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GUTE-NACHT/3073: Versteckspiel (SB)


Gute Nacht Geschichten

Hallo! Schön euch zu sehen. Da kann ich mich gleich ein bißchen vor dem Stapel Briefe, die beantwortet werden wollen, drücken. Ob ich die Briefe von damals noch immer nicht erledigt habe, wollt ihr wissen! Doch, doch! Aber es kommen eben stets wieder neue Briefe ins Haus geflattert - Rechnungen für Strom und Wasser, das ich verbraucht habe, Mahnungen, wenn ich die Rechnung vergessen habe zu bezahlen und eine weitere Mahnung oder gar eine Vollstreckungsankündigung, wenn ich den ausstehenden Betrag noch immer nicht beglichen habe. Es ist eben nicht ganz so leicht, stets gleich die finanziellen Dinge zu erledigen. Aber das kennt ihr sicher auch, wenn ihr selbst Taschengeld bekommt.
Nunja, nicht alle Briefe, die ich erhalte sind Rechnungen. Da gibt es auch noch die ganzen Werbebriefe, die einem oft etwas verkaufen wollen, was man gar nicht braucht oder wozu einem das nötige Kleingeld fehlt. Dann gibt es auch noch die Briefe von Freunden, Bekannten und Verwandten. Die beantworte ich am liebsten. Nun damals, als ich hierher in meine Kate kam, lag unter den vielen Briefen auch einer von einem Notar. Davon will ich euch jetzt berichten.

Raute

Meine Tante Edda hatte, bevor sie gestorben ist, bei diesem Notar ein Testament hinterlegt. Das bedeutet, sie hat in seinem Beisein unterschrieben, daß es ihr Wunsch sei, ich solle einmal ihr Haus erben, wenn sie nicht mehr lebt. Nun, was sollte ich mit einem Haus hier im Norden. Ich wollte ja wieder zurück in meine eigene Wohnung. Ich dachte daran, ob es nicht noch einen anderen Erbe gäbe, und fragte nach. Aber der Notar verneinte. Noch bevor ich nun den Verkauf des Hauses ansprechen konnte, sagte mir der Notar, daß ich das Haus nicht verkaufen könnte. Denn meine Tante hatte noch einen letzten Willen: Sollte ich das Haus veräußern, also verkaufen wollen, würde nicht ich Haus und Hof erben, sondern Herr Hans Winkler, ihr Nachbar unter der Bedingung, daß er sich weiter um die Tiere auf ihrem Hof kümmere.

"Tiere?", fragte ich, "da ist doch nur das alte Pony und ein paar Katzen." "Daß sie sich mal nicht täuschen", sagte der Notar. Und dann zählte er jede Menge Tiere auf. Doch wo waren die alle? "Nun, ich glaube, daß sich ihr Nachbar bereits um die Tiere kümmert", antwortete der Notar. "Warum hat er mir gar nichts davon erzählt?" - "Vielleicht liegen ihm die Tiere besonders am Herzen. Schließlich hat er ihrer Tante, so viel ich weiß, stets geholfen."

Na, das war ja ein Ding. Der Nachbar war ins Krankenhaus gekommen und hatte mich doch extra hierher kommen lassen, damit ich mich um Tantes Haus kümmere und das Pony und die Katzen füttere. Aber wo waren die anderen Tiere? Gleich nach dem Notarbesuch fuhr ich ins Krankenhaus. Vielleicht war der Nachbar ja noch nicht im Behandlungsraum, sondern wartete noch auf die Untersuchung. Ich mußte unbedingt herausfinden, was mit den Tieren der Tante, nun jetzt waren es meine Tiere, war.

Im Eingangsbereich des Krankenhauses konnte ich nach der Zimmernummer fragen und ging hinauf. Mein Nachbar lag zwar schon im Krankenbett, operiert sollte er aber erst am nächsten Tag werden. Er wunderte sich, mich hier zu sehen. Doch ich rückte gleich mit der Sprache heraus. "Wo sind die ganzen Tiere meiner Tante?" Ich setzte noch hinzu: "Ich komme gerade vom Notar."

Der alte Hans erklärte mir, daß er Angst gehabt hätte, ich würde die Tiere alle fortgeben. "Sie leben doch schon so lange bei ihm." Er hatte sich ihrer angenommen, als meine Tante erkrankte. "Nun, um welche Tiere handelt es sich denn überhaupt?", fragte ich, "und wo sind sie jetzt?" Ich bekam sogleich Auskunft: "Sie sind alle auf dem Gnadenhof in der Nähe. Dort können sie zwei Wochen bleiben, bis ich wieder zuhause bin. Nur die Katzen konnte ich nicht einfangen. Die sind sowieso sehr wild. Für das Pony war kein Platz mehr im Stall. Und draußen ist es jetzt viel zu kalt." Ich konterte: "Bei meiner Tante standen die Pferde doch immer draußen, draußen in einem Offenstall, überdacht aber offen." Der Nachbar meinte: "Das ist schon ein paar Jahre her. Das Pony ist doch mittlerweile selbst sehr alt. Da hat es wohl einen warmen Stall für die Nacht verdient."

Nach dem Gespräch mit dem Nachbarn bin ich in das Haus meiner Tante zurückgefahren und habe mir das Haus und den Hof, auch den Garten und die Wiesen, alles sehr gründlich angesehen und lange darüber nachgedacht, was jetzt geschehen soll.

Raute

Und wie ihr seht, bin ich immer noch hier. Seltsam, jetzt seid ihr nicht mehr da. Ich dachte, es würde euch interessieren, welche Tiere der Nachbar vor mir geheim gehalten hat. Na gut, sehen wir uns vielleicht morgen wieder.

13. November 2009

Gute Nacht