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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/416: Iran-Report Nr. 8 - August 2018


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2018
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Austritt der USA und der Wiedereinführung von Wirtschaftssanktionen droht das Atomabkommen zu scheitern. Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch die Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung sind in weite Ferne gerückt. Über den Kurs des Landes, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Schicksal Rohanis und seiner Regierung ungewiss
• Chatami: Wir sind um hundert Jahre zurückgefallen
• Bonyadi: Putin und Assad werden uns opfern
• Acht IS-Anhänger hingerichtet
• 11 Mitglieder der Revolutionsgarden getötet
• Niknam darf wieder als Stadtrat arbeiten
• Iraner laut Twitter-Umfrage für politischen Generationswechsel
• Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt
• Amir-Entesam gestorben
• Mehrheit der Frauen lehnt Kleidungsvorschriften ab
• Zugang von Frauen zu Stadien soll erlaubt werden
• Hausarrest gegen Mussavi, Rahnaward und Karrubi soll aufgehoben werden


SCHICKSAL ROHANIS UND SEINER REGIERUNG UNGEWISS

Nach dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen und der Ankündigung Washingtons, harte Sanktionen gegen Iran zu verhängen, hat sich die wirtschaftliche Lage des Landes spürbar verschlechtert. Die Folge ist eine Schwächung der Regierung von Hassan Rohani, der nach der Vereinbarung des Atomabkommens einen wirtschaftlichen Aufschwung angekündigt hatte. Die Gegner der Regierung, Konservative und Hardliner, wittern ihre Chance, die Regierung übernehmen zu können.

Am 25. Juni erklärte General Yahya Rahim Safawi, militärischer Berater des Revolutionsführers Ali Chamenei, vor einer Versammlung von Militärs mit Blick auf die wirtschaftliche Krise: "Manchmal scheint es, dass das Land sich ohne eine Regierung besser führen lässt." Safawi ist ehemaliger Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden. Er hatte bereits zuvor kritisiert, Iran habe Probleme bei der Regierungsbildung.

"Die Leute wenden sich an die Ämter, die ihre Probleme nicht lösen können. Das steigert die Unzufriedenheit, welche von der Konterrevolution sofort ausgenutzt wird", sagte der General. Gegenwärtig sei die Regierung nicht in der Lage, die wirtschaftlichen und kulturellen Probleme zu lösen. Auf die Frage, was Chamenei zu den Vorgängen um das Atomabkommen meine, sagte Safawi, der Revolutionsführer sei von Anfang an skeptisch gegenüber Verhandlungen mit den USA gewesen. Das habe er auch öffentlich gesagt. Dennoch habe er aus Treue zur Verfassung der Regierung erlaubt zu verhandeln. "Wenn nun die Regierung einen Irrweg gegangen ist, kann man dem Revolutionsführer keinen Vorwurf machen. Schließlich ist die Regierung vom Volk gewählt worden", sagte der General.

Am 27. Juni wurde ein von 187 Abgeordneten unterzeichneter offener Brief an Präsident Rohani veröffentlicht, in dem die Unterzeichner mit Hinweis auf die wirtschaftliche Lage, die Streiks der Kaufleute im Basar in Teheran und anderen Städten und die steigende Unzufriedenheit im Land, eine sofortige Umbildung des Kabinetts forderten. Die Leistung der für die Wirtschaft zuständigen Minister und Beamten sei "äußerst schwach", eine neue Dynamik sei notwendig, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen, hieß es in dem Brief.

Rohani versuchte die Lage zu beruhigen. Auf einer Veranstaltung der Justiz in Teheran sagte er am 26. Juni die "Schwarzmalerei" und "Verbreitung von Ängsten" hätten bei der Bevölkerung Sorgen um ihre Zukunft ausgelöst. "Heute erkläre ich in Gegenwart der Verantwortlichen für die Justiz, die Menschen werden keinerlei Probleme haben, um ihre täglichen notwendigen Bedürfnisse zu erfüllen." Doch diese Beteuerungen hinderten die Hardliner nicht daran, sogar den Rücktritt des Regierungschefs zu fordern.

Am 27. Juni sagte Rohani vor einer Versammlung von hochrangigen Regierungsvertretern: "Falls jemand glaubt, dass diese Regierung unter Druck zurücktreten wird, begeht er einen großen Fehler. (...) Wir werden uns nicht vor dem Druck der USA beugen, wir werden unsere nationale und historische Würde bewahren." Zugleich betonte er: "Wir sind bereit, mit denen, die seit Jahren auf uns Druck ausüben, Gespräche zu führen, und wenn sie gute Absichten haben mit ihnen Vereinbarungen zu treffen."

Es gebe im Umgang mit "Feinden" drei Möglichkeiten, sagte der Regierungschef. Entweder Kapitulation; doch das werde kein vernünftiger Iraner, der sein Land liebt, akzeptieren. "Oder wir leisten Widerstand gegen die USA und setzen gleichzeitig im Innern unsere Auseinandersetzungen und Konflikte fort." Aber auch dies käme in der gegenwärtigen Lage nicht in Frage. "Die dritte Möglichkeit wäre, Widerstand zu leisten, zusammenhalten, die Ansprüche zu mindern und sie den Realitäten anzupassen und gemeinsam die Probleme zu bewältigen. (...) Wenn wir diesen Weg beschreiten, werde ich mich vor allen Fraktionen beugen, selbst vor denen, die die Regierung schwer beleidigt haben. Ich werde ihre Hände küssen."

Am 30. Juni berichteten die Medien, eine Reihe von Abgeordneten sei dabei, einen Misstrauensantrag gegen Rohani vorzubereiten. Die Agentur Tasnim, die den Ultras nahesteht, schrieb, der Abgeordnete Dschalal Mahmudsadeh sei der Initiator des Antrags. Dessen Worten zufolge hätte der Antrag bereits vor zwei Monaten gestellt werden sollen, doch nach einem Gespräch mit dem Parlamentspräsidenten Ali Laridschani sei man übereingekommen, damit noch eine Weile zu warten. Nun seien der drastische Fall der nationalen Währung und der Streik des Basars Anlass genug, um den Antrag zu stellen. In dem Antrag werden dem Staatspräsidenten unter anderem vorgeworfen: "Unfähigkeit, das Land zu verwalten, Beleidigung juristischer und revolutionärer Instanzen, Schwäche in der Außenpolitik, auch im Bezug auf das Atomabkommen, Einsatz von verdächtigen Personen mit anrüchiger Vergangenheit als Berater, Preisgabe von Geheimnissen der Wirtschaft und Finanzen."

Sollte es Rohani nicht gelingen, das Atomabkommen zu retten und die Wirtschaft in Schwung zu bringen, wird er sich wohl kaum bis zum Ende seiner Amtszeit halten können. Die nächsten Wochen und Monate werden für sein Schicksal entscheidend sein. Rohani versucht immer wieder durch Appelle die Menschen zur Unterstützung der Regierung zu bewegen. Das Volk solle einheitlich gegen die Feindschaft der USA Widerstand leisten, sagte er am 14. Juli. "Wir dürfen uns jetzt von dieser Politik und dem ausgeübten Druck nicht einschüchtern lassen", sagte er. So wie in der Zeit der Revolution müsse das Volk zusammenhalten und sich gegen äußere Feinde wehren.

Doch solche Appelle werden eher als Zeichen der Schwäche gedeutet. Daher vermuteten politische Beobachter, dass auf einer vom Revolutionsführer Ali Chamenei einberufenen Krisensitzung Rohani möglicherweise zum Rücktritt aufgefordert werden würde. Dazu kam es aber nicht. Chamenei erteilte dem Präsidenten und den anwesenden Mitgliedern des Kabinetts Anweisungen zur Überwindung der Wirtschaftskrise. Die Attacken der USA müssten mit aller Kraft neutralisiert werden, sagte er. "Das Land ist fähig, die Probleme zu überwinden, wenn die Verantwortlichen, unterstützt von der Bevölkerung, unermüdlich Tag und Nacht arbeiten würden."


CHATAMI: WIR SIND UM HUNDERT JAHRE ZURÜCKGEFALLEN

Der frühere Präsident Mohammad Chatami, der als Vater der Reformbewegung in der Islamischen Republik gilt, sagte auf einer Versammlung am 7. Juli in Teheran: "Wir sind in Bezug auf Demokratie und soziale Gerechtigkeit um hundert Jahre zurückgefallen. (...) Wir haben es nicht vermocht, den Kampf gegen Korruption und für Gerechtigkeit als unser Hauptanliegen zu organisieren." Die Korruption habe sich weit verbreitet und sowohl Konservative als auch Reformer erfasst.

Chatami kritisierte auch die Reformer und sagte, die dringendste Aufgabe sei "die Rettung Irans" und die Abwendung von Gefahren, die das Land bedrohten. Dafür müssten die Reformer mit allen, "die dieses Land lieben", kooperieren. Chatami, der von 1997 bis 2005 an der Spitze der Regierung stand, gehört immer noch zu den populärsten Politikern des Landes. Als sich um die Jahreswende eine Protestwelle im ganzen Land ausbreitete, machte er sowohl die Konservativen als auch die Reformer für die zunehmende Unzufriedenheit in der Bevölkerung verantwortlich. Zugleich appellierte er an die Demonstranten, den Rahmen der Legalität und der Gesetze nicht zu verlassen, was bei den Protestierenden viel Unmut auslöste.

Weiter sagte Chatami, vor hundert Jahren habe eine islamische Instanz sich dafür eingesetzt, dass Christen, Juden und die Anhänger Zarathustras ihre Abgeordneten ins Parlament schickten, während heute einem Zarathustrer im Namen der Islamischen Republik die Mitgliedschaft im Stadtrat verweigert werde.

Chatami wird, seitdem er 2009 die Proteste gegen die Wiederwahl des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad unterstützte, von den Konservativen angefeindet. Seit einigen Jahren ist es den Medien verboten, Fotos von ihm zu veröffentlichen. Auch öffentliche Auftritte sind ihm untersagt, was er nicht selten ignoriert.


BONYADI: PUTIN UND ASSAD WERDEN UNS OPFERN

Der Abgeordnete Behrus Bonyadi hielt am 27. Juni eine ungewöhnlich kritische Rede. Er warnte vor der Gefahr des "Zerfalls" des Landes und kritisierte die Nähe zu Russland und Syrien. "Das sind Länder, die uns am Ende für ihre Interessen opfern werden", sagte er. "Es wird nicht lange dauern, bis Putin und Assad im Einklang mit Netanjahu und Trump uns in den Rücken fallen werden."

Ein Großteil der Importe und der Ausgaben von Devisen werde Iran durch Russland und China aufgezwungen, sagte Bonyadi. Das Ergebnis sei Verbreitung von Armut und Vertrauensverlust in der Bevölkerung. Der Abgeordnete beklagte, dass "Korruption, Verbreitung des Verderbens in der Verwaltung, Armut, Vetternwirtschaft, Prostitution, Lug und Trug, Missbrauch von Kindern an den Schulen und Koranschulen, Verkauf von Nieren und hundert andere beschämende Fakten zu Beginn der Revolution nicht denkbar gewesen wären." Dennoch würden protestierende Studenten, Lehrer, Anwälte und Arbeiter als Lakaien der Feinde bezeichnet, obwohl im 21. Jahrhundert jedem klar sein sollte, dass das Verbot von Kritik und der Glaube, selbst makellos zu sein, zwangsläufig zu Despotie, Alleinherrschaft und Verderben führten. Die polizeistaatliche Atmosphäre, die Willkür der Justiz, das Verbot von Kritik und die Einmischung in das Privatleben der Menschen seien unüberhörbare Warnsignale. Gerichtet an den Revolutionsführer sagte Bonyadi: "Hören Sie, bevor es zu spät ist, die Klagerufe der unschuldigen Menschen, die vierzig Jahre lang die Probleme des Landes erduldet haben. Tun Sie etwas für diese Menschen. Begnügen Sie sich nicht mit hohlen Versprechungen."

"Warum muss ein Land, das dringend Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Dollar benötigt, um gegen Armut, Hunger und Arbeitslosigkeit vorzugehen, hohe Summen in anderen Ländern einsetzen? Warum müssen wir ständig in Angst vor Krieg und Sanktionen leben?", fragte Bonyadi weiter. Er kritisierte, dass jene, die "unendlich viele Fehler begangen haben, Immunität genießen, während andere, die sich für ihr Land eingesetzt und im Volk beliebt sind, unter Hauarrest leben müssen oder ihnen verboten wird, öffentlich aufzutreten. (...) Diese von Hass und Neid getragene Politik bleibt den Blicken der Menschen im Land nicht verborgen." Gemeint sind damit wohl die Politiker Mehdi Karrubi, Mir Hossein Mussavi und seine Frau Sahra Rahnaward, die 2009 die Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad unterstützt hatten und sich daher seit mehr als sieben Jahren unter Hausarrest befinden sowie der ehemalige Präsident Mohammad Chatami, der aus demselben Grund seit Jahren Auftrittsverbot hat.


ACHT IS-ANHÄNGER HINGERICHTET

Die Justiz gab am 7. Juli bekannt, dass die Todesurteile gegen acht Personen, die am 7. Juni 2017 das Parlament und das Chomeini-Mausoleum in Teheran gestürmt hatten, "gemäß den religiösen und rechtlichen Normen" vollstreckt worden seien. Den Medien zufolge wurden die Beschuldigten in einem Gefängnis der Hauptstadt aufgehängt. Die Staatsanwaltschaft betonte, dass die Betreffenden mit den Haupttätern in Verbindung standen.

Bei den Anschlägen waren 17 Personen getötet worden. Mehr als 50 Personen wurden verletzt. Die Verantwortung für das Verbrechen hatte der sogenannte Islamische Staat (IS) übernommen. Fünf der Täter waren bei den Anschlägen ums Leben gekommen.


11 MITGLIEDER DER REVOLUTIONSGARDEN GETÖTET

Den Angaben von Resa Mirsai, Chef der Sicherheitsorgane der Provinz Kurdistan, zufolge sind bei etwa zweistündigen Gefechten im Grenzgebiet zum Irak, nahe der Stadt Mariwan 11 Mitglieder der Revolutionsgarden und acht Sicherheitsbeamte getötet worden. Demnach hätten "Terroristen" mitten in der Nacht versucht in das iranische Territorium einzudringen. Auch ein Stützpunkt der Garden veröffentlichte eine Erklärung, in der es heißt, die Grenzwache der Garden sei angegriffen und das Waffendepot in Brand gesteckt worden. Es habe Explosionen gegeben. Dabei seien einige der Angreifer getötet worden. Anderen sei es gelungen, zu fliehen. Sicherheitsorgane machten die kurdische Gruppe PJAK für den Angriff verantwortlich. Die militante Gruppe, die in Iran verboten ist, kämpft für eine Autonomie der Kurden in Iran. Sie steht mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK in Verbindung.


NIKNAM DARF WIEDER ALS STADTRAT ARBEITEN

Der Schlichtungsrat, der sich immer einschaltet, wenn es zwischen dem Parlament und dem Wächterrat Differenzen gibt, hat zugunsten des Stadtratsmitglieds Sepanta Niknam entschieden. Der 32-Jährige zarathustrischen Glaubens war in der vergangenen Wahlperiode in den Stadtrat von Jasd in Zentraliran gewählt und im vergangenen Jahr wiedergewählt worden. Dagegen protestierte jedoch der unterlegene muslimische Hardliner Asghar Bagheri mit Hinweis auf die religiöse Zugehörigkeit Niknams beim Wächterrat. Ratsvorsitzender Ahmad Dschannati, der ebenso wie Bagheri zu den Hardlinern gezählt wird, gab Bagheri Recht. Ein Nichtmuslim könne nicht für Muslime Entscheidungen treffen, erklärte er. Dieser Ansicht folgten die anderen Mitglieder des Rats und sprachen Niknam das Recht ab, sein Mandat anzunehmen. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass ein Nichtmuslim in einer Gemeinde, deren Mitglieder mehrheitlich Muslime seien, nicht Mitglied des Gemeinderats sein könne. Dies würde der Verfassung der Islamischen Republik widersprechen.

Dieses Urteil des Wächterrats löste sowohl in der Bevölkerung als auch im Parlament scharfe Proteste aus. Die Abgeordneten verabschiedeten ein Gesetz, wonach auch Angehörige religiöser Minderheiten Mitglied von Gemeinderäten sein können. Der Wächterrat lehnte dieses Gesetz ab. Die nun erfolgte Entscheidung des Schlichtungsrats ist ein Sieg für die Reformer. Niknam konnte seine Arbeit im Stadtrat wieder aufnehmen.


IRANER LAUT TWITTER-UMFRAGE FÜR POLITISCHEN GENERATIONSWECHSEL

Einem Bericht der dpa vom 9. Juli zufolge stimmten mehr als 60 Prozent der Iranerinnen und Iraner in einer Umfrage, die vom Berater von Präsident Rohani, Hesamaddih Aschna, auf Twitter initiiert wurde, für einen politischen Generationswechsel. Auf die Frage von Aschna welche Politiker bevorzugt würden - jüngere ohne ausreichende Erfahrung oder etablierte Ältere mit guten Ruf - gaben 61 Prozent den Jüngeren den Vorzug, 35 Prozent stimmten für Politiker im mittleren Alter und nur 3 Prozent für Ältere, die bereits etabliert sind.

Zwar ist eine solche Umfrage nicht aussagekräftig genug, um daraus konkrete Schlüsse zu ziehen. Aber betrachtet man die Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung jünger als 30 Jahre alt ist und dass die jungen Menschen mehrheitlich auf der Suche nach Lebensweisen sind, die den etablierten Greisen nicht gefallen können, dann kann man annehmen, dass die Umfrage die Stimmung im Land widerspiegelt.


GESETZ ZUM SCHUTZ VON FRAUEN VOR GEWALT

Seit Monaten wird in der Islamischen Republik über eine Gesetzesvorlage gestritten, die Frauen vor Gewalt in der Familie schützen soll. Sie liege zur Überprüfung bei der Justiz, sagte die Parlamentsabgeordnete Tayebeh Siawaschi. Offenbar gebe es dort Gegner dieses Gesetzes.

Das Gesetz sieht Strafmaßnahmen vor gegen Personen, die Frauen gegenüber Gewalt ausüben. Neu ist, dass es dabei nicht nur um physische Gewalt geht, sondern auch um "psychische, emotionale, verbale und wirtschaftliche Gewalt". Einige Abgeordnete forderten eine rasche Entscheidung über das Gesetz. Siawaschi sagte, alle Instanzen, die um eine Stellungnahme gebeten wurden, hätten sich inzwischen zu der Vorlage geäußert. Es fehle allein die Stellungnahme des Justizchefs Sadegh Laridschani.

Wie immer bei solchen sensiblen sozialen und kulturellen Themen stehen sich das Lager der Hardliner und Konservativen und das der Reformer und Gemäßigten konfrontativ gegenüber.

Neuen Zündstoff für eine heftige Debatte lieferte Sahra Ayatollahi, Vorsitzende des Kultur- und Sozialrats für Frauen und Familien. In einem Artikel in der rechts orientierten Tageszeitung Kayhan schrieb sie, das Gesetz würde den Frieden in der Familie stören, den Frauen die Gelegenheit geben, ihre häuslichen Pflichten zu vernachlässigen und die Stellung der Männer als Verwalter der Familie gefährden. Ferner würden mit dem Gesetz Frauen vor Gewalt von Männern in Schutz genommen, nicht jedoch Männer vor Aggressionen von Frauen.

Ayatollahi warf den Initiatoren der Vorlage vor, dem Westen nachzuahmen und Ziele anzustreben, die den Grundsätzen des Islam widersprächen. Eine Legalisierung der Abtreibung, Missachtung des Familienzusammenhalts, Unterstützung von Prostituierten, gehörten zu dieser Sichtweise. In Schweden zum Beispiel seien mehr als die Hälfte der Kinder, die im vergangenen Jahrzehnt geboren wurden, unehelich, sagte sie. Mehr als 50 Prozent der Ehen würden geschieden. "Die Erfahrung lehrt, dass der beste Schutz für Frauen durch eigene Männer gewährleistet wird", betonte Ayatollahi.

Scharfe Kritik gegen den Artikel übte Parwaneh Salahschuri, Vorsitzende der Frauenfraktion im islamischen Parlament. "Wenn ich ihre Äußerungen lese, kommt es mir vor als stehe dahinter ein Mann, ein brutaler Macho", sagte sie. "Was soll eine Frau tun, wenn der Mann, der Vater oder der Bruder gegen sie Gewalt anwenden, wenn sie gar dazu gezwungen wird, sich auf der Straße zu verkaufen?"

Einer vor zwei Jahren durchgeführten Umfrage zufolge, werden verheiratete Frauen mindestens einmal von ihren Männern geschlagen. Vor allem Frauen, die finanziell von ihren Männern abhängig sind, oder solche, die aus ideologischen oder vermeintlich religiösen Gründen die Dominanz der Männer akzeptieren, sehen der Umfrage zufolge keine andere Möglichkeit, als auch Gewalt zu erdulden.

Die für Frauen und Familie zuständige Vizepräsidentin Masumeh Ebtekar, sagte in einer Stellungnahme zu dem Artikel von Aytollahi, die Äußerungen seien zum Teil "beleidigend" und basierten auf falsche Behauptungen. Das Gesetz übernehme nicht westliche Wertvorstellungen, sondern richte sich nach Grundsätzen des Islam. Dutzende Experten, Richter und Theologen hätten die Vorlage überprüft. Nun müsse die Justiz dazu Stellung nehmen. Laut Tayebeh Siawaschi fordert die Justiz, 41 der 100 Artikel der Vorlage zu streichen.


AMIR-ENTESAM GESTORBEN

Am 12. Juli verstarb der ehemalige Vize-Ministerpräsident und Regierungssprecher Abbas Amir-Entesam im Alter von 86 Jahren an einem Herzstillstand. Er war der Politiker in der Islamischen Republik, der am längsten im Gefängnis festgehalten wurde.

Als Entesam während seiner Zeit als iranischer Botschafter in Schweden zum Bericht in die Heimat reiste, wurde er unter dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Geheimdienst CIA festgenommen und anschließend von einem Revolutionsgericht zum Tode verurteilt. Später wurde das Urteil auf lebenslänglich herabgestuft. Vor einigen Jahren wurde er wegen schwerer Krankheit aus der Haft entlassen, stand aber in seinem Haus unter Beobachtung.

Seine Festnahme fand 1979 im Zuge der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger in Teheran statt. Die Besetzer der Botschaft behaupteten, in der Botschaft Dokumente gefunden zu haben, die die Spionagetätigkeit Entesams belegten. Er und auch der damalige Ministerpräsident Mehdi Basargan bestritten den Vorwurf. Tatsächlich bestand der eigentliche Grund für die Verurteilung darin, dass Entesam das Vorhaben Ayatollah Chomeinis und seiner Weggefährten vehement ablehnte, statt einer Verfassungsgebenden Versammlung, einen so genannten Expertenrat zu bilden, dem nur Geistliche angehörten. Es ging also um die Frage, ob der künftige Staat ein säkularer oder ein islamischer Staat sein sollte. Die neuen Machthaber setzten ihren Plan unter Ausschaltung ihrer Gegner durch. Auch Ministerpräsident Basargan und seine Regierung wurden davongejagt. Damit waren die Hürden für die Gründung eines islamischen Staates beseitigt.


MEHRHEIT DER FRAUEN LEHNT KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN AB

Eine Studie des iranischen Parlaments gelangt zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der iranischen Frauen die islamischen Kleidungsvorschriften ablehnt. Demzufolge hat die Zahl der Frauen, die die Kleidungsvorschriften sowie die Bestrafung von Frauen, die diese Vorschriften missachten, für notwendig halten, in den vergangenen 40 Jahren der Islamischen Republik stark abgenommen. Während im Revolutionsjahr 1979 rund 50 Prozent der Frauen die Kleidungsvorschriften für notwendig erachteten, stimmen heute nur noch 25 Prozent der Frauen den Vorschriften zu. Und nur noch vierzig Prozent der Frauen meinen, dass Missachtung dieser Vorschriften geahndet werden sollte.

Der Studie zufolge hat die Zahl der Frauen, die die Kleidungsvorschriften ignorieren sowohl in den Großstädten als auch in der Provinz zugenommen. Kürzlich erklärte Irans Oberstaatsanwalt Mohammad Dschafari, "in den Bereichen Kultur und Kleidungsvorschriften kommen wir mit Strafmaßnahmen nicht weiter. Polizeiaktionen und gerichtliche Verfolgungen haben nichts gebracht und nur unserem Ruf im Ausland geschadet. Wir müssen friedlichere und sanftere Wege suchen."

In den vergangenen Monaten haben zahlreiche Frauen demonstrativ gegen das Kopftuch protestiert, indem sie auf öffentlichen Plätzen ihr Kopftuch abnahmen. Revolutionsführer Ali Chamenei bezeichnete die Aktion als "erbärmlich". Einige Frauen wurden festgenommen und mit Gefängnis und Peitschenschlägen bestraft.


ZUGANG VON FRAUEN ZU STADIEN SOLL ERLAUBT WERDEN

Irans Präsident Hassan Rohani hat laut Medien in einem Schreiben Sportminister Massud Soltanifar angewiesen, den Zugang von Frauen zu den Stadien zu ermöglichen. Politische Beobachter vermuten, dass nun, nach all den Jahren kontroverser Diskussionen, vor allem auch innerhalb des Klerus, ein Konsens erreicht worden ist. Ein Sprecher des erzkonservativen Wächterrats sagte, es sei nicht mehr vernünftig, das "strikte Verbot" aufrechtzuerhalten. Nun sollen exklusive Tribünen für Frauen den Streit zwischen Konservativen und Reformern beenden.


HAUSARREST GEGEN MUSSAVI, RAHNAWARD UND KARRUBI SOLL AUFGEHOBEN WERDEN

Wie das Internetportal Ensaf News am 28. Juli unter Berufung auf Mohammad Hossein Karrubi, Sohn von Mehdi Karrubi, berichtete, soll der Hausarrest gegen die beiden führenden Oppositionspolitiker Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussavi und dessen Frau Sahra Rahnaward demnächst aufgehoben werden. "Eine sichere Quelle" habe dem Sohn von Karrubi mitgeteilt, dass der Nationale Sicherheitsrat beschlossen habe, den Hausarrest zu beenden. Nun müsse nur noch Revolutionsführer Ali Chamenei innerhalb der nächsten zehn Tage dem Beschluss zustimmen.

Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats ist Präsident Hassan Rohani. Doch laut der Verfassung der Islamischen Republik können Beschlüsse des Rats nur mit Zustimmung des Revolutionsführers umgesetzt werden.

Zudem berichtete das Internetportal Dschamaran, auch die dem früheren Präsidenten Mohammad Chatami auferlegten Einschränkungen sollen aufgehoben werden. Chatami ist es verboten worden, öffentlich aufzutreten. Auch den Medien ist es untersagt, Fotos von oder Interviews mit ihm zu veröffentlichen.

Karrubi und Mussavi, sowie dessen Frau Sahra Rahnaward, befinden sich seit mehr als sieben Jahren unter Hausarrest. Sie gehörten zu führenden Politikern der "Grünen Bewegung", die 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad landesweite Proteste organisierte, die brutal niedergeschlagen wurde. Auch Chatami hatte mit dieser Bewegung sympathisiert. Die verhängten Strafen gegen sie wurden nicht von einem Gericht, sondern angeblich vom Nationalen Sicherheitsrat beschlossen.

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KULTUR

• Nach Kopftuch-Aktion folgt Tanz-Aktion
• Mehr als 30 Millionen Nutzer umgehen Internetverbote
• Schamlus Grab für Besucher gesperrt


NACH KOPFTUCH-AKTION FOLGT TANZ-AKTION

Etwa vor zwei Monaten wurden Presseberichten zufolge die Videos von Tänzerinnen und Tänzern, die auf Instagram zu sehen waren, verboten. Dazu wurden auch die Namen von drei Frauen genant. Doch aus den Berichten ging nicht hervor, ob diese Frauen in Haft genommen wurden oder nicht. Am 6. Juli wurde im staatlichen Fernsehen in der Reihe "Abwege" ein Film gezeigt, in dem mindestens zwei Frauen, deren Gesichter man nicht sehen konnte, im Kreuzfeuer der Kritik standen. Sie sollten Geständnisse ablegen und Reue üben. Eine Frau erklärte weinend: "Ich tanze nur für mich. Ich wusste nicht, dass Tanzen strafbar ist. Ich habe keine Tanzschule besucht und habe mit niemandem zusammengearbeitet."

Die andere Frau sagte, sie habe nicht für das Tanzen werben wollen. Erst nachdem sie gemerkt habe, dass ihr Tanz Anhänger gefunden habe, habe sie weitergemacht. Es war nicht klar, wann der Film aufgenommen wurde und ob die Frauen sich in Haft befanden.

Bei einer der Frauen handelte es sich offenbar um die 17-jährige Maedeh Hojabri. Sie hatte hunderte Videos auf Instagram gestellt, in denen sie zu iranischen Popliedern tanzte. Die Videos wurden rasch verbreitet. Hojabri behauptet 600 000 Follower zu haben. Nach ihrer Verhaftung fand sie zahlreiche Nachahmerinnen, die sich aus Protest tanzend im Internet präsentierten. Eine der Frauen, die tanzend im schwarzen Kleid zu sehen ist, sagt: "Ich tanze, damit man sieht und begreift, dass man mit der Festnahme von jungen Frauen uns die Freude und Lust am Leben und die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht nehmen kann."

Die vermeintlich reuigen Frauen in dem Fernsehbericht lösten heftige Proteste aus. Präsidentenberater Hessamaddin Aschna, der auch als Vertreter des Präsidenten im Kontrollgremium für Fernsehen und Rundfunk sitzt, kritisierte, Filme über Personen, die sich in einer besonderen Lage befinden, wie im Krankenhaus, im Gefängnis oder in Haft, dürften nur mit Zustimmung der betroffenen Person und der Justiz gesendet werden. Tausende User brachten ihr Entsetzen über den Fernsehfilm zum Ausdruck.

Mohammad Hossein Randschbaran, Koordinator des Fernsehens, nahm zu der immer lauter werdende Kritik Stellung. Der Film sei von der Polizei erstellt worden und die darin auftretenden Personen würden gerichtlich verfolgt. Es sei auch Wunsch der Bevölkerung gewesen, dass der Film ausgestrahlt wird. Das Fernsehen sei verpflichtet, diesen Wunsch zu akzeptieren. Zudem habe die Justiz darauf bestanden, dass der Film gezeigt wird.

Die Webseite Kalameh forderte das staatliche Fernsehen auf, sich bei der Bevölkerung wegen Veröffentlichung "erzwungener Geständnisse" zu entschuldigen. Die Vorsitzende der Frauenfraktion im islamischen Parlament, Parwaneh Salahschuri, sagte am 11. Juli: "In manchen Teilen des Landes haben die Menschen wegen Wassermangels kein Trinkwasser, es gibt zahlreiche Korruptionsskandale (...) anstatt sich mit diesen Problemen zu befassen, kümmert man sich um den Tanz einer Tänzerin." Das Land befinde sich in einer kritischen Phase, die USA drohten mit Sanktionen, man solle sich lieber auf diese Probleme konzentrieren und nicht noch mehr Spannung erzeugen. Weiter sagte Salahschuri: "Wir fordern von den Herrschaften, die im Land solche Entscheidungen treffen, endlich den Unterschied zwischen ihrer und der jetzigen Generation zu begreifen." Zudem solle man mit solchen Szenen im Fernsehen nicht feindlichen Medien im Ausland weitere Handhabe liefern, die nur darauf warten, ein falsches Bild von der Islamischen Republik zu zeichnen.

Am 16. Juli erklärte das Kontrollgremium des Fernsehens, es gebe vom Ausland gelenkte Aktivitäten, durch die versucht werden solle, in den Medien abwegige und moralisch verwerfliche Videos zu verbreiten. Das Kontrollgremium sehe sich verpflichtet, die Bevölkerung über diese Machenschaften aufzuklären. Damit solle ein rationaler und professioneller Umgang mit derlei Aktivitäten unterstützt werden. Im Bezug auf die jüngst ausgestrahlte Dokumentation in der Reihe "Abwege" sei zu bemerken, dass die Dokumentation ohne Absprache mit der Justiz ausgestrahlt worden sei. Das Gremium habe dem Sender die nötigen Anweisungen erteilt.

Der Sprecher der Justiz, Mohssen Ejehi, der zugleich Vorsitzender des Kontrollgremiums ist, erklärte, Frau Hojabri habe "nicht einmal eine Nacht" in der Haft verbracht. Im Übrigen seien in der Dokumentation weder die Namen der Frauen noch ihre Gesichter kenntlich gemacht worden. Daher gebe es gegen die Sendung nichts zu beanstanden.


MEHR ALS 30 MILLIONEN NUTZER UMGEHEN INTERNETVERBOTE

Vize-Generalstaatsanwalt Abdolsama Chorramabadi erklärte laut einer Meldung der dpa vom 14. Juli, mehr als 30 Millionen Iraner missachteten Internetverbote. Sie gelangten durch einen so genannten VPN-Kanal vor allem zum Chatdienst Telegram, obwohl die Nutzung dieses Dienstes seit Mai streng verboten ist. Es sei nicht hinzunehmen, dass ein Verbot in diesem hohen Maße von den Bürgern missachtet werde. Die Verantwortung für dieses Vergehen liege nicht zuletzt beim Kommunikationsminister Mohammad Dschawad Asari, sagte Chorramabadi.

Asari, mit 36 Jahren jüngster Minister im Kabinett von Präsident Rohani, hält Internet-Verbote für absurd. Es sei im 21. Jahrhundert nicht möglich, den Zugang zu Informationen zu verbieten.

Dem iranischen Staat, in dem die Medien weitgehend unter staatlicher Kontrolle stehen, sind soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Telegram und Instagram mehr als ein Dorn im Auge. Sie bedrohen das gesamte System, vor allen dann, wenn sie bei landesweiten Protesten zur Mobilisierung der Massen benutzt werden. Auch ist es unerwünscht, dass Informationen über Vorgänge im Land, über die iranische Medien nicht berichten dürfen, durch ausländische Sender und Internetdienste verbreitet werden.

Am 4. Juli erklärte Hassan Rahimi, Staatsanwalt der Provinz Isfahan, laut der Agentur Isna, niemandem sei es erlaubt, das soziale Netzwerk Telegram zu nutzen. "Jeder, der sich zu diesem Netzwerk Zugang verschafft, macht sich strafbar", sagte er. Er warnte auch alle Ämter und Behörden, Agenturen und Redaktionen davor, das Netzwerk zu nutzen.

Telegram gehört zu den beliebtesten Nachrichtendiensten in Iran. Rohani und seine Regierungsmitglieder hatten immer wieder betont, dass sie sich für die Freigabe sozialer Netzwerke und des Internets einsetzen würden. Wörtlich sagte Rohani kürzlich, der Kommunikationsminister werde niemals die Filterung des Internets erlauben. Dass die Hardliner das Verbot dennoch durchgesetzt haben, gab vielen Bürgern Anlass, Rohani scharf zu kritisieren. Eine Gruppe von Anwälten warf dem Regierungschef vor, ihren Protest gegen das Verbot nicht unterstützt zu haben. Daraufhin twitterte Rohani: "Wenn die höchste Instanz des Staates (gemeint ist Revolutionsführer Ali Chamenei) entschieden hat, durch Filterung den Zugang der Bürger zu Informationen zu verhindern, muss dies öffentlich bekannt gegeben werden."

Demgegenüber erklärte der iranische Oberstaatsanwalt: "Die Justiz übernimmt die volle Verantwortung für das Verbot von Telegram. Die Unterstellung, der Revolutionsführer habe dies angeordnet, ist absolut falsch."


SCHAMLUS GRAB FÜR BESUCHER GESPERRT

Als Mitglieder des iranischen Schriftstellerverbands und andere Freunde und Bekannte zum 18. Todestag des großen iranischen Poeten Ahmad Schamlu das Grab des Verstorbenen besuchen wollten, wurden sie von Sicherheitsbeamten und Polizeikräften daran gehindert. Augenzeugen berichteten, dass einigen Besuchern Kameras und Handys weggenommen wurden. Demnach gab es auch Verhaftungen einiger Mitglieder des Verbands.

Schamlu ist trotz den langen Jahren, die seit seinem Tod vergangen sind, immer noch der populärste Dichter Irans. Er gehörte von Anbeginn der Islamischen Republik zu den kritischsten Gegnern des klerikalen Staates. Für diese kritische Haltung musste er viel Leid ertragen. Doch offenbar sind seine Gedichte von so großer Wirkung, dass die Machthaber in Iran auch nach achtzehn Jahren ihre Rachegefühle gegen ihn nicht ruhen lassen können.

Auch in den vergangenen Jahren wurden Besucher zu Schamlus Grab nicht zugelassen. Nicht selten wurde das Grab geschändet.

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WIRTSCHAFT

• Unternehmen ziehen sich aus Iran-Geschäft zurück
• Khadiri: Unser Land steht wegen Wassermangels am Rand des Abgrunds
• Türkei will auf Geschäfte mit Iran nicht verzichten
• Drastischer Fall des Rial
• Haschemi: Der Sturm von Sanktionen naht


UNTERNEHMEN ZIEHEN SICH AUS IRAN-GESCHÄFT ZURÜCK

Seit dem Rücktritt der USA aus dem Atomabkommen ziehen sich immer mehr westliche Unternehmen aus dem Iran-Geschäft zurück. Anfang Juli kündigte die holländische Fluggesellschaft KLM an, dass sie ihre Flüge nach Iran einstellen werde. Begründet wurde die Maßnahme mit wirtschaftlichen Argumenten. Eine Überprüfung habe ergeben, dass die finanziellen Aussichten der Flüge negativ seien, hieß es. Als Datum der Einstellung der Flüge wurde der 22. September genannt. KLM hatte erst nach dem Atomabkommen die Verbindung nach Iran wieder aufgenommen.

Auch die französische Containerschiff-Reederei CMA-CGM, die weltweit drittgrößte Rederei, kündigte mit Hinweis auf mögliche US-Sanktionen den Austritt aus den Geschäften mit Iran an. Einer Meldung der afp vom 8. Juli zufolge sagte Firmenchef Rodolphe Saadé bei einem Wirtschaftsforum in Aix-en-Provence, sein Unternehmen werde sich "wegen der Trump-Regierung" aus dem Iran-Geschäft zurückziehen. Auch CMA-CGM hatte nach dem Atomabkommen die Zusammenarbeit mit der iranischen Reederei Islamic Republic of Iran Shipping Lines aufgenommen.

Auch der französische Energiekonzern Total reagierte auf die Sanktionsdrohungen der USA. Firmenchef Patrick Pouyanné sagte am Rande des Wirtschaftsforums, da die USA nicht bereit gewesen seien, seinem Unternehmen eine Ausnahmegenehmigung für Iran-Geschäfte zu erteilen, bliebe ihm keine andere Wahl, als sich aus dem Land zurückzuziehen. Total hatte sich im Juli 2017 an einem 4,8 Milliarden Euro-Projekt zur Entwicklung des iranischen Gasfelds South Pars beteiligt, allerdings bisher erst 47 Millionen Euro investiert. Für ein Unternehmen, das mit Investitionen von jährlich 15 Milliarden Dollar in 130 Ländern tätig sei, seien 47 Millionen kein großer Verlust, sagte Pouyanné laut afp.


KHADIRI: UNSER LAND STEHT WEGEN WASSERMANGELS AM RAND DES ABGRUNDS

Der Parlamentsabgeordnete aus Buschehr, Abdolhamid Khadiri, sagte in einem Interview mit der Webseite Etemad am 6. Juli: "Früher haben wir einiges über Wasserkriege erzählt bekommen. Jetzt sind wir selbst Zeuge eines solchen Kriegs. Es entstehen Feindschaften zwischen den Regionen." Die Stadt Bushehr befindet sich im Süden des Landes am Persischen Golf. Es sei bedauerlich, dass es den arabischen Staaten, die mehr unter Trockenheit leiden, gelungen ist, die Wasserversorgung zu kontrollieren, "während wir mit dem Wasserproblem ringen. Unser Land steht wegen Wassermangels am Rand des Abgrunds". Die Provinz Buschehr sei von katastrophalem Wassermangel heimgesucht. In anderen südlichen Städten und Dörfern ist die Lage noch schlimmer. In manchen Gegenden gebe es "im wahrsten Sinn des Wortes kein Wasser", sagte Khadiri.

Medienberichten zufolge leidet die Stadt Abadan ebenso an Wassermangel. Es fehle vor allem an Trinkwasser. Seit Jahren schon warnen Experten vor Mangel an Wasserreserven in Iran und fordern die Bevölkerung auf, mit dem Wasser sparsam umzugehen. Große Teile des Landes leiden unter Wassermangel. In manchen Gegenden kommt es deshalb immer wieder zu Streitereien, Auseinandersetzungen und Streiks.

Hodschat Nasar, Mitglied des Teheraner Stadtrats, teilte laut der Agentur Ilna am 21. Juli mit, dass das Amt für Parks und Grünanlagen angewiesen worden sei, aufgrund des Wassermangels das Anpflanzen von Rasen in der Hauptstadt zu verbieten. Zudem soll die Bewässerung der Parkanlagen nur zu bestimmten Tageszeiten erfolgen, und zwar in der Frühe oder nach Sonnenuntergang. Schließlich forderte der Stadtrat, künftig sollen nur Blumen und Pflanzen zugelassen werden, die den klimatischen Verhältnissen der Stadt angepasst sind.

Seit Anfang Juli gibt es in der südlichen Provinz Chorramschahr Unruhen, gegen die laut Innenminister Abdulresa Rahmani Fasli Polizeikräfte mit Schusswaffen eingesetzt wurden. Grund der Proteste war der Mangel an Trinkwasser bei Temperaturen von mehr als 45 Grad Celsius. Es habe einen Verletzten aber keinen Toten gegeben, sagte der Minister, während Augenzeugen von mehreren Toten berichteten. Ähnliche Unruhen gab es am nächsten Tag in der Stadt Abadan.

Die Proteste wurden weiter angeheizt nachdem Gerüchte laut wurden, Iran versorge Kuwait und die irakische Provinz Basra mit Trinkwasser. Die Regierung dementierte den Export von Trinkwasser nach Kuwait, nicht aber den nach Basra. Tatsächlich gab es zu Zeiten der Regierung von Mohammad Chatami ein Abkommen zwischen Iran und Kuwait zur Lieferung von jährlich 220 Millionen Kubikmeter Wasser an Kuwait. Allerdings wurde dieses Abkommen nie vom Teheraner Parlament ratifiziert. Auch die für die Liefung vorgesehene Pipeline wurde nie gebaut. Anders als Kuwait verhält es sich mit Basra. Die irakische Provinz leidet schwer unter Wassermangel. Iran liefert zur Verbreitung seines Einflusses Wasser an die Provinz. Laut BBC versorgt Iran die Provinz seit 2009 jährlich mit 120 Tausend Kubikmeter Wasser, auch Trinkwasser. Das ist für eine Stadt mit 2,5 Millionen Einwohnern eine geringe Menge. Dennoch reicht sie, um den Zorn in der iranischen Bevölkerung zu steigern.

Grund des Wassermangels ist erstens eine Dürreperiode. Nach Angaben der UNO ist die derzeitige Dürre die schlimmste seit 30 Jahren. Davon sind laut iranischen Medien rund 97 Prozent des Landes mehr oder weniger betroffen. In vielen Gegenden sind Flüsse und Seen ausgetrocknet. Felder, die einst bebaut wurden, haben sich in Salzwüsten verwandelt. Viele Bauern sind ruiniert. Das liegt aber nicht nur an der Dürreperiode, sondern auch an Misswirtschaft und Korruption. Wasser, das für die Landwirtschaft benötigt werden würde, wurde für Industrieprojekte verwendet. Auch der Bau unsinniger Staudämme hat zu der Misere beigetragen. Daher richten sich die Proteste gegen die Regierung. Landwirte klagen, dass niemand sich um ihre Belange kümmert. Es ist davon auszugehen, dass sich die Proteste in nächster ausweiten werden. Zumal sich die Wirtschaftskrise, in der sich das Land befindet, mit den zu erwartenden zusätzlichen Sanktionen der USA gegen Iran erheblich verschärfen wird.


TÜRKEI WILL AUF GESCHÄFTE MIT IRAN NICHT VERZICHTEN

Am 20. Juli reiste eine US-Delegation in die Türkei, um mit der Regierung in Ankara über mögliche Auswirkungen von gegen Iran geplanten Sanktionen auf die türkische Wirtschaft zu verhandeln. Doch die Türkei lehnte es ab, ihre Wirtschaftsbeziehungen zu dem Nachbarland einzuschränken. Iran sei ein wichtiger Handelspartner und Energielieferant der Türkei, hieß es. Bereits in der Vergangenheit hatten US-Sanktionen gegen Iran zu teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen Ankara und Washington geführt. Wegen Verstößen gegen die Sanktionen wurde sogar gegen einen ehemaligen türkischen Wirtschaftsminister und mehrere Vertreter der Halkbank ein Prozess eröffnet.

Am 25. Juli erklärte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu, sein Land sei gegen die von den USA verhängten und geplanten Sanktionen. "Wir sehen uns nicht verpflichtet Sanktionen eines Landes gegen ein anderes Land zu akzeptieren, zumal wir diese für falsch halten", sagte der Minister auf einer Pressekonferenz in Ankara. "Wir haben der US-Delegation klar mitgeteilt, dass wir unseren Bedarf an Öl und Gas mit Importen aus Aserbaidschan, Iran, Russland und Irak decken. Wie sollten wir unseren Bedarf decken, wenn wir kein Öl aus Iran importieren würden?"

Auch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte, unabhängige Staaten würden nicht ihre Beziehungen zu den Nachbarländern kündigen, nur weil die USA dies wünschten.

Die Türkei bezieht nahezu ihren gesamten Bedarf an Öl und Gas aus dem Ausland. Allein aus Iran importierte sie in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres 22 Millionen Barrel Öl. Das ist mehr als die Hälfte des Rohöls, das die Türkei importiert. Zwischen der Türkei und den USA gibt es in jüngster Zeit mehrere Konflikte. Sollte sich nun die Türkei weiterhin weigern, die Sanktionen gegen Iran zu berücksichtigen, würden die Beziehungen zwischen Ankara und Washington noch größeren Belastungen ausgesetzt werden.


DRASTISCHER FALL DES RIAL

In den letzten Tagen des Juli erlebte die iranische Währung Rial einen drastischen Fall. Am 29. Juli musste man auf dem Schwarzen Devisenmarkt für einen Dollar 112.000 Rial bezahlen. Einen Tag zuvor lag der Preis für einen Dollar bei 98.000 Rial. Auch der von der Regierung offiziell festgelegte Wechselkurs stieg von 35.186 Rial zu Jahresbeginn auf 44.070 Rial je Dollar. Auch der Preis anderer ausländischer Währungen stieg an. Der Preis für einen Euro lag bei 125.000 Rial und für den Britischen Pfund bei mehr als 150.000 Rial.

Die iranische Zentralbank veröffentlichte zu der sprunghaften Teuerung der Devisen am 29. Juli eine Erklärung, in der es heißt, "die neuen Turbulenzen auf dem Devisen- und Goldmarkt stehen nicht in Relation zu den wirtschaftlichen Realitäten und tatsächlichen Wechselkursen. Sie wurden hauptsächlich verursacht durch Verschwörungen unserer Feinde, mit dem Ziel, unter der Bevölkerung Unruhe zu stiften." Die Vorgänge würden von der Bank genau beobachtet. Die Bank plane neue Maßnahmen, die in den nächsten Tagen bekannt gegeben würden.

Die Menschen sind sehr besorgt über die Folgen, die die von den USA angedrohten Sanktionen haben werden. Bereits im Juni war es in Teheran in der Nähe des Parlaments zu Auseinandersetzungen zwischen Protestlern und Ordnungskräften gekommen. Die ersten neuen Sanktionen sollen am 6. August in Kraft treten.

Indes gab der Sprecher der Justiz, Gholam Hossein Ejehi, die Festnahme von 29 Personen bekannt, denen "Störung des Marktes" vorgeworfen wurde. Gegen weitere Personen werde ermittelt, sagte Ejehi. Diese würden bald vor Gericht gestellt.

Mitten in der Währungs- und Wirtschaftskrise wurde der Chef der Zentralbank ersetzt. Abdolnasser Hemmati wurde am 25. Juli von der Regierung zum Nachfolger von Waliollah Seif ernannt. Rohani bezeichnete den neuen Bank-Chef als "hoch gebildeten und kenntnisreichen Mann, der über wertvolle Erfahrungen im Bankgeschäft verfügt". Rohani dankte bei der Kabinettssitzung Seif für seine Verdienste. Seif war fünf Jahre lang Chef der Zentralbank. Ihm konnte es nicht gelingen, die Talfahrt des Rials zu bremsen.

Hemmati ist 61 Jahre alt. Er war bis vor kurzem Chef eines großen Versicherungskonzerns. Zuvor war er Direktor der Sina Bank und der Bank Melli. Eigentlich sollte er Botschafter in Peking werden. Die wichtigste Aufgabe von Hemmati sei die "illegalen Geldinstitute" zu bekämpfen, sagte Rohani. Vor einigen Monaten hatte der Bankrott dieser Institute, die ohne Lizenz arbeiteten, den Verlust der Ersparnisse zahlreicher Anleger zur Folge gehabt, was zu heftigen Protesten führte. Die Sparer verlangten von der Regierung Entschädigung.


HASCHEMI: DER STURM VON SANKTIONEN NAHT

Hassan Haschemi, Minister für Gesundheit, sagte am 14. Juli laut einem Bericht der Agentur Isna: "Die Sache mit den Sanktionen ist ernst, wir müssen davon ausgehen, dass der Sturm immer näher rückt." Dies zu wissen sei wichtig, um Vorbereitungen zu treffen und darüber mit allen, die einen Ausweg bieten könnten, Gespräche zu führen. Bei einer Rede vor einer Versammlung von Lehrkräften der Medizinischen Fakultät der Teheraner Universität sagte Haschemi: "Ab November (Beginn der von den USA angekündigten zweiten Sanktionsrunde) wird die Lage besorgniserregend sein, dann werden Tage kommen, die wir befürchtet haben."

Das Gesundheitsministerium plane in den nächsten Monaten die Versorgung mit Medikamenten und medizinischen Geräten sicherzustellen. Dafür seien für die Zeit bis zum Juni nächsten Jahres Ausgaben von 205 Milliarden US-Dollar vorgesehen, die rational auf verschiedene Ressourcen verteilt würden.

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AUSSENPOLITIK

• Neuer Schlagabtausch zwischen Teheran und Washington
• Druck auf Europa steigt
• Trump schlägt Verhandlungen ohne Vorbedingungen vor
• Warnung an Deutschland
• Klage gegen die USA beim IGH eingereicht
• Strategische Beziehung zwischen Iran und Russland
• Verhältnis Iran-Israel
• Mutmaßlicher Anschlag in Paris vereitelt
• Zwei iranische Diplomaten aus Holland ausgewiesen
• Rohani besucht Schweiz und Österreich
• Mitgliedschaft in der Palermo-Konvention abgelehnt
• Japans Ministerpräsident sagt Iran-Besuch ab


NEUER SCHLAGABTAUSCH ZWISCHEN TEHERAN UND WASHINGTON

Bereits Ende Juni erhöhten die USA den Druck auf Iran. Das Finanzministerium widerrief am 27. Juni die nach dem Atomabkommen erteilte Genehmigung für den Export von Flugzeugteilen. Den betroffenen Unternehmen wurde eine Frist bis zum 6. August gesetzt, um ihre Geschäfte mit Iran einzustellen. Auch die Genehmigungen für den Handel mit Teppichen, Pistazien, Kaviar sowie für den Handel mit Öl sollen nach Angaben des Ministeriums demnächst aufgehoben werden.

Drei Tage später erklärte Irans Revolutionsführer Ali Chamenei, Ziel der USA sei es, durch den wirtschaftlichen Druck einen Keil zwischen das iranische Volk und den Staat zu schieben. "Die Amerikaner arbeiten mit den schändlichen Staaten in der Region (gemeint sind Saudi-Arabien und einige andere Staaten am Persischen Golf) zusammen, um Unruhe in Iran zu stiften und das Volk vom Staat zu trennen", sagte Chamenei vor einer Versammlung von Offizieren am 30. Juni. Dass die Amerikaner sich zu dieser Zusammenarbeit genötigt sehen, sei ein Beweis für die Stärke der Islamischen Republik. Diese Äußerungen des Revolutionsführers erfolgten wenige Tage nach den Protesten der Basar-Händler in Teheran und einigen anderen Städten. "Die Amerikaner sind dumm, denn sie wissen nicht, dass in Iran das Volk der Staat ist und umgekehrt." Mit Blick auf US-Präsident Donald Trump sagte Chamenei weiter: "Machen Sie sich keine Illusionen. Sechs US-Präsidenten vor Ihnen haben versucht die Islamische Republik in die Knie zu zwingen und sind gescheitert."

Währenddessen warnte Trump Iran davor, sein Atomprogramm wiederaufzunehmen. "Sollten sie es tun, werden sie ein sehr schweres Problem bekommen", sagte der Präsident. Am Rand des Nato-Gipfels in Helsinki sagte er, Iran leide unter den Sanktionen, die noch verstärkt werden würden. Das Land stehe vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Angesichts dieser Lage "werden sie mich an einem gewissen Punkt anrufen und sagen 'lass uns einen Deal machen' und wir werden einen Deal machen."

Iran reagierte scharf auf diese Äußerung. Falls Trump mit Iran verhandeln wolle, müsse er den ersten Schritt tun, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am 16. Juli. Es sei eher möglich, dass Trump eines Tages in Teheran anruft und um Verhandlungen bittet. Der außenpolitische Berater des Revolutionsführers Ali Welayati erklärte: "Iran ist an Verhandlungen mit den USA nicht interessiert."

Am 22. Juli warnte Irans Präsident Hassan Rohani die USA davor die Lage zu eskalieren. "Der Frieden mit Iran wäre die Mutter allen Friedens, und Krieg mit Iran die Mutter aller Schlachten", sagte er bei einer Rede vor iranischen Diplomaten, die im staatlichen Fernsehen live übertragen wurde. "Sie erklären Krieg und behaupten dann, das iranische Volk unterstützen zu wollen. Sie können nicht das iranische Volk aufhetzen, entgegen seiner eigenen Sicherheit und seiner eigenen Interessen." Sollten die USA versuchen das iranische Öl zu boykottieren, werde Iran die Straße von Hormus schließen (die Straße vom Hormus ist der wichtigste internationale Transportweg für Öl). "Wir haben immer die Sicherheit dieser Straße garantiert. (...) Spielen Sie nicht mit dem Schwanz des Löwen, Herr Trump, seien Sie vorsichtig", sagte Rohani. Wenige Tage später fügte er hinzu: "Wenn wir sagen, dass kein Öl aus den Ländern am Persischen Golf exportiert werden wird, sollte der Export des iranischen Öls verhindert werden, meinen wir nicht, dass wir allein die Straße von Hormus schließen würden. Es gibt noch andere Möglichkeiten, den Ölexport zu verhindern. Hormus ist nicht der einzige Transportweg. Es gibt noch andere", sagte Rohani.

Für diese Worte erhielt Rohani ein seltenes Lob des Revolutionsführers. Die Äußerung des Präsidenten, "sollte kein Öl aus Iran exportiert werden, wird auch aus keinem anderen Land am Persischen Golf Öl exportiert werden", sei bedeutend und entspreche der Position des gesamten Staates, sagte Chamenei am 21. Juli. Das Außenministerium sei verpflichtet, sich nach dieser Position des Präsidenten zu richten. Chamenei schloss Verhandlungen mit den USA aus. Man könne den Worten, selbst der Unterschrift der Amerikaner nicht vertrauen.

Unmittelbar nach den Äußerungen Rohanis kam die Reaktion aus den USA. "Bedrohen Sie niemals mehr die USA oder Sie werden Konsequenzen zu spüren bekommen, die nur wenige in der Geschichte jemals zu spüren bekommen haben", twitterte Trump in Großbuchstaben am 23. Juli. "Wir sind nicht mehr jener Staat, der Ihre verrückten Worte der Gewalt und des Todes duldet."

Auch US-Außenminister Mike Pompeo übte scharfe Attacken gegen Iran. "Iran wird von etwas geleitet, das der Mafia mehr ähnelt als einer Regierung", sagte er in einer Rede im kalifornischen Simi Valley vor einer Versammlung von Exil-Iranern. Rohani und sein Außenminister Sarif seien nichts anderes als "polierte Frontmänner für die internationale Trickbetrügerei scheinheiliger Ayatollahs, die sich mehr um Reichtum als um Religion sorgen." Die Führung in Teheran habe ihren Reichtum durch Korruption, Veruntreuung und illegale Geschäfte erlangt. "40 Jahre Raub des iranischen Volkes, terroristische Aktivitäten in der Region und brutale Unterdrückung des Volkes" sei die Bilanz der Islamischen Republik. Gerichtet an die anwesenden Iraner sagte Pompeo: "Sie stimmen mit mir überein, dass das Regime ein Albtraum für das iranische Volk darstellt. Nun ist es notwendig, dass die Meinungsunterschiede zwischen Ihnen Ihre einheitliche Position gegenüber diesem Regime nicht schwächt. Ich sage Ihnen heute Abend, dass die Hoffnung der Trump-Regierung dieselbe Hoffnung ist, die Sie für Ihr Volk haben. Diese Hoffnung wird ausgehend von den Aktivitäten und dem Beistand Gottes eines Tages in Erfüllung gehen", sagte der Außenminister. Gerichtet an das iranische Volk sagte er: "Die Vereinigten Staaten hören eure Rufe, die Vereinigten Staaten unterstützen euch, die Vereinigten Staaten sind mit euch. Die Führer des Staates, insbesondere jene, die wie Ghassem Soleimani an der Spitze der Revolutionsgarden stehen, werden die qualvollen Folgen ihres Handelns zu spüren bekommen. Wir fordern alle Staaten, die den zerstörerischen Aktivitäten der Islamischen Republik überdrüssig sind, auf, uns bei dem Druck gegen Iran zu unterstützen. Wir sind, so wie Präsident Trump bereits erklärt hat, bereit, mit Iran zu verhandeln. Doch der Druck auf Iran wird erst dann nachlassen, wenn in der iranischen Politik eine spürbare und dauerhafte Wende vollzogen wird."

Ziel der USA sei es, die Unzufriedenen und Protestierenden in Iran zu unterstützen. Geplant sei ein Fernseh- und Radiosender, der auch über das Internet zu empfangen sein werde. Man wolle den Iranern helfen, die Filterung von sozialen Netwerken zu umgehen, sagte Pompeo.

Wie die Agentur Reuters in einer Meldung unter Berufung auf US-Regierungsvertreter am 22. Juli berichtete, haben die USA eine Kampagne gestartet, um in Iran Unruhe zu stiften, die iranische Staatsführung zu denunzieren und die Probleme des Landes negativ darzustellen. Die Kampagne wird unterstützt von Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton. Auf Anfragen der Agentur beim Weißen Haus und dem Außenministerium habe es keine Reaktionen gegeben, berichtet Reuters. Nur ein Mitarbeiter des Außenministeriums habe erklärt: "Lassen Sie mich deutlich betonen, dass wir keinen Regimewechsel in Iran anstreben, sondern einen Wechsel der Politik und des Verhaltens des Regimes. Wir sind uns darüber bewusst, dass wir das Regime zu einem Punkt treiben, an dem es schwierige Entscheidungen treffen muss. Letztendlich werden sie sich entweder für einen Wechsel entscheiden oder sie werden es immer schwerer haben ihre bösen Machenschaften zu betreiben.

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif reagierte auf Trumps Verbalattacken mit den Worten "Sie sehen uns unbeeindruckt", wie er ebenso wie Trump in Großbuchstaben twitterte. "Uns gibt es seit Jahrtausenden und wir haben den Niedergang von Imperien gesehen, unser eigenes eingeschlossen, die länger währen als die Existenz mancher Länder. (...) Seien Sie vorsichtig."

"Die neuen Attacken Trumps sind leere Worte und bedürfen keiner Antwort", sagte Präsident Rohani. Aber der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte General Mohammad Bagheri warnte die USA mit den Worten: "Amerikanische Stützpunkte befinden sich in Reichweite der iranischen Verteidigungsmacht. Wir werden jede Androhung, auf welcher Ebene auch immer, mit der härtesten Reaktion beantworten."


DRUCK AUF EUROPA STEIGT

Offenbar besteht die US-Strategie darin, den Druck auf Iran soweit zu stärken, bis Teheran die Bedingungen der USA zu einem neuen Atomabkommen akzeptiert. Dazu ist es wohl notwendig, dass unter anderem auch die Staaten der EU diese Strategie akzeptieren. Das widerspricht aber den Interessen der EU-Staaten, die an lukrativen Geschäften mit Iran interessiert sind und zudem befürchten, dass eine weitere Eskalation der Lage im Nahen Osten die Sicherheit Europas in Gefahr bringen würde. Ein neuer Konflikt im Nahen Osten könnte auch eine neue Massenflucht nach Europa verursachen. Somit sind die Europäer bestrebt, die Probleme mit Iran auf diplomatischem Weg zu lösen, anstatt das Land unter Druck zu setzen und in die Isolation zu treiben. Daher halten die Europäer am Atomabkommen fest.

Dazu gehört auch der Ausbau des Handels mit Iran. So hofften die Europäer, von den USA Ausnahmegenehmigungen für den Handel europäischer Unternehmen mit Iran zu erhalten. Dieser Hoffnung erteilte Trump eine klare Absage. In einem Interview mit dem Sender Fox am 1. Juli sagte er, es werde keine Ausnahmegenehmigungen für europäische Unternehmen geben. Unternehmen, die die Sanktionen ignorierten, müssten mit Sanktionen rechnen.


TRUMP SCHLÄGT VERHANDLUNGEN OHNE VORBEDINGUNGEN VOR

Nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte im Weißen Haus am 24. Juli erklärte Präsident Trump: "Ich würde mich sicherlich mit Iran treffen, wenn sie sich treffen wollen. Ich weiß nicht, ob sie schon dazu bereit sind." Und er fügte hinzu: "Keine Vorbedingungen. (...) Ich bin jederzeit bereit, wann immer sie wollen. (...) Wir sind bereit zu einem wirklichen Deal, nicht diesen Deal, den die Vorgängerregierung abgeschlossen hat und der ein Desaster war. Wir werden sehen, was passiert." Ein gutes Abkommen wäre "gut für sie, gut für uns, gut für die Welt". Später sagte Trump: "Ich glaube an Treffen." Ein Treffen mit Iran würde ihm zufolge weder aus einer Position der Stärke erfolgen noch aus einer Position der Schwäche.

Sein Außenminister Pompeo fügte der Offerte des Präsidenten jedoch einige Bedingungen zu. Iran müsse eine "fundamentale Änderung" seiner Politik vornehmen, sowohl dem eigenen Volk gegenüber als auch in seinem "bösartigen Verhalten" gegenüber anderen Ländern in der Region. Zudem müsse Teheran einem Atomabkommen zustimmen, das jede Möglichkeit der atomaren Bewaffnung des Landes ausschließt.

Aus Teheran gab es unterschiedliche Reaktionen. Das Außenministerium lehnte Verhandlungen unter Drohungen ab. "Verhandlungen im Schatten von Drohungen (...), das können die Amerikaner vergessen", sagte Außenamtssprecher Ghassemi. Präsident Rohani forderte eine sachliche Reaktion. "Es wird viel geredet und man braucht jetzt auch nicht unbedingt jede Aussage zu kommentieren, besonders wenn sie absurd sind", sagte er am 25. Juli während einer Kabinettssitzung.

Ghassem Soleimani, Oberbefehlshaber der Al-Kuds-Brigade, einer Abteilung der Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist, warnte am 26. Juli vor einem Krieg, bei dem Washington "alles verlieren", Iran aber "alles gewinnen" würde. "Wir sind ein Land, das nach Märtyrertum lechzt (...) und so einem Land will Trump mit seinen Tweets Angst machen." Der US-Präsident verhalte sich wie ein "Casino- und Nachtclubbesitzer", sagte der General. "Ich kann euch bezwingen, Al-Kuds kann euch bezwingen. Es vergeht keine Nach, in der wir nicht an euch denken."

Weit versöhnlicher äußerte sich der Berater des Präsidenten Hamid Abutalebi. Voraussetzung für Verhandlungen wären die Rückkehr der USA zum Atomabkommen und die Rücknahme der Sanktionen. "Zurück zum Atomdeal, Ende der Feindseligkeiten und Respekt für das iranische Volk (...) dann könnte man den Weg ebnen, um aus dem jetzigen Dilemma herauszukommen", twitterte er am 31. Juli.


WARNUNG AN DEUTSCHLAND

Einem Bericht der AFP vom 29. Juli zufolge, haben prominente US-Republikaner die deutsche Bundesregierung davor gewarnt, Sanktionen gegen Iran zu unterlaufen. In einem Schreiben an die deutsche Botschaft in Washington, das unter anderem von den ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Ted Cruz und Marco Rubio unterzeichnet ist, wird betont, dass derartige Versuche als "besonders beunruhigend" betrachtet würden.

Ähnliche Schreiben haben, wie das Nachrichtenportal t-online berichtet, die britische und die französische Botschaft erhalten. Darin wird gedroht, der US-Kongress werde auf jeden Versuch den Sanktionen "auszuweichen oder sie zu untergraben" reagieren.


KLAGE GEGEN DIE USA BEIM IGH EINGEREICHT

Wie der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif am 16. Juli mitteilte, hat Iran beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine Klage gegen die Vereinigten Staaten eingereicht. Grund der Klage seien die einseitigen illegalen Sanktionen gegen Iran. Iran sei im Gegensatz zu den USA und ihrer "Verachtung für Diplomatie und rechtliche Verpflichtungen der Rechtsstaatlichkeit verpflichtet", twitterte der Minister. Offenbar seien die USA gewohnt, das Völkerrecht zu missachten. Dagegen müsse rechtlich vorgegangen werden.

Die Klage stützt sich auf einen 1955 zwischen Iran und den USA abgeschlossenen "Vertrag über Freundschaft, Wirtschaftsbeziehungen und Konsularrechte". Die USA hätten gegen diesen Vertrag verstoßen. Das Gericht muss sich nun mit der Klage befassen. Da es sich um eine vorläufige Entscheidung handelt, wird erwartet, dass das IGH binnen weniger Wochen eine Anhörung veranstalten wird. Iran hatte schon mehrmals gegen die USA beim IGH geklagt, zuletzt 2016 wegen Einfrierens iranischen Vermögens in Höhe von zwei Milliarden Dollar. Das Weltgericht wird sich am 8. Oktober mit dieser Klage befassen. Auch hier stützt sich Iran auf den Vertrag von 1955. Die USA argumentieren in diesem Fall, das Gericht sei nicht zuständig. Vermutlich werden sie auch bei der neuen Anklage dasselbe Argument vorbringen.

Am 27. Juli gab das IGH den Termin für die erste Sitzung des Gerichts bekannt. Demnach wird sich das Gericht von 27. bis 30. August mit dem Fall befassen. Die Mitteilung wurde den Außenministerien Irans und der USA zugestellt. Darin wird betont, dass die Beteiligten bis zum Gerichtstermin nichts unternehmen sollten, was ein Urteil des Gerichts wirkungslos machen würde. Daraus folgt nach iranischer Auffassung, dass die USA bis dahin keine Sanktionen gegen Iran verhängen dürfen.


STRATEGISCHE BEZIEHUNG ZWISCHEN IRAN UND RUSSLAND

Am 12. Juli reiste der außenpolitische Berater des Revolutionsführers und ehemaliger Außenminister Ali Akbar Welayati zu Gesprächen mit der russischen Führung nach Moskau. Bei seiner Ankunft in der russischen Hauptstadt sagte er, er habe Botschaften des Revolutionsführers Ali Chamenei und des Präsidenten Hassan Rohani im Gepäck, die er dem Russischen Präsidenten Wladimir Putin übergeben werde. Es ist bemerkenswert, dass nicht der Außenminister Mohammad Dschawad Sarif mit diesem sensiblen Besuch beauftragt wurde, sondern Welayati. Das war zweifellos ein Affront gegen die Regierung Rohani.

Welayati erklärte in Moskau, die gegenwärtige Lage in den USA mit Donald Trump an der Regierung mache eine größere Annäherung zwischen Teheran und Moskau erforderlich. Er begrüßte, dass die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in den vergangenen Jahren ausgebaut worden seien. Zudem kooperierten beiden Staaten erfolgreich in Syrien. Diese Kooperation und ihre Fortsetzung seien nur möglich durch eine strategische Beziehung zwischen Russland und Iran.

Laut Welyati soll Putin erklärt haben, Russland sei bereit, bis zu 50 Milliarden Dollar in die iranische Öl- und Gasindustrie zu investieren. "Das ist eine hohe Summe, sie kann Investitionen aus dem Westen ersetzen." Ob Welyati Putin tatsächlich richtig zitiert hat, bleibt ungewiss. Viele bezweifeln diese Angaben, zumal auch in den russischen Medien nichts darüber zu finden ist.

Nach dem Gespräch mit Putin sagte Welayati: "Entgegen den Gerüchten, die unsere Feinde verbreiten, hat Präsident Putin betont, dass Russland und Iran ihre Zusammenarbeit in Syrien und in der Region zur Unterstützung der legitimen Regierungen fortsetzen werden."

Diese Gerüchte tauchten auf, nachdem es in den letzten Monaten offensichtlich zu einer Annäherung zwischen Israel und Russland gekommen war. Vielleicht war es auch kein Zufall, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sich zur gleichen Zeit wie Welayati in Moskau aufhielt und längere Gespräche mit Putin führte. Dazu sagte Welayati: "Seine Anwesenheit oder Abwesenheit in Russland hat keinen Einfluss auf unsere strategische Mission in Moskau." Medien zufolge forderte Netanjahu Putin auf, dafür zu sorgen, dass Iran seine Kräfte aus ganz Syrien zurückzieht.

Der amerikanische Sicherheitsberater John Bolton sagte kürzlich in einem Interview mit dem US-Sender CBS, die Strategie der USA sei nicht mehr der Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad, das strategische Ziel sei Iran. In diesem Zusammenhang sprach er von einem möglichen "großen Deal" zwischen Russland und den USA, in dessen Rahmen vereinbart werden solle, dass Russland sich für den Abzug iranischer Kräfte aus Syrien einsetzen werde.

In Iran selbst äußerten vor allem die Reformer, die an Handel mit dem Westen interessiert sind und mit Skepsis auf Russland blicken, den Verdacht, die Steigerung des russischen Ölexports könne auch als grünes Licht für die USA gedeutet werden. Denn die USA könnten nur dann ein Ölembargo gegen Iran verhängen, wenn das Öl auf dem Weltmarkt nicht knapp und damit teurer wird. Russland hatte ausgerechnet in Übereinstimmung mit Saudi-Arabien beschlossen, seinen Ölexport zu steigern.

Zwar hatte Russland bereits vor Wochen erklärt, dass nach Herstellung des Friedens in Syrien alle fremden Truppen sich aus Syrien zurückziehen sollten. Doch zugleich sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am 4. Juli, Russland befürworte den Rückzug nichtsyrischer Truppen aus dem Grenzgebiet zu Israel. Er fügte aber hinzu, ein Abzug iranischer Truppen aus ganz Syrien sei "absolut unrealistisch".

Auch vor dem Treffen Putins mit US-Präsident Trump hieß es in Moskau bei dem Gespräch werde das Thema Iran zwar zur Sprache kommen, aber es sei nicht möglich, dass Vertreter von zwei Staaten sich treffen und über einen dritten Staat entscheiden.

Am 1. August bestätigte sich der Verdacht jener Kenner der politischen Lage im Nahen Osten, die Vereinbarungen zwischen Russland und Israel vermuteten. Alexander Lawrentijew, Gesandter Putins in Syrien, erklärte laut der Nachrichtenagentur Interfax, iranische Kämpfer würden sich um mehr als 80 Kilometer von der Grenze zu Israel zurückziehen. Dies habe Russland vereinbart und garantiert, um Israel zu beruhigen. Wann und wo die Vereinbarung zwischen Moskau und Tel Aviv getroffen wurde, sagte er nicht. " Iranische Kämpfer wurden tatsächlich abgezogen, um die israelische Regierung nicht zu verärgern, die die Zahl der Angriffe auf iranische Stützpunkte in diesem Gebiet erhöht hat", sagte der Gesandte.


VERHÄLTNIS IRAN-ISRAEL

Die Konflikte zwischen Iran und Israel spitzen sich zu. Dabei geht es geht vor allem um die Präsenz iranischer Kräfte in Syrien, um Irans Raketen- und Atomprogramm und um die Unterstützung, die Iran der libanesischen Hisbollah und palästinensischen Organisationen gewährt. Israel drängt darauf, dass die EU sowie Russland sich der amerikanischen Iran-Politik anschließen und den Druck auf Iran weiter erhöhen.

Einem Bericht der dpa vom 3. Juli zufolge warf Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu der EU eine verfehlte Iran-Politik vor. Vor dem Besuch von Irans Präsident Hassan Rohani in Österreich und der Schweiz forderte er die Europäer auf, "die Finanzierung des Regimes (in Teheran) zu stoppen, das Terrorismus gegen Sie und so viele andere sponsert." Mit Blick auf den geplanten Anschlag in Frankreich sagte er, der Anschlag sei "in derselben Woche geplant gewesen, in der europäische Spitzenpolitiker den iranischen Präsidenten treffen wollen, um Sanktionen gegen Iran zu umgehen. (...) Hören Sie auf, Iran zu beschwichtigen."

Seit dem 5. Juli steht der ehemalige israelische Minister für Energie und Infrastruktur, Gonen Segev, vor Gericht, weil er für Iran spioniert haben soll. Der Prozess fand hinter verschlossenen Türen statt. Der Fall wiegt nach Ansicht der Staatsanwältin schwer, denn es gehe um die Spionage durch einen ehemaligen Minister "für ein Land, das als größter Feind Israels betrachtet wird".

Hossein Amir Abollahian, Sonderberater des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani, erklärte bei einem Treffen des Botschafters der palästinensischen Autonomiebehörde am 7. Juli, Israel sei bestrebt, seinen Einfluss in Syrien zu verstärken. Doch iranische Berater würden weiterhin an der Seite des syrischen Volkes präsent sein. Sie und andere Widerstandsorganisationen würden den Kampf gegen den Terrorismus fortsetzen. Iran werde weiter für Palästina kämpfen und den Drohungen des zionistischen Staates, die die Sicherheit aller Staaten in der Region gefährden, nicht weichen.

Am 8. Juli, vor dem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau, sagte Netanjahu laut dpa: "Wir treffen uns von Zeit zu Zeit, um die Sicherheitskoordinierung zu gewährleisten und natürlich um über regionale Entwicklungen zu sprechen." Er werde zwei Prinzipien bekräftigen. "Wir werden die Etablierung einer militärischen Präsenz Irans und seiner Verbündeten in Syrien nicht dulden - weder nahe der Grenze noch weit von ihr entfernt." Zweitens werde er auf das Abkommen von 1974 mit Syrien insistieren. Das Abkommen sieht eine entmilitarisierte Zone an der Grenze zwischen Syrien und Israel vor.

Während Israel noch vor nicht allzu langer Zeit den Rücktritt des syrischen Machthabers Assad forderte, scheinen die gegenwärtigen Ereignisse Tel Aviv davon überzeugt zu haben, zumindest vorläufig auf die Zusammenarbeit mit dem syrischen Regime angewiesen zu sein. Die wichtigste Bedingung, die Israel an Damaskus stellt, ist der Abzug iranischer Truppen aus Syrien. "Unsere Forderung lautet, dass die iranischen Truppen sich komplett zurückziehen, speziell aus dem Südwesten Syriens", sagte laut dpa vom 8. Juli ein ranghoher Vertreter der israelischen Streitkräfte.

Um iranische Truppen beziehungsweise die Milizen der Hisbollah aus Syrien zu vertreiben, hat Israel mehrmals Stützpunkte in dem Land bombardiert. Neue Angriffe meldete Syrien laut AFP am 8. Juli. Die Luftabwehr habe sofort reagiert und einen der Kampfflieger abgeschossen. Ziel des Angriffs war ein Stützpunkt in der Provinz Homs, wo sich nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte iranische Kämpfer aufhielten. Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, eine Drohne, die von Syrien aus abgefeuert worden war, mit Hilfe eines Raketenabwehrsystems abgeschossen zu haben.

Am 23. Juli lobte Netanjahu die "harte Haltung" der USA gegenüber Iran. "Ich möchte die gestern von Präsident Trump und Außenminister Pompeo ausgedrückte harte Haltung gegenüber den Aggressionen des iranischen Regimes loben", sagte er zu Beginn einer Kabinettssitzung.

Am gleichen Tag trafen der russische Außenminister Sergej Lawrow und der russische Generalstabchef Walerui Gerassimov überraschend in Tel Aviv ein. Dabei sollen die Russen laut dem israelischen Fernsehen vorgeschlagen haben, Iran 100 Kilometer von der syrisch-israelischen Grenze fernzuhalten. Demnach habe Netanjahu darauf bestanden, dass sich Iran langfristig ganz aus Syriern zurückzieht und seine Raketen mit großer Reichweite und seine Flugabwehr aus dem Land entfernt.


MUTMAßLICHER ANSCHLAG IN PARIS VEREITELT

Wie die Brüsseler Staatsanwaltschaft und die französischen Behörden am 3. Juli mitteilten, wurden ein iranischer Diplomat und ein Ehepaar wegen eines angeblich geplanten Anschlags auf eine Versammlung der iranischen Volksmodschahedin am 30. Juni in Paris festgenommen. Bei dem Diplomaten handelt es sich um einen Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Wien. Er wurde an einer Autobahn-Raststätte bei Aschaffenburg festgenommen. Laut dpa vom 3. Juli konnten deutsche Ermittler bei der Durchsuchung seines Autos - entgegen eines ersten Verdachts - keine Waffen oder Sprengstoff finden. Der Diplomat, Assadollah Assadi, 47 Jahre alt, soll nach Angaben der Brüsseler Staatsanwaltschaft der Kontakt des Ehepaars sein.

Bei dem Ehepaar iranischer Herkunft handelt es sich um den 38-Jährigen Amir S. und die 32-jährige Nasim N. In ihrem Auto wurden nach Angaben der Polizei 500 Gramm Sprengstoff und eine Zündvorrichtung sichergestellt. Zwei weitere Personen, die in Paris in Gewahrsam genommen worden waren, wurden nach wenigen Stunden wieder freigelassen.

Die Volksmodschahedin, die jahrelang, unterstützt vom irakischen Diktator Saddam Hussein, aus dem Irak gegen das Regime in Teheran kämpften, wurden sowohl von den USA als auch von der EU lange als terroristisch eingestuft. Erst vor wenigen Jahren wurde die Organisation aus der Liste der Terrorvereinigungen herausgestrichen. Inzwischen wird sie zum Teil von den Neokonservativen aus den USA und von Saudi-Arabien unterstützt. An ihrer diesjährigen Jahresversammlung in Paris nahmen einige Amerikaner, die US-Präsident Donald Trump nahestehen, teil, darunter der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani. Gegenwärtig ist er Rechtsberater des Präsidenten.

Giuliani bezeichnete die Volksmodschahedin als "eine starke Alternative" zum "Regime der Ayatollahs" in Iran. Die Vorsitzende der Organisation, Marjam Radschawi, werde Ayatollah Chamenei nachfolgen, sagte der Republikaner. "Das wird geschehen und wir werden diese Versammlung nächstes Jahr in Iran abhalten." Zu den Unterstützern der Volksmodschahedin gehört auch der Nationale Sicherheitsberater Trumps John Bolton. In ihrer Rede bezeichnete Marjam Radschawi Barack Obama als "größten Unterstützer der Appeasement-Politik" dem iranischen Regime gegenüber. Sie sei froh, dass er nicht mehr an der Macht sei, sagte sie. Zu den Teilnehmern der Veranstaltung gehörten auch der Bundestagsabgeordnete Martin Patzelt (CDU) und der ehemalige Innen-Staatssekretär Eduard Lintner (CSU).

Zu dem Attentatsvorwurf twitterte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif am 2. Juli, es sei bemerkenswert, dass der angeblich iranische Anschlagsplan gerade zu einer Zeit stattfindet, in der der iranische Staatspräsident Hassan Rohani Europa besucht. Iran verurteile in aller Deutlichkeit "Gewalt und Terror überall" und sei bereit, an der Ermittlung mitzuarbeiten, schrieb der Minister.

Der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Bahram Ghassemi, erklärte, die Volksmodschahedin hätten "ein neues Szenario" veranstaltet, um Iran in der öffentlichen Meinung zu denunzieren. Er behauptete, die Festgenommenen seien bekannte Mitglieder der Volksmodschahedin. Teheran sei bereit, die für die Aufklärung des Falls notwendigen Beweise vorzulegen. Das Außenministerium bestellte am 5. Juli die Botschafter Deutschalands, Frankreichs und Belgiens ein. Vizeaußenminister Abbas Araghtschi brachte ihnen gegenüber den "starken Protest" seiner Regierung zum Ausdruck. Er erklärte, die Vorwürfe gegen die Islamische Republik seien nichts anderes als eine "Verschwörung zur Schädigung der Beziehungen zwischen EU und Iran". Der festgenommene Diplomat genieße Immunität und sei sofort freizulassen, sagte er. Demgegenüber forderten österreichische Behörden Teheran auf, die Immunität des festgenommenen Diplomaten aufzuheben.

Indes teilte die deutsche Bundesanwaltschaft neue Details über den festgenommenen Diplomaten mit. Demnach soll Assadi das Ehepaar mit der Ausführung des Anschlags beauftragt haben. Dafür habe er auch eine Vorrichtung mit 500 Gramm Sprengstoff zur Verfügung gestellt. Er sei für das iranische Informationsministerium MOIS, das für die Überwachung von iranischen Oppositionellen im Ausland zuständig ist, tätig gewesen. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse habe der Generalbundesanwalt einen Haftbefehl gegen Assadi erwirkt, was jedoch seiner von Belgien beantragten Auslieferung nicht entgegenstehe, hieß es.

Der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad soll nach Angaben einiger israelischer Zeitungen bei der Vereitelung des Anschlags eine wichtige Rolle gespielt haben. Diese geheim gehaltene Nachricht wurde den Medien zufolge erst am 20. Juli zur Veröffentlichung freigegeben. Demnach soll der Mossad einige Spuren verfolgt und diese den Ländern Deutschland, Frankreich und Belgien mitgeteilt haben. Bereits zuvor hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärt, die Entdeckung des Anschlagsplans sei "nicht zufällig" gewesen. Die Rolle Israels erwähnte er aber nicht.


ZWEI IRANISCHE DIPLOMATEN AUS HOLLAND AUSGEWIESEN

Die holländischen Sicherheitsbehörden gaben am 6. Juli bekannt, dass zwei iranische Diplomaten, Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Den Haag, ausgewiesen worden seien. Die Gründe für die Ausweisung wurden nicht genannt. Bemerkenswert ist, dass die Bekantgabe kurz nach der Festnahme eines Mitarbeiters der iranischen Botschaft in Wien erfolgte. Über einen möglichen Zusammenhang dieser beiden Ereignisse äußerten sich die Behörden nicht. "Über Details kann ich leider keine Auskunft geben", sagte ein Sprecher des holländischen Geheimdienstes der AFP. Nach Angaben der holländischen Nachrichtenagentur ANP waren die Diplomaten bereits am 7. Juni ausgewiesen worden. Es ist merkwürdig, dass sowohl die holländischen als auch die iranischen Behörden den Vorfall nicht öffentlich machten.

Erst nachträglich bezeichnete Iran die Ausweisung als "unfreundlichen Akt". Der holländische Botschafter in Teheran wurde ins Außenministerium einbestellt. Die Entscheidung sei für die bilateralen Beziehungen zwischen Teheran und den Haag nicht konstruktiv, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am 7. Juli. Auch er nannte keine Einzelheiten. Er forderte die Verantwortlichen in Holland auf, "statt unhaltbaren Vorwürfen (...) Terroristen festzunehmen und sie vor Gericht zu stellen". Zudem sollten sie bei der Aufnahme der Mitglieder der Volksmodschahedin als Flüchtlinge verantwortlich handeln. Die Organisation der Volksmodschahedin stand sowohl in den USA als auch in der EU über Jahre auf der Liste der Terrororganisationen, wurde aber vor wenigen Jahren herausgenommen.


ROHANI BESUCHT SCHWEIZ UND ÖSTERREICH

Irans Präsident Hassan Rohani traf am 2. Juli zu einem Staatsbesuch in der Schweiz ein. Warum er bei seiner zweiten Europareise gerade die Schweiz und anschließend Österreich besucht hat, bleibt unklar. Die Schweiz spielt insofern politisch eine wichtige Rolle, als sie die Interessen der USA in Iran diplomatisch vertritt. Zwischen Teheran und Washington bestehen seit Jahrzehnten keine diplomatischen Beziehungen mehr.

Bei den Gesprächen, die Rohani unter anderem mit dem Bundespräsidenten Alain Berset und dem Bundesrat Ignazio Cassis in der Schweiz führte, ging es fast ausschließlich um wirtschaftliche Themen. Iran hofft auf Investitionen aus der Schweiz und den weiteren Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Land. Gesprochen wurde auch über das Atomabkommen. "Trotz des Ausstiegs der USA gilt es Wege zu finden, um dessen Errungenschaften zu sichern und an der Nichtweiterverbreitung von Nuklearwaffen in der Region festzuhalten", hieß es aus Bern.

Am 4. Juli traf Rohani zu Gesprächen mit der österreichischen Führung in Wien ein. Auch hier standen wirtschaftliche Themen im Mittelpunkt der Gespräche. Sowohl in der Schweiz als auch in Österreich brachten die Staatsbesuche für den Besucher kaum etwas Konkretes. Zumeist waren es Absichtserklärungen für mögliche Investitionen, so dass Rohani mit leeren Händen in die Heimat zurückkehrte.


MITGLIEDSCHAFT IN DER PALERMO-KONVENTION ABGELEHNT

Der Schlichtungsrat hat die Mitgliedschaft Irans in der Palermo-Konvention (FATF) abgelehnt. Iranische Medien veröffentlichten am 17. Juli ein Schreiben des Schlichtungsrats an den Wächterrat mit der Begründung, die Konvention widerspreche der nationalen Sicherheit Irans. FATF ist ein international führendes Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche. Iran stand auf der schwarzen Liste der FATF, wurde aber vorübergehend bis Oktober 2018 aus der Liste herausgenommen. Mit der Übernahme der Mitgliedschaft könnte das Land endgültig aus der Liste gestrichen werden. Allerdings müsste Iran noch die Konvention über den Kampf gegen Geldwäsche und gegen die Finanzierung terroristischer Organisationen unterzeichnen.

Das Parlament hatte nach langen Diskussionen der Mitgliedschaft zugestimmt, nicht jedoch der Wächterrat. Im Falle von Differenzen zwischen Parlament und Wächterrat, wird der Schlichtungsrat eingeschaltet. In dem Schreiben des Schlichtungsrats heißt es, die FATF widerspreche in den Bereichen Außenpolitik, Verteidigung und Wirtschaft den nationalen Interessen und der Sicherheit des Landes. Zudem werde die Mitgliedschaft ein Umgehen der Sanktionen und die Zusammenarbeit mit Personen und Unternehmen verhindern, die geheim gehalten werden müssten. Die Mitgliedschaft erlaube auch der FATF Einmischung in innere Angelegenheiten Irans. Schließlich werde die Mitgliedschaft die Zusammenarbeit mit islamischen Widerstandsorganisationen, die die FATF als terroristisch einstufe, verhindern.

Zuvor hatte der Geistliche Nasser Makarem Schirasi, einer der einflussreichsten religiösen Instanzen des schiitischen Glaubens, erklärt, die Mitgliedschaft in der FATF sei aus religiösen Gründen nicht erlaubt. "Mit der Übernahme der Mitgliedschaft würden wir uns vollständig in die Abhängigkeit vom Westen begeben. Das ist aus Gründen der Religion, Vernunft und Logik nicht gestattet", sagte der Ayatollah am 3. Juli bei einer Rede in der heiligen Stadt Ghom. "Wenn wir die Mitgliedschaft ablehnen, verlieren wir nichts. Die Sanktionen werden ohnehin kommen. Eine Annahme der Mitgliedschaft ist aber gleichzusetzen mit Knechtschaft und absoluter Kapitulation."

Sollte Iran tatsächlich die Mitgliedschaft verweigern, wird das Land wieder auf die schwarze Liste gesetzt, und zwar just zu dem Zeitpunkt, zu dem die von den USA angekündigten neuen Sanktionen in Kraft treten werden. Das würde die Zusammenarbeit Irans mit internationalen Banken und Finanzmärkten zusätzlich erschweren.


JAPANS MINISTERPRÄSIDENT SAGT IRAN-BESUCH AB

Einer Meldung der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo News zufolge, hat Japans Premierminister Shinzö Abe seinen geplanten Iran-Besuch abgesagt. Demgegenüber erklärte das Teheraner Außenministerium, ein Besuch Abes sei nie geplant gewesen. "Die von manchen Medien in Japan verbreitete Meldung ist unzutreffend und falsch", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi.

Kyodo News hatte zugleich gemeldet, die geplanten Besuche des Premiers in Saudi-Arabien und Ägypten blieben bestehen. Bemerkenswert ist, dass die Absage des Besuchs kurz nach der Ankündigung der USA erfolgt, den Druck auf Iran zu verstärken.

Regierungskreise in Japan hatten zuvor angekündigt, sie seien dabei das Programm des Iran-Besuchs vorzubereiten, der Mitte Juli stattfinden solle. Das wäre der erste Besuch eines japanischen Premiers seit vierzig Jahren gewesen.

Japan gehört zu den wichtigsten Käufern von iranischem Erdöl. Der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge ist Japan zurzeit nicht in der Lage, auf den Ölimport aus Iran zu verzichten oder ihn zu reduzieren.

Indes hat die größte Finanzgruppe Japans alle Geschäfte mit Iran gestoppt. Wie die Agentur Reuters am 12. Juli berichtete, hat die Finanzgruppe Mitsubishi UFJ erklärt, sie werde im Hinblick auf die von den USA angekündigten Sanktionen gegen Iran alle Bank-Geschäfte mit dem Land einstellen. Sollten sich die Umstände bis November ändern, werde man die Aktionäre darüber informieren. Eine ähnliche Erklärung veröffentlichte die drittgrößte Bank Japans Mitsui.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Anja Hoffmann
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
17. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 8/2018 - August 2018 / 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2018

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