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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/397: Iran-Report Nr. 11 - November 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 11 - November 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Spekulationen über Änderung der Verfassung
• Neue Maßnahmen gegen Chatami
• Sieben Reformpolitiker zu Haftstrafen verurteilt
• Umstrittenes Urteil gegen Atom-Unterhändler
• Dschahangiri festgenommen
• Justiz kontra Regierung
• Fast 5.000 Tote wegen Luftverschmutzung in Teheran
• Staatsanwalt: Mossad-Spion zum Tode verurteilt


SPEKULATIONEN ÜBER ÄNDERUNG DER VERFASSUNG

Zwei konservative Abgeordnete haben eine Debatte um eine Verfassungsänderung angestoßen. Sie nahmen auf eine alte Idee Chameneis Bezug, das Präsidialsystem in ein parlamentarisches System umzuwandeln. In der Islamischen Republik ist es höchst riskant, öffentlich über eine Änderung der Verfassung zu spekulieren oder gar konkrete Änderungsvorschläge zu machen. Daher sind solche Stimmen selten zu vernehmen. Einer, der dies gewagt hatte, war der inzwischen verstorbene frühere Staatspräsident Haschemi Rafsandschani. Mehrmals sprach er davon, dass eine Verfassungsänderung notwendig sei. Doch konkrete Vorschläge machte er, abgesehen von der Empfehlung, die Führung des Landes nicht in die Hand einer Person, sondern eines Kollektivs zu legen, nicht. Bislang ist der Revolutionsführer die ranghöchste Person des islamischen Staates. Er wird vom Expertenrat gewählt.

Auch der amtierende Revolutionsführer, Ali Chamenei, sagte einmal nebenbei als Gedankenspiel in einer Rede in Kermanschah, man könne das Präsidialsystem in ein parlamentarisches System umwandeln. In diesem Fall bräuchte man keinen Staatspräsidenten, der direkt vom Volk gewählt wird, sondern einen vom Parlament gewählten Ministerpräsidenten. Anlass zu der Äußerung lieferten die Differenzen zwischen Chamenei und dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. "Sollten wir eines Tages zu der Feststellung gelangen, dass das parlamentarische System besser ist als das Präsidialsystem, wird die Änderung keine Probleme machen." Dem stimmte auch der damalige und gegenwärtig Parlamentspräsident Ali Laridschani zu. "Der Präsident kann vom Parlament gewählt werden, genauso wie der Revolutionsführer vom Expertenrat gewählt wird."

Doch die Idee wurde nicht weiterverfolgt. Sie geriet bald in Vergessenheit. Erst jetzt, nach fünf Jahren, wurde sie wiederaufgenommen. Zwei konservative Abgeordnete griffen sie auf und kündigten an, Chamenei in einem Brief an seinen Vorschlag zu erinnern.

Hinter dem Vorschlag steht vermutlich die Absicht, die Direktwahl des Chefs der Regierung durch das Volk zu beenden und damit die Macht der Exekutive zu verringern. Zudem könnte ein aufmüpfiger Regierungschef durch ein Misstrauensvotum des Parlaments abgesetzt werden, was bei direkt gewählten Präsidenten nicht möglich ist.

"Ein parlamentarisches System ist besser als ein Präsidialsystem", sagte einer der Abgeordneten, Dschalil Rahimi Dschahanabadi, Mitglied des Rechtsausschusses. "Wir haben die damals geäußerte Idee des Revolutionsführers nun genau durchdacht und ausgearbeitet."

Den beiden Abgeordneten widersprachen andere Abgeordnete. Für eine Änderung der Verfassung gebe es keinen Grund. Auf die Frage, warum die beiden Abgeordneten gerade jetzt dieses Thema zur Diskussion stellten, antwortete einer dieser beiden Abgeordneten: "Ich kann es nicht genau sagen. Ich weiß aber, was hinter Ihrer Frage steckt. Doch das scheint mir unwahrscheinlich." Gemeint ist, dass die Differenzen zwischen Revolutionsführer Chamenei und Präsident Rohani schärfer geworden sind. Eine Änderung der Verfassung könnte die Macht der Exekutive einschränken und das System des "Welayat-e Faghieh", der absoluten Herrschaft der Geistlichkeit, stärken. Tatsache ist, dass es zwischen dem Revolutionsführer und den jeweiligen Präsidenten immer Reibungen gegeben hat. Das begann schon mit dem ersten Staatspräsidenten Abolhassan Banisadr, der nach andauernden Auseinandersetzungen von dem damaligen Revolutionsführer Ayatollah Chomeini abgesetzt wurde.

Die Konflikte hängen nicht von den jeweiligen Personen ab, sondern sie sind Folge eines grundsätzlichen Widerspruchs im System, der schon in der Bezeichnung des Staates zum Ausdruck kommt. Islamische Republik ist ein Widerspruch in sich. Ein islamischer Staat richtet sich nach dem Willen Gottes, er ist ein Gottesstaat, dies bedeutet die absolute Herrschaft der Geistlichkeit. Eine Republik richtet sich nach dem Willen des Volkes. Dieser Widerspruch spiegelt sich in der Verfassung der Islamischen Republik wider. Sollte die Idee Chameneis, die nun von den Abgeordneten neu zur Diskussion gestellt wird, realisiert werden, würde dies zur eindeutigen Schwächung der Republik und Stärkung des "Welayat-e Faghieh" führen.


NEUE MAßNAHMEN GEGEN CHATAMI

Mohammad Andscham, Anwalt des früheren Staatspräsidenten Mohammad Chatami, sagte am 7. Oktober der Agentur Ilna, das Sondergericht für Geistliche habe Chatami verboten, in den nächsten drei Monaten an politischen und kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. Diese Maßnahme war bereits am 5. Oktober bekannt gegeben worden. Der Abgeordnete Mohammad Resa Tabesch, ein Neffe Chatamis, hatte laut Agentur Isna gegen das Verbot protestiert. Auch die reformorientierte Webseite Kalameh bestätigte die Nachricht. Demnach habe das Sondergericht ein Schreiben an Chatami geschickt, in dem dem früheren Präsidenten, der als "Vater der Reformbewegung" gilt, verboten wurde, an politischen und kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen. Zudem sei verantwortlichen Politikern, politischen Gruppen, Verbänden und studentischen Organisationen untersagt worden, mit Chatami Kontakt aufzunehmen. Zwei Agenturen, die den Konservativen nahestehen, dementierten Nachricht. Die Agentur Fars schrieb, die Nachricht sei "nichts anderes als eine Lüge".

Am 6. Oktober sagte Mohammad Abdollahi, Staatsanwalt beim Sondergericht für Geistliche in Teheran, es seien keine neuen Auflagen gegen Chatami beschlossen worden. Das Dementi schien den Kritikern nicht glaubwürdig. Ali Mottahari, Vizepräsident des Parlaments, übte am 6. Oktober scharfe Kritik gegen das Sondergericht. Die Auflagen seien "illegal". Man könne nicht ohne Grund und ohne ein Gerichtsurteil die Freiheit eines Bürgers einschränken, sagte er. Solche Willkürmaßnahmen verwandelten das Land in eine Diktatur.

Am 7. Oktober protestierte auch Präsident Rohani gegen die Maßnahme. Ohne Chatamis Name zu nennen, sagte er: "Muss jemand, der über großen Einfluss verfügt und die Wähler bittet, zu den Wahlurnen zu gehen, bestraft oder gelobt werden?" Chatami hatte bei der Präsidentenwahl im Mai mehrmals die Wähler aufgefordert, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und dabei für die Wiederwahl Rohanis geworben. Dies trug nach Meinung politischer Beobachter wesentlich zum Erfolg Rohanis bei. Man könne nicht für dieselbe Sache eine Fraktion loben und die andere bestrafen, sagte Rohani.

Chatami hatte 2009 die landesweiten Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad unterstützt. Seitdem wird Chatami von den Konservativen und Hardlinern angefeindet. Den Anfeindungen folgend, beschloss die Justiz, öffentliche Auftritte von Chatami zu verbieten. Zudem bekam Chatami Ausreiseverbot. Auch den Medien ist es untersagt, Fotos und Beiträge von Chatami zu veröffentlichen. Allerdings ist die Strafmaßnahme höchst umstritten. Weder Chatami selbst noch ein Teil der Medien halten sich daran.

Die Webseite Saham News berichtete am 18. Oktober, dass Sicherheitsbeamte Chatami mitgeteilt hätten, dass er sein Haus nicht verlassen dürfe. An diesem Tag hatte Chatami ein Treffen mit den Mitgliedern seines ehemaligen Kabinetts vereinbart. Der vorübergehende Hausarrest sollte seine Teilnahme an dem Treffen verhindern, berichtete die Webseite. Die Beamten hätten sich mit drei Fahrzeugen vor das Haus des Ex-Präsidenten gestellt. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass Chatami am Verlassen seines Hauses gehindert wurde.


SIEBEN REFORMPOLITIKER ZU HAFTSTRAFEN VERURTEILT

Medienberichten zufolge wurden am 2. Oktober sieben Reformpolitiker, die vor einem Jahr angeklagt worden waren, zu einem Jahr Gefängnis und zwei Jahren Verbot politischer Aktivitäten verurteilt. Unter ihnen befindet sich auch Mohammad Resa Chatami, Bruder des früheren Präsidenten Mohammad Chatami, der eine Zeitlang als Vizepräsident des Parlaments tätig war. Alle sieben Politiker gehörten der Moscharekat-Partei an, die 2009 nach den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl des Präsidenten Ahmadinedschad verboten wurde. Den Verurteilten wurde "Propaganda gegen die Staatsordnung der Islamischen Republik" vorgeworfen. Die Anwälte erklärten nach der Urteilsverkündung, sie werden gegen die Urteile Widerspruch einlegen.

Zu den sieben Verurteilten gehören neben Chatami die früheren Abgeordneten Mohssen Safai-Frahani, Mohammad Naimipur und Ali Schakuri-Rad, die frühere Präsidentenberaterin Asar Mansuri, der Journalist und Soziologe Hamid Resa Dschalaipur und Gholamhossein Kaschefi, Präsidiumsmitglied der Partei "Etehad-e Mellat".


UMSTRITTENES URTEIL GEGEN ATOM-UNTERHÄNDLER

Laut der Nachrichtenagentur Tasnim vom 4. Oktober bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil gegen den Atom-Unterhändler Abdol Rassul Dori Esfahani. Er war im vergangenen Jahr zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Esfahani ist Wirtschaftsexperte. Er hatte 2015 in der letzten Phase der Atomverhandlungen die iranischen Unterhändler beraten. Ihm wird vorgeworfen, geheime Informationen an westliche Geheimdienste weitergeleitet zu haben. Er war im August vergangenen Jahres festgenommen, aber nach kurzer Zeit gegen eine Kaution freigelassen worden. Schon damals hatten das Informationsministerium und das Außenministerium die Vorwürfe als "völlig abwegig" zurückgewiesen. Der Verdacht ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Esfahani einen kanadischen Pass besitzt.

Gegen die Bestätigung des Urteils protestierte Informationsminister Mahmud Alawi. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Isna vom 11. Oktober sagte der Minister, Esfahani sei kein Spion. Er habe sogar mit der Abteilung Gegenspionage des Ministeriums eng zusammengearbeitet. Zudem habe die iranische Verhandlungsdelegation stets unter der strengen Kontrolle des Geheimdienstes gestanden.

Den Äußerungen des Justizsprechers Gholamhossein Mohsseni Ejehi zufolge, werde Esfahai auch "Korruption" vorgeworfen.

Die Justiz reagierte scharf auf die Äußerungen des Informationsministers. In einer Erklärung der Presseabteilung vom 12. Oktober hieß es: "Informationsminister Mahmud Alawi hat in einem Interview mit der Agentur Isna falsche Informationen verbreitet, die richtiggestellt werden müssen." Die Justiz sei die einzige Instanz, die dazu befugt sei, Straftaten wie Spionage zu beurteilen, nicht das Informationsministerium. Zwar sei das Informationsministerium eine Quelle von Informationen, auf die die Justiz zurückgreifen könne, aber nicht die einzige Quelle. Auch die Revolutionsgarden und die Basidsch-Milizen dienten der Justiz als Quelle.

Der Justizchef hat in diesen Tagen auch ein persönliches Problem. Trotz zahlreicher Dementis ebben die Gerüchte über seine Tochter nicht ab. Sie soll, so besagen die im ganzen Land verbreiteten Gerüchte, für Großbritannien spioniert haben. Die Webseite "Amad News", die im Ausland betrieben wird, veröffentlichte einen Brief und zwei Dokumente, aus denen hervorgeht, dass Sahra Laridschani geheime Dokumente, zu denen sie durch ihren Vater Zugang hatte, an die britische Botschaft in Teheran weitergeleitet hatte.

Die Behauptung wird von der Justiz entschieden zurückgewiesen. In einer von der Justiz veröffentlichten Erklärung dazu heißt es, die Gerüchte hätten das Ziel, das Vertrauen der Bevölkerung dem Staat gegenüber zu untergraben. Die von Amad News veröffentlichten Dokumente seien gefälscht. Mit solchen Gerüchten, so weiter, solle die iranische Staatsführung denunziert werden. Auch Informationsminister Mahmud Alawi erklärte, für die Richtigkeit der Gerüchte gebe es keinerlei Indizien. Und auch Staatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri sagte "die Feinde der Justiz sind Lügner", ihr Ziel sei es, die Justiz und die Sicherheitsdienste zu schwächen. Die Webseite Amad News benutze das Netzwerk Telegram. "Wir werden bald über das Schicksal dieses Netzwerks entscheiden."

Zuvor hatte der Parlamentsabgeordnete Mahmud Sadeghi den Justizchef zu einer Stellungnahme zu den Vorwürfen gegen seine Tochter aufgefordert.


DSCHAHANGIRI FESTGENOMMEN

Iranischen Medien zufolge wurde Mehdi Dschahangiri, Bruder des ersten Vizepräsidenten, am 6. Oktober festgenommen. Der Grund für die Festnahme wurde nicht offiziell bekannt gegeben. Dschahangiri ist Vizepräsident der Teheraner Handelskammer. Nach Meinung von Insidern wird ihm Korruption vorgeworfen. Sein Bruder, Eshagh Dschahangiri, schrieb auf Instagram: "Das war vorauszusehen. Wir müssen abwarten, wie es weitergeht." Er wisse nicht, was seinem Bruder vorgeworfen werde. Er hoffe nur, dass nicht politische Absichten zu der Verhaftung geführt hätten, dass Gesetzte für alle Staatsbürger gälten und "alle gleichbehandelt werden".

Demgegenüber bezeichnete Gholamali Abu Hamseh, einer der hochrangigen Kommandeure der Revolutionsgarden in der Provinz Kerman, Dschahangiri als "Wurzel des Verderbens in Kerman". Dschahangiri stammt aus Kerman. "Wir haben ihn festgenommen", fuhr Abu Hamzeh fort. "Wir nehmen jeden fest, der den Interessen des Volkes zuwiderhandelt und der Islamischen Republik schadet."

Abu Hamseh griff auch den Bruder Dschahangiris an. "Statt seinen Bruder zu schelten, spricht Dschahangiri (Eshagh) von politischer Abrechnung", sagte er.


JUSTIZ KONTRA REGIERUNG

Die Festnahme vom Mehdi Dschahangiri (s. Bericht oben) führte zu einer heftigen Kontroverse zwischen Präsident Rohani und Justizchef Sadegh Laridschani. Rohani hatte auf einer Versammlung am 7. Oktober in Teheran auf die Festnahme Dschahangiris reagiert, ohne dessen Namen zu nennen. "Möglicherweise haben manche Ämter nichts zu tun und bestellen Leute zum Verhör, um Geschäftigkeit vorzutäuschen."

Laridschani wies den Vorwurf mit scharfen Worten zurück. Vor einer Versammlung von Justizbeamten sagte er am 9. Oktober: "Ein hochrangiger Bruder hat der Justiz vorgeworfen, aus Langeweile die Leute zum Verhör zu bestellen. Wenn es um Langeweile geht, scheinen sie (Herr Rohani) eher davon betroffen zu sein. Sie haben sich vier Jahre lang auf das Atomabkommen konzentriert, als gebe es in unserem Land kein anderes Problem."

Gerichtet an Rohani fuhr er fort: "Sie sind verpflichtet die Justiz zu unterstützen. Auch wir haben in all den Jahren die Exekutive insgesamt unterstützt. Es geht nicht, dass Sie bei jeder Gelegenheit all das, was Ihnen in den Sinn kommt, gegen die Justiz vorbringen."

Jeder, der die Justiz angreife oder beleidige, mache sich strafbar, sagte Laridschani weiter. Er warnte die Kritiker, die festgesetzten Grenzen einzuhalten. Sollten die "haltlosen" Vorwürfe und Unterstellungen fortgesetzt werden, sehe sich die Justiz gezwungen, die Betreffenden gerichtlich zu verfolgen. Bedauerlicherweise sei es zur Gewohnheit geworden, jeden Fall, bei dem es um Korruption und Veruntreuung geht, als "politisch" zu bezeichnen. Wenn dem so wäre, bräuchte die Justiz niemanden mehr zu verfolgen, sagte Laridschani.


FAST 5.000 TOTE WEGEN LUFTVERSCHMUTZUNG IN TEHERAN

Nach offiziellen Angaben des Ministeriums für Gesundheit sind zwischen März 2016 und März 2017 allein in der Hauptstadt Teheran 4.810 Menschen infolge von Luftverschmutzung gestorben. Welche konkreten Krankheiten zu ihrem Tod geführt haben, wurde nicht mitgeteilt.

Grund für die verseuchte Luft sind die Millionen Autos und die schlechte Qualität der Fahrzeuge, die unzureichenden öffentlichen Verkehrsmittel und der niedrige Preis des Benzins. Die Maßnahmen, die der Staat bislang gegen Umweltverschmutzung beschlossen hat, zum Beispiel die Regelung, dass jedes Auto nur jeden zweiten Tag benutzt werden darf, reichen nicht aus, um die Umwelt sauberer zu machen.


STAATSANWALT: MOSSAD-SPION ZUM TODE VERURTEILT

Teherans Staatsanwalt Mahmud Dschafari Dolatabadi gab am 24. Oktober bekannt, dass ein Mossad-Spion zum Tode verurteilt wurde. Der Angeklagte habe unter anderem Informationen über 30 Mitarbeiter von wissenschaftlichen, militärischen und nuklearen Projekten an den Israelischen Geheimdienst weitergeleitet. Untern den Spionageopfern seien die Atomwissenschaftler Madschid Schahriari und Masud Ali Mohammadi gewesen, die im November 2010 Opfer von Terroranschlägen geworden waren. Der Spion habe in Schweden gelebt. Seinen Namen sagte Dolatabadi nicht. Der Mann habe mehrere Treffen mit dem israelischen Geheimdienst gehabt, er habe gegen die Informationen Geld und eine Aufenthaltserlaubnis für Schweden erhalten.

Einen Tag zuvor gab Wida Mehrannia, die in Schweden lebende Frau des Mediziners und Wissenschaftlers Ahmad Resa Dschalai, bekannt, ihr Mann sei zum Tode verurteilt worden.

In den Jahren zwischen 2010 und 2012 waren mindest vier iranische Atomwissenschaftler ermordet worden. 2012 wurde eine Person als einer der Mörder und israelischer Spion hingerichtet. Die USA lehnten jede Beteiligung an den Mordanschlägen ab, Israel schweigt über die Vorwürfe.

Dschalali ist Fachspezialist für Katastrophenmedizin. Er war 2016 auf Einladung der Universitäten in Teheran und Schiras nach Iran gekommen und wurde drei Tage vor der Ausreise am 25. April festgenommen.

Die schwedische Regierung verurteilte die Todesstrafe gegen Dschalali und kündigte an, in Stockholm und Teheran diesbezüglich mit iranischen Regierungsvertreter Kontakt aufzunehmen.

Laut Amnesty International war am 22. Oktober die Stimme Dschalalis auf Youtube zu hören. Dort sagte er, er sei zweimal in seiner Einzelzelle dazu gezwungen worden, Geständnisse, die zuvor von Untersuchungsrichtern aufgeschrieben worden waren, vor einer Kamera vorzutragen. Er sei mit dem androhen der Hinrichtung und Festnahme seiner Kinder psychisch gefoltert und zu Geständnissen gezwungen worden.

Seine Frau sagte, ihr Mann sei unschuldig. Sie zeigte sich wegen seines gesundheitlichen Zustands besorgt und forderte seine Freilassung.

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KULTUR

• Iranische Autorin erhält den LiBeraturpreis
• Iran auf der Frankfurter Buchmesse
• Nutzer von sozialen Internetdiensten noch in Gewahrsam
• Iranisches Facebook macht dicht


IRANISCHE AUTORIN ERHÄLT DEN LIBERATURPREIS

Die 55-jährige iranische Autorin Fariba Vafi wurde auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse für ihren Roman "Tarlan" mit dem LiBeraturpreis ausgezeichnet. Der Publikumspreis ist mit 3.000 Euro dotiert. Die Laudatio hielt der deutsch-iranische Schriftsteller Said.

Der Roman erzählt vom Leben einer jungen Frau in der Zeit der Revolution. Tarlan möchte Schriftstellerin werden, wird aber Polizistin. "Die Protagonistin steht stellvertretend für iranische Frauen. Sie lächeln und erkämpfen sich Freiräume", sagte Said. Die Autorin, die noch nie im Ausland gewesen war, sei literarisch nicht nach bestimmten Kategorien einzuordnen. Trotz ihres gesellschaftskritischen Standpunkts und der strengen Zensur in Iran, haben ihre Bücher hohe Auflagen erreicht. Vielleicht könnte man dies damit begründen, dass sie, wie Said sagte, in ihrem Werk nicht politisch gegen die Islamische Republik Stellung beziehe, sondern nur die Atmosphäre beschreibe, in der normale Menschen ihren Alltag verbringen.

"Die Geschichten von Fariba Wafi spielen nur vordergründig fernab der Politik: Ihre Frauenfiguren analysieren selbstbewusst vorgegebene Rollenbilder und suchen sich ihren eigenen Weg", schrieb Ines Pohl, Chefredakteurin der Deutschen Welle und Schirmherrin des LiBeraturpreises.

Vafi, Mutter von zwei Kindern, ist im Nordwesten Irans, in der Stadt Tabris, geboren. Ihre Muttersprache ist Azeri, sie schreibt aber auf Persisch. Sie hat in Iran mehrere Preise gewonnen und gehört zu den populärsten Schriftstellrinnen des Landes. "Tarlan" ist beim Sujet Verlag erschienen. "Die Identität der Frauen in Iran hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt, das dürfte jedem klar sein, der sich in der iranischen Gesellschaft umsieht. Diese Veränderung hat auf vielen verschiedenen Ebenen stattgefunden: Die größte Veränderung ist wahrscheinlich das starke Selbstbewusstsein der Frauen, das heute überall spürbar ist", sagte die Autorin in einem Interview mit Qantara.de.

Der Literaturkritiker Behrang Samsami schrieb auf literaturkritik.de: "Tarlan macht sich während ihres Aufenthalts in der Kaserne Notizen für ein 'Panorama' und ein 'Schwarzbuch', das sie schreiben will. Und genau ein solches Panorama über die junge iranische Republik aus weiblicher Sicht ist der Autorin Fariba Vafi mit ihrem zweiten Roman gelungen. Wie in ,Kellervogel' (ihr erster Roman) besticht den Leser auch hier eine distanzierte und unaufgeregte Erzählweise, die allerdings auch nötig ist, um Tarlans Emanzipation zur damaligen Situation sachlich zu schildern - mit all den Restriktionen infolge gesellschaftlicher Konventionen, aber auch infolge der politischen Entwicklung."

Der 1987 ins Leben gerufene LiBeraturpreis zeichnet jährlich einen besonders bei Leserinnen und Lesern beliebten Titel einer Autorin aus Afrika, Asien, Lateinamerika oder der arabischen Welt aus. Nach eigener Darstellung ist die Idee aus der Tatsache entstanden, dass Übersetzungen aktueller Werke aus den entsprechenden Ländern auf dem deutschen Buchmarkt immer noch stark unterrepräsentiert seien und weiblichen Stimmen nach wie vor eine deutlich geringere mediale Aufmerksamkeit zukäme. "Die Folge ist eine anhaltende Stereotypisierung und die Verfestigung des Bildes der Frau als hilfsbedürftigem Opfer der Gesellschaft", schreiben die Preisverleiher. "Dabei sind die sich weltweit erhebenden Stimmen - auch sehr junger Autorinnen - eigentlich nicht mehr zu überhören. Wenn der LiBeraturpreis aus der Idee entstanden ist, weibliche Stimmen des globalen Südens hörbar zu machen, so ist er heute als Katalysator der Vielstimmigkeit zu verstehen."


IRAN AUF DER FRANKFURTER BUCHMESSE

Obwohl Iran in diesem Jahr unter dem Motto: "Präsenz mit höherer Qualität" an der Frankfurter Buchmesse teilnahm, bewerteten die meisten inländischen Medien die Präsentation negativ. Die Tageszeitung Etemad schrieb: "Die Präsentation war qualitativ weit schlechter als akzeptabel." "Nicht einmal die einfachsten Vorbereitungen, zum Beispiel Verabredungen mit Verlegern und Agenturen aus anderen Ländern, waren für die Teilnahme an einer solchen Messe getroffen worden."

Das Kulturministerium hatte angekündigt, dass Iran für die Präsentation von Büchern für Erwachsene eine Fläche von 210 Qm und für Kinderbücher eine Fläche von 40 Qm vorgesehen habe. Aber Etemad schrieb: "Die Kosten in Höhe von 43.000 Euro, plus Reisekosten von Verantwortlichen Personen, und das Anbieten von iranischen Speisen können nicht zur Aufwertung des iranischen Verlagswesens im Ausland führen."

Laut offiziellen Angaben hatte das Kulturministerium für 16 Verlage und zwei Agenturen die Erlaubnis zur Teilnahme an der Messe erteilt und 300 Titel von 50 Verlagen ausgewählt. Gemäß einem ungeschriebenen Gesetz, bilden religiöse Bücher sowie Bücher über den Iran-Irak-Krieg stets den Hauptteil der iranischen Buchausstellungen.

Der Schriftsteller Amir Hassan Cheheltan, dessen Werke zum Teil auch in deutscher Übersetzung vorliegen, sagte in einem Interview mit der Agentur Isna: "Es ist grundsätzlich unsinnig, wenn der Staat sich in Angelegenheiten der Kultur einmischt. Unter den von offizieller Seite nach Frankfurt entsandten Autoren befindet sich mit Ausnahme von Fariba Vafi kein einziger, der im Ausland bekannt ist." Einige Teilnehmer seien keine Schriftsteller, andere, die etwas geschrieben hätten, seien nicht einmal im eigenen Land bekannt.

Nach Ansicht von Cheheltan bilde die Zensur das wichtigste Hindernis für die iranische Literatur, um international bekannt zu werden. "Man muss das abschaffen, was den Autor daran hindert, seine Sicht und Meinung zu veröffentlichen", sagte er. "Wenn die Übersetzung meiner Bücher im Ausland veröffentlicht werden, steht immer ein Vermerk darauf: 'Dieses Buch darf in der Heimat des Autors nicht erscheinen'."

Ein weiteres Problem bei der Verbreitung der iranischen Literatur sei der Umstand, dass iranische Verlage sich nicht an das international vereinbarte Copyright hielten, sagte Cheheltan. Daher nehme man iranische Verlage im Ausland nicht ernst. "Wenn wir irgendwo eingeladen werden, müssen wir uns an die Gepflogenheiten halten und zum Beispiel nicht mit dreckigen Schuhen eine Wohnung betreten."


NUTZER VON SOZIALEN INTERNETDIENSTEN NOCH IN GEWAHRSAM

Der Minister für Kommunikation, Mohammad Dschawad Asari Dschahromi, sagte in einem Gespräch mit der Agentur Ilna, ihm seien die Gründe für die Festnahme einiger Nutzer von sozialen Internetdiensten nicht bekannt. Offenbar dauerten die Verhöre an. "Wir wollen abwarten, zu welchem Ergebnis die Verhöre führen werden."

Wenige Tage zuvor hatte der Sprecher der Justiz von der Festnahme "einiger" Nutzer gesprochen. "Fünf Internetnutzer, die in den letzten Monaten in den sozialen Netzen illegale Aufrufe veröffentlicht und gegen die nationale Sicherheit verstoßen hatten, wurden festgenommen", sagte Gholamhossein Mosseni Ejehi. "Sie haben die Menschen dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen."

In den letzten Monaten wurden einigen Kanäle von Telegram, die die Regierung unterstützen, geschlossen und deren Betreiber in Haft genommen. Die Regierung zeigte sich über den Vorgang besorgt.


IRANISCHES FACEBOOK MACHT DICHT

Einem Bericht der AFP vom 16. Oktober zufolge habe das iranische Facebook, Cloob, nach längeren Auseinandersetzungen mit der Zensurbehörde seine Aktivität aufgegeben. Dreimal wurde das soziale Netzwerk zuvor geschlossen. Der Chef des Dienstes, Mahammad Dschawad Schakuri-Moghaddam, sagte, nachdem das Netzwerk zuletzt 28 Tage lang geschlossen blieb, hätten seine Mitarbeiter "alle Energie und Enthusiasmus" verloren.

Wie die AFP berichtet, sei Cloob zwölf Jahre lang in Betrieb gewesen. Es habe bis zu zwei Millionen Nutzer. Es seien unverschleierte Frauen und kritische Berichte und Kommentare, die die Zensurbehörde beanstandet hätten.

Cloob ist ein Ersatz für Facebook, das in Iran ebenso wie Twitter verboten ist. Demgegenüber sind Instagram und Telegram erlaubt. Telegram hat mehr als 25 Millionen Nutzer. Es sind die Konservativen und Hardliner, die gegen die sozialen Netzwerke vorgehen. Die Regierung hingegen betont immer wieder, dass sie sich bemühen wolle, die Einschränkungen aufzuheben. Offenbar verfügt sie nicht über genug Macht, um die wiederholten Ankündigungen durchzusetzen.

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WIRTSCHAFT

• Raketenprogramm
• IAEA: Iran hält sich ans Atomabkommen
• Trump: Keine Kredite des IWF für Iran
• Arbeitslosigkeit liegt in manchen Städten bei 60 Prozent
• Deutsch-iranischer Handel floriert, aber es gibt Probleme
• USA wollen Handel zwischen Europa und Iran nicht verhindern


RAKETENPROGRAMM

Am 6. Oktober meldete die Agentur Reuters, Insidern zufolge habe Iran die Bereitschaft signalisiert, über sein Raketenprogramm zu verhandeln. Diese Meldung steht im Widerspruch zu der bisherigen Politik der Islamischen Republik. Noch am selben Tag hat das Teheraner Außenministerium betont, das Raketenprogramm diene ausschließlich der Verteidigung des Landes und stehe nicht zur Verhandlung. Auch im Anschluss an die Rede des US-Präsidenten Donald Trump auf der UN-Vollversammlung im September, bei der er Iran als "Schurkenstaat" bezeichnet hatte, reagierte Iran mit neuen Raketentests.

In Reaktion auf die Meldung von Reuters sagte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Bahram Ghassemi, Iran betrachte das Raketenprogramm als sein "verbrieftes Recht" und werde es verstärkt fortsetzen.

Indes erteilte die US-Regierung, laut AFP-Meldung vom 7. Oktober, ihre Zustimmung für den Verkauf des Raketenabwehrsystems Thaad an Saudi-Arabien für 15 Milliarden Dollar. Der Verkauf diene der Sicherheit der USA, Saudi-Arabiens und der Region am Persischen Golf "angesichts der iranischen und anderer regionaler Bedrohungen", hieß es in einer Erklärung des US-Außenministeriums.

Am 15. Oktober bekräftigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die britische Premierministerin Theresa May in einem Telefonat, dass sie an dem Atomabkommen mit Iran festhielten, fügten aber hinzu, dass die Weltgemeinschaft Wege finden müsse, um die destabilisierenden Aktivitäten Irans und der Weiterentwicklung seines Raketenprogramms Einhalt zu gebieten.

Am 19. Oktober veröffentlichten die Revolutionsgarden eine Erklärung, in der sie sich für die "klare und unmissverständliche Reaktion der Verantwortlichen auf das unsinnige Gefasel von Trump" bedankten. Sie betonten, dass die Garden ihren entschlossenen Kampf gegen internationale Arroganz fortsetzen und in diesem Zusammenhang auch das Raketenprogramm weiterentwickeln würden. Die feindlichen Äußerungen von Trump, seine beleidigenden Worte gegen das iranische Volk und "die neuen ungerechten Sanktionen gegen die Garden" seien "eine Reaktion auf die Niederlage der teuflischen Pläne des Weißen Hauses und des zionistischen Regimes, die die islamischen Staaten spalten sollten und ein Zeichen der Wut über die Erfolge der Islamischen Republik in der Region". Dank der einheitlichen Unterstützung, die die Garden durch das iranische Volk erhalten hätten, "werden sie gemeinsam mit den regulären Streitkräften rascher als bisher und ohne Zögern das Raketenprogramm weiterentwickeln".

Am 21. Oktober erklärte der außenpolitische Berater des Revolutionsführers, Ali-Akbar Welayati, Iran sei unter keinen Umständen bereit, mit dem Westen, auch nicht mit der EU, über seine Politik in der Region oder über sein Raketenprogramm zu verhandeln. "Unsere Verteidigungsstrategie, egal ob nun mit oder ohne Raketenprogramm, ist unsere rote Linie und geht niemanden etwas an", sagte er. Iran habe als ein Staat des Nahen Ostens, wie jeder andere Staat, das Recht in der Region Verbündete zu haben und seine geopolitischen Interessen zu verfolgen. Man solle eher fragen, was jene, "die uns kritisieren, in der Region zu suchen haben. (...) Wir brauchen für die Umsetzung unserer strategischen Interessen keine Erlaubnis vom Ausland", sagte Welayati, der mehrere Jahre Außenminister war.

Am 26. Oktober beschloss das US-Repräsentantenhaus mit einer überwältigenden Mehrheit, den Präsidenten dazu zu verpflichten, zu prüfen, welche ausländischen und inländischen Unternehmen mit dem iranischen Raketenprogramm in Verbindung stehen, und das Parlament über jeden Raketentest Irans zu informieren. 423 Abgeordnete stimmten dem Beschluss zu, es gab nur zwei Gegenstimmen. Damit der Beschluss zum Gesetz wird, muss er noch vom Senat verabschiedet werden. Nachdem Präsident Trump nicht bestätigte, dass Iran sich an das Atomabkommen halte, hatte der Kongress zwei Monate Zeit, um gegen Iran neue Sanktionen zu beschließen oder auch ausgesetzte Sanktionen wieder zu aktivieren.


IAEA: IRAN HÄLT SICH ANS ATOMABKOMMEN

In Reaktion auf die Rede des amerikanischen Präsidenten über die neue Iran-Strategie seiner Regierung erklärte der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Yukia Amano, erneut, Iran halte sich an das Abkommen. Iran unterliege den weltweit strengsten Kontrollen durch die IAEA. Die Behörde habe "bisher Zugang zu allen Orten, die sie besuchen wolle", sagte Amano.

Am 19. Oktober meldete sich Amano wieder zu Wort. Die Inspektoren könnten in Iran "ohne Probleme" ihre Arbeit fortsetzen. Die Führung in Teheran verhalte sich trotz der Drohungen aus den USA "sehr vernünftig", sagte der IAEA-Chef in Paris.

Am gleichen Tag warnten die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Gipfel in Brüssel die USA vor einer Kündigung des Atomabkommens.


TRUMP: KEINE KREDITE DES IWF FÜR IRAN

US-Präsident Donald Trump hat die US-Vertreter beim Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen, ab sofort Kreditanträge Irans an den IWF abzulehnen. Begründet wird die Anweisung mit der Untätigkeit des Iran gegen Menschenschmuggel. Auch Russland und Nordkorea sind von der Anweisung betroffen.

Das US-Außenministerium hatte in seinem im Juli veröffentlichen Jahresbericht Iran auf die Liste jener Staaten gesetzt, die gegen Menschenschmuggel keine besonderen Schritte unternehmen. Darin heißt es, es gebe in Iran organisierte Banden, die Frauen, Mädchen und Jungen zum Zweck der Ausübung der Prostitution innerhalb des Landes oder nach Afghanistan, Irak, Pakistan, die Arabischen Emirate und Europa schmuggelten. Demnach habe der Schmuggel von Frauen aus Iran oder aus anderen Ländern über Iran in der Golfregion in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

Bezugnehmend auf den Bericht ordnete Trump Strafmaßnahmen gegen Iran und einige andere Länder an. Demnach sollen unter anderem sämtliche humanitäre Hilfen an Iran, Sudan und Venezuela ab sofort eingestellt werden. Diese Maßnahme basiert auf ein im Jahr 2000 in den USA verabschiedeten Gesetz, das Staaten, die den Menschenschmuggel in ihren Ländern nicht bekämpfen, von humanitären Hilfen ausgeschlossen werden.

Das Teheraner Außenministerium lehnte den Vorwurf ab und beschuldigte seinerseits die USA, den Menschenschmuggel weltweit zu fördern.


ARBEITSLOSIGKEIT LIEGT IN MANCHEN STÄDTEN BEI 60 PROZENT

Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli schrieb in seinem Jahresbericht zur sozialen Lage des Landes, der landesweite Durchschnitt der Arbeitslosigkeit liege zwar bei 12 Prozent, doch in manchen Städten seien bis zu 60 Prozent der Erwerbsfähigen arbeitslos.

Der Bericht über die soziale Lage wird für den Revolutionsführer, den Staatspräsidenten, den Parlamentspräsidenten und den Justizchef erstellt. Im vergangenen Jahr machte der Bericht Schlagzeilen. Besonders schockierend war die Zahl der Slumbewohner, die mit 11 Millionen angegeben wurde. Auch die Zahl von 1,5 Millionen Drogensüchtigen warf ein grelles Licht auf die unhaltbare soziale Lage. Vergeblich versucht die Justiz durch harte Strafen der Drogensucht Einhalt zu gebieten. Dem Bericht des Innenministers zufolge werden jährlich 600.000 Menschen ins Gefängnis gesteckt, die meisten von ihnen in Zusammenhang mit Drogenschmuggel.

Der Minister hob besonders die Arbeitslosigkeit unter Akademikern hervor. Seinen Angaben zufolge liege diese weit über dem Durchschnitt.

Laut Angaben des Amtes für Statistik habe die Zahl der Arbeitslosen Akademiker vor zwei Jahren insgesamt bei 2,730 Millionen gelegen, im vergangenen Jahr sei sie auf 3,2 Millionen gestiegen. Allerdings liegt die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen weit höher. Denn in Iran werden alle Teilzeitbeschäftigten, selbst wenn sie eine Stunde in der Woche arbeiten, als Beschäftigte betrachtet.


DEUTSCH-IRANISCHER HANDEL FLORIERT, ABER ES GIBT PROBLEME

Laut den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom 18. Oktober gab Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries bekannt, dass der Handel zwischen Deutschland und Iran seit dem Atomabkommen stark gestiegen sei. Demnach habe das Handelsvolumen im vergangenen Jahr rund drei Milliarden Euro betragen. Der deutsche Export nach Iran sei um 26 Prozent gestiegen, er liege aktuell bei 2,6 Milliarden Euro.

"Eine gute wirtschaftspolitische Entwicklung und damit eine Steigerung des Lebensstandards wird auch positive Signale in den Iran selbst aussenden", sagte Zypris. "Wir wollen dieses Abkommen (Atomabkommen) daher auch weiterhin mit Leben füllen." Die Ministerin betonte mit Blick auf die ablehnende Haltung der USA die Wichtigkeit des Atomabkommens. Das Abkommen diene der Sicherheit und Stabilität der gesamten Region, sagte sie.

Indes zeigten sich die deutschen Wirtschaftsverbände besorgt über die Attacken US-Präsident Trumps gegen Iran und seine Drohungen, das Atomabkommen zu kündigen. Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, sagte am 13. Oktober der deutschen Presseagentur, eine Kündigung des Atomabkommens durch die USA wäre "ein Schlag ins Kontor der sich wieder deutlich belebenden Handelsbeziehungen" mit Iran. Eine Wiederaufnahme der Sanktionen gegen Iran wäre "eine herbe Enttäuschung", zitierte die dpa Treier. "Auch die deutsche Wirtschaft hat sich darauf verlassen, dass die internationale Vereinbarung und damit die neue, erleichterte Sanktionslage gilt."

Der DIHK erwartete, nach dem Atomabkommen und der teilweisen Aufhebung der Sanktionen, das Handelsvolumen innerhalb von zwei Jahren von 2,4 Milliarden auf fünf Milliarden und innerhalb von fünf Jahren sogar auf zehn Milliarden erhöhen zu können. Diese Erwartungen wurden inzwischen stark gedämpft, weil die Probleme im Finanzsektor nicht beseitigt wurden. Trotzdem räumte Treier ein, dass es beim Handel mit Iran aufwärtsgehe. "Immerhin bewegen wir uns auf einem für den deutschen Export ja überdurchschnittlichen Wachstumspfad mit dem Iran", sagte er. Eine Wiederaufnahme von Sanktionen würde diese Entwicklung abbrechen, so Treier. Allerdings würden die mittelständischen Handelsbeziehungen mit Iran nicht "wieder auf null zurückgefahren, wie wir sie 2015 und 2014 hatten", fügte Treier laut dpa hinzu.

Treier äußerte die Befürchtung, dass Trumps Attacken gegen Iran, selbst wenn dies nicht zur Kündigung des Atomabkommens und Wiederaufnahme der Sanktionen führen sollten, sich besonders auf die Aktivitäten der Großunternehmen in Iran negative auswirken würden. "Je größer das Unternehmen ist und je stärker es in die USA exportiert, desto mehr würde eine solche Interregnumsphase die Verunsicherung schüren", sagte er. Die Folge sei, dass die Unternehmen sich bei Geschäften mit und Investitionen in Iran weit mehr als bisher zurückhielten.

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) zeigte sich besorgt über die Haltung der US-Regierung gegenüber Iran. "Die Rückkehr von Sanktionen wäre eine große Gefahr für die Wiedereingliederung des Landes (Irans) in die Weltgemeinschaft", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf laut der Agentur Reuters am 13. Oktober. "Die deutsche Wirtschaft ist überzeugt, dass eine wirtschaftliche Isolation des Iran die Sicherheitslage in der Region gerade nicht stabilisiert." Kempf plädierte dafür, die Reformkräfte in Iran zu unterstützen und durch Aufhebung der Sanktionen den Prozess der Modernisierung des Landes zu beschleunigen. "Die Abkehr vom Nuklearprogramm muss sich für die Iraner sichtbar und im Alltagsleben lohnen. Das geht nur durch die Wiedereingliederung des Iran in die Weltgemeinschaft, auch und vor allem wirtschaftlich", sagte Kempf.

Besorgt über die Folgen der US-Politik gegenüber Iran zeigte sich auch der Verband der Bahnindustrie (VDB). "Es ist schon ein bisschen traurig, dass die eigentlich hoffnungsvolle Entwicklung jetzt erst mal durch die jüngsten Äußerungen (Trumps) ein bisschen 'ON Hold' ist", sagte der VDB-Präsident Volker Schenk laut Reuters am 17. Oktober. Iran habe weitreichende Pläne zum Ausbau der Schienenwege. Es sei zu bezweifeln, ob Investoren nach der jüngsten Entwicklung bereit wären, in Iran zu investieren.

Zu diesem Thema nahm auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel Stellung. Die von den USA angekündigten Sanktionen seien ein "Angriff auf unser deutsches Exportmodell", sagte er dem Handelsblatt am 19. Oktober. Viele Deutsche Unternehmen hielten sich bei Geschäften mit Iran zurück, "weil sie Angst haben, sofort wieder von nationalen US-Sanktionen betroffen zu sein". Schwer sei es auch Kredite für Geschäfte mit Iran zu bekommen. Denn auch die Banken verhielten sich bei Kreditvergabe sehr zögerlich. Wer in Iran investiere, müsse befürchten, dass seine Investition verloren ginge.


USA WOLLEN HANDEL ZWISCHEN EUROPA UND IRAN NICHT VERHINDERN

Sowohl US-Außenminister Rex Tillerson als auch Präsident Donald Trump signalisierten den Europäer grünes Licht für den Handel mit Iran.

Trump hatte die Reaktionen auf seine neue Iran-Strategie laut dpa vom 14. Oktober im Kurznachrichtendienst Twitter mit den Worten kommentiert: "Viele Leute reden heute mit großem Einvernehmen über meine Iran-Rede. Die Beteiligten an dem Abkommen machen viel Geld aus dem Handel mit Iran!"

Viele europäische Staaten hatten nach der Rede Trump kritisiert, er schade mit seiner Drohung, aus dem Atomabkommen mit Iran auszusteigen, der Wirtschaft ihrer Länder. Dazu erklärte US-Außenminister Tillerson in einem Interview mit dem "Wall Street Journal" am 20. Oktober, die USA wollten den europäischen Staaten beim Handel mit Iran kein Hindernis sein. Dies habe auch Präsident Trump deutlich gesagt. "Er (Trump) hat klar gesagt: Das geht in Ordnung. Ihr (Europäer) macht, was ihr wollt."

Am 23. Oktober sagte Trump in einem Interview mit dem Sender Fox News, die Länder Europas hätten freie Hand, weiter mit Iran Geschäfte zu machen, vor allem Deutschland und Frankreich. "Sie (Macron und Merkel) sind Freunde von mir, sie sind es wirklich. Ich komme mit ihnen allen gut aus, sei es Emmanuel, sei es Angela", sagte er. "Ich sage Ihnen, macht ruhig weiter Geld, Sorgt euch nicht. Wir brauchen euch hierbei nicht." Die "Milliarden Dollar", die diese Länder aus dem Geschäft mit Iran verdienten "machten es für diese Länder ein Bisschen schwerer, gewisse Dinge zu tun. Würden sie es tun, wenn ich wirklich darauf bestünde? Ich glaube, sie würden es, aber ich habe ihnen gesagt, ruhig weiter Geld zu machen, wir brauchen euch hierbei nicht."

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AUSSENPOLITIK

• Ausbau der Front gegen Iran
• Trumps neue Iran-Politik
• Internationale Reaktionen auf Trumps Rede
• Reaktionen aus Iran
• Neue US-Sanktionen gegen Revolutionsgarden
• Iran, Irak und die Türkei gegen Kurden
• HRW: Iran schickt junge Afghanen in den syrischen Krieg
• Saudischer König wirft Iran Einmischung in Belange der Region vor
• Sarif trifft Sultan Qabus
• Neue Vorwürfe gegen britisch-iranische Staatsbürgerin
• Iran an Cyberangriff auf E-Mails britischer Parlamentarier beteiligt


AUSBAU DER FRONT GEGEN IRAN

Die USA haben am 22. Oktober bei der Gründung eines Koordinationskomitees durch den saudischen König Salman und den irakischen Ministerpräsidenten Hidar al-Abadi Pate gestanden. US-Außenminister Rex Tillerson rief die beiden Staaten dazu auf, gemeinsam gegen den wachsenden Einfluss und dem "bösartigen Verhalten" Irans in der Region eine Front zu bilden. Zudem solle Saudi-Arabien, nachdem Irak den Islamischen Staat (IS) aus den Städten vertrieben habe, das Land beim Wiederaufbau finanziell unterstützen. Ein blühender, unabhängiger Irak könne bei der Zurückweisung der Islamischen Republik eine wichtige Rolle spielen, sagte der Minister auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem saudischen Außenminister Adel al-Dschubair in Riad. "Wir glauben, dass dies in mancher Hinsicht den unproduktiven Einflüssen Irans im Irak entgegenwirken wird. Diese ausländischen (iranischen) Kämpfer müssen nach Hause gehen."

Tillerson appellierte auch an andere arabische Staaten, Iran zu isolieren. Auch von Europa erwarte er Unterstützung, sagte der Minister in Riad. "Wir hoffen, dass europäische Unternehmen, Länder und andere in der Welt sich den USA anschließen, wenn wir ein Sanktionssystem schaffen, das bestimmte Aktivitäten der (iranischen) Revolutionsgarden verbietet, die in der Region Instabilität fördern, zu Zerstörungen in der Region führen."

Lange Zeit hindurch waren die Beziehungen zwischen Riad und Bagdad alles andere als befriedigend. Die irakische Invasion in Kuwait im August 1990 hatte zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern geführt. Sie wurde erst 2015 wiederaufgenommen. Nicht zuletzt mit der Unterstützung der USA gab es in der jüngsten Zeit Annäherungsversuche, die auch bestimmte gemeinsame Projekte ermöglichten, wie zum Beispiel die Wiederaufnahme von Direktflügen zwischen Riad und Bagdad und die Eröffnung eines großen Grenzübergangs. Tillerson sprach in Zusammenhang mit den saudisch-irakischen Beziehungen von einem "großen Potenzial".

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif reagierte mit scharfen Worten auf die Äußerungen Tillersons. Die amerikanische Außenpolitik sei "beschämend", sagte er der Agentur Isna zufolge am 22. Oktober während seines Besuchs in Südafrika. Die USA sollten ihre "falsche Sicht" rasch ändern und aufhören, Saudi-Arabien bei der "Tötung von Kindern und alten Menschen" in Jemen zu unterstützen. Es sei eine Tatsache, dass die Verbündeten der USA, für deren Öl-Dollar die US-Administration "schöne Tänze aufführt", die für Instabilität und die Krisen der Region verantwortlich seien.

Leider sei die US-Regierung nicht bereit, ihre Fehler zu korrigieren und von ihrem neuen Iran-Kurs abzuweichen, fuhr Sarif fort. Iran stelle für die Region keine Gefahr dar. Er sei im Gegenteil bemüht, mit dem Kampf gegen den IS, im Nahen und Mittleren Osten, wieder Frieden und Stabilität herzustellen. "Ohne Iran würde der IS jetzt in Damaskus, Bagdad und Erbil regieren."

Indes wies Iraks Ministerpräsident al-Abadi die Forderung Tillersons zurück, iranische Milizen nach Hause zu schicken. Die schiitischen Kämpfer, die in der paramilitärischen Hasched-al-Schaabi organisiert seien, seien irakische Staatsbürger, "die gegen den Terrorismus gekämpft, ihr Land verteidigt und sich im Kampf gegen den IS geopfert haben", erklärte Abadi laut AFP am 24. Oktober. Zudem sei niemand berechtigt, sich in innere Angelegenheiten seines Landes einzumischen, hieß es in einer Erklärung, die von al-Abadis Büro veröffentlicht wurde.

Tillerson hatte al-Abadi noch einmal in Bagdad getroffen. Er war nach dem Besuch in Saudi-Arabien und Katar nach Afghanistan gereist und hielt sich danach kurz in der irakischen Hauptstadt auf.

Die 60.000 Kämpfer zählende Milizorganisation Haschad al-Schaabi besteht vorwiegend aus Schiiten. Sie untersteht direkt dem Büro des Ministerpräsidenten. Laut einem Parlamentsentscheid ist sie Teil der irakischen Regierungstruppen. Sie hat bei der Vertreibung des IS eine entscheidende Rolle gespielt. Es ist aber kein Geheimnis, dass die iranischen Revolutionsgarden, namentlich ihre Abteilung Al-Kuds, die für Auslandseinsätze zuständig ist, bei der Organisierung der Milizen sowie bei den Kampfhandlungen stark mitgewirkt haben.


TRUMPS NEUE IRAN-POLITIK

US-Präsident Donald Trump hat am 13. Oktober seine Wochen zuvor angekündigte neue Iran-Strategie veröffentlicht. Ziel der neuen Strategie ist es, Irans Einfluss im Nahen und Mittleren Osten einzuschränken. Zu diesem Zweck soll der Druck auf Iran verstärkt werden. (Wir zitieren an dieser Stelle aus der deutschen Übersetzung, wie sie die US-Botschaft auf ihrer Website veröffentlicht hat, https://de.usembassy.gov/de/iran-strategie/)

Oberste Pflicht des Präsidenten der Vereinigten Staaten sei, "die Sicherheit und den Schutz des amerikanischen Volkes zu gewährleisten", sagte Trump. Die Geschichte habe gezeigt, dass man eine Gefahr nicht ignorieren dürfe. "Aus diesem Grund habe ich bei meinem Amtsantritt eine vollständige strategische Überprüfung unserer Politik gegenüber dem Unrechtsregime im Iran angeordnet." Diese sei nun abgeschlossen. Die neue Strategie habe das Ziel sich "den feindlichen Handlungen des iranischen Regimes entgegenzustellen und sicherzustellen, dass Iran niemals - und ich meine niemals - in den Besitz von Atomwaffen gelangt."

Iran werde von einem "fanatischen Regime" beherrscht, einem Regime, das die "Reichtümer einer der weltweit ältesten und dynamischsten Nationen geplündert und überall auf der Welt Tod, Zerstörung und Chaos verbreitet."

Trump verweist auf die Geiselnahme der Angehörigen der US-Botschaft 1979, die 444 Tage in der Geiselhaft verbringen mussten. Die Iraner hätten die "Terrorgruppe Hisbollah" in Libanon aufgebaut, zweimal, 1983 und 1984, die US-Botschaft in Beirut zerstört und bei einem Bombenanschlag in Beirut 241 amerikanische Soldaten getötet. Auch in Saudi-Arabien habe 1996 ein von Iran geplanter Anschlag zum Tod von 19 Amerikanern geführt. Iran habe auch bei den Bombenanschlägen auf die amerikanischen Botschaften in Kenia und Tansania, verübt durch Al-Kaida, mitgewirkt, bei denen 224 Menschen getötet und mehr als 4.000 verletzt worden waren (1998).

Weiter warf Trump Iran vor, nach den Anschlägen vom 11. September, führende Terroristen, darunter den Sohn von Osama bin Laden, beherbergt und in Afghanistan und im Irak hunderte von amerikanischen Militärangehörigen getötet zu haben. "Die aggressive Politik der iranischen Diktatur setzt sich bis heute fort", so Trump. Das Regime sei weltweit führend bei der staatlichen Unterstützung terroristischer Gruppen, es unterstütze Al-Kaida, die Taliban, die Hisbollah, die Hamas und andere terroristische Netzwerke, bedrohe damit die amerikanischen Truppen und deren Verbündeten, entwickle und verbreite Raketen und bedrohe amerikanische Schiffe und die Schifffahrt im "Arabischen Golf" und im Roten Meer (die Bezeichnung des Persischen Golfs als "Arabischen Golf" löste in Iran, selbst bei Oppositionellen heftig Proteste aus). Schließlich übe Iran Cyber-Angriffe gegen sensible Bereiche der amerikanischen Infrastruktur und das amerikanische Finanz- und Militärsystem aus.

Nicht allein die USA seien Ziel des "langen Feldzugs des Blutvergießens der iranischen Diktatur" sagte Trump weiter. Das Regime unterdrücke das eigene Volk, wie bei den Protesten von 2009, es unterstütze auch die Gräueltaten des Regimes in Syrien, dulde Assads Einsatz von chemischen Waffen und treibe "religiös motivierte Gewalt" in Irak und "schreckliche Bürgerkriege in Jemen und Syrien". Irans Lieblingsparolen seien "Tod den Vereinigten Staaten" und "Tod für Israel".

Angesichts dieser "mörderischen Vergangenheit und Gegenwart" und "der düsteren Vision für die Zukunft" hätten die USA und der UN-Sicherheitsrat jahrelang über Iran Sanktionen verhängt, um dem Streben des Landes nach Atomwaffen Einhalt zu gebieten. Doch kurz vor dem "vollständigen Zusammenbruch" habe die Vorgängerregierung 2015 ein Abkommen mit Iran vereinbart und die Sanktionen aufgehoben. Dieses Abkommen sei, wie schon mehrfach gesagt, einer "der schlechtesten und einseitigsten Vereinbarungen, auf die sich die Vereinigten Staaten je eingelassen" hätten. Die iranische Regierung habe Milliarden Dollar für die Terrorismusfinanzierung verwendet. Sie erhielt auch einen massiven Barausgleich in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar von den USA, wovon ein großer Teil mit dem Flugzeug nach Iran gebracht worden sei.

Das Schlimmste an dem Atomabkommen sei jedoch, dass Iran "bestimmte Bestandteile seines Atomprogramms" weiterentwickeln könne, und, da nach wenigen Jahren Schlüsselbeschränkungen aufgehoben würden, werde das Land in der Lage sein, Nuklearwaffen herzustellen. "Für mich als Präsidenten der Vereinigten Staaten ist das inakzeptabel", betonte Trump.

Das Regime in Teheran habe mehrfach gegen das Abkommen verstoßen, zum Beispiel "wurde (...) bereits zweimal die zulässige Menge an Schwerwasser von 130 Tonnen überschritten." Es habe auch beim Betrieb fortschrittlicher Zentrifugen bis vor kurzem nicht die Erwartungen erfüllt. Das Regime habe "internationale Inspektoren unter Druck gesetzt", ihnen den Zugang zu Militärbasen nicht erlaubt, obgleich von der internationalen Gemeinschaft vermutet werde, dass solche Standorte Teil des iranischen Geheimprogramms für Nuklearwaffen gewesen seien. Es gebe auch viele Menschen, die glaubten, dass Iran mit Nordkorea zusammenarbeite. "Ich werde unsere Nachrichtendienste anweisen, eine gründliche Analyse durchzuführen und über ihre bisherigen Erkenntnisse hinaus Bericht zu erstatten."

"Iran wird dem Geist des Abkommens nicht gerecht", sagte Trump weiter. "Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch den Iran und nach umfassenden Konsultationen mit unseren Verbündeten kündige ich daher heute eine neue Strategie an, die sich mit dem gesamten Spektrum des zerstörerischen Handelns Irans befasst."

"Erstens werden wir mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten, um der Destabilisierung durch das Regime und seiner Unterstützung terroristischer Stellvertreter in der Region entgegenzuwirken. Zweitens werden wir zusätzliche Sanktionen gegen das Regime verhängen, um seine Finanzierung des Terrorismus zu unterbinden. Drittens werden wir uns mit der Weiterverbreitung von Raketensystemen und Waffen befassen, die seine Nachbarn, den Welthandel und die Freiheit der Schifffahrt bedrohen. Und schließlich werden wir dem Regime alle Möglichkeiten verwehren, an Atomwaffen zu gelangen."

Trump kündigte auch die nächsten konkreten Schritte an, die "Verhängung harter Sanktionen gegen das Korps der Islamischen Revolutionsgarden im Iran". Die Garde sei die "persönliche, korrupte Terrortruppe und Miliz des geistlichen Oberhauptes Irans." Sie habe große Teile der iranischen Wirtschaft gekapert und massive religiöse Mittel umgeleitet, um Krieg und Terror im Ausland zu finanzieren. Dazu gehörten die Bewaffnung des syrischen Diktators, die Versorgung von Vertretern und Partnern mit Raketen und Waffen, mit dem Ziel Zivilisten in der Region anzugreifen und sogar die Bombardierung eines beliebten Restaurants in Washington D.C. vorzubereiten.

"Ich autorisiere das Finanzministerium, wegen der Unterstützung von Terrorismus weitere Sanktionen gegen das Korps der Islamischen Revolutionsgarden, seine Beamten, Agenten und Unterstützer zu verhängen", sagte Trump. Er forderte alle Verbündeten auf, gemeinsam gegen die destabilisierenden Aktivitäten Irans in der Region und dessen Raketenprogramm vorzugehen.

Zum Atomabkommen erklärte Trump, er werde nicht bestätigen, dass Iran sich an das Abkommen gehalten habe. Er wolle nicht den Weg weitergehen, "dessen Ende mehr Gewalt, mehr Terror und die sehr reale Bedrohung eines atomaren Durchbruchs Irans absehbar sind". Er fordere den Kongress auf, in Zusammenarbeit mit Verbündeten, die "vielen ernsten Fehler des Abkommens," aufzuheben. Dazu gehörten die Sunset-Klauseln des Deals, die in wenigen Jahren wichtige Restriktionen für das iranische Nuklearprogramm beseitigen würden. Zudem müsse auch das Raketenprogramm Irans mit in das Abkommen einbezogen werden, um das Land an dem Bau von interkontinental-ballistischen Raketen zu hindern. "Sollten wir jedoch nicht in der Lage sein, gemeinsam mit dem Kongress und unseren Verbündeten eine Lösung zu finden, werden wir das Abkommen aufkündigen", betonte Trump.


INTERNATIONALE REAKTIONEN AUF TRUMPS REDE

Unmittelbar nach Trumps Rede kamen die Glückwünsche aus Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte in einer Videobotschaft, die in Washington veröffentlicht wurde, Trump habe dem terroristische Regime Irans mutig den Kampf angesagt. "Wenn das Iran-Abkommen unverändert bleibt, ist eines ganz sicher: In ein paar Jahren würde das weltweit führende Terrorregime Atom-Waffen besitzen und das ist eine gewaltige Gefahr für unsere gemeinsame Zukunft." Zwei Tage später lobte der Ministerpräsident Trump abermals auf einer Kabinettssitzung in Jerusalem. "Wenn sich nichts ändert, wird Iran binnen weniger Jahre über ein Arsenal von Atomwaffen verfügen", sagte er. "Der Vertrag stoppt dies nicht, schafft einen sichern Weg zu einem Anreicherungssystem, das Iran schnell Dutzende Atomwaffen verschaffen kann." Trumps Entscheidung gewähre die Chance, "das Abkommen zu verbessern und die wachsende iranische Aggression in unserer Region zu stoppen". Es sei lobenswert, Irans Revolutionsgarde zu bestrafen, die als "zentraler Arm Irans zur Verbreitung von Terror in der Welt" diene.

Am 26. Oktober erklärte Israel Katz, Israels Geheimdienstminister, laut einer Meldung der Agentur Reuters bei einem Besuch in Tokio, sein Land sei bereit, den Bau von Atomwaffen durch Iran auch mit militärischen Mitteln zu verhindern. "Wenn die derzeit von US-Präsident Donald Trump angeführten Bemühungen nicht verhindern, dass Iran atomare Fähigkeiten erlangt, wird Israel auf eigene Entscheidung militärisch handeln", sagte der Minister. "Ich habe die japanische Regierung gebeten, die von Präsident Trump ergriffenen Maßnahmen zur Änderung des Atomabkommens zu unterstützen."

Auch Saudi-Arabien lobte Trumps neue Iran-Strategie. Das Atomabkommen habe Iran freie Hand gelassen, um sein Raketenprogramm weiterzuentwickeln und militante Gruppen, wie die libanesische Hisbollah, zu unterstützen, erklärte die Regierung in Riad.

Von den beiden genannten Staaten ausgenommen, lösten Trumps Äußerungen bei den meisten Staaten der Welt Besorgnis und Protest aus. Gleich am 13. Oktober veröffentlichten die Regierungschefs von Frankreich, Deutschland und Großbritannien eine gemeinsame Erklärung, in der es hieß: "Wir, die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs nehmen die Entscheidung von US-Präsident Trump zur Kenntnis, die Einhaltung des 'Joint Comprehensive Plan of Action' (JCPoA) durch Iran nicht zu bestätigen. Wir sind besorgt angesichts der möglichen Auswirkungen. (...) Wir ermuntern daher die US-Regierung und den Kongress, die Auswirkungen auf die Sicherheit der USA und deren Verbündeten zu prüfen, bevor sie Schritte unternehmen, die das JCPoA schwächen könnten, wie zum Beispiel die Wiedereinführung von Sanktionen, die unter den Bestimmungen des Abkommens aufgehoben sind."

Die europäischen Staatschefs teilten allerdings die Sorge Trumps bezüglich des "ballistische Raketenprogramm(s) und die regionalen Aktivitäten Irans", von denen auch die europäischen Interessen berührt seien. "Wir sind bereit, hierzu in enger Abstimmung mit den USA und allen beteiligten Partnern weitere angemessene Maßnahmen zu ergreifen", hieß es in der Stellungnahme. Von Iran erwarteten die Staatchefs, sich "in einen konstruktiven Dialog zur Beendigung destabilisierender Aktivitäten einzubringen und auf Verhandlungslösungen hinzuarbeiten".

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel forderte am 14. Oktober die USA dazu auf, das Atomabkommen nicht aufzukündigen oder deswegen erneut Sanktionen in Kraft zu setzen, zitierte die dpa den Minister aus einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Eine solche Politik würde die Gefahr eines Krieges in der Nähe Europas erhöhen, so Gabriel. Zudem würden sich in Iran jene Kräfte durchsetzen, "die schon immer dagegen waren, mit dem Westen zu verhandeln". Das Ergebnis wäre ein Rückfall in die Vergangenheit, eine Wiederaufnahme der Entwicklung nuklearer Waffen. "Israel wird sich das nicht gefallen lassen und wir sind wieder genau da, wo wir vor zehn, zwölf Jahren waren - bei einer Kriegsgefahr in relativer Nähe zu Europa."

Noch schärfer äußerte sich Gabriel in einem Interview mit dem Handelsblatt vom 19. Oktober. Trumps Ziel sei "das zu zerstören, was unter seinem Vorgänger Obama aufgebaut wurde: erst die Gesundheitsreform, dann das internationale Klimaabkommen und nun das Atomabkommen mit Iran. Außenpolitik wird damit degradiert zur Erfüllung der Wahlpropaganda." Gabriel fuhr fort: "Ein Ende des Atomvertrags mit dem Iran ist derzeit die größte außenpolitische Gefahr. Die Welt wird nicht sicherer, sollte der Iran nach einem Scheitern des Atomvertrags die Entscheidung treffen, sich doch atomar zu bewaffnen."

Die Außenbeauftragte der EU, Federica Mogherini, sagte am 13. Oktober laut dpa, das Atomabkommen sei kein bilaterales Abkommen, das von einem Land gekündigt werden könnte. "Der Präsident der Vereinigten Staaten hat viele Befugnisse - dieses gehört nicht dazu", sagte sie. Sie wies darauf hin, dass Iran sich an das Abkommen gehalten habe und fügte hinzu: "Wir können es uns als internationale Gemeinschaft nicht leisten, ein Abkommen zu gefährden, das funktioniert und seine Ziele erfüllt."

Russlands Außenminister Sergej Lawrow äußerte sein Bedauern darüber, dass Präsident Trump Iran die Einhaltung des Atomabkommens nicht bestätigt habe, berichtete dpa am 14. Oktober. Er hoffe, dass dies nicht die Umsetzung des Vertrags beeinträchtigen werde. "Wir werden unser Bestes geben, damit der Deal nicht zunichtegemacht wird", sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow.

Auch China warnte die USA, das Abkommen zu kündigen. Die Agentur AFP zitierte am 13. Oktober den Sprecher des Außenministeriums in Peking, Hua Chunying, die Volksrepublik sei überzeugt, dass "dieses Abkommen zur Wahrung des internationalen Systems für die Nicht-Verbreitung von Atomwaffen sowie zu Frieden und Stabilität in der Region beiträgt. Wir hoffen, dass alle Parteien weiterhin das Abkommen einhalten und umsetzen werden."


REAKTIONEN AUS IRAN

Revolutionsführer Ali Chamenei äußerte sich erst nach Tagen zu Trumps Rede. "Es wäre Zeitverschwendung auf den Unsinn des vulgären amerikanischen Präsidenten zu reagieren", sagte er am 18. Oktober. "Auch dieses Mal werden die USA einen Schlag auf die Schnauze bekommen und eine Niederlage erleben." Zwar verkörpere Trump "Dummheit", aber das dürfe nicht zu einer falschen Einschätzung der List der Amerikaner führen. "Solange die Gegenseite das Abkommen nicht zerreißt, werden wir es nicht zerstückeln", sagte Chamenei. Politische Beobachter interpretieren diesen Satz als Wille Irans, an dem Abkommen festzuhalten, selbst dann, wenn die USA weitere Sanktionen beschließen sollten.

Chamenei sagte mit Blick auf die verschärften Sanktionen gegen die Revolutionsgarden, die USA hätten den "internationalen Zionismus und den Islamischen Staat (IS) organisiert". "Erwartet ihr, dass die USA nicht wütend sein sollen über jene Kraft, die dem IS Einhalt gebietet?" Die Islamische Republik habe die Pläne der USA in Libanon, Syrien, im Irak und in Ägypten vereitelt.

Präsident Hassan Rohani warf Trump Stimmungsmache gegen Iran und das Abkommen vor. Doch Trumps Bemühungen seien vergeblich, er könne die Politik der Islamischen Republik nicht beeinflussen, sagte Rohani am 23. Oktober. "Unser politischer Kurs in den letzten vier Jahren war richtig. ... daher sollten wir uns von der Stimmungsmache des amerikanischen Präsidenten nicht einschüchtern lassen." Trump habe zwar das Atomabkommen als schlechten Deal bezeichnet, ihn aber nicht kippen können, weil das Abkommen stabil und solide sei und international anerkannt werde. Es sei daher absurd, gegen Iran eine Drohkulisse aufbauen zu wollen. Iran halte sich an internationale Abmachungen, werde aber auch gemäß der Verfassung für die Fähigkeit sorgen, die Grenzen des Landes zu verteidigen. "Das Ausland kann daher weder unsere Verfassung ändern noch über unsere Verteidigungspolitik entscheiden." Auch die Rolle Irans in der Region sollte nicht kritisiert werden. Iran habe beim Kampf gegen den IS Syrien und den Irak unterstützt. "Es sollte inzwischen allen klargeworden sein, dass keine Krise in der Region ohne Iran lösbar ist", sagte der Präsident.

Auch der frühere Staatspräsident Mohammad Chatami nahm zu Trumps Äußerungen Stellung. Auf einer Versammlung von Studenten sagte er: "Trump ist ein Mensch, der einem ohne Skrupel in die Augen schauen und lügen kann. Ich habe in erster Linie Mitleid mit dem amerikanischen Volk und denke, dass zumindest die Elite des Landes mit diesem Präsidenten nicht froh ist, ja sich seiner sogar schämt." Die Feindschaft der USA gegenüber Iran sei nicht neu, "neu war die Verwendung einer falschen Bezeichnung für den Persischen Golf (Trump sprach von Arabischen Golf), mit der Absicht, den reichen arabischen Staaten zu schmeicheln". Sicherlich gebe es in Iran zwischen den Fraktionen Meinungsverschiedenheiten, aber bei der Verteidigung der nationalen Ehre, der Errungenschaften der Revolution und nationalen Interessen gegen Drohungen von außen, gebe es keine Differenzen. "Wie ist es möglich, dass jemand daherkommt und die Revolutionsgarden, die den Terroristen Widerstand leisten und unsere Revolution und Interessen verteidigen, beleidigt? Die Revolutionsgarden sind ein Spross der Revolution, sie gehören zu den Hauptpfeilern der nationalen Sicherheit."

Ölminister Bijan Namdar Sangeneh riet Trump, statt mit Iran zu streiten, solle er den amerikanischen Unternehmen erlauben, profitable Geschäfte mit dem Land zu machen. "Wir haben ja diesbezüglich den Amerikanern nie den Weg versperrt, es ist Trump, der dies tut" sagte der Minister.


NEUE US-SANKTIONEN GEGEN REVOLUTIONSGARDEN

Während der Erläuterung seiner neuen Iran-Strategie hat US-Präsident Donald Trump das Finanzministerium ermächtigt, weitere Strafmaßnahmen gegen die iranischen Revolutionsgarden zu ergreifen. Diese Anweisung wurde bereits nach wenigen Stunden vom Finanzministerium befolgt. Das Ministerium gab am 13. Oktober bekannt, dass es die Revolutionsgarden auf die Liste jener Organisationen gesetzt habe, die mit Sanktionen belegt werden. Als Grund wurde die Unterstützung "terroristischer Organisationen" wie die Hisbollah in Libanon, Hamas in Palästina und die Taliban in Afghanistan genannt.

Wenige Tage vor der Rede Trumps hatte der Oberkommandierende der Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari, die USA vor Schritten gegen die Garden gewarnt. Sollten die USA "so dumm sein" und die Garden auf die Liste der Terrororganisationen setzen, würden die Garden die US-Truppen im Nahen Osten und überall auf der Welt auf eine Stufe mit dem Islamischen Staat stellen, drohte der General. Dann müssten sie ihre Stützpunkte in einem Umkreis von zweitausend Kilometern räumen. Iran werde die "Dummheit" der US-Regierung als eine willkommene Gelegenheit betrachten, um sein Raketenprogramm sprunghaft weiterzuentwickeln. "Es ist ein Irrweg, wenn die USA glauben, mit ihren feindlichen Attacken, Iran zu Verhandlungen über die Region bewegen zu können. Wir werden die Probleme der Region an einem anderen Ort als an dem Verhandlungstisch lösen. Es gibt weder etwas zu verhandeln noch einen Partner, mit dem verhandelt werden könnte", sagte der General.

Außenminister Mohammad Dschawad Sarif bezeichnete die Garden als "Stolz der Nation". Gerade Sarif, der, wie Präsident Rohani, die Garden stets mit Skepsis betrachtete und sie als Bremse seines außenpolitischen Kurses empfand, sagte, jeder Iraner fühle sich den Garden zugehörig. Sie seien es gewesen, die in all den Jahren die Souveränität des Landes verteidigt und die nationale Sicherheit gewährleistet hätten. Trump solle "keinen strategischen Fehler" machen, sonst werde Iran sich gezwungen sehen, konsequent darauf zu reagieren.

Auch Präsident Rohani mahnte die USA. Auf einer Kabinettssitzung am 11. Oktober sagte er, sollten die Amerikaner den "nächsten Fehler" begehen und Maßnahmen gegen die Revolutionsgarden beschließen, wäre dies "ein Fehler in Potenz", denn die Garden seien "das Herz unseres Volkes", das jeden Angriff gegen sie mit aller Kraft abwehren werde. Rohani lobte die Garden und betonte, das Volk bilde gemeinsam mit den Garden ein einheitliches Bollwerk. "In dieser Hinsicht gibt es keinerlei Differenzen zwischen den politischen Fraktionen." Die Garden seien nicht nur in Iran beliebt, sondern auch in Irak, denn "sie waren es, die Bagdad gerettet haben, sie sind beliebt bei den Kurden, denn sie haben Erbil gerettet. Sie sind auch bei den Syrern beliebt, denn sie haben Damaskus gerettet, auch bei den Libanesen, denn sie haben die Ehre des libanesischen Volkes und ihre Unabhängigkeit gerettet."

Das US-Finanzministerium verhängte auch gegen vier Unternehmen Sanktionen, die mit den Garden eng verbunden sind. Die USA hatten bereits 2007 Sanktionen gegen die Revolutionsgarden beschlossen, sowohl wegen der Unterstützung des Raketen- und Atomprogramms, als auch wegen Verletzung der Menschenrechte. Die neuen Sanktionen, die eigentlich nicht wesentlich über die bereits bestehenden hinausgehen, richten sich gegen die Unterstützung "terroristischer Organisationen".

In den USA gibt es zwei Listen, bestehend aus Personen, Unternehmen und Institutionen, die als entweder als Terroristen oder als Unterstützer des Terrorismus eingestuft werden. Die Revolutionsgarden sind nicht, wie Iran zunächst befürchtete, auf die Liste der Terrororganisationen gesetzt worden. Allerdings stand Al-Kuds, die Abteilung der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze, bereits auf der Liste terroristischer Organisationen. Die Frage ist nun, welche konkreten Strafmaßnahmen gegen die Revolutionsgarden beschlossen werden. Werden die USA auch sämtliche in- und ausländische Unternehmen, die mit den Garden Geschäfte machen, mit einbeziehen? Wenn man bedenkt, dass die Revolutionsgarden das größte Unternehmen im Land bilden, wären die wirtschaftlichen Folgen von erweiterten Sanktionen schwerwiegend. Auch zahlreiche ausländische Unternehmen, wie der französische Ölgigant Total, wären davon betroffen.


IRAN, IRAK UND DIE TÜRKEI GEGEN KURDEN

Das am 25. September durchgeführte Referendum der irakischen Kurden über ihre Unabhängigkeit vom irakischen Staat hat die Nachbarstaaten Iran, Irak und die Türkei zu gemeinsamen Aktionen veranlasst. Die meisten Staaten der Welt, darunter auch die USA, hatten sich gegen das Referendum geäußert. Einzig Israel hatte es unterstützt.

Am 30. September kündigte Teheran ein gemeinsames Militärmanöver mit Irak an, das in verschiedenen Gebieten Iraks stattfinden sollte. Damit sollten die Grenzen zum Nordirak gesichert werden, sagte ein Militärsprecher der Agentur Tasnim zufolge. Das Manöver fand am 2. Oktober statt. Teheran befürchtete, dass das Referendum einen Einfluss auf die sieben Millionen Kurden im eigenen Land haben könnte und hatte daher seine Grenzen zum Nordirak bereits geschlossen. Zugleich wurden der Export und Import von Ölprodukten aus dem beziehungsweise in das kurdische Autonomiegebiet gestoppt.

Auch die Türkei wurde aktiv. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan drohte mit einer härteren Gangart gegen die Kurden. Bei einer Rede vor Mitgliedern der Regierungspartei AKP am 30. September sagte er, es gehe nicht nur um die Unabhängigkeit der Kurden von Irak. Die Kurden hätten "eine Wunde in der Region" geöffnet, "um mit einem Messer darin zu bohren."

Eigentlich hatte die Türkei intensive Wirtschaftsbeziehungen zu den irakischen Kurden aufgebaut. Dies erlaubt den Kurden, täglich Hunderttausende Barrel Rohöl zu exportieren. Wie die Führung des Iran befürchtete auch Erdogan, ein unabhängiger Staat der irakischen Kurden, könnte den Bestrebungen türkischer Kurden nach Unabhängigkeit Vorschub leisten.

Am 30. September landete der Oberbefehlshaber der türkischen Streitkräfte, General Hulusi Akar, in Teheran zu Gesprächen mit seinem iranischen Amtskollegen Bagheri, der Mitte August die Türkei besucht hatte. Wenige Tage danach traf auch Erdogan zu einem eintägigen Staatsbesuch in Teheran ein. Zuvor warnte der türkische Außenminister, Mevlüt Cavusoglu, die Weltgemeinschaft, Iran zu isolieren. Das wäre ein schwerer Fehler, sagte er der Nachrichtenagentur Anadolu am 3. Oktober.

Nach seinem Treffen mit Präsident Rohani sagte Erdogan, das Referendum der Kurden sei illegitim. Es werde international abgelehnt. Nur Israel sei dafür. Eine Volksbefragung, die in Übereinstimmung mit dem israelischen Geheimdienst Mossad getroffen worden sei, so Erdogan, könne keine Legitimität beanspruchen. Iran und die Türkei seien entschlossen, "schärfere Maßnahmen" gegen die "illegitime Volksbefragung" zu ergreifen. Rohani meinte, es handele sich bei der Volksbefragung um eine "Verschwörung ausländischer Staaten". Iran und die Türkei würden "keine Änderung der Grenzen" in Syrien oder Irak akzeptieren. Erdogan wurde auch von Revolutionsführer Ali Chamenei empfangen.

Nach dem Treffen mit dem türkischen Präsidenten sagte Chamenei, die eigentlichen Drahtzieher der Volksbefragung seien die USA und Israel. "Amerika und Israel profitieren von der Abstimmung", erklärte er im staatlichen Fernsehen am 5. Oktober. "Sie wollen einen neuen Staat wie Israel in der Region gründen." Wer für die Unabhängigkeit stimme, übe Verrat gegen die ganze Region. Die Türkei und Iran hätten die Pflicht, "die notwendigen Maßnahmen" gegen eine Spaltung des Irak zu treffen.

Am 7. Oktober bat die irakische Regierung Teheran und Ankara, ihre Grenzen zu kurdischen Autonomiegebieten zu schließen, meldete die dpa. Sie sollten auch ihren Handel mit den Kurden stoppen.

Am 15. Oktober berichteten kurdische Medien, dass der kurdische Zollchef, Samal Abdulrahman, die Schließung von drei Grenzübergängen auf iranischer Seite bekannt gegeben habe. Auch die kurdische Polizei bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AP die Grenzschließung.

Am 21. Oktober reiste der irakischen Ministerpräsident Haidar al-Abadi zunächst nach Ankara und anschließend nach Teheran. In Ankara erklärte Präsident Erdogan auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit al-Abadi, sein Land werde in Zusammenarbeit mit Iran und Irak auf die "illegale Volksbefragung" der Kurden reagieren. "Das Referendum ist für uns inakzeptabel. Nachdem unsere Warnungen nichts genutzt hatten, sahen wir uns gezwungen, gegen die Kurden Strafmaßnahmen einzuleiten." Dies habe zu positiven Ergebnissen geführt.

Al-Abadi sagte: "Gott sei Dank, dass unsere Sicherheitskräfte gegen den IS einen Sieg errungen haben. Wir erlauben keiner bewaffneten Gruppe, die keine Erlaubnis zum Tragen von Waffen hat, in unserem Land aktiv zu sein."

Indes haben die Kurden sich bereiterklärt, das Ergebnis des Referendums vorläufig auszusetzen und mit der Zentralregierung zu verhandeln. Abadi lehnte das Angebot ab und verlangte die vollständige Annullierung der Volksbefragung. "Wir respektieren ausschließlich die Annullierung des Referendums und den Respekt der Verfassung", sagte er bei seinem Besuch in Teheran.

In Teheran wurde Abadi von Revolutionsführer Chamenei empfangen. Chamenei versicherte, Iran werde alle notwendigen und möglichen Maßnahmen unterstützen, die "zur Verteidigung der Einheit, der Souveränität und der territorialen Integrität des Irak" dienen. Zugleich gab er dem irakischen Präsidenten den Rat, den "listigen Amerikanern" nicht zu trauen. Die Amerikaner hätten den IS ins Leben gerufen, so Chamenei. Nachdem er nun besiegt worden sei, seien sie zu seinem Gegner geworden, sagte er. Abadi hatte sich kürzlich in Riad mit den amerikanischen und saudischen Außenministern getroffen. Ziel des Treffens war die Normalisierung der Beziehungen zwischen Irak und Saudi-Arabien. (siehe diesen Iran-Report, S. 14/15)

Auch Präsident Rohani erklärte, Iran stehe "beim Kampf gegen Terror und für die Einheit des Landes immer auf der Seite Iraks".


HRW: IRAN SCHICKT JUNGE AFGHANEN IN DEN SYRISCHEN KRIEG

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft in ihrem jüngsten Bericht vom 1. Oktober Iran vor, junge Afghanen unter 18 Jahren in den Krieg nach Syrien zu schicken. Es gebe glaubhafte Indizien, aus denen hervorgehe, dass die iranischen Revolutionsgarden junge Afghanen für die Teilnahme am syrischen Krieg rekrutierten. Nach Zeugenaussagen kämpften vierzehnjährige Afghanen in der Division "Fatemiun" an der Seite syrischer Streitkräfte. Die Division stehe unter dem Befehl der Al-Kuds-Brigade, der Abteilung der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze. Es handle sich um afghanische Flüchtlinge, die in Iran leben.

Der Bericht verweist auf Fotos von mindestens acht Grabsteinen auf dem im Süden Teherans gelegenen Friedhof Behescht-e Sahra, auf dem gefallene Soldaten begraben sind. Allem Anschein nach gehörten diese acht Grabsteine afghanischen Gefallenen, heißt es in dem Bericht.

Die Leiterin der Nahost-Abteilung der Organisation, Sarah Leah Whitson, forderte Iran auf, sofort den Einsatz von Kindern und Jugendlichen zu beenden und nicht länger "hilflose Flüchtlingskinder" auszunutzen. "Statt jungen afghanischen Flüchtlingen in die Falle zu locken, sollte Iran allen Kindern und Jugendlichen Schutz gewähren und Verantwortliche bestrafen, die die Kinder in den Krieg schicken", sagte sie.

Ende Juni hatte die New York Times über den Einsatz von afghanischen Flüchtlingen in Iran berichtet. Dem Bericht zufolge wurden den Betroffenen eine zehnjährige Aufenthaltsgenehmigung und ein Mindestlohn von 800 Dollar in Aussicht gestellt.

Iran dementierte die Angaben von HRW. Laut dpa vom 9. Oktober sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi: "Die Afghanen in Syrien haben nichts mit Iran zu tun und die Unterstellungen diesbezüglich sind haltlos und werden somit kategorisch dementiert". Bei dem NRW-Bericht, so Ghassemi, handle es sich um eine neue Propaganda-Kampagne gegen Iran.

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 18. Oktober zufolge, kündigte Iran eine Verstärkung seiner Kooperation mit dem Regime in Syrien an. "Wir sind hier in Damaskus, um zusammenzuarbeiten und unseren gemeinsamen Feind zu trotzen, den Zionisten und den Terroristen", sagte General Mohammad Hossein Bagheri, Chef der iranischen Streitkräfte, bei einem Besuch in der syrischen Hauptstadt.

"Es ist nicht akzeptabel, dass das zionistische Regime das Terrain und den Luftraum von Syrien verletzt, wann es immer will", sagte der General mit Blick auf den letzten israelischen Luftangriff gegen syrische Abwehrraketen am 16. Oktober. Israel habe eigenen Angaben zufolge fast 100 Mal aus der Luft die Konvois der syrischen Armee und der Hisbollah angegriffen, schreibt die Agentur. Damit solle, so Reuters, eine weitere Aufrüstung der Hisbollah verhindert werden.

Bagheri traf auch den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Iran wolle auch nachdem der Terrorismus in Syrien "entwurzelt" sei, strategisch die militärische Zusammenarbeit mit Damaskus fortsetzen, sagte er beim Gespräch mit Assad. Assad bedankte sich für die Hilfe, die die iranische Bevölkerung und Militärs des Landes beim Kampf gegen den Terrorismus in Syrien geleistet hätten: "Sie sind die wichtigsten Partner unseres Landes beim Sieg über den Terrorismus", sagte der syrische Präsident.

Die militärische Präsenz Irans in Syrien und Irak ist immer wieder Anlass für Proteste aus Jerusalem. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versuchte wiederholt sowohl bei der US-Regierung als auch bei der Regierung Russlands darauf hinzuwirken, dass dem Ausbau der militärischen Kräfte Irans in beiden Ländern Einhalt geboten wird.

Indes unterstrich Irans Verteidigungsminister, Ali Hatami, laut der Nachrichtenagentur ISNA vom 19. Oktober in einem Telefongespräch mit seinem russischen Amtskollegen Sergei Schoigu die Bedeutung der militärischen Zusammenarbeit mit Moskau und Damaskus in Syrien. Der Ausbau dieser Zusammenarbeit "spielt eine strategische Rolle in der iranischen Außenpolitik", sagte er. Sie sei auch nötig, um die Region vor Terrorismus zu sichern.


SAUDISCHER KÖNIG WIRFT IRAN EINMISCHUNG IN BELANGE DER REGION VOR

Bei einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 5. Oktober in Moskau hat laut der Agentur Reuters der saudi-arabische König Salman Iran Einmischung in die Belange der Region vorgeworfen. Er ist der erste saudische König, der zu einem Staatsbesuch nach Russland reiste.

Ohne Sicherheit und Stabilität in der Region des Persischen Golfs können der vom Bürgerkrieg heimgesuchte Jemen nicht gerettet werden, sagte der König. "Das bedeutet, dass Iran sich nicht länger in die inneren Angelegenheiten der Region einmischt und die Lage nicht länger destabilisiert."

Eine von Saudi-Arabien gegründete Militärallianz führt seit 2015 Krieg gegen die jemenitischen Huthi-Rebellen, die, so einige Experten, von Iran unterstützt werden. Zu der

Allianz gehören, neben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal. Sie wird von den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich logistisch unterstützt.

Ziel der Intervention ist es, dem entmachteten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi, der nach Saudi-Arabien geflüchtet ist, zur Rückkehr an die Macht zu verhelfen.


SARIF TRIFFT SULTAN QABUS

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif traf am 2. Oktober zu Gesprächen mit dem Herrscher Sultan Qabus ibn Said und dessen Außenminister Yusuf bin Alawi in Oman ein. Den Medien des Landes zufolge gehörten die Bereiche Energie, Wirtschaft und Transit zu den Hauptthemen der Gespräche. Zudem wurde über den Transport von iranischem Gas über Oman nach Indien gesprochen. Der Besuch dauerte zwei Tage. Es kommt sehr selten vor, dass der 70-jährige Sultan den Außenminister eines anderen Landes empfängt.

Der staatlichen Nachrichtenagentur Omans zufolge haben die beiden auch über die Lage der Region und die Zusammenarbeit zwischen Iran und Oman gesprochen. Einzelheiten des Gesprächs wurden nicht bekannt gegeben.

Im Gegensatz zu den meisten arabischen Staaten, sind die Beziehungen zwischen Iran und Oman traditionell gut. 2012 organisierte der Sultan eine Reihe geheimer Gespräche zwischen Teheran und Washington in der Hauptstadt Omans Maskat. Erst diese Gespräche ermöglichten dann die direkte Teilnahme der USA an den Atomverhandlungen. Sultan Qabus hielt sich aus gesundheitlichen Gründen mehrmals in Deutschland auf. Er hat keine Kinder. Ein offizieller Nachfolger steht noch nicht fest.

Vor drei Jahren haben Iran und Oman den Bau einer Gaspipeline, von Iran in den Hafen Sahar, rund 200 Kilometer von Maskat entfernt, vereinbart. Im Februar dieses Jahres haben die Energieminister beider Staaten einen entsprechenden Vertrag unterzeichnet. Ziel des Projekts ist der Export von iranischem Gas nach Oman durch eine Pipeline, die nicht unter den Gewässern der Arabischen Emirate entlangführt.


NEUE VORWÜRFE GEGEN BRITISCH-IRANISCHE STAATSBÜRGERIN

Die Britisch-iranische Staatsbürgerin Sahra Sagheri-Ratcliff, die sich seit Juli 2016 in iranischer Haft befindet, wurde am 8. Oktober zum Eviner Staatsanwalt bestellt. Evin ist das berüchtigte Gefängnis in Teheran. Hier wurde ihr mitgeteilt, dass die Revolutionswächter drei weitere Vorwürfe gegen sie vorbrächten: Erstens Mitgliedschaft in Organisationen, deren Ziel der Sturz der Islamischen Republik sei, zweitens sie erhalte Gelder von Reuters und der BBC und drittens sie habe an einer Protestdemonstration vor der iranischen Botschaft in London teilgenommen.

Sagheri wies die Vorwürfe zurück. Laut der Kampagne für die Freiheit von Sagheri habe sie gehofft, vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Nach der Mitteilung des Staatsanwalts sei sie so schockiert gewesen, dass sie sich nicht mehr auf den Beinen habe halten können.

Sagheri war, als sie im Juli 2016 mit ihrer zweijährigen Tochter Teheran verlassen wollte, auf dem Flughafen festgenommen worden. Später wurde sie, unter dem Vorwurf der Spionage, zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Sie lebte seit Jahren in Großbritannien und war als Projektmanagerin bei der Thomson-Reuters-Stiftung beschäftigt.

Das britische Parlament beschäftigte sich am 11. Oktober in einer Sondersitzung mit der Lage der Menschenrechte in Iran. Dabei wurde auch über den Fall Sagheri gesprochen. Einige Abgeordnete berichteten, dass in Iran Journalisten im In- und Ausland unter dem Vorwurf, gegen die nationale Sicherheit verstoßen zu haben, angeklagt würden. Ein Abgeordneter sagte, der britische Journalistenverband habe ihm berichtet, dass gegen 152 der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der BBC Strafmaßnahmen beschlossen worden seien. "Die meisten von ihnen leben in London", sagte er. "Sie können sich aber nicht gegen die Vorwürfe verteidigen. Denn wahrscheinlich würden sie in Haft genommen und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt."

Ein anderer Abgeordneter sagte: "In Iran werden Wahlen durchgeführt, was in den Nachbarstaaten Neid erwecken könnte. Doch Wahlen sind nur ein Element der Demokratie." Ohne Pressefreiheit könne man nicht von Demokratie reden.

Ein dritter Abgeordneter erwähnte die neuen Vorwürfe gegen Sagheri und berichtete über den Fall des 77-jährigen britisch-iranischen Staatsbürgers Kamal Forughi. Er forderte das Außenministerium auf, sich mehr für die beiden einzusetzen. Forughi ist 77 Jahre alt. Er befindet sich seit Mai 2011 im Gefängnis. Er wurde wegen Verstoß gegen die nationale Sicherheit und Spionage zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er und seine Familie bestreiten die Vorwürfe.

Am 17. Oktober nahm der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi zu dem Fall Sagheri Stellung. Allein die Tatsache, dass der frühere britische Premier Tony Blair in einer diplomatischen Note die Freilassung von Sagheri gefordert habe, zeige, welche Bedeutung ihr beigemessen würde, so Dolatabadi. Er führte aus, Sagheri sei beim britischen Geheimdienst tätig gewesen. Sie habe Journalisten bei der BBC ausgebildet, mit dem Ziel an dem Propagandafeldzug gegen die Islamischen Republik teilzunehmen. Diese Behauptung wurde von der BBC zurückgewiesen. Sagheri habe nie für die BBC gearbeitet, hieß es in einer Erklärung.


IRAN AN CYBERANGRIFF AUF E-MAILS BRITISCHER PARLAMENTARIER BETEILIGT

Zwei britische Zeitungen berichteten am 14. Oktober, die Untersuchungen der britischen Geheimdienste hätten ergeben, dass Iran beim Angriff gegen die E-Mails von dutzenden britischen Abgeordneten die Hand mit im Spiel gehabt hätte. Dies behauptete zunächst die Times, aber auch der Guardian bestätigte den Vorgang.

Der Sprecher des britischen Zentrums für Cyber-Sicherheit erklärte dazu: "Solange die Untersuchungen laufen, ist eine Stellungnahme zu diesem Thema nicht angebracht." Auch das Parlament war nicht bereit, "zu Angelegenheiten der Sicherheit" Stellung zu nehmen. Bereits zuvor hatten einige Staaten, darunter die USA, Iran beschuldigt, hinter Cyber-Attacken zu stecken. Iran bestreitet die Vorwürfe. Das Land selbst sei mehrmals Ziel von Cyber-Angriffen gewesen, hieß es aus Teheran.

Dem Bericht der Times zufolge wurden im Juni dieses Jahres 9.000 E-Mail-Konten angegriffen. Zunächst hätte man Russland in Verdacht gehabt. Doch dann hätten die Spuren nach Iran geführt.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
https://themen.boell.de.

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bauke Baumann/Birgit Arnhold
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
16. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 11/2017 - November 2017 / 16. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. November 2017

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