Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2254: Faschingsausklang, aufgeflogener Schwindel (SB)


Das alte Schulhaus im Februar

Gerupfter Paradiesvogel und begossener Baum


Sonne ist für die nächsten zwei Tage nicht angesagt. Der Himmel bleibt mit grauen Wolken verhangen. Wind ist ihr steter Begleiter. Er schüttelt die Bäume, die Büsche und die Hecken kräftig durch, als wolle er noch die letzten losen oder brüchigen Zweige von den Bäumen herunterholen, damit die neuen Zweige austreiben und die Knospen der Blätter und Blüten endlich aufbrechen können. Der kleine Holunderzweig, dessen große Mutter eines Tages im letzten Jahr einfach vom Wind umgeknickt wurde und der nur diesen kleinen Trieb zurückließ, zeigt schon neue Blätter.


*


Am Bau neben der alten Schule geht es heute weiter auf dem Dach. Nein, es wird kein Flachdach wie vermutet. Einige Schreiner stellen heute die Spitze, das Dachgebälk, auf. Weiter hinten auf dem Weg kommen zwei Fahrräder mit dicken Paketen auf den Gepäckträgern angefahren. Motte und Floh sind wieder unterwegs, Zeitungen auszuteilen. Sie sind froh, daß es gerade nicht regnet. Im Vorbeifahren an dem im Rohbau befindlichen Haus wundern sie sich doch, wie schnell ein Haus fertig werden kann.

"Wenn keiner in dem Haus ist, würde ich gerne mal hinein- schleichen und schauen, wie sie es da drinnen aufgeteilt haben", wünscht sich Floh. "Nachher fällt uns da drinnen noch irgendwas auf den Kopf", ängstigt sich Motte, die lieber nur davon träumt, mit Floh zusammen in ein Haus zu ziehen - keiner sonst soll dort wohnen, nur die beiden Freundinnen mit ihren Tieren. Ob die Tiere sich verstehen werden? Motte liebt Katzen, Floh dagegen Hunde. Eine Springmaus und eine weiße Ratte gibt es auch noch. Aber es ist ja vorerst nur ein Traum. Schließlich werden die beiden Mädchen erst in sechs Jahren achtzehn. Vorher können sie ihren Plan von der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus nicht in die Tat umsetzen.

"Tritt in die Pedalen", feuert Floh Motte an, "dann haben wir nachher bei mir noch ein bißchen Zeit, uns zu schminken." Das erinnert Motte an den gestrigen Nachmittag. Denkt sie daran, würde sie am liebsten im Boden versinken. Sie waren beide auf der Faschingsfeier von Flohs Ballettgruppe. Floh hatte Motte heimlich mitgebracht. Diese war so verkleidet, daß sie nicht erkannt wurde. Alles ging gut. Doch dann kam die Preisverleihung. Das beste Kostüm sollte prämiert werden. Floh hätte fast den Preis gewonnen. Doch wenn ihr euch erinnert, der Wind hatte Floh die meisten ihrer Federn ihres Paradiesvogelkostüms weggeweht. So wirkte ihre Verkleidung etwas abgespeckt. Dagegen kam Motte in ihrem Baumkostüm besonders gut an. Das hatte Floh nicht vorhergesehen. Sie dachte, Motte als Baum zu verkleiden bliebe einfach ohne Folgen. Doch die folgten stehenden Fußes. Die Ballettlehrerin war mächtig sauer. Schließlich hätten einige andere Mädchen selbst gern ihre Freundinnen mitgebracht. So bekam Motte ihren erst zuerkannten Preis wieder abgenommen, als herauskam, wer sie eigentlich war.

Nun, das ist Konfetti von gestern. Floh als Paradiesvogel bekam von ihrer Lehrerin auch noch die letzten Federn gerupft und Motte stand in ihrem Baumkostüm da wie ein begossener Pudel oder ein bepinkelter Baum. Dagegen freuten sich die anderen Feiergäste, daß nun auch sie noch einmal die Chance auf den Faschingspreis bekamen. Bevor dieser vergeben wurde, zogen sich Motte und Floh lieber zurück.

Doch heute lachen die beiden nur noch über ihren eigentlich fast gelungenen Faschingsscherz. Schon längst haben sie den Bauplatz hinter sich gelassen und sind auch an der alten Schule längst vorbei gefahren. Von der Bushaltestelle aus sind die beiden Mädchen auf ihren Fahrrädern nur noch als kleine Punkte auszumachen.


Gute Nacht