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GUTE-NACHT/3172: Die Geschichte vom Marder und dem Hasen (SB)


Gute Nacht Geschichten

Mitten in der Nacht, wenn jeder Mann, jede Frau, jedes Kind und jede Maus im Bauernhaus schläft, schleicht sich der Marder um das Haus herum und durch den Garten. Sein Ziel wird ganz von seinem Magen bestimmt. Denn er hat Hunger. Zum Glück hat er zu dieser Jahreszeit noch keine Jungen, sonst müßte er direkt mehr Futter besorgen.

Manchmal ist es schwer, einen Leckerbissen zu finden. Doch wenn einer weiß, wo der Bauer seine Hühner und seinen Hasenstall hat, kann er schon zu seinem Futter gelangen.

In dieser Nacht erscheint dem Marder der Hasenstall von weitem doch recht merkwürdig. "Wieso ist dort so ein rotes Licht?", fragt er sich. Ob er lieber umkehren und wo anders suchen soll? Aber sein Hunger ist sehr groß. Langsam schleicht er sich an den Hasenstall heran.

Darin sitzt ein putziges Häschen ganz allein. Der Marder schleicht um den Stall herum und schaut noch einmal zum Haus, ob von dort keine Gefahr droht. Nun braucht er nur noch einen Eingang zum Stall zu finden, um das Häschen mit sich zu nehmen oder am besten gleich hier zu fressen.

Das Häschen hat längst bemerkt, daß da jemand um sein Haus herumschleicht. "Wer da?", fragt es und bemüht sich, nicht ängstlich zu klingen. Da der Marder keinen Eingang zum Hasenstall gefunden hat, außer den verschlossenen, weiß er, daß wo niemand hinein kommt, auch keiner heraus kann. So gibt er sich zu erkennen und droht: "Holla Häschen, ich komme dich zu holen."

Das Häschen aber will sich nicht holen lassen. Es ist zwar ängstlich, aber dennoch nicht mutlos. Es lebt schon zu lange bei den Menschen und deren Kindern, daß es jede Menge gehört hat und ahnt, wie es in der Welt vor sich geht. "Nun, so einfach ist das nicht!", entgegnet nun das Häschen, "ich habe gerade eine Verschnaufpause nötig, aber dann male ich weiter die Eier an." - "Was für Eier?", wundert sich der Marder und vergißt dabei die verschlossene Öffnung zum Hasenstall näher in Augenschein zu nehmen. Schließlich sind Eier auch etwas zum Fressen.

"Was für Eier?", wiederholt das Häschen und ahmt den Marder nach, "natürlich die Ostereier. Hast du noch nie von den Osterhasen und ihrem Auftrag gehört?" Der Marder weiß nichts von Osterhasen und ihren Aufträgen. "Wo kommst du denn her, daß du das nicht weißt?", sagt das Häschen jetzt gleich ein bißchen mutiger. Denn es ist ihm nicht entgangen, daß der Marder die Stalltür scheinbar vergessen hat, an der er sich zuvor zu schaffen machte.

"Was ist mit den Osterhasen und ihren Eiern?", will der Marder wissen. "Nun, in den nächsten Tagen ist Ostern. Da verteilen wir Osterhasen auf der ganzen Wiese bunte Ostereier." - "Wie? Bunt? Ich kenne nur gesprenkelte Eier", gibt der Marder etwas boshaft von sich. Das Häschen wieder etwas ängstlicher, nimmt dennoch seinen Mut zusammen und lenkt den Marder weiter von seinem Vorhaben, einen Eingang in den Stall zu finden, ab.

"Wenn du willst, erzähle ich dir von den Osterhasen." Der Marder schaut interessiert das Häschen an. "Nun, die Osterhasen sind ganz besondere Hasen. Darum wurden sie auch auserwählt, die Eier für die Kinder bunt zu malen und dann überall in den Gärten zu verstecken. Manchmal finden die Kinder nicht alle Eier, dann bleibt noch etwas für uns Tiere übrig."

Immer weiter plaudert das Häschen die Geschichten über die Osterhasen aus und hält den Marder so von seinem ursprünglichen Vorhaben ab. Der Marder ist ja auch wirklich neugierig. Er überlegt, daß ein paar dieser sicher prima schmeckenden Eier seinen Hunger auf Tage hinaus stillen könnten. Da das Häschen ihm aber nicht verraten kann, wo die Eier aufbewahrt werden, ist es wichtig einen anderen Weg zu den Vorräten zu finden, bevor sie überall von den Menschen gefunden werden. "Nun sag schon, wo die Eier stecken?", fordert der Marder das Häschen noch einmal auf. "Ich bin nur ein Häschen, daß die Ostereier anmalt. Nur der große Osterhase kennt das Versteck. Morgen bringt er mir wieder neue Eier." Der Marder fragt: "Woher weiß ich, daß du die Wahrheit sagst?" Das Häschen schaut an sich herunter und dann weiß es, was zu sagen not tut: "Schau mich doch nur an, wie fleckig mein Fell ausschaut. Mein schönes weißes Fell hat lauter braune Farbkleckse." Im Stillen lacht das Häschen und denkt: "April, April."

Dem Marder leuchtet ein, was das Häschen berichtete, und er sagt: "Nun ich will den großen Osterhasen kennenlernen. Vielleicht weist er mich auch in die Kunst der Ostermalerei ein. Darum werde ich morgen wiederkommen." Das Häschen weiß genau, daß der Marder andere Pläne hat als er vorgibt. Doch es ist froh, als der Marder verschwindet. "Für heute habe ich sicher meine Ruhe vor ihm", denkt das Häschen und schlummert ein bißchen.


1. April 2010

Gute Nacht