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GUTE-NACHT/2541: Maulwurf Hans und die Schatten (SB)


Der Maulwurf, der sich verirrte (2)

Am Morgen hatte die Maulwürfin Gerlinde ihren Maulwurfsmann an die frische Luft geschickt. Gerlinde wollte den Sommerhausputz erledigen. Am Nachmittag war sie fertig. Bis dahin hatte sie sich keine Gedanken um Hans, ihren Mann, gemacht. Jetzt rief sie ihn. Doch nichts war von ihm zu hören oder zu sehen. "Na, ich werde mal einen kleinen Würmerkuchen backen und eine Erdmilch dazu bereiten. Das riecht er bestimmt mit seiner guten Nase, und dann können wir es uns gemütlich machen in unserem schön geputzten Heim. Nachdem Gerlinde damit fertig war und auch schon den Tisch gedeckt hatte, rief sie noch einmal nach Hans. Doch auch dieses Mal hörte er nicht und kam auch nicht nach Hause. Jetzt machte sich Gerlinde doch ein paar Sorgen. Aber sie tröstete sich mit dem Gedanken: "Noch nie ist Hans nach dem Abendrot nach Hause gekommen. Bevor die Sonne untergeht, ist er sicher wieder hier." Aber ganz so sicher war sich Gerlinde dann doch nicht.

Das Abendrot kam und die Sonne ging am Horizont unter. Jedoch noch immer war keine Spur von Hans zu entdecken. Gerlinde setzte sich auf den von Hans aufgeworfenen Maulwurfshügel, zog ihr Taschentuch hervor und trocknete sich ein paar Tränen. "Wo kann Hans nur sein? Hat er sich verlaufen, aber er kennt sich doch so gut aus hier in der Gegend." Lange saß sie da und wartete, ob Hans nach Hause kommen würde. Dann überlegte sie, ob Hans vielleicht weggelaufen war? War sie denn so herzlos zu ihm gewesen? Hatte er sich vielleicht eine andere Behausung gesucht, weil sie immer schimpfte, wenn er Erde vom Maulwurfshügel auf den Tisch krümelte? Mit diesen Gedanken nickte Gerlinde auf dem Maulwurfshügel unter dem Sternenhimmel ein.

Was aber war mit Hans an diesem Morgen geschehen? Er wollte nur einen kleinen Spaziergang machen. Leider hatte er seine Brille vergessen! So spazierte er aufs geradewohl los. Längst hatte er die Hängeweide, unter der sein Maulwurfshaufen war, hinter sich gelassen. Sein Weg führte ihn über große flache Steine hinweg und an einer Mauer entlang. Plötzlich hörte er ein Schnurren. Dann fiel ein dunkler Schatten über ihn. War das vielleicht so ein großes Tier, das sie Cat oder Katz' nannten? Maulwurf Hans versuchte sich zu verstecken, er wollte sich ein Erdloch graben, aber zwischen den flachen Steinen war einfach kein Platz, um sich in die Erde zu vergraben. Dann hörte Hans ein viel lauteres Geräusch als das Schnurren des Schattens. Dieses zweite Geräusch kam immer näher. Es schien, daß der Schatten von diesem zweiten Geräusch aufgeschreckt wurde und zu fliehen begann. Das zweite Geräusch kam zwar näher, aber war auch schnell wieder an Hans vorbei. Hans Herz schlug heftig.

Der kleine Maulwurf verkroch sich in eine steinige Ecke. Er drückte sich an die Häuserwand und gegen die flachen Steine des Bodens. Hier gab es kein Entrinnen durch das Erdreich, wie er es sonst gewöhnt war. Hans dachte nach. Dann hörte er erneut ein Geräusch: "Knall." Und weitere Geräusche: "Tapp, tapp, tapp ..." Jetzt kam ein größerer Schatten als alle vorherigen über ihn. Dieser Schatten nahm ihn hoch und trug ihn mit sich fort. Hans verlor etwas von seinem Herzklopfen, denn der Schatten strich vorsichtig über sein Fell. Das war beruhigend. "Warum habe ich nur meine Brille nicht dabei?" ärgerte sich Hans ...

Wo ist Hans nur gelandet?
Und wie wird es ihm weiter ergehen.
Was macht Gerlinde?
Das erfahrt ihr, wenn ihr jetzt erst
einmal schlaft.


Erstveröffentlichung am 29. Juli 1998

30. Januar 2008

Gute Nacht