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GUTE-NACHT/3247: Der kleine Nachtwächter ist krank (SB)


Gute Nacht Geschichten

An diesem Abend mag der kleine Nachtwächter gar nicht aus seinem Bett heraus. Die Nase juckt und sie will ständig niesen. Der Kopf drückt und die Beine zittern. Am ärgsten aber sind die Halsschmerzen. Am liebsten würde der kleine Nachtwächter heute zuhause bleiben.

"Aber wer paßt dann auf unsere Stadt auf?", fragt der kleine Nachtwächter seine Laterne und die Taschenlampe. "Ich kann nicht zuhause bleiben." Mit dem Handrücken befühlt der kleine Nachtwächter seine Stirn. "Sie ist nicht heiß", stellt er fest, "dann habe ich auch kein Fieber." Bei diesen Worten setzt der kleine Nachtwächter sich auf. Obwohl ihm ein bißchen schwummrig wird, steht er doch auf und kleidet sich an. Nur noch den Mantel übergeworfen, die Laterne und die Taschenlampe in die Hand genommen und schon zieht er los.

Ganz in Gedanken versunken, vergißt er seine Haustür zu schließen. So kann Mathilda, das kleine Kätzchen, das er vor Tagen mit nach Hause gebracht hat, dem kleinen Nachtwächter endlich einmal bei seiner Arbeit folgen. Aber Mathilda ist schlau. Sie bleibt hinter dem kleinen Nachtwächter immer ein Stückchen zurück. So wird er das Kätzchen wohl kaum entdecken und auch nicht wieder umkehren und es nach Hause zurückbringen.

Besonders schnell kommt der kleine Nachtwächter heute nicht voran. Aber endlich hat er die Runde durch die Stadt geschafft und ist mit Mühe auch auf der Stadtmauer angelangt. Hier setzt er sich erst einmal auf die Tonne, auf der er sonst seinen Imbiß zu sich nimmt. Heute hat er keinen Appetit, aber er ruht sich ein Weilchen aus. Er ist so erschöpft, daß er ohne es zu merken, bald einschläft.

Mathilda, sein Kätzchen, weiß nicht, was mit dem kleinen Nachtwächter los ist und es beginnt zu schluchzen. Davon wacht der kleine Nachtwächter aber nicht auf. Er ist einfach zu sehr erschöpft. Aber ungehört bleibt das Schluchzen von Mathilda nicht. Um die Ecke kommt eine Katze geschlichen und auf der Mauer erscheint ein Kater. Sie wollen sehen, was hier los ist.

"Da schläft ja der kleine Nachtwächter", stellt die Katze fest. "Was für einen roten Kopf er hat. Der hat bestimmt einen getrunken", meint der Kater. "Nein, nein", maunzt das Kätzchen, "der kleine Nachtwächter ist krank. Aber er macht sich Sorgen um die Stadt, wenn er nicht Wache hält." - "Da müssen wir helfen!", schlägt die Katze vor. Zuerst will der Kater davon nichts wissen. Aber weil er bei der Katze Eindruck schinden will, spielt er mit. Er macht den Vorschlag: "Auf die Stadt aufpassen können doch wir Katzen. Ich hole alle zusammen."

Während dessen überlegt die Katze, wie dem kleinen Nachtwächter selbst zu helfen ist. Er scheint zu frieren, denn er zittert. Aber da ist schon Mathilda auf seinen Schoß gesprungen, unter seinen Mantel gekrochen und wärmt ihn, so gut es geht. Mathildas Beispiel folgend, springt auch die Katze auf seinen Schoß.

Der Kater hat inzwischen alle Katzen aus der Stadt alarmiert. Sie patroulieren jede für sich auf der Stadtmauer und einige ziehen auch durch die Stadt selbst. Dabei maunzen sie und manche keifen sich gegenseitig an. Einige der Bewohner erwachen von dem Gekeife und Gemaunze.

"Was ist denn in dieser Nacht bloß mit den Katzen los?", fragt sich der Apotheker und läuft auf die Straße. Er folgt den Katzen die Stadtmauer hinauf. Da sieht er mit Schreck den kleinen Nachtwächter auf der Tonne schräg gegen die Wand gelehnt liegen. Schnell schaut er nach ihm. Er greift in seine Tasche und zieht ein Fläschchen heraus. Er öffnet den Verschluß und hält das Fläschchen dem Nachtwächter unter die Nase. Der erwacht sofort.

"Was ist denn das für ein schrecklicher Geruch?", fragt er. "Ein Muntermacher!", sagt der Apotheker und etwas empört setzt er hinzu, "eigentlich sollte ein Nachtwächter doch Wache halten und nicht schlafen!" - "Es tut mir sehr leid", entgegnet der kleine Nachtwächter, "aber ich glaube ich bin krank!" Jetzt sieht auch der Apotheker, daß etwas mit dem kleinen Nachtwächter nicht stimmt. "Ich bringe dich nach Hause, kleiner Nachtwächter. Dann schicke ich dir den Herrn Doktor." - "Aber was ist mit unserer Stadt?", fragt der kleine Nachtwächter. "Ich glaube, da brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Unsere Katzen aus der Stadt sind zusammengekommen, um dich zu vertreten. Aber wenn es dich beruhigt, ich wollte schon immer einmal Nachtwächter sein. Ich leihe mir deine Laterne und deine Lampe und schon kann ich dich ebenfalls vertreten."

Damit ist der kleine Nachtwächter einverstanden. Jetzt erst nimmt er die vielen Katzen um sich herum wahr und entdeckt auch Mathilda unter seinem Mantel. Das kleine Kätzchen ist allerdings eingeschlafen und der kleine Nachtwächter nimmt es mit nach Hause. "Vielen Dank, Herr Apotheker und euch Katzen und Katern ebenfalls."


24. August 2010

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