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GUTE-NACHT/2404: Miranda im Spiegel (SB)


Nachdem es auf dem Flur ganz still geworden ist und Miranda sicher sein kann, daß sie jetzt nicht mehr gestört wird, holt sie das kleine grünliche Wesen aus ihrer Spielzeugkiste wieder hervor. Arim ist in einen Waschlappen gewickelt, der ihm als Badehandtuch dient. Seine Kleidung hängt über der Heizung, denn Miranda hatte sie eben erst gewaschen. Die nassen Sachen kann Arim natürlich nicht anziehen. Miranda überlegt, was sie Arim anstelle seiner eigenen Kleidung geben kann. Da erinnert sie, was Mama vorhin fragte: "Hast du Kens Sachen gewaschen?"

Arim hat wirklich die gleiche Kleidergröße wie Ken, Barbies bester Freund. Zur Zeit wohnen Ken und Barbie in einem Schuhkarton unter dem Kleiderschrank. Diesen Karton zieht Miranda hervor und reicht Arim einige Kleidungsstücke daraus. Während Arim sich anzieht, sucht Miranda nach ihrem Spiegel. Diesen hält sie Arim hin. "Gefällst du dir?" Doch Arim ist entsetzt. War hier denn noch so ein kleines Wesen wie er selber? Arim blickt um den Spiegel herum. Doch da ist niemand. Arim betastet die Spiegelfläche. "Kannst du ihn nicht herauslassen?" fragt Arim.

Miranda erklärt Arim, daß außer ihm kein weiteres fremdes Wesen hier erschienen ist. Arim aber kann es gar nicht glauben. Arim wird sogar zornig, denn er glaubt, Miranda wolle das andere fremde Wesen eingesperrt lassen.

Eigentlich dürfte Miranda das jetzt gar nicht tun. Aber wie kann sie sonst Arim zeigen, daß niemand in dem Spiegel eingesperrt ist, außer daß sie den Spiegel zerschlägt. Damit sie keinen Ärger der Scherben wegen erhält, legt sie den Spiegel in ihren Papierkorb aus Plastik und sucht nach etwas Schwerem, das sie darauf fallen lassen kann. Der dicke Stein am Fenster, den sie letztes Jahr im Urlaub gefunden hat, wird wohl gerade richtig zum Zertrümmern des Spiegels sein.

Miranda blickt über den Rand des Papierkorbs und schaut nun in ihr eigenes Gesicht. Den Stein schon in der Hand und in die Höhe gehoben, hat sie eine Idee. Sie legt den Stein zurück und nimmt Arim in die Hand. Der strampelt und wettert. Denn er glaubt, er solle jetzt selber eingesperrt werden. Dann aber sieht er neben dem fremden Wesen nun auch Mirandas Gesicht. Er blickt von dem Spiegelbild zu Miranda und wieder in den Papierkorb. Dieser Anblick verschlägt ihm die Sprache. Miranda setzt Arim zurück auf den Teppich und holt den Spiegel, der noch immer in einem Stück ist, wieder aus dem Papierkorb. Ein Zertrümmern des Spiegels wird wohl jetzt nicht mehr nötig sein. Darüber ist Miranda froh. Sie stellt den Spiegel wieder vor Arim auf. Noch einmal geht Arim um diesen Spiegel herum. Er schaut sogar von der Seite in den Spiegel hinein, so daß er nur seinen Kopf oder nur eine Hand zu sehen bekommt.

"Keiner drin?" sagt Arim und es klingt wie eine Feststellung und eine Frage zugleich. "Keiner drin", wiederholt Miranda und gibt Arim zu verstehen, daß dieses Bild nur ihn selber zeigt. Damit er dies auch wirklich versteht, zeigt Miranda auf das Bild, das sie gleich nach der ersten Begegnung mit Arim von ihrem neuen Freund gezeichnet hat. Dann nimmt sie einen Stift und malt Arim gleich noch einmal daneben. Jetzt viel deutlicher und mit Farbe. Dann erklärt sie Arim, daß die Zeichnung sein Abbild zeigt und die Figur im Spiegel sein Spiegelbild ist.

Für Arim ist das alles sehr verwirrend. Das läßt ihn müde werden. Miranda hebt ihn in das Puppenbett, das sie zuvor mit sauberen Tüchern neu ausgestattet hat. Dann legt sie sich wieder in ihr eigenes Bett, knipst die Nachttischlampe aus, so daß nur noch das Dimmerlicht den Raum etwas erhält und wünscht Arim dann eine Gute Nacht.

17. August 2007

Gute Nacht