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GUTE-NACHT/2676: Wichtige Informationen (SB)


Oder: Das Huhn Selma

In der Scheune ganz oben im Dachfirst hockt die Eule in ihrem Versteck. Tagsüber schläft sie eigentlich. Aber hier auf dem Bauernhof kennt sie sich nicht aus, weiß nicht, welche Gefahren sie erwarten. Darum bleibt sie wachsam. Doch gegen Abend, als die Sonne sich zur Ruhe begeben will, scheint das rötliche Licht, das hier und da durch das alte, nicht mehr ganz heile Dach fällt, die Eule einzuschläfern. Morgenrot und Abendrot haben nach diesem schlaflosen Tag auf die Eule wohl die gleiche Wirkung. So fällt sie in einen tiefen Schlummer.

Plötzlich erschrickt die Eule. Ein heftiges Gegacker ist daran Schuld. Die Eule reißt die Augen auf und vor ihr steht auf einem Berg aus getrocknetem Gras ein seltsamer Vogel. Erst will dieser Vogel flüchten. Dann aber, und das scheint seiner Neugier zu entspringen, rückt der Vogel dichter vor. "Versteckst du dich auch unter dem Dach vor dem Bauern?" fragt er und möchte weiter wissen, "bist du der neue Hahn, den der Bauer erwartet? Unserer wurde von einem Habicht gefressen, sagt der Bauer? Bist du allein?"

So viele Fragen auf einmal. "Verstecken, ja das tue ich. Das Morgengrauen hat mich überrascht und ich konnte nicht mehr nach Hause in meine Baumhöhle fliegen. Nein, ich bin nicht der neue Hahn, ich bin eine Eule. Und ob ich allein bin? Nun, gestern Nacht war ich nicht allein, jetzt schon." Das Huhn findet die Eule sehr freundlich und auch gesprächig. Deshalb fragt sie gleich weiter: "Wer war denn heute Nacht an deiner Seite?" Die Eule holt tief Luft: "Ich hatte das Glühwürmchen bei mir. Wir sind auf der Suche nach dem Topf mit dem leckeren Futter, das so gute Träume verschafft." - "Woher weißt du davon?" fragt das Huhn. "Ich habe sie vor Tagen hier gekostet", antwortet die Eule. Nun gackert das Huhn ganz aufgeregt. "Dann warst du es, der aus dem Napf des Hofhundes den Pansen gestohlen hat? Dafür sollte ich dir wirklich böse sein. Aber ich bin es nicht, du kannst ja wohl nichts dafür."

Jetzt wird die Eule neugierig: "Wofür kann ich nichts?" Das Huhn erklärt: "Einmal in der Woche bekommt unser Hofhund Pansen. Das ist ein wunderbarer Tag für uns Hühner. Denn von dieser Speise schläft der Hund sehr tief. Dann können wir endlich einmal machen, was wir wollen und brauchen uns nicht so früh auf die Stange zum Schlafen zu hocken. Dieser eine Tag in der Woche ist für uns immer ein Festtag. Nunja, für die anderen Hühner. Ich gehe sowieso meine eigenen Wege. Denn ich lasse mich nicht so gerne einsperren. Ich gehe mal hierhin und mal dorthin. Übrigens habe ich mich dir noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Selma. Nunja, so nennen mich die Leute vom Nachbarhof. Manchmal bin ich dort drüben. Die Menschen nebenan sind sehr nett, viel freundlicher als mein Bauer, denn sie geben mir leckeres Futter. Ich lasse sie nicht sehr dicht an mich heran. Schließlich könnten auch sie auf dumme Gedanken kommen und mich in einen Kochtopf stecken wollen. Das weiß ich aber zu verhindern."

Puh, so viel Information auf einmal. Der Eule schwirrt schon der Kopf. Dann aber hat sie einen Gedankenblitz und fragt: "Wann ist denn dieser Tag, an dem euer Hoftier sein leckeres Futter bekommt?" - "Den Pansen?" Die Eule nickt. "Immer am Samstag. Als Belohnung dafür, daß der Hund so schön auf den Hof aufpaßt, wenn Bauer und Bäuerin ausgehen. Da bekommt er die schläfrigmachende Speise. Das aber wissen die Bauersleute nicht, sonst würden sie Toto, so heißt unser Hund, wohl nicht alleine lassen. Oder doch?" Selma überlegt, ob es vielleicht Absicht ist, daß Toto am Samstag besonders ruhig gestellt wird. Wohl damit er nicht die ganze Nachbarschaft zusammenbellt."

Die Eule wartet noch immer auf die Antwort und gibt darum einen Laut von sich. Selma, das Huhn, wird aus ihren Gedanken gerissen. "Entschuldigung, was wolltest du gerade wissen? Ach ja, wann der Hund wieder seinen Pansen bekommt. Du hast Glück, heute ist so ein Tag. Ich hoffe doch, du willst ihm nicht wieder alles wegfressen. Denn dann ist es aus mit unserer Freiheit." Da räuspert sich die Eule und sagt: "Nun, ich will nicht unverschämt sein, aber ich möchte auf jeden Fall einen guten Happen abbekommen und auch ein kleines Stück für meine Glühwürmchenfreundin, wenn sie denn endlich wieder auftaucht."

"Gut", sagt Selma, das Huhn, "warte hier auf mich, ich werde dir Bescheid geben, wenn das Futter bereit steht." Während Selma davonflattert, fallen der Eule wieder die Augen zu. Es ist eben nicht Eulenart, am Tag zu wachen.

5. Juli 2008

Gute Nacht