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GUTE-NACHT/2561: Tygggy im Regenwurmtunnel (SB)


Tygggy Tausendfuß

Was für ein Wind tobt da oben über der Erde. Es gleicht schon eher einem heftigen Sturm. Das bekommen auch die Bewohner unter der Erdoberfläche mit. Hier zieht es durch sämtliche Röhrchen, die die Regenwürmer durch die Erde gefressen haben. Noch weit mehr aber kriecht die Kälte durch die Gänge, die Meister Maulwurf in das Erdreich gegraben hat. Die Wärme der letzten Tage hat ihn dazu verleitet, sich auf den Frühling zu freuen und schon einmal Hausputz zu halten. Oberhalb der Erde türmen sich die ersten braunen Haufen, und so manch ein Gartenfreund hat bereits mit Rechen und Schaufel versucht, der kleinen Erdhügel Herr zu werden.

In seiner winzigen Erdhöhle unter einem kleinen Kiesel bekommt auch Tygggy Tausendfuß die Kälte zu spüren. "Ist es denn schon wieder Winter? Ich dachte der Frühling hielte Einzug", überlegt der Gliederfüßer. Lange bleibt Tygggy Tausendfuß nie an einem Fleck. Immer wieder sucht er sich einen neuen Unterschlupf, dort wo es feucht ist und vielleicht auch ein bißchen wärmer als hier unter diesem Kiesel. Tygggy Tausendfuß hat kein Gepäck, das er von Ort zu Ort mit sich zu tragen hätte. Deshalb macht es ihm auch nicht viel aus, sein Heim zu verlassen. Er sucht sich alsbald einfach eine neue kleine Höhle. Dort wo er etwas Pflanzliches zu fressen findet verweilt er und zieht weiter, wenn alles verspeißt ist.

Auch jetzt verläßt Tygggy Tausendfuß seine letzte Heimstatt. "Autsch, was war denn das?" fragt sich Tygggy, hat er sich doch an dem kleinen Kiesel einen seiner Fühler gestoßen. Nun streicht der andere Fühler vorsichtig über den leicht angeschlagenen. Schon ist es wieder gut, auch wenn keiner da ist, der ein Liedchen singt, sowas wie "heile, heile Tausendfuß...".

Gleich um die Ecke hinter dem Kiesel gelangt Tygggy in eine Röhre, die von einem fetten Regenwurm geschaffen wurde. Diese Röhre ist für Tygggy so groß wie für einen kleinen Menschen ein Autotunnel. Denn Tygggy Tausendfuß ist sehr winzig. Seine Körperlänge ist kleiner als ein Zentimeter und das ist ungefähr so lang wie der Daumennagel eines Kindes breit ist. Schaut man sich Tygggy Tausendfuß an, der zu den Zwergfüßern gehört, ist sein Körper vielleicht so dick wie ein fester Zwirnsfaden. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, wenn in der Erde bebuddelt und das Untere nach oben geholt wird, daß Tygggy Tausendfuß verborgen bleibt. Wer von den Riesen achtet schon auf so einen unscheinbaren Kerl. Dennoch ist er da und ist als Zwergfüßer bald zehnmal größer als sein Bruder der Wenigfüßer. Dieser Tausendfüßer wird grad einmal einen Millimeter lang. Das ist ungefähr so viel wie ein Punkt, der mit einem Bleistift gesetzt wurde oder so groß wie ein unscheinbares Staubkorn.

Etwas unheimlich fühlt sich Tygggy Tausendfuß in diesem Regenwurmtunnel. Denn nicht nur er bewegt sich hier entlang. Auch der Braune Steinläufer und der Erdläufer sind hier anzutreffen. Diese Hundertfüßer besitzen Giftdrüsen mit denen sie durch einen Biß ihre Opfer lähmen. Obwohl sie eher kleiner sind als die meisten Regenwürmer, greifen sie diese doch an und machen neben anderen Insekten regelrecht Jagd auf die kleinen Lieblinge so mancher Gärtner.

Tygggy Tausendfuß weiß nichts von den Menschen. Er ist noch niemals in seinem leben über dem Erdboden gewesen. Dort oben, das scheint eine andere Welt für ihn. Dort ist es hell und deshalb wird es Tygggy niemals dort hinziehen. Denn Zwergfüßer sind ein lichtscheues Völkchen.

Schnell die Beinchen bewegt, um vorwärts zu kommen. Sobald sich ein kleiner Nebengang zeigt, krabbelt Tygggy Tausendfuß hinein und sucht sich einen Schlupfwinkel, um es sich hier gemütlich zu machen. Zur Gemütlichkeit zählt für Tygggy auch etwas Leckeres, an dem er sich laben kann. Tygggy findet was er sucht, seine Fühler weisen ihm den Weg.


Gute Nacht,
ihr gesättigten Kleinen in den kuscheligen Betten.
Gute Nacht,
Tygggy Tausendfuß -
du winziger Pflanzenfresser unter der Erde.

22. Februar 2008

Gute Nacht