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GUTE-NACHT/2384: Sockenfresserwilli und Kleiderschnippelliese (SB)


Heftig klatscht der Regen gegen die Fensterscheibe. Nele schaut traurig hinaus. Gern würde sie jetzt in ihrer Hängematte liegen und träumen. Oma Ella scheint Gedanken lesen zu können. Denn sie weiß, was Nele sich wünscht.

"Komm Nele, schau mal, was ich dir mitgebracht habe." Aus ihrer großen Tasche, die wer-weiß-wie schwer aussieht, taucht eine fette Plastiktüte auf. Mit einer Schere schneidet Oma Ella die verschweißte Tüte auf und holt ein Plastikschwimmbecken heraus. "Schau mal, unser neuer Swimmingpool", stellt Oma Ella klar. Eine passende Luftpumpe holt Oma Ella nun auch noch aus ihrer Tasche und beginnt den Pool aufzupumpen. Nach einer Weile fragt sie: "Löst du mich mal ab?"

Nele übernimmt die Aufgabe des Pumpens, während Oma Ella von einem Fenster zum anderen läuft, die ganze Wohnung entlang. Nele fragt sich, was Oma Ella denn vorhat. "Nicht schlapp werden", mahnt Oma Ella, "schließlich wollen wir den Pool doch auch noch voll Wasser bekommen." Jetzt weiß Nele Bescheid. Oma Ella will das Regenwasser auffangen. Nun übernimmt Oma Ella wieder das Pumpen und schon bald ist der Pool aufgebläht. "Hast du Gummistiefel und eine Regenjacke?" möchte Oma Ella wissen. Sie selbst hat beides gerade angezogen. "Du könntest natürlich auch im Adams- und Evakostüm mit in den Garten kommen. Aber ich weiß nicht, ob deine Mama damit einverstanden wäre. Am Ende würdest du dir noch eine Erkältung holen, und das wollen wir ja nicht gerade in deinen ersten Ferien."

Nele hat selbstverständlich eine Regenjacke und bunte Gummistiefel. Beides zieht sie schnell an. Dann tragen die beiden den Pool hinaus in den Garten. Oma Ella hat bereits von den Fenstern der Wohnung aus, den besten Platz ausgesucht. "Bist du damit einverstanden, wenn wir den Pool hier hinstellen?" fragt sie Nele. Genau vor die Rutsche möchte Oma Ella den Pool plazieren. "Wenn ich dir Wasser auf die Rutsche kippe, kannst du genau in den Pool rutschen! Aber du wirst auch noch etwas unter den Po legen müssen, damit du gut rutschen kannst. Eine Rutsche funktioniert nur, wenn sie richtig trocken oder gut von Wasser bespült wird. Aber das bekommen wir schon hin. Jetzt aber ab in die gute Stube."

Richtige Pfützen entstehen im Flur, als Oma Ella und Nele ihre Regenjacken und die Stiefel ausziehen. Sogleich ist Minka, Neles Katze, zur Stelle und schleckt probehalber an dem kleinen See. Schnell läßt sie wieder davon ab. Ein Schüsselchen Milch ist ihr doch lieber.

Oma Ella findet, daß auch Nele jetzt ein Glas Milch vertragen kann. "Milch mit Honig, das beugt Erkältung vor", rät Oma Ella und setzt einen Topf mit Milch auf. Minka bekommt sofort ihr Schüsselchen Milch hingestellt.

Nach dem kleinen Umtrunk regnet es draußen noch immer. Die Frage "Was jetzt?" taucht aber gar nicht erst auf. Denn Oma Ella hat, als sie nach dem Putzlumpen in der Besenkammer suchte, eine riesige Plastiktüte mit den verschiedensten Socken gefunden. "Weißt du, warum deine Mama die Socken in einer Plastiktüte sammelt?" fragt Oma Ella. Doch noch bevor Nele etwas antworten kann, hat Oma auch schon selbst eine Antwort parat. "Wahrscheinlich geht bei euch der Sockenfresserwilli um. Das ist ein ganz gewitzter kleiner Kerl. Der bringt es fertig, daß man immer nur eine Socke wiederfindet. Hat man dann die andere Socke in die Altkleidersammlung gesteckt oder in den Müll geschmissen, taucht plötzlich die erste Socke wieder auf. Da tut deine Mama gut daran, wenn sie alle ersten Socken aufhebt. Manchmal tauchen dann nämlich auch die zweiten Socken in der Sockentüte wieder auf. Den Sockenfresserwilli gibt es übrigens schon sehr sehr lange."

Neles Augen leuchten: "Dann hab ich den Fresserwilli auch schon mal gesehen. Er hat mal in Mamas Rock unten einfach ein Loch geschnitten." - "Pst!" flüstert Oma, "das war nicht der Sockenfresserwilli. Das war sicher die Kleiderschnippelliese. Die ist übrigens sehr selten. Da paß bloß immer gut auf, daß sie nicht in deine Lieblingssachen schneidet." Nele überlegt: "Wie kann ich das verhindern?" Oma weiß Rat: "Leg deine liebsten Sachen immer schön in deinen Schrank oder deine Wäschekommode, laß nur die Sachen draußen, die dir zu klein sind oder die du gar nicht magst. Sollst mal sehen, wenn die Schnippelliese das mitbekommt, dann ist sie schnell wieder fort."

Nele überlegt, ob sie vielleicht gar nicht möchte, daß die Schnippelliese und der Fresserwilli verschwinden. Wäre es nicht schön, die beiden einmal kennenzulernen? Doch ein bißchen Angst hat Nele schon vor den beiden.

Oma Ella sieht Neles Grübeln. "Mach dir keine Sorgen. Es ist jetzt nur wichtig, dem Sockenfresserwilli ein Schnippchen zu schlagen. Jetzt wo auch er weiß, wo Mama die Socken versteckt hält, wird er sie sich wieder schnappen wollen, um sie verschwinden zu lassen. Aber da weiß ich Rat. Kennst du meine zweite olympische Disziplin, die ich dem Sportverein "Frauen für Olympia", in dem ich den Vorsitz hatte, vorgeschlagen habe?"

Nele schüttelt den Kopf. "Es war das Sockenfassen! Ich habe es entwickelt, weil auch mir damals der Sockenfresserwilli eine Menge Kummer bereitete." Nele ist neugierig, welche Sportart hatte sich Oma gegen den Fresserwilli ausgedacht?

Oma und Nele setzen sich dazu auf das Sofa. Nun nimmt Oma die Tüte mit den Socken und schüttet den gesamten Inhalt zwischen ihnen beiden aus. "Die Regeln sind einfach", erklärt Oma, "jeder findet die passenden zwei Socken und steckt sie ineinander. Denn sobald zwei passende Socken zusammenstecken, kann der Sockenfresserwilli sie nicht mehr an sich nehmen. Das ist wie ein Bann. Wichtig ist aber, daß die Socken wirklich zusammengehören. Wenn du nun den Startschuß gibst, sammeln wir alle passenden Paare ein und häufen sie hinter uns an. Mal sehen wer von uns diesmal gewinnt. Ich gebe dir noch einen Tip. Nimm zuerst die Paare, die du von der Farbe her am besten zusortieren kannst. Die passenden schwarzen und weißen Socken sind nämlich am schwierigsten herauszufinden. Ach, wichtig ist auch, die Socken zu finden und nicht zu suchen!"

Was das nun wieder bedeuten soll, weiß Nele auch nicht. Aber sie klatscht in die Hände und schon geht die Runde los. Nele findet eine Socke nach der nächsten. Sie braucht gar nicht zu suchen. Vielleicht ist das ja das Geheimnis des Sockenfassens?

24. Juli 2007

Gute Nacht