wieder größer zu werden. Doch sie kann nicht einfach an jeder Pflanze knabbern, um zu sehen, ob diese etwas bewirkt. Mama hat ihr schon früh eingeschärft, daß sie außer Gänseblümchen und Löwenzahn nur richtiges Gemüse essen darf. Denn viele Pflanzen enthalten Giftstoffe, die mehr oder weniger einen Menschen krank werden lassen oder gar töten können.

"Ich brauche ein Buch über Kräuter. Mag sein, ich finde darin die Lösung", überlegt Enna. Sie geht im Kopf die Regale durch, in denen Mamas Bücher stecken. Leider stehen die in Frage kommenden viel zu weit oben im Regal. Wie soll Enna da hinauf geraten. Es gibt schließlich keinen Aufzug wie in ihrem Puppenhaus.

"Mein Puppenhaus!" Dieser Gedanke zaubert Freude auf Ennas Gesicht: "Wenn dieser Zustand noch lange anhält, brauche ich unbedingt einen Platz, an dem ich schlafen kann. Da ist das Barbiehaus doch ein passender Ersatz für mein Zimmer." Keinen Gedanken verschwendet Enna mehr an die Bücher, sondern begibt sich auf direktem Weg zu ihrem Barbiehaus. Zum Glück hat sie dieses erst kürzlich aus ihrem Zimmer gestellt. Sie wollte nicht, daß ihr Freund Ben denken sollte, sie spiele noch mit Puppen. So stellte sie das Haus kurzerhand in Mamas Gewächshaus ab, hinten zwischen den Büschen bei der Voliere.

Enna läuft auf das Puppenhaus zu. Dort angekommen hüpft sie durch die offene Front in das Haus hinein und wirft sich auf das Bett. Das hatte sie schon immer einmal vorgehabt. Sie bleibt liegen und starrt an die Zimmerdecke. "Gar nicht so übel dieses Haus", stellt sie fest. Jetzt erst merkt Enna wie erschöpft sie ist. Die Aufregung fällt von ihr ab und bald schon schläft sie - so wie sie ist - ein.

"Gute Nacht!"

zum 16. Januar 2014