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GUTE-NACHT/3212: Sandmann beim Zahnarzt (SB)


Gute Nacht Geschichten

"Na, geht es wieder?", fragen die Schauspiel-Kollegen den Sandmann! Gestern hatte er ja so starke Zahnschmerzen, daß er gar keine Geschichte erzählen konnte. Nachdem der Sandmann aber am Morgen beim Zahnarzt war, geht es ihm schon wieder besser. Heute hat er sich vorgenommen, mit den Kindern über das Zähneputzen zu sprechen. Dazu hat er bei dem Requisiteur Hans eine übergroße Zahnbürste bestellt.

"Wo soll ich so eine Riesenzahnbürste denn überhaupt herbekommen und dann auch noch ein übergroßes Gebiß. Wer baut mir denn auf die Schnelle so etwas?", schimpft Hans. Aber Hans wäre nicht Hans, würde ihm nicht für alles eine Lösung einfallen. Kleine Gebisse in den unterschiedlichsten Varianten hat er jede Menge in seinem Fundus. Von seinem Zahnarzt hat er sie sich mitgebracht, als dieser aus Altersgründen seine Praxis geschlossen hat.

Hans nimmt sich so ein Gebiß vor und gibt es in den Malersaal. Dort soll schnell eine gemalte Vergrößerung auf einem Stück Stoff, sozusagen einem Transparent, angefertigt werden. "Bis heute abend zur Vorstellung schaffen wir das. Hauptsache du trägst es vorsichtig, falls die Farbe dann noch ein bißchen feucht ist", sagte der Chef des Malersaals.

Nun überlegt Hans, was er denn als Zahnbürste verwenden könnte. Da fällt sein Blick auf die Pinsel, die im Malersaal an der Wand hängen. Die haben einen langen Stiel wie ein Besen. Unten dran ist die Bürste zum Malen - so groß wie eine Schrubberbürste oder wie der Witschequast eines Tapezierers. Bei der Bürste des Theatermalerpinsels ist der Stiel allerdings an einer der beiden kurzen Seite angeschraubt.

"Diesen übergroßen Pinsel brauche ich für den Sandmann", stellt Hans fest und bittet, "könntet ihr ihn mir noch wie eine Zahnbürste aussehen lassen?" Der Chef des Malersaals schüttelt den Kopf. Dann sagt er aber: "Na, eigentlich sind unsere Malerbürsten ja nicht zum Zähneputzen gedacht und auch nicht dazu geeignet. Aber wenn es der Demonstration des Zähneputzens dient und zu dem erst noch zu malenden überdimensional großen Gebiß passen soll, dann sollten wir mal eine Ausnahme gelten lassen. Übrigens im Bürstenstielanmalen habe ich genau die richtige Person für dich. Unser neuer Lehrling ist nämlich gerade dabei seine ihm frisch ausgehändigten Pinsel vom kleinsten bis zum größten zu markieren. Jeder von uns Malern hier im Saal hat seine Pinsel mit einer sich eigens ausgewählten Farbe gekennzeichnet. Damit wir sie auseinander halten können. Doch unser Lehrling hat fast ein Gesellenstück daraus gemacht. Er hat alle Pinsel in Regenbogenfarben angemalt. Sieh nur, wie die Pinsel leuchten." Hans schaut sich um.

Nun ruft der Malersaalvorstand den Lehrling herbei: "Junge, laß gut sein, hier kommt dein erster richtiger Auftrag. Nimm dir da drüben von den alten Bürsten, die wir nicht mehr brauchen, eine fort und verzaubere sie in eine Riesenzahnbürste. Aber spute dich, sie wird heute abend gebraucht!" Zu Hans gewandt sagt er: "Um sechs kannst du beides abholen!" Damit wendet er sich wieder den anderen Projekten zu.

Auch Hans hat noch einiges vorzubereiten. Auf dem Gang zum Theaterfundus klingelt sein Handy. An seinem Gesicht kann man ihm ablesen, daß er gerade wieder mit einer noch größeren Unmöglichkeit bedacht wurde. Hans läßt das Handy in seine Hosentascche gleiten und stemmt die Hände in die Seiten: "Wo bekomme ich jetzt einen Zahnarztstuhl her?"


7. Juni 2010

Gute Nacht