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GUTE-NACHT/3492: Der kleine Nachtwächter gruselt sich (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter

Der kleine Nachtwächter gruselt sich



Der kleine Nachtwächter und Anton haben den ganzen Tag über die Burg erkundet. Jetzt am späten Abend sind sie müde. "Wir können uns doch noch nicht schlafen legen. Dann verpassen wir vielleicht unseren Rundgang um Mitternacht", plagt sich der kleine Nachtwächter. "Ach was, eine Stunde können wir uns schon noch ausruhen. Wir legen uns einfach auf die Betten und erzählen uns etwas", schlägt Anton vor, " dann bleiben wir sicher wach."

Im Turmzimmer stehen zwei Betten, das des kleinen Nachtwächters und ein Bett für Anton. Rebell indess kann sich aussuchen, auf welcher der beiden Bettvorleger er Platz nehmen möchte. Ins Bett darf er nicht. "Du bist mir in letzter Zeit einfach zu frech!", flüstert der kleine Nachtwächter Rebell ins Ohr. Aber im Grunde hätte er den Pelz seines vierbeinigen Freundes schoch gern als Wärmflasche an seinen Füßen. Aber Anton mag keine Hunde im Bett. Da will sich der kleine Nachtwächter auf keine Diskussion einlassen.

Also kuscheln sich die beiden Freunde auf ihre Betten. Rebell legt sich bei Anton davor. "Abtrünniger", schimpft der kleine Nachtwächter insgeheim.

Anton fordert seinen Freund auf, eine Geschichte zu erzählen. "Mir fällt nichts ein!", entgegnet der. "Gibt es denn hier in der Burg kein Burggespenst? Darüber könntest du mir etwas berichten." Der kleine Nachtwächter kennt sich mit den Geschichten der Burg noch nicht so gut aus. Aber er hat eine blühende Phantasie. Er setzt sich im Bett auf und blickt durch das schmale Bogenfenster nach draußen.

Dort sieht er die wenigen Lichter des Dorfes, die in den Häusern noch brennen. Nach und nach verlöschen auch sie. "Wann geht es denn endlich los mit der Geschichte?", möchte Anton wissen, "oder schläfst du bereits?"

"Nein, nein. Mir fällt nichts Rechtes ein", dabei blickt der kleine Nachtwächter noch immer hinaus und denkt bei sich, "dir werde ich eine schöne Schauergeschichte erzählen. Du wirst glauben, daß sie wahr ist." Wieder drängt Anton, endlich mit der Geschichte zu beginnen.

"Ach, mir fällt einfach nichts ein", schummelt der kleine Nachtwächter. Dann verhält er sich sehr geheimnisvoll: "Was ist denn das da auf dem Weg? Ich sehe etwas Helles. Ein merkwürdiges Licht kommt da den Weg herauf. Oh nein, es ist kein Licht, es ist ein Glimmen wie von einem Glühwürmchen, nur viel größer. Oh ich glaube, das ist ein Geist. Ein Geist kommt den Burgpfad entlang, direkt auf den Eingang zu." Der kleine Nachtwächter stöhnt, und Anton zieht sich schnell seine Decke bis zu den Ohren hoch.

"Jetzt fällt mir doch tatsächlich eine Geschichten über die Burg ein. Einst lebte ein Ritter hier. Er hatte für seinen Schutz eine so schwere Rüstung, daß sie ihm irgendwann im Kampf zum Verhängnis wurde. Und weil er deswegen mit dem Schmied, der die Rüstung anfertigte, noch eine Rechnung offen hatte, blieb er als Geist in der Burg und läßt sich einmal im Monat blicken, um nach dem Schmied zu sehen."

"Ach was", meckert Anton, "das Licht, das du da siehst, ist bestimmt nicht der Geist des Ritters. Geister gibt es doch nicht." - "Na, dann komm doch herüber und sieh' es dir selber an", schlägt der kleine Nachtwächter vor. Aber Anton steht nicht auf. "Hier im Bett ist es gerade so gemütlich warm", erklärt Anton, "da bleibe ich lieber liegen."

Der kleine Nachtwächter kichert in sich hinein. "Na, habe ich dich erwischt", denkt er bei sich, "du hast doch ein bißchen Angst vor Geistern." Um Antons Angst noch zu steigern, berichtet der kleine Nachtwächter weiter von dem Licht vor dem Fenster und was es alles anstellt. Er steigert sich so sehr in seine Schilderungen hinein, daß er am Ende selbst nicht mehr weiß, was er wirklich wahrgenommen hat. Als dann um Mitternacht die Kirchenglocken aus dem Dorf herüberläuten, möchte keiner der beiden Freunde aufstehen und eine Runde durch die Burg laufen. Selbst Rebell ist es unheimlich, und er stiehlt sich ans Fußende vom Bett des kleinen Nachtwächters. Der nimmt die Zuwendung seines Hundes gern an.

In dieser Nacht muß die Burg alleine über sich wachen.

Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 4. November 2011