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GUTE-NACHT/2211: Wenn der Sturm an den Dachziegeln rüttelt (SB)


In dem alten Schulhaus geht es heute eifrig zu. Da wird nicht etwa gelernt. Nein, Kinder gehen hier schon längst nicht mehr zum Unterricht. Aus dem Schulhaus ist ein ganz normales Wohnhaus geworden.

Eifrig sind die Bewohner des Hauses. Der Sturm hat in der vergangenen Nacht viele Ziegeln im Dach verschoben und sogar einige herabgerissen. Auf der einen Seite fielen die Ziegeln auf den weichen Rasen und sind heil geblieben. Die Ziegeln aber, die auf den Hof fielen, sind zerbrochen.

Vater und Mutter sind nun dabei, das Dach wieder zu schließen. Denn sonst würde der Regen leichtes Spiel haben, in das Haus einzudringen. Während Vater die Ziegeln geradeschiebt und noch vom Dachdecken übrig gebliebene Ziegeln einsetzt, räumt Mutter den schmalen Gang des Dachbodens frei, den sie voll mit Kisten voller Spielsachen und alten Kleidungsstücken gestellt hat.

"Es wird wirklich Zeit, mich von vielen alten Sachen zu trennen", denkt Mutter, "schließlich kann ich nicht jedes Mal den ganzen Boden leerräumen, wenn der Sturm sich mal wieder einen Spaß daraus macht, ein paar Dachziegeln zu verschieben." Was aber soll sie fortwerfen. Irgendwie ist alles zu schade. Die Anziehsachen sind noch gut und wenn bald vielleicht Enkel ins Haus kommen, sind alle froh, die vielen Kleidungsstücke zu haben und nicht ständig neue kaufen zu müssen. Schließlich wachsen die Kinder zuerst aus ihren Strampelhöschen und später aus ihren Jeans schnell heraus.

Genauso ist es mit den Spielsachen. Mutter schaut sich um, wieviele Kisten da verstaut stehen. Von Bauklötzen angefangen bis zum Fahrrad ist alles vorhanden. Weiter hinten stehen auch zwei große Kästen mit Kuscheltieren. Wenn sich Mutter nicht irrt, ist darin sogar noch ein alter Teddybär, der ihr selbst einst gehört hat. Der arme Kerl ist schon über 40 Jahre alt und hat jetzt schon so einige Jährchen in diesen Kartons zwischen anderen Kuscheltieren zugebracht. Ein bißchen wehmütig überlegt Mutter, ob sie den Teddy nicht einmal herausholen sollte. Doch sie hat keine Zeit. Vater ruft schon von der anderen Seite des Dachbodens herüber, ob denn der Gang jetzt freigeräumt ist. "Ja", ruft Mutter zurück, "du kannst die Ziegel wieder richten. Es ist die selbe, die sich schon einmal verschoben hat."

Da es jetzt im Winter so früh dunkel wird, beschließt Mutter, das Zurückräumen der Kisten auf morgen zu vertagen. Bis dahin kann sie sich auch noch einmal überlegen, ob sie die Kleidungsstücke doch lieber zum Altkleidercontainer bringt und die Spielsachen dem Kindergarten oder einer anderen Einrichtung schenkt. In Gedanken sieht sie viele der hier oben verstauten Spielsachen vor sich.

Vater reißt Mutter aus ihren Gedanken: "Sag mal, wollen wir uns nicht langsam mal von all den alten Sachen trennen? Die Kisten stehen hier doch eh nur herum und keiner wird die Klamotten je wieder anziehen. Auch die Spielsachen brauchen die Kinder nicht mehr. Am besten wir bestellen einen Container und schmeißen alles hinein." Damit ist Mutter gar nicht einverstanden. "Vertagen wir diese Entscheidung auf morgen!" schlägt Vater vor, "doch unternehmen sollten wir auf jeden Fall etwas!"


Gute Nacht