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GUTE-NACHT/3032: Ein Licht im Garten (SB)


Gute Nacht Geschichten


Über dem flachen Dach des Hasenstalls ragt noch ein Spitzdach des zweiten Hasenstalls hinüber. Unter diesem kleinen Vorsprung drängen sich zwei kleine Körper und wärmen sich gegenseitig. Sie haben sich bereits eine "Gute Nacht!" gewünscht, weil sie es nicht mehr für möglich halten, noch in die warmen Räume des Hauses zu gelangen. Es ist schon ganz dunkel geworden. Wer sollte da noch einmal nach draußen in den Garten kommen?

Aber plötzlich vernehmen die beiden doch Schritte. "Wer mag das sein?", fragt flüsternd das eine Wesen. "Still!", mahnt das zweite. Schließlich könnte der Besucher des Gartens auch etwas Übles im Schilde führen.

Gespannt und zugleich ängstlich warten die beiden in ihrem Versteck. Sie möchten nicht entdeckt werden. Schritte sind zu hören, die um den vorderen Teil des Hasenstalls daherschlurfen, als ob jemand in viel zu großen Schuhen läuft. Jetzt scheint der Besucher das eine Gatter zu öffnen. Dann wieder Schritte und plötzlich Stille. "Wo ist der Fremde geblieben", fragt das eine Wesen. "Psst!", mahnt das zweite, "er ist noch nicht fort!" Richtig. Nach einer kurzen Pause ist das schlurfende Geräusch wieder zu hören. Diesmal kommt es genau an der Stelle vorbei, wo die beiden Wesen unter dem Vordach sitzen. Beide halten die Luft an und denken: "Hoffentlich schaut der Fremde nicht in unsere Richtung."

Erst als der unerwartete Besucher vorbeigegangen ist, atmen beide durch. "Schnell!", flüstert das zweite Wesen, "wir fliegen hinterher. Es ist Oma Trinchen." Mit dem Erkennen des Eindringlings fällt alle Furcht von den beiden ab. Jetzt sehen sie wieder eine Chance, doch noch ins Haus zu gelangen. Ohne einen Laut zu geben, verfolgen sie den nächtlichen Besucher. Doch selbst in ihren zu großen Stiefeln, die sie sich sicher von Opa Ludwig ausgeliehen hat, ist sie schneller an der Haustür als die beiden kleinen Wesen. Und rumms fällt die Tür ins Schloß, noch bevor die beiden das Haus betreten können.

"Was machen wir jetzt?", fragt das eine Wesen. "Wir kehren zu unserem Platz unter dem Dach des Hasenstalls zurück", ist die Antwort des anderen. "Was wollte Oma Trinchen im Garten?", diese Frage stellt sich beiden Wesen, und sie bleibt nicht unbeantwortet. Als die beiden um die Hausecke herumbiegen, steuern sie auf den Kaninchenstall mit den beiden Häuschen zu. Diesmal fliegen sie einen Bogen um die beiden Ställe herum. Auf diese Weise nehmen sie Einblick in einen anderen Bereich des eingezäunten Kaninchenstalls. Dort zieht sie ein rotes Leuchten erbarmungslos an.

"Oh wie schön!", flüstert das eine Wesen. Zur Vorsicht mahnt das andere. In einem Gestell aus Glas und Metall steht eine rote Kerze. "Oma Trinchen hat sie angezündet", stellt das zweite Wesen fest, "deshalb war sie im Garten." - "Laß uns hinfliegen. Wo Licht ist, ist auch Wärme", ermuntert das erste Wesen, das bereits richtig durchgefroren ist.

Durch einen kleinen Schlitz schaffen die beiden Wesen es ins Innere der Laterne. "Vorsicht!", mahnt noch einmal das zweite Wesen, "nicht, daß du verbrennst wie die Mücken dort im geschmolzenen Kerzenwachs."

Ein trauriger Anblick bietet sich den beiden kleinen Wesen. Dennoch sind sie froh, daß sie jetzt ein winziges Häuschen mit einer Wärmequelle für die Nacht zur Verfügung haben.

"Morgen werden wir es erneut versuchen, Oma Trinchen in unseren Plan einzuweihen", sagt das ältere der beiden Wesen. Das Jüngere nickt stumm und freut sich über die Wärme, die die rote Kerze abstrahlt.

18. September 2009

Gute Nacht