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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/329: Iran-Report Nr. 9 - September 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 9 - September 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

INNENPOLITIK

• Rohani: "Geht doch in die Hölle"!
• Wissenschaftsminister vom Parlament abgesetzt
• Justizchef Laridschani bleibt weitere fünf Jahre im Amt
• Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz
• Elf Tote durch Brand im Gefängnis
• Revolutionsgarden zerstören Bahai-Friedhof
• Werbung für Verhütungsmittel verboten
• Glass, die am meisten konsumierte Droge


ROHANI: "GEHT DOCH IN DIE HÖLLE"!

Präsident Hassan Rohani stellte in ungewöhnlich scharfer Form die Kritiker der Atomverhandlungen an den Pranger. "Es gibt Leute, die ständig Parolen heraus posaunen, aber politische Feiglinge sind. Immer wenn neue (Atom-)Verhandlungen beginnen, sagen sie, wir haben Schüttelfrost. Geht doch in die Hölle, sucht euch einen warmen Platz. Gott hat euch als zitternde Feiglinge geschaffen. Was können wir dafür?", sagte Rohani laut Medien vor einer Versammlung der iranischen Botschafter und Botschaftsangehörige am 11. August in Teheran.

"Sie sagen, geht nicht zu nah an die Ausländer heran, die senden gefährliche elektrische Strahlen. Einer kommt daher und sagte, immer wenn wir mit einem Ausländer verhandelt haben, haben wir eine Niederlage erlitten", fuhr Rohani fort.

In den letzten Monaten gab es immer mehr Kritiker der Atomverhandlungen, die sich besorgt zeigten. Diese hatten kürzlich eine Versammlung veranstaltet unter dem Motto: "Wir sind besorgt". Sie warfen Rohani und Außenminister Sarif u.a. vor zu lächeln, wenn es um ernste Verhandlungen gehe.

"Selbstverständlich gehen wir selbstbewusst in die Verhandlungen und lächeln dabei mit Stolz. Leute, die das Lächeln nicht mögen, sollen wegschauen", sagte Rohani. Er lobte ausdrücklich die iranische Verhandlungsdelegation, die mit Klugheit und Feingefühl die Interessen des Landes vertreten habe.

Aber nicht nur im Inland gebe es Feiglinge, die sich besorgt zeigten, auch im Ausland gebe es Ängste vor Iran, dem Islam und den Schiiten, erklärte der Präsident und rief die Botschafter auf, alle diplomatischen Mittel einzusetzen, um das Ausland davon zu überzeugen, dass Iran nach Versöhnung und Frieden strebe. "Irans Gesicht ist fälschlicherweise in den vergangenen Jahren im Ausland verzerrt dargestellt worden. Die iranischen Auslandsvertretungen haben die Pflicht dieses Bild wieder zurechtzurücken", sagte Rohani. "Wir wollen alle Probleme, die wir mit anderen Ländern haben, lösen, vorausgesetzt sie hegen keine Feindschaft gegen uns. Wir sind sogar bereit, mit Ländern, mit denen wir seit Jahren Probleme haben, aber bereit sind, unsere Rechte zu akzeptieren, zu verhandeln und unsere Beziehungen zu normalisieren. Unsere roten Linien sind nichts anderes als unsere nationalen Rechte und Interessen."

Die markigen Worte Rohanis lösten bei den Konservativen Proteste aus, auf die der Präsident am 13. August reagierte. Er sagte, es gebe Leute, die nur das Ziel hätten, alles Entstehende zu sabotieren. "Aber wir werden gegen diese Leute nicht schweigen. Wir werden die Lehren des Korans befolgen und Unrecht und Zwang nicht dulden. Jene, die aus welchem Grund auch immer den nationalen Interessen den Rücken kehren, sollen wissen, dass der Staat und wir entsprechend klar und deutlich reagieren werden."

Es gebe eine kleine Gruppe, die weder zu den Kritikern noch zu den Gegnern der Regierung gehöre, die aber in den letzten neun bis zehn Monaten die Arbeit der Regierung zu sabotieren versuche und Lügen verbreite, fuhr Rohani fort. Selbstverständlich werde die Regierung auch ihnen gegenüber Geduld aufbringen. Vielleicht seien die "deutlichen Worte", die er geäußert habe, vorerst ausreichend.

Die Attacken Rohanis blieben im Parlament nicht ohne Widerhall. Am 22. August wurden die Abgeordneten zur Teilnahme an einer nichtöffentlichen Sitzung geladen. Den Antrag dazu hatten 180 Abgeordnete unterzeichnet. Thema der Debatte war: "Entwürdigung des Amtes des Staatspräsidenten".

Parlamentspräsident Ali Laridschani hatte zuvor die Äußerungen Rohanis als "unhaltbar und inakzeptabel" bezeichnet und verurteilt. Jeder müsse die Würde des Amtes, das er innehabe, wahren, sagte er und empfahl der Regierung aus den Erfahrungen der Vorgängerregierung die richtigen Lehren zu ziehen. Zugleich forderte Laridschani die Abgeordneten auf, die Angelegenheit nicht aufzubauschen und sich wichtigeren Problemen zu widmen.

Der Abgeordnete Ruhollah Hosseinian bezeichnete die Äußerungen Rohanis als "diktatorisch". Er erinnerte an die Worte Rohanis, der kürzlich gesagt hatte, "wir sind nicht dafür verantwortlich, den Menschen den Weg ins Paradies zu weisen" und fügte hinzu: "Aber der Präsident will nun seine Kritiker in die Hölle schicken."

Der Abgeordnete Ahmad Tawakoli sagte, nicht jeder, der die Atomverhandlungen kritisiere, sei ein Feigling und nicht jeder, der von den Verhandlungen begeistert sei, sei ein tapferer Revolutionär.

Demgegenüber erklärte Hessam aldin Aschna, ein Berater Rohanis, der Präsident sei nicht wütend gewesen, er habe sich nur klar ausgedrückt. Am Ende beschlossen die Abgeordneten Rohani aufzufordern, sich im Parlament zu erklären.


WISSENSCHAFTSMINISTER VOM PARLAMENT ABGESETZT

Nach einer heftigen Debatte im Parlament am 20. August entzog die Mehrheit der Abgeordneten Wissenschaftsminister Resa Faradschi Dana das Vertrauen. 145 Abgeordnete sprachen sich für die Absetzung des Ministers aus, 110 waren dagegen, 15 Abgeordnete enthielten sich.

Präsident Hassan Rohani, der sich auf einer Reise in die Provinz befand, ernannte Mohammad Ali Nadschafi zum provisorischen Leiter des Ministeriums und Dana zum Berater des Präsidenten im Bereich Wissenschaft und Bildung.

Die Konservativen und Ultras, die im Parlament die absolute Mehrheit besitzen, warfen dem Minister vor, "Extremismus" an Universitäten gefördert, exmatrikulierte Studenten wieder zugelassen, entlassene Professoren wieder eingesetzt und Leitungspositionen mit Personen besetzt zu haben, die an den Protesten von 2009 (Grüne Bewegung) teilgenommen haben sollen. Ferner wurde dem Minister unterstellt, konterrevolutionäre Aktivitäten an den Universitäten nicht wirksam genug bekämpft und westliches Gedankengut verbreitet zu haben.

Mit der Absetzung Danas, der zu den engsten Mitarbeitern Rohanis gehörte, erreichte der seit Monaten andauernde Machtkampf zwischen den Konservativen und Reformern im islamischen Lager einen vorläufigen Höhepunkt. Rohani hatte bis zum letzten Tag seinen Minister unterstützt. Bei einer Rede in Ardebil, die zur selben Stunde gehalten wurde, in der Dana im Parlament sprach, forderte Rohani die Abgeordneten auf, gegen die Absetzung zu stimmen.

Dana plante tief greifende Reformen im Bereich Wissenschaft und Bildung. Bei seiner Rede im Parlament beklagte er die stagnierende Entwicklung in der Wissenschaft, die er als Folge einer destruktiven Wissenschaftspolitik der Vorgängerregierung bezeichnete. Zu dem Vorwurf, Protestler von 2009 engagiert zu haben, sagte er: "Ich schwöre, dass diese Menschen sich um die Zukunft des Landes große Sorgen machen."

In einer ersten Stellungnahme zu der Absetzung Danas sagte Präsident Rohani, es wäre besser gewesen, wenn der Wissenschaftsminister nicht abgelehnt worden wäre, aber "wir akzeptieren alles, was das Parlament im Rahmen der Gesetze beschließt". Er betonte, dass seine Regierung in der Außenpolitik an ihrem Kurs festhalten werde. Er hoffe, bei den Verhandlungen Ergebnisse erzielen zu können, die im Interesse Irans, der Region und des Weltfriedens seien.

Dana ist bislang der erste Minister der Regierung Rohani, der durch ein Votum des Parlaments abgesetzt worden ist. Die Frage, die sich nun stellt, ist, wie gewichtig die Absetzung des Wissenschaftsministers für den Präsidenten ist und wie weit dieses Votum des Parlaments, die Pläne der Regierung beeinträchtigen wird.

Allein die Tatsache, dass Rohani bei der Parlamentsdebatte nicht anwesend war, deutet darauf hin, dass er entschlossen ist, solche Attacken zu ignorieren und seinen Weg fortzusetzen. Dieser Weg könnte aber, wie die Bilanz nach einem Jahr zeigt, mehr oder weniger an der Innenpolitik vorbei führen. Denn trotz den Versprechungen und Ankündigungen im Wahlkampf und auch danach hat sich in der Innenpolitik bisher kaum etwas geändert. Die Folge ist, dass viele Iraner die Hoffnungen, die der Präsident geweckt hatte, allmählich aufgeben. Rohani hat den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Außenpolitik gelegt, insbesondere auf die Lösung des Atomkonflikts. Hierbei erhält er auch Rückendeckung seitens des Revolutionsführers Ali Chamenei und der gemäßigten Konservativen. Sollte der Erfolg auch in diesem Bereich ausbleiben, wird die Regierung mit leeren Händen dastehen.


JUSTIZCHEF LARIDSCHANI BLEIBT WEITERE FÜNF JAHRE IM AMT

Revolutionsführer Ali Chamenei, der für die Ernennung des Justizchefs zuständig ist, hat am 14. August laut Medien den amtierenden Justizchef Sadegh Laridschani für weitere fünf Jahre mit der Amtsführung beauftragt. In seinem Schreiben an den Justizchef empfiehlt Chamenei den Kampf gegen die Korruption fortzusetzen. Noch wichtiger seien aber die soziale Sicherheit und die Prävention von Straftaten, schrieb Chamenei.

Die Prozesse gegen Aktivisten der Grünen Bewegung (2009), der Prozess gegen Korruption bei der staatlichen Versicherungsgesellschaft, der Prozess wegen drei Gefangene im Gefängnis von Kahrisak, die 2009 durch Folter getötet wurden, und der Prozess gegen den Milliardär Babak Sadschani waren die wichtigsten Ereignisse innerhalb der Justiz in den vergangenen fünf Jahren. Zudem spitzten sich die Auseinandersetzungen zwischen Laridschani und der Regierung Ahmadinedschad in der Schlussphase der Amtszeit der Vorgängerregierung immer weiter zu.

Kritiker werfen Laridschani die ständig zunehmende Anzahl an Todesurteile und die oftmals langjährigen Haftstrafen vor. Laridschani hatte nach der Präsidentenwahl 2009 im Zuge der Unruhen das Amt übernommen. Zuvor war Laridschani Parlamentsabgeordneter und danach Mitglied des mächtigen Wächterrats gewesen.

Geboren wurde der Justizchef im irakischen Nadschaf, der Stadt die als Zentrum des schiitischen Glaubens gilt. Er studierte an der theologischen Hochschule und beschäftigte sich auch mit der Philosophie im Westen. Darüber hat er einige Bücher veröffentlicht. Er ist der ältere Bruder des Parlamentspräsidenten Ali Laridschani und Dschawad Laridschani, der zurzeit Menschenrechtsbeauftragter der Justiz ist.

Der Justizchef hat in der Islamischen Republik ungleich mehr Macht als der Justizminister. Die gesamte Justiz steht praktisch unter seinem Befehl. Und da der Justizchef nicht gewählt, sondern vom Revolutionsführer ernannt wird, ist es selbstverständlich, dass kein Gericht im Iran gegen den Willen des Revolutionsführers handeln und urteilen wird. Das gilt auch für andere Entscheidungen der Justiz.

Dies bestätigte auch der Leiter des obersten Verwaltungsgerichts, der Geistliche Mohammad Dschafar Montaseri, am 19. August vor der Presse in Teheran. "Die Hauptaufgabe, zu der alle Verantwortlichen der Justiz und alle Richter verpflichtet sind, ist die Umsetzung des Willens und der Anweisungen des Revolutionsführers", sagte er. In der Islamischen Republik gehöre die gesamte Justiz zu den Bereichen, die dem obersten Geistlichen unterstehen. Jeder Richter werde mittelbar von ihm ernannt, sagte Montaseri. Sowohl der Justizchef als auch die Richter seien allein dem Revolutionsführer gegenüber verantwortlich.


GESCHLECHTERTRENNUNG AM ARBEITSPLATZ

Das Thema der Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz wird weiterhin kontrovers diskutiert. Anlass war, wie wir bereits im Iran-Report (08/14) berichtet hatten, ein Rundschreiben des Teheraner Bürgermeisters Mohssen Ghalibaf vom 22. Juli an die Abteilungsleiter der Stadtverwaltung, in dem diese gefordert wurden, Stellen wie Bürovorsteher, Sekretäre und Telefondienste "ausschließlich mit Männern zu besetzen". Ferner sollten "zum Wohl der Mitarbeiter" die Arbeitsplätze der Männer soweit wie möglich von denen der Frauen getrennt werden.

Justizminister Mostafa Purmohammadi hatte die Anordnung begrüßt. Sie könne zu größerer Effektivität der Arbeit führen, erklärte er am 23. Juli. Auch einige Abgeordnete im Parlament hatten die Initiative begrüßt.

Am 29. Juli forderte der Stellvertreter des Arbeitsministers Mohammad Taghi Hosseini in einem Schreiben den Bürgermeister auf, das Rundschreiben an die Abteilungsleiter zurückzunehmen, berichtete die Agentur ILNA. "Wie Sie, Herr Ghalibaf, wissen, ist die Islamische Republik Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und in dieser Eigenschaft dazu verpflichtet, die Vorschriften der Organisation zu berücksichtigen, darunter die Internationale Konvention der Arbeit, wozu auch die Gleichberechtigung der Geschlechter gehört". Der Inhalt des Rundschreibens befinde sich eindeutig in Widerspruch zu der Konvention, hieß es in dem Schreiben Hosseinis.

Am 30. Juli dementierte die Pressestelle des Arbeitsministeriums das Schreiben Hosseinis. Das Schreiben habe lediglich darauf hinweisen wollen, dass Frauen an der freien Wahl ihres Berufes nicht gehindert werden dürften. Das Thema Trennung der Geschlechter sei nicht Gegenstand des Schreibens gewesen. Weiterhin heißt es in der Erklärung der Pressestelle, obwohl die Berufswahl für Frauen in Iran frei sei, würden Rundschreiben, wie das des Bürgermeisters von internationalen Organisationen zum Vorwand genommen, um die Islamische Republik zu denunzieren. Das Arbeitsministerium stehe mit ganzer Kraft hinter islamischen Werten. Gegenteilige Behauptungen in den Medien würden entschieden dementiert.

Von 23.637 Millionen Beschäftigten in Iran sind nur rund vier Millionen Frauen. Die Arbeitslosigkeit ist bei Frauen (19,4 Prozent) doppelt so hoch wie bei Männern (9 Prozent). Auch sind Frauen zu bestimmten Studienfächern nicht zugelassen.


ELF TOTE DURCH BRAND IM GEFÄNGNIS

Elf Gefangene wurden am 5. August in der Stadt Schahr-e Kord durch Brandstiftung getötet, berichteten iranische Medien. Laut der Agentur ISNA erklärte die Gerichtmedizin in der Provinz Tschahar Mahal Bachtiari, die Toten seien identifiziert worden, die Angehörigen könnten "die Leichen entgegennehmen". Der Justizchef der Provinz erklärte laut der Agentur IRNA, die Gefangenen seien durch Ersticken gestorben, bevor der Brand gelöscht werden konnte. So etwas sei noch nie in dem Gefängnis vorgekommen, sagte er. "Das Gefängnis ist jetzt ruhig, es gibt keine Probleme."

Über die Brandursache gibt es bislang keine offiziellen Angaben. Manche Zeitungen brachten den Brand in Verbindung mit den Protesten der Gefangenen. Die Internetseite Saham News, die der Partei Etemad Melli nahe steht, schrieb, in den letzten Tagen habe es aus Protest gegen die unerträglichen Zustände im Gefängnis einen Hungerstreik gegeben. Dabei seien einige Gefangene vom Gefängnisdirektor bestraft worden. Daraufhin hätten die Gefangen aus Protest ihre Matratzen und ihre Kleidung in Brand gesteckt. Das Feuer habe sich dann rasch ausgebreitet.


REVOLUTIONSGARDEN ZERSTÖREN BAHAI-FRIEDHOF

Einer Presseerklärung der Bahai-Vertretung in Berlin vom 8. August zufolge haben die Revolutionsgarden (Pasdaran) die Zerstörung eines historischen Bahai-Friedhofs aus den 1920-er Jahren in der im Süden des Landes gelegenen Stadt Schiraz nach zwischenzeitlicher Unterbrechung wieder aufgenommen. Der Plan hatte zahlreiche Proteste im In- und Ausland hervorgerufen.

Berichten aus Iran zufolge, hätten die Garden nun mit der Entfernung der sterblichen Überreste von etwa 30 bis 50 der insgesamt 950 beerdigten Bahai begonnen. Die Leichenteile seien in einem offenen Kanal deponiert worden.

Bei einer öffentlichen Feier, bei der auch die Medien anwesend waren, bezeichnete der Befehlshaber der Pasdaran die Bahai als "üble und perverse Sekte". Anstelle des Friedhofs soll ein Kultur- und Sportzentrum gebaut werden. Professor Ingo Hoffmann, Sprecher der Bahai-Gemeinde in Deutschland, erklärte zu dem Vorfall: "Das Abhalten einer öffentlichen Feierlichkeit und die gleichzeitige Schmähung des Glaubens der Verstorbenen und ihrer Hinterbliebenen ist völlig inakzeptabel. Es ist ganz klar ein Versuch der Garden, die Entweihung des Friedhofs und die Diskriminierung der Bahai im Allgemeinen gegenüber einer darüber zunehmend ungehaltenen iranischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Auf diesem historischen Friedhof befinden sich auch die Überreste der zehn Bahai Fauen aus Schiraz, die alle am 18. Juni 1983 wegen ihres Glaubens hingerichtet wurden. Die jüngste von ihnen, Mona Mahmudnizhad, war zum Zeitpunkt ihres Todes erst siebzehn Jahre alt. Damit beseitigen die Revolutionsgarden auch die letzten Spuren des Verbrechens und fügen den Hinterbliebenen weiteren Schmerz zu."

Weitere Informationen über die Lage der Bahais sind bei der Bahai- Gemeinde in Deutschland unter alina.braml@bahai.de erhältlich.


WERBUNG FÜR VERHÜTUNGSMITTEL VERBOTEN

Im Zuge der neuen Familienpolitik und den Bemühungen, die Geburtenraten zu steigern, hat das Parlament am 10. August die Werbung für Verhütungsmittel verboten. Dem neuen Gesetz stimmten 143 der anwesenden Abgeordneten zu, 33 stimmten dagegen und 11 enthielten sich. Auch Zeitungsartikel, die eine Geburtenkontrolle bejahen, dürfen künftig nicht mehr veröffentlicht werden. Abtreibungen, die ausschließlich von Ärztinnen vorgenommen werden dürfen, sollen nur dann erlaubt sein, wenn die Gesundheit der Schwangeren stark gefährdet ist. Die Entscheidung über einen Abbruch der Schwangerschaft fällt das Gesundheitsamt. Ärztinnen, die dieses Gesetz missachten, droht eine dreimonatige Haft bis hin zu einem lebenslangen Berufsverbot.

Die Geburtenkontrolle wurde in den 90er Jahren eingeführt. Die ergriffenen Maßnahmen, die bis hin zur kostenlosen Verteilung von Verhütungsmitteln reichten, führten zum Erfolg. Auch die Vereinten Nationen lobten die iranische Familienpolitik damals. Erst die Regierung Ahmadinedschad wechselte in ihrer zweiten Amtsperiode den Kurs und hob nach und nach alle Maßnahmen der Geburtenkontrolle auf. Je mehr Kinder, desto besser, lautete seitdem die von der Regierung verbreitete Parole. Auch Revolutionsführer Ali Chamenei und mit ihm der konservative Klerus verlangten Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenraten. Das Parlament, das nun auch die Werbung für Verhütungsmittel verboten hat, wird von der absoluten Mehrheit der Konservativen beherrscht. Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Wächterrats.


GLASS, DIE AM MEISTEN KONSUMIERTE DROGE

Innenminister Hassan Rahmani Fasli, der auch den "Stab zur Bekämpfung des Drogenkonsums" leitet, berichtete am 19. August dem Parlament, täglich würden in Iran 1,5 Tonnen Drogen konsumiert. Dabei sei Glass die am meisten konsumierte Droge. In den drei vergangenen Jahren sei der Glass-Konsum um 22 Prozent gestiegen. Die Zahl der Drogenkonsumenten liege bei 1,3 Millionen. 52 Prozent der Drogensüchtigen seien verheiratet. Bei jeweils zwei Kindern der drogensüchtigen Eltern wären es 1,4 Millionen Kinder, die als Erwachsene zu den Drogensüchtigen hinzukämen, sagte Fasli den Medien zufolge.

Der Sprecher des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik Hossein Taghawi Hosseini bezeichnete den Bericht von Fasli, der in einer nichtöffentlichen Sitzung vorgetragen wurde, als "erschütternd". Fasli habe eine Videoaufnahme von einem drogensüchtigen Mann gezeigt, der seine Eltern getötet und Verwandte vergewaltigt hatte. "Das sind schreckliche Szene gewesen", sagte Hosseini.

Iran gehört zu den Ländern mit dem höchsten Drogenkonsum, obwohl in Iran seit Jahren Drogenhandel und Drogenkonsum drastisch bestraft werden. Die meisten Todesstrafen werden im Zusammenhang mit Drogenhandel verhängt.

Was den Kampf gegen Drogenkonsum erschwere, sei die Nachbarschaft zu dem Land mit der weltweit größten Drogenproduktion, sagte Fasli. In Afghanistan werde der Drogenanbau von politischen und terroristischen Gruppen unterstützt. Auch Die Terrormiliz IS mache lukrative Geschäfte im Drogenhandel.

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KULTUR

• Dichterin Behbahani gestorben
• Rafsandschani: keine Ungleichheit der Geschlechter im Islam
• Streit über Geschlechtertrennung bei Musikveranstaltungen
• Sechs Jahre Haft für den Journalisten Mirdamadi
• US-iranische Journalisten weiterhin in Haft
• Abgeordneter fordert Freilassung von Journalisten
• Der falsche Colonel
• Mathematikerin mit höchster Ehrung ausgezeichnet


DICHTERIN BEHBAHANI GESTORBEN

Die populäre Dichterin Simin Behbahani ist am 19. August im Alter von 87 Jahren gestorben. Sie lag seit Wochen wegen Herz- und Atemproblemen im Krankenhaus. Seit 5. August befand sie sich im Koma.

Behbahani war die zurzeit populärste und beliebteste Dichterin Irans. Ihre ersten Gedichte veröffentlichte sie bereits mit 14 Jahren. Sie wurden in der Zeitung Nowbahar, die von dem berühmten Dichter Bahar herausgegeben wurde, veröffentlicht. Die wichtigsten Gedichtsammlungen von ihr, die vor der Revolution von 1979 erschienen, sind "Djaje Pa" (Spur), 1956, Chelcheragh (Kronleuchter), 1957, Marmar (Marmor), 1963, und Rastakhis (Auferstehung), 1973.

Behbahani arbeitete in den 60er und 70er Jahren mit der Musikabteilung des staatlichen Radios und Fernsehens zusammen. Dabei schrieb sie mehr als 300 Lieder, die von berühmten Musikern vertont und von ebenso berühmten Sängern und Sängerinnen gesungen wurden.

Nach der Revolution veröffentlichte sie 1980, inspiriert von den dramatischen Ereignissen, die Gedichtsammlung "Khatti se sorat wa as atasch" (Eine Linie von der Geschwindigkeit und vom Feuer". Zwei Jahre später erschien "Dascht-e Arjan" (Die Arjan Ebene). Es folgten Setar-e schekasteh" (Der zerbrochene Sitar) und "Jek daritscheh Asadi (Ein kleine Öffnung zur Freiheit).

Behbahani erhielt mehrere Preise. 2009 wurde sie mit dem Simone-de-Beauvoir-Preis für ihr Engagement für Frauenrechte ausgezeichnet, zweimal wurde sie für den Literaturnobelpreis nominiert. Sie war auch politisch engagiert. Dafür bekam sie den Beinamen "Löwin Irans". Als sie 2010 zur Teilnahme an einer Veranstaltung zum internationalen Frauentag nach Paris fliegen wollte, wurde sie an der Ausreise gehindert. Ihr Pass wurde ihr abgenommen und sie sollte sich beim Revolutionsgericht melden, berichtete sie in einem Interview mit der BBC.

Behbahani war Mitglied des iranischen Schriftstellerverbands. In den letzten Jahren hatte sie Probleme mit der Zensurbehörde und wurde auch von Konservativen stark kritisiert.


RAFSANDSCHANI: KEINE UNGLEICHHEIT DER GESCHLECHTER IM ISLAM

Ex-Staatspräsident und amtierender Vorsitzender des Schlichtungsrats Haschemi Rafsandschani sagte in einem Interview mit der Tageszeitung Schargh am 30. Juli, Ungleichheit der Geschlechter habe im Islam keine Bedeutung. Entscheidend bei der Beurteilung der Menschen seien Reinheit und geistige und körperliche Fähigkeiten. Historisch sei den Frauen zum Beispiel beim Erbrecht Unrecht widerfahren. Dies habe er auch in einem Gespräch mit dem Revolutionsführer erörtert. Das Ergebnis des Gesprächs sei ein neues Gesetz über das Erbrecht der Frauen gewesen, das vom Parlament verabschiedet worden sei.

Mit Blick auf die unterschiedliche Wertschätzung der Frauen in verschiedenen Epochen, sagte Rafsandschani, "Übertreibungen und Untertreibungen haben der Persönlichkeit der Frau geschadet. Es gibt Menschen, die vielleicht guten Willens sind und die versuchen, ihre unreifen Gedanken dem Islam zu unterstellen und zum Beispiel die Frauen im Haus einsperren." Aber die Präsenz der heiligen Zeynab (Schwester des Imam Hossein) in allen Phasen des heroischen Kampfes von Aschura (der zum Tod des Imam führte) zeige, dass Frauen unter Beachtung der Vorschriften in der Gesellschaft aktiv sein und Verantwortung übernehmen können.

Die Statistiken über ausgebildete Frauen zeigten, wieweit eine Gesellschaft fortgeschritten sei, sagte Rafsandschani. "Heute können iranische Frauen in Bezug auf Ausbildung und Bildung und sogar in Bezug auf ihre Funktion in leitenden Stellen ein stolzes Zeugnis vorweisen." Und wenn es keine "hemmenden Gesetze" gebe, könnte die Bilanz noch besser ausfallen.

Rafsandschani unterstrich die Bedeutung der Kultur und Bildung für die islamische Gesellschaft. "Dieses wichtige Thema darf nicht oberflächlich behandelt werden. Es geht um grundlegende Ziele, die den Weg zur Vollkommenheit ebnen." Der Islam sei für den Wandel der Zeiten offen. Es sei die Aufgabe der religiösen Instanzen, durch neue Lesart und entsprechende Anweisungen, Muslimen zu ermöglichen, sich an die Veränderungen der Zeit anzupassen. Die Veränderungen der Rolle der Frauen in Geschichte der islamischen Gesellschaft seien ein Beleg für die Fähigkeit des Islam zum Wandel. Als Beispiel nannte Rafsandschani die Islamische Revolution in Iran. Auch im iranisch-irakischen Krieg (1980-1988) hätten die Frauen durch ihre Unterstützung hinter der Front wichtige Dienste geleistet, sagte er. Nach dem Krieg hätten sie sich um ihre Ausbildung und Bildung gekümmert und dabei wichtige Erfolge erzielt.

Bei der Erläuterung der gesellschaftlichen Aufgaben der Frauen betonte Rafsandschani die Rolle der Frau als Hausfrau und sagte: "Es ist sonnenklar, dass eine gebildete Mutter bei der Erziehung der Kinder und der Haushaltsführung mehr Erfolg hat als eine ungebildete. Haushaltsführung und Ausbildung stehen nicht im Widerspruch."


STREIT ÜBER GESCHLECHTERTRENNUNG BEI MUSIKVERANSTALTUNGEN

Piruz Ardschomand, Leiter der Musikabteilung im Kulturministerium, sagte laut Agentur ISNA vom 4. August, seine Behörde sei gegen Geschlechtertrennung bei Musikveranstaltungen. "Sollte bei einer Musikveranstaltung eine Geschlechtertrennung geplant sein, werden wir die Veranstaltung absagen."

Am selben Tag hatte die Tageszeitung Schargh berichtet, dass ein Streit über die Geschlechtertrennung bei einem Konzert von Mohsen Yeganeh dazu geführt habe, dass die Veranstaltung abgesagt wurde. Die Zeitung berichtete weiter, dass das Kulturamt in den Provinzen West- und Ost-Aserbaidschan beschlossen habe, bei künftigen Pop-Konzerten die Geschlechter zu trennen. "Statt an einem Abend, soll an zwei Abenden gespielt werde, einmal für Frauen und einmal für Männer", hieß es.

Ardschomand sagte mit Blick auf den Druck, der auf sein Amt ausgeübt werde: "Wenn wir manches Problem nicht öffentlich machen, bedeutet dies nicht, dass wir es nicht als wichtig genug einschätzen. Wir versuchen es mit Hinweis auf die bestehenden Gesetze zu lösen." Das Thema Geschlechtertrennung sei zum ersten Mal in der Provinz Chorasan zur Sprache gekommen. Die dortigen Ordnungskräfte "wollen mit Hilfe von einem sogenannten Rat zur Aufführung von Musikveranstaltung ihre Pläne durchsetzen."

Ardschomand hatte sich bereits zuvor zu einer möglichen Geschlechtertrennung geäußert und gesagt: "Konzertveranstaltungen, Theateraufführungen und Darbietungen anderer Künste sind die gesündesten Formen der Unterhaltung. Die Menschen wollen kulturelle Darbietungen gemeinsam mit ihrer Familie erleben."

In den letzten Monaten wurden einige Musikveranstaltung unmittelbar vor der Aufführung abgesagt.

Am 10. August meldete sich auch Kulturminister Ali Dschannati zu Wort. Entgegen vorherrschender Gerüchte plane das Ministerium keine Geschlechtertrennung bei Konzertveranstaltungen, sagte er. Vor einer Versammlung der Leiter der Kulturämter in den Provinzen sagte der Minister: "Die gesamte Regierung stimmt unter keinen Umständen einer Geschlechtertrennung zu. Derlei Pläne wird sie niemals akzeptieren, denn eine Trennung der Geschlechter richtet sich gegen die Familienordnung."

Er habe alle Ämter, die dem Kulturministerium angehören, verpflichtet, sich an diese politische Richtlinie zu halten, sagte Dschannati. "Wir können nicht sagen, dass heute Frauen und morgen Männer an einer Veranstaltung teilnehmen sollen. Das gilt auch für Film- und Theateraufführungen."


SECHS JAHRE HAFT FÜR DEN JOURNALISTEN MIRDAMADI

Der politische Aktivist und Journalist Saradscheddin Mirdamadi, der wegen "Propaganda gegen die islamische Staatsordnung" und "Aktivitäten gegen die innere Sicherheit" angeklagt worden war, wurde von der 15. Abteilung des Revolutionsgerichts zu sechs Jahren Haft verurteilt. Dies teilte seine Anwältin Giti Pufasel der staatlichen Agentur IRNA am 6. August mit.

Mirdamadi bekleidete in der Regierungszeit des Reformpräsidenten Mohammad Chatami eine Zeitlang hohe Ämter im Innenministerium. 2001 ging er nach Frankreich und hielt sich dort einige Jahre auf. Während dieser Zeit arbeitete er für den persischsprachigen Sender "Radio Zamaneh". Nach der Wahl Präsident Rohanis kehrte er nach Iran zurück. Hier wurde er oft vom Geheimdienstministerium, der Justiz sowie den Revolutionsgarden zum Verhör einbestellt. Im April dieses Jahres wurde er dann in Haft genommen.

Das Gericht tagte etwa zwei Wochen früher als angekündigt am 22. Juli unter dem Vorsitz des gefürchteten Richters Abolghassem Salawati. Der nun Verurteilte Mirdamadi hat drei Wochen Zeit, um gegen das Urteil Berufung einzulegen.

In den letzten Wochen mussten eine ganze Reihe von Journalisten in Untersuchungshaft oder wurden nach Verurteilung ins Gefängnis gebracht, darunter Saba Azarpeik, Mrsieh Rassuli, Reyhaneh Tabatabai und Sadjdeh Arabsokhi.

Auch der bekannte iranische Intellektuelle Haschem Aghadschari wurde am 3. August laut iranischen Medien wegen "Propaganda gegen die islamische Staatsordnung" zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Der Universitätsprofessor wurde bekannt durch seine scharfe Kritik an der konservativen Auslegung des Islam. Die Muslime seien keine "Affen" die "blind" die Anweisungen der geistlichen Instanzen befolgen. Aus diesem Grund wurde Aghadschari 2003 zum Tode verurteilt. Internationale Proteste verhinderten die

Vollstreckung des Urteils. Ein Jahr später wurde das Urteil in fünf Jahren Gefängnis umgewandelt und 2005 ließ die Staatsanwaltschaft schließlich die Anklage gegen ihn fallen. Er wurde von allen Anschuldigungen freigesprochen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die in den letzten Monaten zunehmenden Inhaftierungen unabhängiger Journalisten in Iran scharf kritisiert. Es gäbe ein Klima der Einschüchterung, sagte die stellvertretende Direktorin für den Mittleren Osten und Nordafrika Hassiba Sahraoui am 31. Juli. Jede Kritik gegen die herrschende Staatsideologie drohe mit Gefängnis bestraft zu werden. Die Angst zwinge die Journalisten zur Selbstzensur.

Amnesty forderte die iranische Justiz zur "sofortigen und bedingungslosen Freilassung" aller Journalisten, die in den letzten Monaten festgenommen wurden auf. Sie hätten keine andere Schuld als ihre Meinung geäußert zu haben.


US-IRANISCHE JOURNALISTEN WEITERHIN IN HAFT

Der Juristenverband der Milizorganisation Basidsch forderte in einer Erklärung, die die Agentur Tasnim am 4. August veröffentlichte, Justizchef Sadegh Laridschani auf, die inhaftierten US-Amerikaner mit Höchststrafen zu verurteilen, sollten die Gefangenen tatsächlich Spione gewesen sein. Die Höchststrafe sei die Todesstrafe, betonten die Unterzeichner. Sie verweisen auf schiitische Grundsätze, wonach Spione als "Kämpfende Ungläubige" bezeichnet werden, die getötet werden müssen. Auch nach den Gesetzen der Islamischen Republik müssten jene, die "mit fremden Mächten gegen die Islamische Republik zusammenarbeiten", zum Tode verurteilt und hingerichtet werden.

Konkret geht es bei der Erklärung um Dscheisun Resaian und seine Frau Yeganeh Salehi. Resaian besitzt die amerikanische Staatsangehörigkeit. Er ist 38 Jahre alt und arbeitet seit über zwei Jahren als Korrespondent der Washington Post in Teheran. Salehi ist iranische Staatsbürgerin und Korrespondentin der Zeitung "National", die in den Arabischen Emiraten erscheint.

Beide befinden sich seit 22. Juli in Haft. Mit ihnen wurden zwei Fotojournalisten mit amerikanischer Staatsbürgerschaft verhaftet. Einer von ihnen wurden inzwischen freigelassen.

Was den Inhaftierten vorgeworfen wird, ist offiziell nicht bekannt. Oberstaatsanwalt Mohseni Ejehi sagte am 4. August der Agentur IRNA zufolge, er wolle wegen laufender Ermittlungen keine Auskunft geben. Diese dauerten noch an. Daher blieben die Beschuldigten weiterhin in Haft.

Am 6. August erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, aus der Sicht der iranischen Justiz seien die inhaftierten iranische Staatsbürger, auch wenn sie die amerikanische Staatsbürgerschaft besäßen. "In Iran wird laut Gesetz die doppelte Staatsbürgerschaft nicht anerkannt, das gilt auch für die drei festgenommenen Journalisten", sagte sie. Auch sie nannte den Grund der Verhaftung nicht.


ABGEORDNETER FORDERT FREILASSUNG VON JOURNALISTEN

Der Parlamentsabgeordnete Ali Mottahari sagte auf einer Versammlung regierungsunabhängiger Journalisten: "Es gibt einen Journalisten, der wegen Recherchen über die Lange in den Gefängnissen eine Zeitlang in Einzelhaft genommen wurde, seine Familie hat keinerlei Informationen über ihn, die Behörden geben den Angehörigen keine brauchbare Auskunft." Gemeint ist Saba Asarpeik, die laut ihrer Mutter wegen Recherchen über Haftbedingungen in Iran festgenommen wurde.

Mottahari sagte, der Verband iranischer Journalisten müsse nachdem das Informationsministerium seine Strafanzeige gegen ihn zurückgezogen habe wieder zugelassen werden. "Die Justiz sollte nicht so streng sein. Die in Haft befindlichen Journalisten müssen freigelassen werden", forderte Mottahari.

Der Herausgeber der Tageszeitung Djomhuri Eslami kritisierte ebenfalls die den Journalisten auferlegten Einschränkungen. "Die Regierung hat wenig Macht, aber selbst davon macht sie keinen Gebrauch", sagte er. Es gebe in Iran Gruppen, die für das Land gefährlicher seien als IS (Terrorgruppe Islamischer Staat) und Taliban.

Die Journalistin Minu Badii sagte: "Wir fordern die Aufhebung der Zensur und verlangen, dass Unbekannte nicht immer wieder die Rolle von Chefredakteuren und Herausgebern spielen." Die Presse müsse vollkommen frei sein und der Verband der Journalisten müsse seine Arbeit wieder aufnehmen.

Indes beklagte der UN-Menschenrechtsbeauftragte für Iran Ahmad Schahid die "neue Welle der Verhaftungen von Journalisten". UN-Berichte belegten, dass in den vergangenen drei Monaten mindestens 36 Journalisten, Internetdienstbetreiber, Filmemacher und Schriftsteller wegen ihrer kritischen Äußerungen in Haft genommen worden seien, erklärte Schahid am 8. August den Medien zufolge.

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) übte scharfe Kritik gegen die iranische Justiz und beklagte, dass die Bilanz der einjährigen Regierungszeit Rohanis enttäuschend sei. "Die Bilanz der Regierung Rohani ist niederschmetternd", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr am 31. Juli laut dpa. "Seit einem Jahr gibt es nichts als Lippenbekenntnisse." Er forderte die Regierung auf, ihre "repressive Haltung gegenüber kritischen Journalisten aufzugeben" und Maßnahmen zu ihren Schutz durchzuführen. "Es ist unerträglich, dass das Justizsystem dem Staat als Instrument bei der Unterdrückung der Medien dient."


DER FALSCHE COLONEL

Nachdem sich Autor und Verleger des Romans "Der Colonel" von Mahmud Doulatabadi mehr als ein Jahrzehnt bemüht hatten, die Genehmigung zur Veröffentlichung von der Zensurbehörde zu erhalten, erschien nun Anfang August ein falscher Colonel auf dem iranischen Markt.

In einem Interview mit der Agentur ISNA vom 4. August sagte Doulatabadi, sein Roman sei "Opfer eines schmutzigen Spiels" geworden. Er forderte die Leser seiner Werke auf, die nun veröffentlichte Fälschung nicht zu lesen.

Es ist noch nicht klar, ob es sich bei der Fälschung um eine Übersetzung der deutschen oder englischen Ausgabe vom Colonel handelt oder um das entstellte Original. Der Roman ist in mehreren Sprachen erschienen, nicht aber in der Originalsprache Persisch. Verleger und Autor hofften nach der Amtsübernahme der Regierung Rohani, den Roman, der seit mehr als zehn Jahren bei der Zensurbehörde liegt, veröffentlichen zu können. Es gab vor einigen Monaten in den Medien kontroverse Diskussionen über den Roman, so dass viele auf die Veröffentlichung warteten. Und nun erschien das Buch, aber es war der falsche Colonel.

In einem Interview mit der BBC sagte Doulatabadi, sein Verlag verfolge den Fall. Inzwischen sei der Verleger des falschen Colonel bekannt. Mehr wollte der Autor darüber nicht sagen.

Das Kulturministerium gab bekannt, dass es 4.700 Exemplare der Fälschung eingesammelt habe. Der Rest der Auflage, dessen Höhe nicht bekannt ist, sei offensichtlich bereits verkauft worden.

Geschrieben wurde der Colonel vor 26 Jahren. Der Roman spielt in der Zeit vor und nach der Revolution von 1979. Er ist gesellschaftskritisch und politisch hoch brisant. Die deutsche Übersetzung ist bei dem Züricher Unions-Verlag erschienen.


MATHEMATIKERIN MIT HÖCHSTER EHRUNG AUSGEZEICHNET

Die iranische Mathematikerin Marjam Mirzakhani wurde am 12. August mit der Fields-Medaille ausgezeichnet, die alle vier Jahre an zwei bis vier Mathematiker im Alter unter vierzig Jahren vergeben wird. Die Fields-Medaille gilt als eine Art Nobelpreis für Mathematik. Der Preis ist mit 15.000 US-Dollar dotiert. Die Preisvergabe erfolgte in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, wo der Kongress der Mathematiker in diesem Jahr tagte.

Die 37-jährige Mirzakhani ist die erste iranische Frau, die diesen Preis bekommt. Studiert hat sie an der Technischen Universität Scharif in Teheran und an der Harvard-Universität. Zurzeit ist sie Professorin für Mathematik an Stanford-Universität, wo sie 2008 ihre Lehrtätigkeit aufgenommen hatte. Dort lebt sie mit ihrem Mann und ihrer dreijährigen Tochter.

Außer Mirzakhani gehörten weitere drei Mathematiker zu den Preisträgern. Die Vorsitzende des Internationalen Verbands der Mathematiker Ingrid Dubeschi sagte, für sie als Frau sei es beglückend zu sehen, dass eine Frau den weltweit höchsten Preis für Mathematiker erhalte. Damit werde in Zukunft niemand mehr erstaunt sein, dass eine Frau mit dem Preis ausgezeichnet werde.

Mirzakhani selbst sagte, die Auszeichnung sei "eine große Ehre" für sie. Sie werde sicherlich junge Mathematikerinnen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit bestärken.

Die 1977 in Teheran Geborene hat bereits mehrere Preise gewonnen. Schon als Teenager gewann sie Goldmedaillen bei internationalen Mathematik-Olympiaden. Die Geometrie-Expertin promovierte an der Harvard-Universität. 2006 zählte die Zeitschrift Popular Science sie zu den zehn lebenden Genies Nordamerikas.

*

WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Erste Rate aus eingefrorenem iranischem Guthaben freigegeben
• USA warnen Russland vor Ölgeschäft mit Iran
• Krise in der Industrie
• Neue Hoffnung bei der iranischen Luftfahrt
• Palmöl, Käse und Sahne stärker verseucht als Milch


ATOMKONFLIKT

Seit der letzten Verhandlungsrunde im vergangenen Monat treten die Probleme zwischen dem Westen und Iran immer konkreter und die Grenzen der Kompromissbereitschaft immer klarer zum Vorschein. Am 30. Juli erklärte die US-Verhandlungsführerin und Vizeaußenministerin Wendy Sherman vor dem US-Senat, Ziel der Verhandlungen mit Iran sei die Lösung des Atomkonflikt bis zur festgesetzten Frist, dem 24. November. Sie wollte sich aber nicht festlegen, ob eine weitere Verlängerung möglich sei. Die Regierung würde jedoch den Kongress zur Beratung ziehen, falls sie weitere Sanktionen gegen Iran aufheben wollte.

Sowohl im US-Senat als auch im Repräsentantenhaus gibt es eine ganze Reihe Abgeordnete, die den Verhandlungen skeptisch gegenüberstehen. Der republikanische Senator Marco Rubio bezeichnete Sherman gegenüber die Verhandlungen mit Iran als "katastrophal". Ähnlich äußerten sich andere Senatoren.

Obwohl bei den Verhandlungen die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland vertreten sind, spielen die USA hier die Hauptrolle. Dies sagte auch Irans Vizeaußenminister Mortesa Samadi am 4. August der Agentur IRNA zufolge. "Wir hatten (in den vergangenen elf Monaten) zehn Verhandlungsrunden, in denen immer nur die USA die Hauptrolle spielten." Auch die Sanktionen seien Iran hauptsächlich von den USA aufgezwungen worden.

Dies hat zur Konsequenz, dass Iran zunehmend versucht, bilaterale Gespräche mit den USA zu führen. Irans Verhandlungsführer und Vizeaußenminister Abbas Araghtschi schloss bei einer Pressekonferenz am 4. August in Teheran sogar nicht aus, dass es im September am Rande der UN-Vollversammlung in New York zu einem Treffen zwischen den Präsidenten Obama und Rohani kommen könnte. Ein erstes bilaterales Treffen nach der letzten Verhandlungsrunde kam am 7. August in Genf zustande. Beide Seiten bezeichneten die Gespräche als positiv. Doch ein handfestes Ergebnis hatten sie nicht vorzuweisen.

Am 9. August warnte Araghtschi in der Zeitschrift Tedjarat-e Farda, sollte bis November keine Einigung erzielt werden, gäbe es kaum noch eine Chance zur Beilegung des Konflikts. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, bis zur festgelegten Frist zu einem gemeinsamen Vertrag zu kommen. In einem Interview mit der Agentur Mehr sagte Araghtschi am 13. August, Iran werde vorerst nur noch bilaterale Gespräche führen.

Ein Thema, das aus der Sicht der USA ein wichtiges Problem darstellt, ist das iranische Raketenprogramm. Auch Israel drängt darauf, dass dieses Thema im Rahmen des Atomkonflikts behandelt wird. Doch Iran ist strikt dagegen. Das betonte auch Präsident Rohani am 17. August bei einem Treffen mit dem Generaldirektor der Internationalen Atombehörde Yukiya Amano in Teheran. "Das iranische Raketenprogramm kann unter keinen Umständen Gegenstand der Verhandlungen sein", sagte Rohani.

Amano, der sich zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres zu einem Besuch in Teheran aufhielt, zeigte sich unzufrieden über die Dauer der Verhandlungen und äußerte die Hoffnung, dass es "innerhalb einer vernünftigen Frist" zu einer Einigung kommen würde. "Das war ein kurzer Besuch, aber ein nützlicher", sagte Amano, der sich nur einen Tag lang in Iran aufhielt. Nach der Rückkehr nach Wien sagte er, Iran habe weitere Informationen über sein Atomprogramm zur Verfügung gestellt.

Nach der Abreise Amanos kritisierte der Chef der iranischen Atombehörde Ali Akbar Salehi den IAEA-Generaldirektor laut Agentur ISNA vom 18. August. Iran habe ausführlich auf die Fragen der IAEA geantwortet, doch es kämen immer mehr Fragen hinzu, sagte Salehi.

Iran verlange keine Sonder-, sondern nur eine Gleichbehandlung. Auch Vizeaußenminister Madschid Rawanchi forderte der Agentur ISNA zufolge am 18. August den Westen auf, nicht mit "irrelevanten" Fragen und Themen Zeit zu verlieren. "Die Gegenseite sollte bei der Sache bleiben, nicht wieder mit irrelevanten Themen ankommen und keine weitere Zeit verschwenden", sagte Rawanchi. "Dann wäre es möglich, bis zum 24. November die Verhandlungen mit Erfolg zu Ende zu führen."

Ein strittiger Punkt zwischen Teheran und der IAEA ist der Besuch der Militäranlage Parchin. Die Atombehörde vermutet, dass dort Nuklearwaffen getestet wurden. Iran bestreitet dies. Verteidigungsminister Hossein Dehghan sagte am 23. August bei einer Pressekonferenz, sein Land werde keine Untersuchung der Anlage gestatten. "Die IAEA hat schon mehrmals in Parchin Inspektionen durchgeführt und Proben mitgenommen. Es besteht absolut kein Grund für eine abermalige Inspektion."

Die Anlage befindet sich im Norden von Teheran, in einem militärischen Sperrgebiet. Iran hat mehrmals erklärt, dass die Militäranlage nichts mit dem Atomprogramm zu tun habe. Die IAEA habe gemäß dem Atomwaffensperrvertrag kein Recht, militärische Anlagen zu untersuchen.

"Wir werden auch keine Informationen über unsere Verteidigungsexperten erteilen, ebenso wenig wie über unser Raketenprogramm, sagte Dehghan.

Die Äußerungen der Verantwortlichen Irans deuten auf eine Verhärtung der gegenseitigen Positionen hin. Insbesondere nach dem Abschuss der israelischen Aufklärungsdrohne in der Nähe der Atomanlage Natans sind aus Teheran schärfere Töne zu vernehmen. Der Vizechef der iranischen Atomorganisation Asghar Sareban erklärte am 25. August laut dpa: "Unter der Leitung der USA sind Länder wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien in diese Sabotageakte (gegen das iranische Atomprogramm) verwickelt. Die Koordination der Aktivitäten der Geheimdienste finde in einem Labor im US-Staat New Mexiko statt." Selbst die IAEA stehe unter politischem Druck und könne nicht autonome Entscheidungen fällen. Zum Glück sei es der iranischen Atomorganisationen mit Unterstützung der iranischen Geheimdienste gelungen, diese Sabotageakte zu neutralisieren.

Am 1. September werden sich Außenminister Sarif und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton im Brüssel treffen, um den Fortlauf der Verhandlungen zu planen.


ERSTE RATE AUS EINGEFRORENEM IRANISCHEM GUTHABEN FREIGEGEBEN

Vizeaußenminister und iranischer Verhandlungsführer bei den Atomverhandlungen Abbas Araghtschi sagte auf einer Pressekonferenz am 2. August, nachdem über eine Verlängerung Übereinstimmung erzielt wurde sei die erste Rate des eingefrorenen iranischen Guthabens in Höhe von 500 Millionen Dollar freigegeben worden.

Die Vereinbarung über die Freigabe des iranischen Guthabens sieht vor, dass die iranische Zentralbank sechs Raten von jeweils 500 Millionen Dollar erhält. Die jeweiligen Raten sollen in Abstand von zwei Wochen überwiesen werden.

Iran hat sich im Gegenzug verpflichtet, bis zu der festgesetzten Frist die restlichen 25 Kilogramm des 20-prozentig angereicherten Urans zu oxidieren und in Brennstäbe zu verwandeln. Dies soll die Verwendung des angereicherten Urans zur Herstellung von Nuklearwaffen verhindern oder zumindest erschweren.


USA WARNEN RUSSLAND VOR ÖLGESCHÄFT MIT IRAN

Die USA haben am 7. August Russland vor einem geplanten Ölgeschäft mit Iran gewarnt. Vizefinanzminister David Cohen sagte vor Journalisten, sollte das Geschäft zwischen Teheran und Moskau zustande kommen, würden die USA alle Beteiligten mit harten Sanktionen bestrafen.

Die Warnung kam nachdem Berichte über ein Wirtschaftsabkommen mit einem Volumen von 20 Milliarden Dollar zwischen Teheran und Moskau veröffentlicht wurden.

Am 5. August gab das Energieministerium in Moskau bekannt, dass ein Abkommen zwischen Iran und Russland über den Austausch von Öl gegen Nahrungsmittel und industrielle Unterstützung unterzeichnet worden sei. Die Dauer des Abkommens beträgt laut Bekanntgabe des Ministeriums fünf Jahre. Während dieser Zeit werde Russland Iran beim Verkauf von Rohöl und Gas, dem Ausbau der Öl- und Gasindustrie, dem Bau von Reaktoren und Ausbau des Stromnetzes unterstützen und Maschinen und Landwirtschaftliche Güter nach Iran liefern.

Einen Tag später veröffentlichte das Ministerium eine zweite Erklärung mit einer Stellungnahme des Energieministers Alexander Nowak, in der es hieß, Moskau werde neben der Hilfe beim Verkauf des iranischen Öls auch einen Teil des Öls selbst kaufen. Die Menge werde sich nach dem Markt richten. Das Abkommen werde die Bedingungen für den Export von Gütern zum Ausbau der iranischen Autoindustrie, für die Bergwerkindustrie, den Schiffbau sowie des Export von Medikamenten erleichtern.

Überraschend war dann die Reaktion aus Teheran. Am 6. August veröffentlichte die staatliche Agentur IRNA eine Stellungnahme des Vizefinanzministers Ali Madschedi in der es hieß, es gäbe kein Abkommen zwischen Teheran und Moskau. Auch sei bei dem Besuch des Ölministers Bijan Sangeneh in Moskau nicht über ein mögliches Ölabkommen gesprochen worden. Fraglich bleibt, ob die Widersprüche der Stellungnahmen aus Moskau und Teheran auf amerikanischen Druck zurückzuführen sind.

Den Äußerungen Nowaks zufolge ist Iran an nahezu allem interessiert, was es gegen Öl austauschen könnte, an Pumpen und elektrische Einrichtungen, Stahlröhren, Maschinen für Textilprodukte, an Holz, Getreide, Ölsamen und Fleisch. Teheran wünsche auch die Zusammenarbeit mit Moskaus beim Bau von Generatoren und dem Ausbau des Kohlebergbaus.

Die Agentur Reuters hatte vor etwa acht Monaten berichtet, dass Russland und Iran über ein Abkommen zum Austausch von Öl gegen Lebensmittel Gespräche führten. Es gehe um ein Geschäft mit einem Volumen von 5,1 Milliarden Dollar. Demnach würde Iran täglich 500.000 Barrel Öl - das wären ca. ein Drittel des gesamten iranischen Ölexports - an Russland liefern und dafür Nahrungsmittel erhalten.

Ein Ölgeschäft mit Russland würde Iran die Möglichkeit gewähren, ungeachtet der bestehenden Sanktionen, sein Öl auf den internationalen Markt zu bringen.


KRISE IN DER INDUSTRIE

Mohammad Resa Nematsadeh, Minister für Industrie, Bergbau und Handel, sagte iranischen Medien zufolge, die Entwicklung der Wirtschaft sei im vergangenen Monat negativ gewesen. Sie sei im Vergleich zu dem Monat davor um 2,2 Prozent zurückgegangen. Zurzeit seien 50 Prozent der Industrieeinheiten entweder bereits stillgelegt, oder sie befänden sich in einer Krise. Probleme wie die starken Schwankungen der Devisenkurse, Mangel an staatlichen Hilfeleistungen sowie der drastische Rückgang ausländischer Investitionen hätten auch dazu geführt, dass "zehntausende" Industrieeinheiten halbfertig gebaut brachlägen.

In den letzten zwei Jahren lag die Negativentwicklung der Wirtschaft bei 5,8 Prozent und die Inflationsrate stieg bis über vierzig Prozent. Die Regierung Rohani versucht, durch die Kontrolle der Inflation die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen.

"Es gibt ernsthafte Probleme, mache sind inzwischen beseitigt, andere bestehen noch", sagte Nematsadeh. Die jüngste Statistik der Zentralbank zeige, dass die Inflationsrate auf 25,3 Prozent gesunken sei.

Die Regierung sei bemüht, durch eine Politik der Versöhnung die "ungerechten Sanktionen" gegen Iran aufheben zu können, sagte der Minister. Denn diese hätten dem Land "wirtschaftlich, gesellschaftlich und moralisch" stark geschadet.

Durch die Sanktionen sank die iranische Ölproduktion um die Hälfte. Auch der Boykott von iranischen Banken hatte zur Folge, dass Iran seine Öleinnahmen nicht ins Inland transferieren konnte.

Nematsadeh sagte, "manche Handelspartner Irans konnten aufgrund von Sanktionen ihre Waren nicht unter ihren eigenen Firmennamen verkaufen." Die Waren seien unter Tarnnamen nach Iran exportiert worden. Dies sei für einen Staat wie Iran "erniedrigend". Auch beim Export "unserer Güter müssen wir ähnliche Erniedrigungen hinnehmen".


NEUE HOFFNUNG BEI DER IRANISCHEN LUFTFAHRT

Der stellvertretende Leiter der Luftfahrtgesellschaft der Islamischen Republik, Mohammad Choschnewissan, bezeichnete am 4. August der Agentur ISNA zufolge die Verhandlungen mit "einigen Flugzeugherstellern, darunter Boeing und Airbus" über Lieferung von Ersatzteilen als "positiv und Hoffnung versprechend".

Das Ergebnis der Verhandlungen in den letzten Monaten solle nun eine vorläufige Vereinbarung sein, die allerdings vom US-Finanzministerium genehmigt werden müsse. Es sei zu hoffen, dass mit der Lieferung von Ersatzteilen die seit Jahren stillgelegten Flugzeuge wieder einsatzfähig gemacht werden könnten. Von den 250 Maschinen seien 108 derzeit nicht einsatzfähig.

Die Lieferung von Ersatzteilen für Passagierflugzeuge gehört zu den Bereichen, für die die Sanktionen gegen Iran im Zuge eines Abkommens von vergangenem Herbst aufgehoben wurden.

Die iranische Luftfahrtindustrie wird seit 35 Jahren von den USA boykottiert. Damit wurde die Lieferung von Ersatzteilen sowohl von amerikanischen als auch europäischen Flugzeugherstellern gestoppt. Die USA verhängten noch einmal 2011 gegen die Fluggesellschaften Homa und Iran-Tour wegen "Missachtung internationaler Sanktionen,

Unterstützung der Revolutionsgarden und Hilfeleistung bei der Lieferung von Waffen an die libanesische Hisbollah" neue Sanktionen. 2012 wurden schließlich 117 iranische Flugzeuge von den USA boykottiert (d.h. sie dürfen keine amerikanischen Flughäfen mehr anfliegen und können international keinen Treibstoff mehr tanken), weil sie "unter dem Vorwand humanitäre Hilfe zu leisten die Regierung in Syrien unterstützt" hätten. Die Flugzeuge gehörten den Fluggesellschaften Iran Air, Mahan Air und Yas Air an.


PALMÖL, KÄSE UND SAHNE STÄRKER VERSEUCHT ALS MILCH

Der Leiter des Amtes für Nahrungsmittel und Medikamente Rassul Dinarwand sagte der Agentur Fars am 9. August, Palmöl, Käse und Sahne seien stärker verseucht als Milch. Wenige Tage zuvor hatten Verantwortliche des Gesundheitsamts die Öffentlichkeit vor dem Verbrauch von Palmöl gewarnt. Nun sagte Dinarwand, nicht nur fettreiche Milch, sondern auch Milchprodukte wie Käse und Sahne seien mit Palmöl vermischt und daher verseucht. Es habe sich herausgestellt, dass zwei Firmen zur Herstellung von Milchprodukten Palmöl verwendet hätten.

Gesundheitsminister Hassan Ghasisadeh gab am selben Tag bekannt, dass Unterlagen über die beiden Firmen an die Justiz weitergeleitet worden seien. Sein Ministerium beabsichtige nicht, die Namen bekannt zu geben. Palmöl werde seit Jahren aus Indonesien importiert. Da das Öl billig sei, sei der Import in letzter Zeit gestiegen.

*

AUSSENPOLITIK

• Chamenei: Keine Normalisierung der Beziehungen zu USA
• Israelische Drohne abgeschossen
• Iran und die Lage im Irak
• Rohani kritisiert UNO wegen Gaza
• Außenminister Sarif zu Besuch in Oman
• Wiedereröffnung der britischen Botschaft
• Iranischer Menschenrechtler in der Türkei tot aufgefunden
• Irans Botschaft in der Türkei wurde abgehört
• Menschenrechtspreis vergeben
• dpa-Interview mit neuem Botschafter Irans in Berlin


CHAMENEI: KEINE NORMALISIERUNG DER BEZIEHUNGEN ZU USA

Vor einer Versammlung iranischer Botschafter und Abteilungsleiter des Außenministeriums sagte Revolutionsführer Ali Chamenei am 13. August: "Beziehungen zu den USA und Verhandlungen mit dem Land haben bis auf Ausnahmefälle nicht nur keinen Nutzen, sie sind auch schädlich. Und kein vernünftiger Mensch unternimmt etwas, das schädlich ist."

Offenbar reagierte Chamenei auf die Äußerungen von Präsident Rohani, der, wie bereits oben angeführt, eine Normalisierung der Beziehungen zu allen Ländern, auch zu solchen, mit denen Iran seit Jahren Probleme hat, in Aussicht gestellt hatte.

Chamenei stimmte Rohani zu, dass Iran mit der ganzen Welt Frieden schließen und kooperieren wolle. Es gebe jedoch zwei Ausnahmen, sagte der Revolutionsführer: "das zionistische Regime und die USA". Eine Verständigung mit den Zionisten käme ohnehin nie in Frage. Und mit den USA auch nicht, solange die Feindschaft der US-Regierung und des US-Kongresses gegenüber Iran andauere.

"Manche erweckten den Anschein als ob man die Probleme lösen könnte wenn man sich mit den Amerikanern an einen Tisch setzen und mit ihnen verhandeln würde", sagte Chamenei. "Natürlich wussten wir, dass das nicht so ist. Die Ereignisse des letzten Jahres liefern den Beweis dafür."

"Früher hat es zwischen den Verantwortlichen in Iran und den USA keinerlei Verbindung gegeben", fuhr der Revolutionsführer fort. "Aber im vergangenen Jahr haben wir wegen sensiblen Themen wie dem Atomkonflikt beschlossen, bis auf die Ebene der Außenminister Verhandlungen mit den USA zu führen. Doch diese haben keinerlei Nutzen gebracht. Im Gegenteil, die Amerikaner haben einen schärferen und beleidigenden Ton eingeschlagen und ihre Forderungen, die sie öffentlich vortrugen, immer höher geschraubt." Natürlich hätten die iranischen Verhandlungspartner ihnen gebührende und noch schärfere Antworten gegeben. Doch insgesamt sei nichts dabei herausgekommen. Die USA hätten nicht nur ihre Feindschaft nicht gemildert, sondern auch noch härtere Sanktion gegen Iran beschlossen. Sie würden behaupten, die Sanktionen seien nicht neu, doch in Wirklichkeit seien sie sehr wohl neu (gemeint ist wohl das Hinzufügen von weiteren Firmen und Personen zu den bestehenden Sanktionslisten).

Er wolle die Fortsetzung der Verhandlungen mit den USA nicht ablehnen, sagte Chamenei. Außenminister Sarif und seine Mitarbeiter hätten die Verhandlungen gut geführt. Doch die Verhandlungen seien in erster Linie deswegen wertvoll gewesen, weil sie jedem klargemacht hätten, dass Verhandlungen (mit den USA) nicht zum Abbau der Feindschaft der Amerikaner gegenüber Iran beitragen würden und folglich nutzlos seien.

Allerdings hätten die Verhandlungen auch Nachteile, sagte der Revolutionsführer. "Sie lassen uns gegenüber der Öffentlichkeit als unentschlossen erscheinen und der Westen stellt uns mit seiner mächtigen Propagandamaschine als handlungsunfähig und unsere Positionen als widersprüchlich dar."

Die Stellungnahme des Revolutionsführers bringt Rohani und seinen Außenminister Sarif in eine noch schwierigere Lage als ohnehin schon. Zudem wird der Ton der Kritiker der Atomverhandlungen noch schärfer, weil sie sich durch die Äußerungen des Revolutionsführers bestätigt fühlen. Sollten die Atomverhandlungen aber tatsächlich zum Erfolg führen, würde, wie u.a. Said Ghassemi, Mitglied der Fraktion Widerstandsfront, prophezeit hat, die Autorität des geistlichen Führers vollends verloren gehen.


ISRAELISCHE DROHNE ABGESCHOSSEN

Am 24. August gaben die iranische Revolutionsgarden (Pasdaran) bekannt, eine israelische Drohne abgeschossen zu haben. Die "Spionage-Drohne" sei von einer Rakete abgeschossen worden, hieß es auf der Webseite sepahnews.com. Die Drohne habe versucht, sich der Atomzone von Natans anzunähern, sei aber bevor sie das Sperrgebiet erreichen konnte durch eine Boden-Luft-Rakete abgeschossen worden. "Die Revolutionsgarden und die anderen bewaffneten Kräfte behalten sich das Recht vor, auf diese Aktion gebührend zu reagieren."

Die Anlage Natans gehört zu den wichtigsten Atomanlagen Irans. Dort wird Uran angereichert. Sie befindet sich in der Nähe der Stadt Natans in der Provinz Isfahan im Zentral-Iran.

Aus der Erklärung der Pasdaran lässt sich entnehmen, dass die Drohne bis zur Mitte Irans vorgedrungen war, bevor sie abgeschossen wurde.

Ramezam Schrif, Leiter der Kommunikationsabteilung der Pasdaran, sagte der Agentur Fars, Teile der abgestürzten Maschine seien unbeschädigt. Diese würde nun von Experten genau untersucht.

Israel hat bislang zu dem Vorfall keine Stellung genommen. Die Armee äußere sich grundsätzlich nicht zu ausländischen Medienberichten, sagte ein israelischer Armeesprecher laut einer Meldung der AFP vom 24. August.

Der Kommandant der Luftwaffe der Pasdaran General Ali Hadschisadeh sagte am 25. August laut IRNA, alles deute darauf hin, dass die Drohne nicht in Israel, sondern in einem Land der Region am Persischen Golf gestartet sei. "Wir sind dabei, dies genau herauszufinden."

"Wir werden auf den Angriffsversuch mit der stärkeren Bewaffnung des Westjordanlandes reagieren und behalten uns weitere Maßnahmen vor", erklärte der General. Die abgeschossene Drohne sei in Israel gebaut worden. Sie sei vom Typ "Hermes" und habe eine Reichweite von 800 Kilometern. Sie hatte zwei hoch auflösende Kameras an Bord und eine Flügelspannweite von fünfeinhalb Metern. Die Drohne sei von der Firma Elbit Systems, die Waffen und elektronische Geräte produziert und in der Stadt Haifa angesiedelt ist.

Die Sprecherin des Teheraner Außenministeriums Marsieh Afkham erklärte am 25. August vor der Presse, das Eindringen der Drohne in iranisches Staatsgebiet bedeute eine Verletzung der iranischen Lufthoheit und eine Missachtung der Souveränität des Landes. Iran behalte sich vor, mit angemessenen Maßnahmen und im Rahmen des Völkerrechts auf die Aktion zu reagieren.


IRAN UND DIE LAGE IM IRAK

Das Erstarken der IS (Islamischer Staat) in Syrien und Irak wird nicht nur in Washington sondern vermutlich noch mehr in Teheran als eine drohende Gefahr empfunden, die gebannt werden muss. Daher stellte sich in den letzten Wochen die Frage, ob es zwischen Iran, das im Irak über großen Einfluss verfügt, und den USA, der ehemaligen Besatzungsmacht im Irak, eine wie auch immer geartete Form der Zusammenarbeit geben könnte.

Mohammad Sadr, Berater des iranischen Außenministers, beantwortete diese Frage positiv. Eine Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA gegen die paramilitärische Organisation IS "ist möglich und durchführbar", sagte er am 11. August der Tageszeitung Schargh. "Der Kampf gegen IS ist nicht nur militärisch, sondern auch kulturell und ideologisch zu führen. Es muss klar werden, dass diese Gruppe weder mit Schiiten noch mit Sunniten etwas gemein hat. So betrachtet sind die USA auf die Hilfe Irans und der sunnitischen Geistlichkeit angewiesen." Weiter sagte Sadr, die Gefahr des Terrorismus bedrohe auch Europa. "Wenn die USA vernünftig handeln wollen müssen sie sich auf die islamische Welt zu bewegen."

Sadr zog eine Parallele zwischen den Angriffen der IS im Irak und denen Israels gegen die Palästinenser und sagte, gegen beide müsse gekämpft werden. Zu einer möglichen Gefahr der islamischen Extremisten für den Iran sagte Sadr, ganz auszuschließen sei die Gefahr nicht, aber bislang sei sie nicht ernst zu nehmen. Die eigentliche Gefahr bestehe momentan eher für Länder mit mehrheitlich sunnitischer Bevölkerung.

Bereits zuvor hatte sich Präsident Rohani ähnlich geäußert. Revolutionsführer Ali Chamenei sprach sich jedoch gegen eine militärische Einmischung der USA im Irak aus.

Überraschend verhielt sich Iran bei den Auseinandersetzungen über die Bildung einer neuen Regierung im Irak. Während Teheran über all die Jahre an Ministerpräsident el-Maleki festhielt, veröffentlichte das Außenministerium in Teheran am 12. August eine Erklärung, in der die Vorbereitungen zur Bildung einer neuen Regierung begrüßt werden.

Teheran unterstütze die rasche Bildung eines neuen Kabinetts und die Abstimmung darüber im Parlament. Iran werde wie zuvor die irakische Regierung und das irakische Volk beim Kampf gegen den Terrorismus sowie bei der Herstellung von Sicherheit und Stabilität unterstützen und bittet alle religiösen und politischen Verantwortlichen, gemeinsam die nationale Einheit des Landes zu verteidigen.

Noch vor zwei Monaten hatte Revolutionsführer Chamenei alle Beteiligten im Irak-Konflikt aufgefordert, das Ergebnis der Wahlen zu akzeptieren. Bei diesen Wahlen war die Koalition um el-Maleki als Sieger hervorgegangen. Hauptgrund für den iranischen Kurswechsel scheint die Furcht vor einem Zerfall des irakischen Staates zu sein. Dabei ging Teheran sogar soweit, dass es selbst den militärischen Angriff der USA schweigend hinnahm und widererwartend keinen Protest einlegte.

Am 21. August dementierte Teheran einen Bericht, wonach das Land seine Mitarbeit beim Kampf gegen die IS mit der Beilegung des Atomkonflikts und der Aufhebung der Sanktionen verknüpft haben soll.

Am 24. August traf Außenminister Sarif zu Gesprächen mit der neuen irakischen Regierung in Bagdad ein. Auf dem Flughafen sagte er, der Kampf gegen den Terrorismus sei auf die Zusammenarbeit aller Länder angewiesen. Er führte ein längeres Gespräch mit dem neuen Präsidenten Haidar al-Abadi, über dessen Inhalt offiziell nichts Konkretes mitgeteilt wurde.

Am 25. August warnte Iran die IS-Terroristen vor Angriffen auf schiitische Mausoleen im Irak, meldete die dpa. "Das wäre unsere rote Linie", sagte Innenminister Adolresa Rahman Fasli. "Da würde der Präsident (Rohani) keine operativen Grenzen mehr einhalten."

Fasli gab bekannt, dass Iran irakische Kurden bei ihrem Kampf gegen die IS militärisch unterstützt habe, berichtete die Agentur Mehr. Diese Unterstützung habe dazu beigetragen, dass manche von den Terroristen eroberten Gebiete wieder befreit werden konnten.

Das bestätigte auch der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete Masud Barsani. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem iranischen Außenminister Dschawad Sarif am 26. August in Erbil sagte Barsani: "Wir haben um Hilfe gebeten und Iran gehörte zu den ersten Staaten, die uns Waffen geschickt haben." Diese Waffen hätten die Kurden militärisch spürbar gestärkt. Sarif sagte, Iran habe sowohl die irakische Zentralregierung wie auch die kurdische Autonomieregierung militärisch in verschiedenen Bereichen unterstützt. "Wir sind froh, im Gegensatz zu den westlichen Staaten, unsere Versprechen eingelöst zu haben", sagte er. Er betonte abermals, dass Iran keine Militärs in den Irak entsandt habe, aber weiterhin bereit sei, Irak und die Kurden zu unterstützen. Sarif war in

Bagdad mit verschiedenen geistlichen Würdenträgern und führenden Politikern zusammengetroffen und anschließend am 25. August zu Gesprächen in den Nordirak gereist.


ROHANI KRITISIERT UNO WEGEN GAZA

Irans Präsident Hassan Rohani hat die UNO wegen "Untätigkeit und Gleichgültigkeit" in Bezug auf die "Katastrophe in Gaza" scharf kritisiert.

Bei der Eröffnung des Treffens der Außenminister blockfreier Staaten in Teheran am 4. August sagte Rohani "mehr als zehntausend Tote und Verletzte, darunter zahlreiche Frauen und Kinder und die mutwillige Zerstörung der Infrastruktur des Gazastreifens zeige, dass das zionistische Regime die Menschenrechte nicht anerkennt." Das Schweigen einiger Mitglieder des UN-Sicherheitsrates über die Verbrechen in Gaza habe Israel ermutigt, seine aggressive Politik fortzusetzen. Die Bewegung der blockfreien Staaten müsse daher "die Ärmel hochkrempeln, um dem Kriegsverbrechen und dem Töten" Einhalt zu gebieten. Die Palästinenser müssten endlich die Ihnen zustehenden Rechte erhalten.

Auch Außenminister Sarif forderte einen Waffenstillstand und sagte: "Wir werden konsequent das palästinensische Volk und seine gemeinsame Führung unterstützen."

Das Treffen der Außenminister bockfreier Staaten fand statt, um über die Lage in Gaza zu beraten. Wie IRNA berichtete, nahmen an dem Treffen der Außenminister der palästinensischen Autonomieregierung, Rias Maleki, und die Außenminister von Katar, Venezuela, Libanon, Bangladesch, Sudan und Uganda teil. Sieben Staaten waren durch ihre Vizeaußenminister vertreten. Auch die Botschafter blockfreier Staaten in Teheran seien anwesend gewesen. Das Treffen dauerte einen Tag. Am Ende wurde eine Resolution verabschiedet.

Iran hat in diesem Jahr den turnusmäßigen Vorsitz der blockfreien Staaten, denen mehr als 120 Mitgliedstaaten und Beobachterstaaten angehören. Das Treffen der Außenminister war auf Einladung des iranischen Außenministers Dschawad Sarif erfolgt.

Wenige Tage zuvor hatte Revolutionsführer Ali Chamenei Israel scharf kritisiert und es als "tollwütigen Hund" beschimpft. "Dieser tollwütige Hund, dieser raubgierige Wolf hat unschuldige Menschen angegriffen", sagte Chamenei beim Freitagsgebet am 29 Juli. "Das ist ein Völkermord, eine Katastrophe historischen Ausmaßes." Den Palästinensern wolle man die wenigen Mitteln, die sie zu ihrer Selbstverteidigung zur Verfügung haben, wegnehmen. Dies sei das Ziel der jüngsten Angriffe. Die Welt müsse endlich reagieren. "Jeder, der dazu die Möglichkeit hat, vor allem in der islamischen Welt, sollte alles in seiner Kraft Stehende tun, um die palästinensische Nation zu bewaffnen."

Israel sei bei seinem Angriff "steckengeblieben" und bereue daher die Kriegsaktion. Daher seien die USA und die Europäer gemeinsam bemüht, den Palästinensern einen Waffenstillstand aufzuzwingen, sagte Chamenei. Er wendete sich entschieden gegen einen Waffenstillstand und die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Der palästinensische Widerstand müsse im Gegenteil militärisch gestärkt werden. Die Äußerungen des Revolutionsführers wurden in israelischen Medien in ungewöhnlicher Ausführlichkeit diskutiert.

Iran selbst hat wie der ehemalige General Mohssen Resai, der früher Chef der mächtigen Revolutionsgarden war und heute dem Schlichtungsrat angehört, am 4. August dem arabischsprachigen Fernsehprogramm Al-Alam sagte, der Hamas Raketentechnologie zur Verfügung gestellt. "Die palästinensischen Widerstandsraketen sind ein Segen des iranischen Technologietransfers. Wir müssen Verteidigungs- und Militärtechnologie an die Palästinenser weitergeben, damit sie trotz der Blockade Waffen bauen und sich selbst verteidigen können."

Resai forderte die Palästinenser auf, israelische Soldaten zu entführen, um sie als Faustpfand bei der Durchsetzung ihrer Forderungen einsetzen zu können.


AUßENMINISTER SARIF ZU BESUCH IN OMAN

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif ist am 5. August zu einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Oman, Turkmenistan und Usbekistan nach Maskat gereist. Ziel dieses Treffens ist den iranischen Medien zufolge, die Planung eines regionalen Transitweges von Norden nach Süden, der Mittelasien mit dem Persischen Golf verbinden würde.

Bereits 2010 erzielten die drei Staaten eine Übereinstimmung über einen entsprechenden Vorschlag, 2011 kam es zu einem Abkommen, das in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabad unterzeichnet wurde. Zunächst hatte auch Katar an den Verhandlungen teilgenommen, aber in letzter Zeit fehlt das Emirat bei den offiziellen Treffen der Außenminister.

Ali Akbar Salehi, der bei der Unterzeichnung des Abkommens Irans Außenminister war, sagte damals, die mittelasiatischen Staaten spielten bei der Entwicklung der gesamten Region eine bedeutende Rolle. Sie besäßen große Öl- und Gasvorkommen. Der Persische Golf und das Meer von Oman hätten ein großes Potential für den Transport von Exportgütern zum internationalen Markt. Der Außenminister von Oman bezeichnete das Abkommen als eine große Erleichterung für die Beziehungen zwischen den mittelasiatischen und den arabischen Staaten. Und der usbekische Außenminister sprach von der "Wiederbelebung der Seidenstraße".

Seit der Amtsübernahme von Rohanis Regierung ist Teheran bemüht, die Beziehungen zu den arabischen Staaten am Golf auszubauen und bestehende Konflikte zu lösen. Der wichtigste Rivale Irans unter den Golfstaaten ist Saudi-Arabien. Die Konflikte zwischen Teheran und Riad haben sich seit Beginn der Unruhen in Syrien verschärft. Nun gab es am 25. August den ersten direkten Kontakt. Irans Vizeaußenminister Amir Abdollahian begab sich nach Riad um dort mit dem saudischen Außenminister Saud al-Faisal Gespräche zu führen, berichtete IRNA. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Beziehungen beider Staaten sowie die aktuelle Lage in der Region. Strittige Punkte gab es vor allem über die Einschätzung der Situation in Bahrain und Jemen und noch stärker über die Situation in Syrien, Irak und dem Libanon. Es war ein erstes Abtasten, das auf beiden Seiten als positiv bewertet wurde. Vereinbart wurde, dass die Außenminister beider Staaten sich in naher Zukunft zunächst in Teheran und danach in Riad treffen.


WIEDERERÖFFNUNG DER BRITISCHEN BOTSCHAFT

Der Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik im iranischen Parlament Allaeddin Borudscherdi sagte in einem Interview mit dem Club junger Journalisten am 6. August, über die Wiedereröffnung der britischen Botschaft in Teheran sei Einigkeit erzielt worden, doch zuvor müsse das Problem der Visumerteilung geklärt werden.

Der Beschluss des Parlaments, die Beziehungen zwischen Iran und Großbritannien von der Botschafterebene auf die Ebene der Geschäftsführer herabzustufen sei zwar weiterhin in Kraft, sagte Borudscherdi weiter, doch er bilde kein Hindernis zur Wiedereröffnung der Botschaften beider Länder.

Das Parlament hatte 2011 nach der Verschärfung der von Großbritannien verhängten Sanktionen beschlossen, die Beziehungen zu London herabzustufen. Wenige Tage später wurde die britische Botschaft in Teheran von Demonstranten gestürmt. London reagierte mit der Schließung der Botschaft und der Ausweisung iranischer Diplomaten aus Großbritannien. Seitdem liegen die Beziehungen auf Eis. Erst mit der Wahl der Regierung Rohani 2013 äußerten beide Staaten den Wunsch nach Wiederaufnahme der Beziehungen.

Ein wichtiges Problem, das seit der Schließung der Botschaften besteht, ist die Erteilung von Visa. Iranische Staatsbürger, die nach Großbritannien reisen wollen, können nur bei britischen Botschaften außerhalb Irans Visa beantragen.

William Hague, der frühere Außenminister Großbritanniens, gab im Juli vergangenen Jahres bekannt, dass die britische Botschaft in Teheran ihre Arbeit wieder aufnehmen werde, doch vorerst nur eingeschränkte Dienste leisten könne. Daher müssten iranische Staatsbürger, die nach Großbritannien reisen wollen, nach wie vor in Istanbul oder Abu Dhabi Visa beantragen.

Großbritannien stellt zur vollen Arbeitsaufnahme seiner Botschaft in Teheran gewisse Bedingung, unter anderem die Zahlung von Entschädigung für die Schäden, die 2011 bei dem Sturm auf die Botschaft entstanden sind.

Vizeaußenminister Madschid Rawantschi sagte vor kurzem, Iran sei zur Zahlung einer Entschädigung bereit, doch Teheran werde sich für den Vorfall nicht entschuldigen.

Der Geschäftsführer der iranischen Vertretung in Großbritannien Mohammad Hassan Habibollahsadeh sagte am 8. August dem Organ des iranischen Parlaments "Haus des Volkes": "Alle Abteilungen unserer Botschaft in London werden bald aktiv. Wir führen zurzeit mit den Briten Gespräche über die volle Wiederaufnahme der Aktivitäten unserer Botschaften."


IRANISCHER MENSCHENRECHTLER IN DER TÜRKEI TOT AUFGEFUNDEN

Wie die Nachrichtenagentur HRA am 6. August meldete, wurde der Menschenrechtsaktivist und Chefredakteur der Agentur am Morgen des 5. August an seinem Schreibtisch tot aufgefunden. Die Polizei hatte, nachdem sie von Freunden von Said Dschamal Hosseini vom Verschwinden des Chefredakteurs benachrichtigt wurde, seine Leiche in seiner Wohnung entdeckt. Den ersten Mitteilungen der Polizei zufolge war Hosseini bereits einige Tage zuvor gestorben.

Einer der Freunde Hosseinis, Behruz Dschawid Tehrani, sagte dem persischsprachigen Programm der BBC, Hosseini hätte aus der Nase und den Ohren geblutet. Die Ärzte, die die Leiche am Ort untersucht hätten, hätten erklärt, die Blutung deute auf einen möglichen Schlaganfall hin. Die BBC-Korrespondentin in der Türkei JIar Gol berichtete, dass Hosseini mehrmals vor den Folgen seiner Aktivitäten gewarnt worden sei.

Die Agentur HRA berichtet hauptsächlich über die Lage der Menschenrechte in Iran, über Gerichtsurteile, die Situation in den iranischen Gefängnissen sowie über die Rolle der Sicherheitspolizei.


IRANS BOTSCHAFT IN DER TÜRKEI WURDE ABGEHÖRT

Ein türkisches Gericht verlängerte am 31. Juli den Haftbefehl gegen elf Offiziere, die beschuldigt werden, Ministerpräsident Erdogan abgehört zu haben. Die Offiziere wurden eine Woche zuvor bei einer Großrazzia in 22 Städten in Haft genommen. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, auch die iranische Botschaft abgehört zu haben.

Bereits vor Monaten wurde ein reicher iranischer Kaufmann mit dem Namen Resa Sarrab verhaftet, der beschuldigt wurde, Sanktionen gegen Iran unterlaufen zu haben. Er wurde im vergangenen Winter wieder freigelassen.

Indes hat Präsident Rohani dem türkischen Regierungschef Recep Erdogan zu seinem Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen gratuliert. "Das große Vertrauen des türkischen Volkes in Ihre Person spricht für sich selbst", sagte Rohani dem neuen türkischen Präsidenten am 11. August am Telefon.


MENSCHENRECHTSPREIS VERGEBEN

Der Menschenrechtsbeauftragte der iranischen Justiz Mohammad Dschawad Laridschani gab Medienberichten zufolge bekannt, dass Iran von nun an jährlich einen Menschenrechtspreis in Höhe von 30.000 Euro an herausragende Menschenrechtaktivisten vergeben werde. In diesem Jahr werde der Chefarzt der Al Nassr-Kinderklinik in Gaza Nabil Barguni den Preis erhalten.

Laridschani, der auf einer Veranstaltung zu Ehren der islamischen Menschenrechte in Teheran sprach, kritisierte die westliche Auffassung von Menschenrechten. Es sei daher notwendig, eine alternative islamische Menschenrechtskonvention zu formulieren. Gerade die Lage im Gazastreifen zeige, wohin die westliche Auffassung von Menschenrechten führe.

Die Menschenrechtsabteilung der iranischen Justiz habe das Ziel, Wege zu finden, um die "islamischen Menschenrechte" zu realisieren und dafür einen genauen Plan zu entwerfen.

Die Lage in Gaza sei ein Exempel für die Auffassung von Menschenrechten der selbsternannten Verteidiger der Menschenrechte. "Die internationale Konvention der Menschenrechte hat sich in der Hand der Amerikaner und Europäer zu einem wertloses Stück Papier verwandelt", sagte Laridschani.


DPA-INTERVIEW MIT NEUEM BOTSCHAFTER IRANS IN BERLIN

Der neue iranische Botschafter in Berlin Ali Madschedi, der im September sein Amt antreten wird, hat bereits hohe Ämter als Diplomat und auch in der Wirtschaft bekleidet. Er war in den 80er Jahren Vizewirtschaftsminister, danach übernahm er die Leitung der iranischen Botschaft in Brasilien. Unter Präsident Chatami war er eine Zeitlang Vizeaußenminister, danach Botschafter in Japan. Sein letztes Amt war der Posten des Vizeölministers.

Dass Madschedi zum Botschafter in Deutschland ernannt wurde deutet daraufhin, dass die Regierung Rohani Deutschland als wichtigen Partner betrachtet. Das sagte auch Madschedi in dem Interview mit der dpa. Sein Ziel sei es, Deutschland wieder zum führenden Handelspartner Irans zu machen. Deutschland solle China ablösen. Die Ware "Made in Germany" solle wieder auf iranische Märkte kommen.

Mit Blick auf die Konflikte und Unstimmigkeiten zwischen Teheran und Berlin in den letzten Jahren sagte Madschedi: "Ich kann kein Wunder vollbringen." Solange die Sanktionen nicht aufgehoben seien, könne er nichts Konkretes bewirken. Erst danach könnten deutsche Unternehmen sich in Iran - z.B. im Ölgeschäft - engagieren.

Hingewiesen auf die Äußerungen des früheren Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad über den Holocaust, sagte Madschedi: "Der Holocaust ist eine historische Tatsache. Diese Tatsache wurde von der vorherigen Regierung geleugnet, aber nicht von Präsident Rohani. Ich bin aber vehement dagegen, dass unser Land wegen dieser Äußerung als antisemitisch charakterisiert wird." Iran habe jüdische Mitbürger, es gebe eine jüdische Gemeinde, die auch im Parlament vertreten sei. Die Kritik richte sich nicht gegen Juden, sondern gegen die derzeitige israelische Regierung. Die sei völlig berechtigt.

Er freue sich sehr auf seinen neuen Job, sagte Madschedi. Besonders freue er sich darauf, dass er die deutsche Industrie vor Ort kennen lernen werde und ihr Know-how an iranische Experten weiter geben könne.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 09/2014 - September 2014 / 13. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2014