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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/289: Iran-Report Nr. 2 - Februar 2013


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 2 - Februar 2013
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter. Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

INNENPOLITIK

• Chamenei: "Redet nicht dauernd von freien Wahlen"
• Revolutionswächter und Wahlen
• Kommandant der Pasdaran sagt Unruhen in den Provinzen voraus
• Ahmadinedschads Auftritt vor dem Parlament
• 4460 Opfer der Umweltverschmutzung in einem Jahr
• Zugang zu Facebook soll kontrolliert werden
• Fünf Musiker wegen Kooperation mit US-Medien festgenommen
• Ausreiseeinschränkungen für Frauen gefordert
• Sohn von Karrubi verurteilt


CHAMENEI: "REDET NICHT DAUERND VON FREIEN WAHLEN"

Revolutionsführer Ali Chamenei übte scharfe Kritik an jenen, die freie Wahlen fordern. "Redet nicht dauernd von freien Wahlen", sagte er am 8. Januar in der heiligen Stadt Ghom. In welchem Land sind Wahlen so frei wie in der Islamischen Republik?" Solche Forderungen hätten eine "resignative Wirkung" auf die Bevölkerung. "Natürlich müssen Wahlen frei sein. Wir haben seit der Gründung der Islamischen Republik 34 Mal Wahlen gehabt. Welche sollen nicht frei gewesen sein?", sagte Chamenei.

Zu den bekannten Politikern, die in den letzten Wochen freie Wahlen gefordert haben, gehören unter anderem Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani, Ex-Präsident Mohammad Chatami und sogar der amtierende Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

Solche Forderungen seien nur Wasser auf die Mühlen der Feinde Irans, sagte Chamenei. Die Wiederholung könnte viele zu der irrigen Ansicht verleiten, dass die Teilnahme an der Wahl keinen Sinn habe. Über Kandidaten für die Präsidentschaftswahl im Juni sagte der Revolutionsführer, Voraussetzung für die Zulassung sei, dass "sie sich wirklich innerlich der Staatsordnung verbunden fühlen und an die Verfassung überzeugend glauben". Gerade jene, die ehrlich um die Zukunft des Landes besorgt seien, sollten klug sein und sich hüten, den Feinden Vorschub zu leisten.

Die Gesetze, Bestimmungen und Regelung der Wahlen seien alle korrekt, sagte Chamenei und sie "garantieren eine gesunde Wahl". Da gäbe es nichts zu beanstanden, es sei denn, manche würden Ziele verfolgen, die außerhalb der Legalität liegen, "so wie bei den Wahlen von 2009. Diese Leute schaden dem Volk und auch sich selbst." Damals sprach die Opposition von einer eklatanten Wahlfälschung, die zur Wiederwahl von Ahmadinedschad führte. Millionen protestierten gegen die Wahl. Die Proteste dauerten neun Monate, bis sie brutal niedergeschlagen wurden. Führende und aktive Oppositionelle sitzen heute noch im Gefängnis oder befinden sich unter Hausarrest, so wie die beiden Politiker Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi.

Bewerber für das Amt des Präsidenten oder für einen Sitz im Parlament werden von verschiedenen Instanzen überprüft. Die letzte Entscheidung liegt beim Wächterrat, der für gewöhnlich unliebsamen Kandidaten, vor allem Reformer, aussiebt.

Wenige Tage nach den Äußerungen Chameneis verabschiedeten 219 Abgeordnete des islamischen Parlaments eine Erklärung, in der sie die Aussagen des Revolutionsführers bekräftigten und jene, die freie Wahlen forderten, kritisierten. "Wir warnen alle Personen und Medien, die von freien Wahlen sprechen, sie sollten aus dem Schicksal der Verschwörer Lehren ziehen und sich merken, dass das iranische Märtyrervolk mit niemandem ewige Freundschaft geschlossen hat. Wir fordern auch alle Parteien, Gruppen und Persönlichkeiten auf, gegenüber Verschwörungen nicht zu schweigen und bereits jetzt deren Machenschaften zu verurteilen und nicht zu erlauben, dass die Verschwörungen neu belebt werden", hieß es in der Erklärung, die am 13. Januar im Plenum verlesen wurde.

Der Vorsitzende des mächtigen Wächterrats und Freitagsprediger, Ahmad Dschannati, sagte am 11. Januar beim Freitagsgebet: "Die politischen Schiffsbrüchigen reden zur Zeit von freien Wahlen. Einer von ihnen (gemeint ist Haschemi Rafsandschani), der Halsstarrigste, hatte das Thema schon früher in die Welt gesetzt, andere folgen ihm nun. Leute, die sich als Politiker bezeichnen und hohe Posten im Staat bekleidet haben, sollten sich schämen, das Gerede unserer Feinde nachzuplappern."

Ohne auf die oben zitierten Äußerungen Bezug zu nehmen, sagte Ex-Staatspräsident Mohammad Chatami am 19. Januar: "Wenn wir von freien Wahlen reden, dann meinen wir, dass Wahlen nicht manipuliert werden sollten." Vor einer Versammlung von Vertretern reformorientierter Parteien betonte er: "Jeder hat das Recht, an den Wahlen teilzunehmen, vorausgesetzt, dass er wirklich teilnehmen kann."

"Sie fordern uns auf, an den Wahlen teilzunehmen, aber zu ihren Bedingungen", fuhr Chatami fort. Er habe die Befürchtung, dass das dreitausendjährige Erbe Irans innerhalb weniger Jahrzehnte vernichtet werde. "Das wollen wir vermeiden." Angesichts des verstärkten Drucks von außen sei heute eine nationale Einheit notwendiger als je.

Bezug nehmend auf die Äußerungen des Beauftragten des Revolutionsführers bei den Revolutionswächtern, Ali Saidi (s. nachfolgenden Bericht), sagte Chatami: "Wenn der Träger eines wichtigen Amtes, das gesetzlich kein Recht auf Einmischung in die Wahlen hat, öffentlich erklärt, die vernünftige und logische Organisierung der Wahlen gehöre zu den genuinen Pflichten seines Amtes, dann sagen wir, dass solche Leute zurecht gewiesen werden müssen. Es muss den Wählern versichert werden, dass die Wahlen nicht manipuliert werden. Das Vertrauen der Wähler muss gewonnen werden."


REVOLUTIONSWÄCHTER UND WAHLEN

Der Beauftragte des Revolutionsführers bei den Revolutionswächtern (Pasdaran), Ali Saidi, sagte am 8. Januar in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA, die Revolutionswächter hätten die Pflicht, "Rahmenbedingungen und Regelungen" der Wahlen zu bestimmen. Das bedeute keine Einmischung in die Wahl. "Die vernünftige und logische Organisierung gehören zu den genuinen Aufgaben der Revolutionswächter."

Mit dieser Äußerung erzeugte Saidi landesweit Aufruhr. Wenige Stunden danach versuchte der Pressesprecher der Pasdaran die Gemüter zu beschwichtigen und sagte, Saidi habe die Wahrnehmung jener Pflichten gemeint, die gesetzlich für die Revolutionswächter vorgesehen seien und nicht die Einmischung in die Wahlen.

Im Iran wird seit Jahren die Rolle der Pasdaran bei den Wahlen kritisiert, insbesondere von den Reformern. Es ist kein Geheimnis, dass die Organisation, die zu den Machtzentren der Islamischen Republik gehört, die Wahlen entscheidend beeinflusst.

"Ich möchte nicht die Fehler, die in der Vergangenheit passiert sind, rechtfertigen", sagte Saidi. "Aber man kann nicht die Fehler einzelner Personen oder Abteilungen auf die ganze Organisation übertragen." Welche Fehler Saidi im Sinn hatte, sagte er nicht.

Zu den Präsidentschaftswahlen im Juni sagte er, wenn die Reformer an der Wahl teilnehmen wollten, müssten sie "alle festgelegten Rahmenbedingungen" akzeptieren. Zwar seien die Drahtzieher der Verschwörungen inzwischen bekannt, es gäbe jedoch "hinter den Kulissen Elemente, die dabei sind wieder aktiv zu werden", warnte Saidi. "Verschwörer" ist die gängige Bezeichnung für jene, die bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl 2009 aktiv waren.

Saidi forderte die Bevölkerung auf, wachsam die Aktivitäten der Reformer zu beobachten und meinte, die Reformer könnten nicht einfach an den Wahlen teilnehmen. "Sie müssen für ihre Fehler einen Preis zahlen und sich von ihrer Vergangenheit distanzieren", sagte er. Er kritisierte jene Politiker, die eine "Polarisierung" der Gesellschaft erzeugen wollten und fügte hinzu: "Einige sind für direkte Verhandlungen mit den USA und die Aufstockung von Subventionen, andere lehnen diese ab. Die einen sind charakterlose Gesetzesbrecher, die anderen Verteidiger hoher Werte. Leider sind auch unter den Verantwortlichen Angehörige der ersten Gruppe zu beobachten." Damit sind jene gemeint, die für direkte Verhandlungen mit den USA plädieren.

Saidi sprach sich gegen die Bildung einer von Ex-Präsident Haschemi Rafsandschani vorgeschlagenen "Einheitsregierung" aus. Das sei "nichts anderes als Mischmasch", sagte Saidi spottend. Wie könnten Leute, die in ihrem Denken und ihrer Überzeugung keine Gemeinsamkeiten haben, sich zusammenraufen. Leute, die solche Vorschläge machten, hätten nur das Ziel, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen.

Zu dem Vorschlag einiger Konservativer, eine Koalition mit verschiedenen konservativen Parteien zu bilden, sagte Saidi, "die Idee ist gut, sie wird aber kaum durchführbar sein".


KOMMANDANT DER PASDARAN SAGT UNRUHEN IN DEN PROVINZEN VORAUS

Einer der Kommandanten der Revolutionswächter (Pasdaran), Nasser Schabani, warnte vor möglichen Unruhen in den Provinzen. "Wir gehen davon aus, dass dieses Mal die Unruhen nicht in der Hauptstadt Teheran, sondern in den Provinzen ausbrechen werden", sagte Schabani in einem Interview mit der in Teheran erscheinenden Zeitung "Ghanun" (Gesetz) am 14. Januar. Es sei anzunehmen, dass zunehmende Probleme bei der Nahrungsversorgung Arbeiterschichten zu Unruhen treiben werden. "Aber wir sind dagegen gut gerüstet", erklärte der General. "Sie haben gesehen, wie wunderbar wir im vergangenen Herbst die Unruhen auf dem Bazar gemeistert haben."

"Unserer Einschätzung nach sind verschiedene Faktoren wie Missmanagement, Sanktionen und dergleichen für die zunehmende Unzufriedenheit in der Bevölkerung verantwortlich", sagte der Kommandant. Es sei durchaus möglich, dass manche Politiker sich diese "wirtschaftliche Lage" bei den bevorstehenden Wahlen zunutze machen werden. "Doch sollte sich die Lage in Iran, Syrien und Irak in den nächsten zwei Monaten nicht geändert haben, wird der Westen gezwungen sein, uns um Hilfe und Mitarbeit zu bitten", meinte Schabani.

Der General kam auch auf Ahmadinedschad zu sprechen und sagte: "Ahmadinedschad hätte für die islamische Staatsordnung ein Gewinn sein können, aber wenn er so weitermacht, wird er für das System zur Gefahr." Allgemein werde angenommen, dass Ahmadinedschad unter dem Einfluss seines Beraters Esfandiar Maschai stehe. "Aber, wenn sich jemand nicht auf sich selbst verlassen kann, wird er unberechenbar und schädlich. Wir sollten für ihn beten, ihm eine gesegnete Zukunft wünschen und hoffen, dass er auf das Schiff der Revolution zurückkehrt."


AHMADINEDSCHADS AUFTRITT VOR DEM PARLAMENT

Nach langem Gezerre trat Staatspräsident Ahmadinedschad am 16. Januar vor dem Parlament auf. Der Präsident selbst hatte den Wunsch geäußert, seine wichtigen Anliegen dem Parlament vorzutragen. Offen war vor allem, ob er nach seiner Rede bereit wäre, mit den Abgeordneten eine Debatte zu führen. Das lehnte der Präsident ab.

Begleitet von einigen Kabinettsmitgliedern legte Ahmadinedschad seine Ansichten zu einigen politischen und wirtschaftlichen Problemen dar. Wirtschaftliche Probleme führte er auf die gegen das Land gerichteten Sanktionen zurück. Die Lösung sei eine konzentrierte Führung der iranischen Wirtschaft.

Seit langem gibt es zwischen der Regierung und dem Parlament große Differenzen. Die Abgeordneten werfen dem Regierungschef vor, Beschlüsse des Parlaments zu ignorieren und sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, insbesondere in der Außenpolitik, versagt zu heben.

Parlament und Regierung hätten gleiche Ziele und die Regierung habe eine "große Hochachtung" vor den Abgeordneten, sagte Ahmadinedschad. Es gäbe nur einige, die um die "freundschaftliche Atmosphäre zu stören, falsche Nachrichten verbreiten, um daraus möglicherweise für sich politisches und wirtschaftliches Kapital zu schlagen". Es seien Feinde am Werk, die den Fortschritt des Landes aufhalten wollten.

Nach diesen unerwartet versöhnlichen Worten pries Ahmadinedschad die Errungenschaften seiner Regierung. Die wirtschaftliche Lage habe sich merklich gebessert. "Wir müssen so weitermachen, um den Stand der wichtigsten Staaten zu erreichen und schließlich zum alleinigen Vorbild zu werden." Einzig die Sanktionen hemmten den Fortschritt und dies sei genau das Ziel der Feinde der Islamischen Republik. Als Vorwand für die Sanktionen dienten das Atomprogramm und die Menschenrechte. Iran habe mehrmals seine Position zum Atomprogramm dargelegt. Darüber dürfte es keine Unklarheiten geben. Zu dem Vorwurf der Verletzung der Menschenrechte sagte der Präsident: "Wer in der Welt könnte von sich behaupten, die Menschenrechte strikt eingehalten zu haben?"

Durch den Ölboykott seien die Einnahmequellen des Staates eingeschränkt, der Boykott der Zentralbank habe den Geldtransfer, den Handel und das wirtschaftliche Gleichgewicht gestört und der Boykott der Schifffahrt den Warentransport belastet. All dies richte sich gegen die Bevölkerung, die unter den Sanktionen zu leiden habe. Um all dem zu begegnen gäbe es drei Wege. Erstens die Fortsetzung des bisherigen Weges und das Bemühen, die Wirkungen der Sanktionen zu schwächen. Dieser Weg sei mittel- und langfristig schädlich. Zweitens Kapitulation vor den Feinden, was für das Volk, das Parlament und die Regierung unwürdig wäre. "Wir müssen den dritten Weg einschlagen, der uns ermöglicht, die Schwächen unserer Wirtschaft zu erkennen und die Sanktionen in eine Chance zu verwandeln." Dazu müsse die seit Jahrzehnten herrschende Wirtschaftsstruktur zugunsten einer geografischen Dezentralisierung reformiert, produktive Investitionen gefördert, die Bevölkerung weit mehr als bisher direkt an der Entwicklung beteiligt und die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Öl beendet werden.

Ahmadinedschad schlug vor, das Programm zum Abbau der Subventionen für Energie und Lebensmittel fortzusetzen. Die erste Phase des Programms, die inzwischen abgeschlossen sei, habe spürbare Erfolge erzielt. "Die ganze Welt hat das iranische Volk dafür gelobt. Darauf können Regierung und Parlament stolz sein."

Die zweite Phase des Subventionsabbaus, die die Regierung fortsetzen wollte, wurde im November 2012 vom Parlament gestoppt, um den Anstieg der Inflation zu stoppen. Dazu sagte Ahmadinedschad: "Es gibt zwischen uns und Ihnen über dieses Programm Differenzen. Das ist verständlich." Er schlug vor, die Fragen in einem gemeinsamen Gremium aus Vertretern des Parlaments, der Regierung und aus Wirtschaftsexperten zu klären.

Der Abbau der Subventionen und die Reformen der Wirtschaft seien entscheidend, um die Folgen von Sanktionen zu bekämpfen. Außerdem seien sie ein Mittel, um die Ungleichheit zwischen Arm und Reich zu verringern, sagte Ahmadinedschad. Die Regierung möchte durch den Abbau von Subventionen mehrere Dutzend Milliarden Dollar einsparen und so die Staatsfinanzen entlasten. Im Gegenzug sollen die Bürger direkte monatliche Zuschüsse erhalten. Die Regierung sei entschlossen, ihre Pläne umzusetzen, sagte er und erklärte mit Blick auf die Kürze seiner noch verbliebenen Amtszeit, er habe sich dem Volk gegenüber verpflichtet, bis zum letzten Tag zu arbeiten und fügte hinzu: "Wir nehmen gerne die Lasten in Kauf, um Großes zu leisten."


4460 OPFER DER UMWELTVERSCHMUTZUNG IN EINEM JAHR

Ein Berater des Gesundheitsministers, Hassan Aghadschani, gab am 5. Januar laut iranischen Medien bekannt, dass im vergangenen Jahr 4460 Personen der Umweltverschmutzung zum Opfer gefallen sind. In den letzten Tagen seien in der Hauptstadt Teheran wegen der verseuchten Luft zehn Prozent mehr Rettungskommandos im Einsatz gewesen als üblich. Die Zahl der Menschen, die wegen Herzbeschwerden das Herzzentrum aufgesucht hätten, sei um 30 Prozent gestiegen.

Am 5. Januar blieben erneut alle Schulen, Ausbildungseinrichtungen, Ämter und Behörden sowie Banken in der Provinz Teheran geschlossen. Einer Anordnung der Regierung zufolge durften alle Fahrzeuge mit graden und ungraden Nummernschildern täglich abwechselnd fahren. Sondergenehmigungen werde es kaum geben, teilte die zuständige Behörde mit. Neben Teheran hatten in einer Reihe von anderen Großstädten wie Isfahan, Ghom und Arak die Schulen ebenfalls geschlossen.


ZUGANG ZU FACEBOOK SOLL KONTROLLIERT WERDEN

Mit einer speziellen Software wollen iranische Behörden den Zugang zu Internet-Plattformen wie Facebook und Twitter einschränken und unter Kontrolle bringen. "Eine intelligente Kontrolle sozialer Netzwerke ist besser als eine komplette Sperre", sagte Polizeichef Esmail Moghaddam der Tageszeitung Sobh vom 6. Januar. Mit einer "intelligenten Software" könnten die Nachteile der Netzwerke vermieden und die Vorteile genutzt werden, sagte Moghaddam.

Das soziale Netzwerk Facebook, der Kurznachrichtendienst Twitter und die Videoplattform YouTube fallen in Iran wie zehntausende andere Webseiten unter die staatliche Zensur. Besonders stark wird das Internet seit den Massendemonstrationen gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad 2009 überwacht, weil Facebook und Twitter bei der Organisation der Proteste eine zentrale Rolle gespielt hatten. Eine eigens eingerichtete Internetpolizei kontrolliert seitdem das gesamte Internet. In den vergangenen drei Jahren wurden mehrere Blogger inhaftiert.

Viele Iraner umgehen die Zensur durch die Nutzung illegal gehandelter Software, die einen freien Zugang ins Netz ermöglicht, oder durch die Nutzung verschlüsselter Systeme wie VPN (Virtual Private Network). Ein von der Regierung eingerichtetes iranisches Internet wird dagegen vor allem von den Behörden genutzt. 36 Millionen der 75 Millionen Einwohner der Islamischen Republik nutzen das Internet.

Auf Pläne für eine selektive Nutzung von Facebook könnte auch hindeuten, dass auf Facebook Mitte November eine anscheinend offizielle Seite des Revolutionsführers Ali Chamenei auftauchte.


FÜNF MUSIKER WEGEN KOOPERATION MIT US-MEDIEN FESTGENOMMEN

Fünf Musiker wurden unter dem Vorwurf, mit iranischen Sängern und Satellitensendern in den USA kooperiert zu haben, festgenommen. Diese "illegale Musikgruppe" sei von der Sittenpolizei festgenommen worden, sagte der Polizeivertreter Oberst Sadegh Resadust am 10. Januar laut iranischen Medien. Nähere Angaben zur Identität der Künstler und zu ihren Auftraggebern wurden nicht gemacht.

Iranische Behörden unterstellen ausländischen Sendern die Absicht, durch kulturelle und politische Einflussnahme eine "sanfte Revolution" in Iran durchführen zu wollen. Demzufolge gerät jede Zusammenarbeit mit ausländischen Medien in den Verdacht, mit Feinden der Islamischen Republik kollaborieren zu wollen. Daher ist jeder Kontakt mit diesen Medien untersagt. Sittenpolizei, Cyberpolizei, Geheimdienste und Ordnungskräfte versuchen seit Jahren, diese Verbote durchzusetzen.

Indes wurde durch Medien bekannt, dass Iran eine filmische Antwort auf Ben Afflecks Hollywood-Erfolgsstreifen "Argo" plane. Regisseur Ataollah Salmanian werde in dem Film "Joint Command" die iranische Sichtweise auf die US-Geiselbefreiung im Jahre 1980 darstellen, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Mehr am 12. Januar. Im November 1979 hatten radikalislamische Studenten die US-Botschaft in Teheran gestürmt und danach 52 Geiseln 444 Tage festgehalten. Der mehrfach Oscar-nominierte Film "Argo" erzählt die Geschichte der fintenreichen Befreiung von sechs US-Diplomaten. "Argo" ist in Iran verboten, findet jedoch auf den Schwarzmarkt regen Absatz.


AUSREISEEINSCHRÄNKUNGEN FÜR FRAUEN GEFORDERT

Mit einem Gesetzentwurf wollen einige Abgeordnete im islamischen Parlament erreichen, dass Frauen zwischen 18 und 40 Jahren nur noch mit Erlaubnis der männlichen Verwandtschaft ins Ausland reisen können. Diese Forderung erzeugte selbst im Parlament Proteste. Zunächst hieß es, der Gesetzesentwurf sei lediglich eine Initiative von "einigen Abgeordneten" gewesen und sei zu den Akten gelegt worden. Doch am 20. Januar meldete die Nachrichtenagentur ISNA, der Entwurf werde überarbeitet und solle in verschärfter Form dem Parlament wieder vorgelegt werden.

Bis jetzt können ledige Frauen im Iran ohne besondere Erlaubnis ausreisen. Nur Verheiratete müssen eine Erlaubnis ihres Ehemanns vorlegen, um einen Reisepass zu erhalten und das Land verlassen zu können. Die Erlaubnis gilt für fünf Jahre und muss danach erneut werden.

Angeblich ist der Grund für die neue Initiative, die bei Frauenaktivisten scharfe Proteste hervorrief, die erhöhte Zahl der Frauen, die als Prostituierte in den Nachbarstaaten arbeiten. Darauf verwies einer der Initiatoren, Hossein Naghavi-Hosseini. Dies sei der Hauptgrund für die absolute Notwendigkeit des neuen Gesetzes. "Ehre und Stolz unserer Männer erlauben so etwas nicht" rechtfertigte der Abgeordnete die Initiative.


SOHN VON KARRUBI VERURTEILT

Der Sohn von Mehdi Karrubi, einem der Oppositionsführer, der sich seit nun zwei Jahren im Hausarrest befindet, wurde am 16. Januar zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, während der Unruhen nach der Präsidentenwahl 2009 ausländischen Sendern Interviews gegeben und dabei die Regierung kritisiert und "die öffentliche Meinung verwirrt" zu haben. Wie die Agentur Fars berichtete, wurde die Strafe für fünf Jahre ausgesetzt. Sollte Mohammad Hossein Karrubi sich während dieser Zeit anderer Vergehen schuldig machen, werde die Strafe vollstreckt.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Neue Gespräche mit der 5+1-Gruppe
• Sanktionen und ihre Wirkung
• Verkaufszahlen von Peugeot und Citroen drastisch zurückgegangen
• Deutsche Börse will mögliche Geldbuße aus den USA abwenden
• Flugzeug mit Gold an Bord von der Türkei festgehalten
• Mit Seemanöver Stärke demonstriert
• Zwei Fluggesellschaften werden Flüge nach Teheran einstellen


ATOMKONFLIKT

Am 16. Januar wurden die Gespräche zwischen Iran und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) um das iranische Atomprogramm fortgesetzt. Politische Beobachter erwarteten von vornherein keine nennenswerten Erfolge. Selbst der Generaldirektor der IAEA Yukia Amano äußerte sich zu möglichen Ergebnissen skeptisch. Vor allem glaube er nicht, dass Teheran der Forderung der Behörde, die Militäranlage Parchin bei Teheran untersuchen zu können, nachgeben werde, sagte Amano im Vorfeld der Verhandlungen in Wien.

Nach den Kriegsdrohungen Israels gegen Iran hatte Amano zum Auftakt der Tagung des IAEA-Gouverneursrats Ende November in Wien eine friedliche diplomatische Lösung des Konflikts um das umstrittene iranische Atomprogramm gefordert. "Es gibt eine Möglichkeit, das Thema Iran diplomatisch zu lösen", sagte er. Jetzt sei für alle Beteiligten die Zeit gekommen, mit Nachdruck an einer Einigung zu arbeiten. Er forderte Teheran auf, einzulenken und in Parchin eine Untersuchung von möglichen Waffenprojekten zuzulassen. Die Kontrolle wäre "sehr hilfreich", weil an der Anlage in jüngster Zeit große Mengen von Erde bewegt worden seien, sagte Amano bei einer Konferenz in Washington. Die IAEA fordere daher von der Islamischen Republik "Zugang zu bestimmten Bereichen und Gebäuden in Parchin". Bereits 2005 hatte die IAEA die Anlage besucht, doch damals sei sie nicht ausreichend informiert gewesen, um "die richtigen Orte zu prüfen", sagte der Generalsekretär.

Indes verstärkten die EU und die USA den Druck auf den Iran. Im Dezember trat ein von der EU beschlossenes Erdgas-Embargo in Kraft, nachdem bereits seit Juli vergangenen Jahres ein Boykott-Beschluss des iranischen Öls umgesetzt worden war. Auch die USA verstärkten den Druck auf iranische Banken, auf Versicherungsgesellschaften sowie auf Transportfirmen.

Da Israel die Entscheidung über einen möglichen Angriff auf iranische Atomanlagen auf den nächsten Sommer verschoben hat, sind die USA ebenso wie die EU stark daran interessiert, Iran bis spätestens zum Frühjahr zum Einlenken bewegen zu können. Das wird aber kaum möglich sein, weil es unwahrscheinlich ist, dass Teheran noch vor der Wahl des neuen Präsidenten im Juni verlässliche Vereinbarungen treffen wird.

Am 16. Januar wurde das achtköpfige IAEA-Team unter der Leitung des Belgiers Herman Nackaerts in Teheran vom iranischen IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh empfangen, meldete die Nachrichtenagentur ISNA. Vor dem Abflug in Wien hatte Nackaerts Teheran zu einer "konstruktiven" Haltung aufgerufen. Er drückte die Hoffnung aus, dass den Inspektoren diesmal Zugang zu Parchin gewährt werde.

Die IAEA versuchte eine Einigung über die "strukturierte Herangehensweise" zur Klärung von Fragen im Zusammenhang mit dem iranischen Atomprogramm zu erzielen. Dazu zählt, dass die Inspektoren größeren Zugang zu Nuklearanlagen, Einzelpersonen oder Dokumenten erhalten. Bislang liefen zahlreiche Gespräche ergebnislos.

Auch dieses Mal führten die Gespräche, die zwei Tage lang dauerten, wie erwartet zu keinem Ergebnis. Die Delegation kehrte nach Wien zurück. "Die Differenzen bestehen fort, so dass wir keinen strukturierten Ansatz zur Analyse einer eventuellen militärischen Dimension des iranischen Atomprogramms hinbekommen konnten", sagte Nackaerts am 18. Januar bei seiner Ankunft auf dem Wiener Flughafen. Es sei jedoch ein weiteres Treffen in Teheran für den 12. Februar vereinbart worden.

Ein westlicher Diplomat sagte der Nachrichtenagentur AFP, Teheran habe "unannehmbare Bedingungen" gestellt. Nackaerts kritisierte insbesondere, dass der IAEA kein Zugang zur Militäranlage Parchin gewährt worden sei.

Die Gespräche hätten sich um "unhaltbare Behauptungen und Bezichtigungen" gedreht, sagte Soltanieh in einem Fernsehinterview am 18. Januar. Daher sei man zu keinem Ergebnis gekommen. "Wir haben zwar in manchen Punkten Übereinkunft erzielt, sind aber zu keinem grundsätzlichen Resultat gekommen. Sollte die IAEA unsere prinzipiellen und logischen Forderungen akzeptieren, könnten wir zu einem Ergebnis gelangen."

Zu der Militäranlage Parchin sagte Soltanieh: "Wir werden erst dann über Parchin verhandeln, wenn beide Seiten grundsätzliche Vereinbarungen erzielt haben, denn diese Forderung geht über den Rahmen der gegenseitigen Verpflichtungen hinaus." Solange die Rahmenbedingung nicht festgelegt und entsprechende Dokumente nicht unterzeichnet seien, sei eine Untersuchung von Parchin nicht möglich. Es sei keine Rede davon gewesen, dass die IAEA-Delegation bei ihrem Besuch Zugang zu der Anlage erhalte. "Das weiß die IAEA besser."

Iran hat bisher mehrmals erklärt, dass Parchin eine Militäranlage sei, zu der die IAEA laut Satzung nicht befugt sei. Kein Staat sei bereit, seine Militäranlagen für IAEA-Inspektoren zu öffnen.

Im Gegensatz zu Nakaerts und der eigenen Stellungnahme am Vortag erklärt Soltanieh am 19. Januar in Wien, bei den Gesprächen seien "Fortschritte" erzielt worden. Man habe sich über einige Punkte geeinigt, aber es sei noch nicht gelungen entsprechende Dokumente zu unterzeichnen. Zugleich betonte Soltanieh, Iran werde auch "nicht für einen einzigen Augenblick" sein Atomprogramm aussetzen.

US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland bezeichnete die Verhandlungen der IAEA mit Teheran über eine Zugangserlaubnis zu Parchin als "hoffnungslos". "Iran hat wieder einmal die Chance zur Zusammenarbeit mit der Atomenergiebehörde verpasst", sagte die Sprecherin. Das Land habe Gelegenheit gehabt, der Weltgemeinschaf Klarheit über sein Nuklearprogramm zu verschaffen, eine Klarheit, die wir "zur Beseitigung unserer Befürchtungen über das iranische Nuklearprogramm anstreben".


NEUE GESPRÄCHE MIT DER 5+1-GRUPPE

Während eines Besuchs in Indien erklärte der iranischen Atom-Chefunterhändler Said Dschalali, es sollen noch im Januar die Gespräche mit der 5+1-Gruppe (ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat plus Deutschland) wieder aufgenommen werden. "Wir haben zugestimmt, dass diese Gespräche noch im Januar stattfinden sollen", sagte er am 4. Januar. "Aber bis jetzt wurden die Details noch nicht festgelegt." Ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte: "Wir haben Vorschläge für Termine und einen Ort gemacht, aber wir warten immer noch auf eine Antwort Irans." Ashton leitet die Verhandlungen im Auftrag der Sechsergruppe.

Am 15. Januar hieß es aus Teheran, man müsse sich nur noch auf einen Ort einigen. Das Datum für das nächste Treffen stehe fest, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, in Teheran, ohne weitere Details zu nennen.

Nach Einschätzung von Beobachtern ist Teheran dagegen, dass die Gespräche wieder in Istanbul geführt werden, wo sich die Verhandlungspartner bereits zweimal getroffen haben. Zwischen Teheran und Istanbul herrschen seit Monaten Unstimmigkeiten, insbesondere wegen den unterschiedlichen Standpunkten zu Syrien.

Iran sei bereit, ein Dekret des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei über das iranische Atomprogramm "bei den Vereinten Nationen registrieren zu lassen", um der Welt erneut zu verdeutlichen, dass Iran nicht die Absicht habe, Atombomben zu bauen, sagte Mehmanparast. Chamenei hatte ein Dekret (Fatwa) veröffentlicht, in dem er sowohl die Herstellung als auch den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen für unislamisch und daher verboten erklärte.

Am 23. Januar zitierte IRNA Außenminister Ali Akbar Salehi, Ägyptens Regierung habe den Vorschlag, die nächsten Atomverhandlungen in Kairo zu führen, begrüßt. Die EU wirft Iran Verzögerungstaktik vor. Ein Sprecher Ashtons sagte laut BBC am 23. Januar, die EU sei mit jedem Verhandlungsort einverstanden. Doch Iran bringe ständig neue Vorschläge. Es scheint, dass es damit die Verhandlungen verzögern wolle.

Indes forderte Russland Iran auf, rascher die Unklarheiten über sein Atomprogramm zu beseitigen. "Unsere iranischen Kollegen sollten rascher die Unstimmigkeiten mit der Internationalen Atombehörde klären", sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow auf einer Pressekonferenz in Moskau am 23. Januar. Zugleich warnte er vor "jedem Versuch, iranische Atomanlagen oder die Infrastruktur militärisch anzugreifen". Ein solches Ansinnen bezeichnete er als "sehr gefährlich".

Offenbar musste ein für Ende Januar vorgesehener Verhandlungstermin verschoben werden. "Es sieht sehr danach aus, dass die nächste Runde im Februar stattfindet", sagte ein ranghoher Diplomat am 25. Januar laut einer Meldung von dpa. "Wir sind enttäuscht, dass es immer noch keine neuen Verhandlungen gibt. Wir waren hinsichtlich des Datums und des Ortes sehr flexibel. Wir möchten ein neues Angebot vorlegen, aber wir bekommen bisher noch keine Chance, das zu tun."

Auch eine Sprecherin Ashtons bekräftigte die Bereitschaft der EU-Außenbeauftragten zu Verhandlungen. "Die Kontakte zur Frage, wann und wo die nächste Runde der Verhandlungen stattfinden soll, laufen noch", sagte sie. "Wir haben konkrete Daten und Orte vorgeschlagen. Und darauf hat die iranische Seite mit dem Vorschlag anderer Modalitäten reagiert. Wir möchten, dass Iran so rasch wie möglich an den Konferenztisch zurückkehrt, damit wir über die Sorgen der internationalen Gemeinschaft sprechen können", erklärte die Sprecherin am 25. Januar in Brüssel.


SANKTIONEN UND IHRE WIRKUNG

Iran stürzt immer tiefer in eine Wirtschaftskatastrophe. Am 7. Januar zitierte der Sprecher des Haushaltsausschusses im iranischen Parlament, Gholamreza Kaseb, den Ölminister Rostam Ghasemi mit den Worten, die Ölexporte seien seit März 2012 um 40 Prozent geschrumpft und die Einnahmen des Staates aus dem Ölgeschäft um 45 Prozent zurückgegangen. Dieser Trend werde sich auch in den kommenden Monaten fortsetzen. Nach Schätzung des Ministers, der dem Haushaltsausschuss Bericht erstattet hatte, werde der Ölexport bis zum Ende des iranischen Jahres (21. März) einen weiteren "deutlichen Rückgang" verzeichnen.

Im März 2012 lag der Ölexport noch bei 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Doch nachdem das von der Europäischen Union gegen den Iran verhängte Ölembargo am 1. Juli in Kraft trat, sank er auf rund 800 Barrel pro Tag. Seit Dezember gilt auch ein Embargo für das iranische Erdgas. Die von der EU und den USA verhängten Sanktionen haben zum Ziel, Iran zum Einlenken im Streit um sein Atomprogramm zu zwingen. Der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) zufolge war Iran Ende November statt bisher zweit-nur noch viertgrößter Ölproduzent innerhalb des Kartells. Selbst der vom Krieg gezeichnete Irak hat inzwischen Iran überholt und steht nach Saudi-Arabien und Kuwait an dritter Stelle.

Irans Wirtschaft hängt stark von den Öleinnahmen ab. Mittlerweile können selbst führende Politiker der Islamischen Republik die negativen Wirkungen der Sanktionen nicht mehr leugnen. Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad, der die Sanktionen zunächst als ein Blatt Papier bezeichnet hatte, das man getrost in den Papierkorb werfen könne, beklagte sich kürzlich über die Härte der Strafmaßnahmen und Revolutionsführer Ali Chamenei sagte verärgert, die Sanktionen seien "unlogisch und barbarisch". Der Abgeordnete Mohammad Hassan Asfari sagte am 6. Januar, die Sanktionen des Westens zielten auf das Programm "Öl für Nahrungsmittel". Dieses Programm war eine Strafmaßnahme, die 1995 gegen den Irak nach dem Überfall auf den Nachbarstaat Kuwait verhängt wurde. Sie blieb acht Jahre lang bis zum Sturz Saddam Husseins in Kraft. Demnach durften die Öleinnahmen nur noch für wichtige Nahrungsmittel ausgegeben werden. Doch die Sanktionen schwächten nicht das Regime, Leid tragend war die Bevölkerung. Etwa eine halbe Million Kinder und insgesamt 1,7 Millionen Menschen starben aus Mangel an Nahrung und Medikamenten.

Solche Mängel machen sich im Iran bereits bemerkbar. Nach Angaben von Behörden herrscht ein akuter Mangel an Medikamenten. Gegen bestimmte Krankheiten gibt es entweder keine Mittel oder diese sind so teuer, dass Normalverdienende sie nicht kaufen können. Ende Dezember wurde Gesundheitsministerin Marsieh Wahid Dastdscherdi entlassen, weil sie mehr Devisen für den Import von Medikamenten gefordert hatte.

Zu den Sanktionsmaßnahmen gehören auch das Verbot von Geschäften mit den meisten iranischen Banken sowie Transport und Versicherungen wichtiger iranischer Export- und Importgüter. Das ist ein harter Schlag gegen die iranische Wirtschaft. Viele Fabriken, die auf Ersatzteile oder Material aus dem Ausland angewiesen sind, mussten stillgelegt werden. Nahezu täglich steigt die Zahl der Arbeitslosen. Besondere Jugendliche sind betroffen, deren Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei 30 Prozent, Fachleute sprechen von weit höheren Zahlen. Im Herbst erlebte die iranische Währung einen katastrophalen Sturzflug. Seit Juni 2011 hat der Rial mehr als zwei Drittel seines Wertes verloren.

Der Minister für Industrie und Handel, Mehdi Ghasanfari, sagte am 10. Januar der Nachrichtenagentur Kar zufolge, die internationalen Sanktionen gegen Iran sind anders als frühere Sanktionen, sie seien "lähmend". Der Boykott der Nationalbank, des Erdöls und des Schifftransports hätten dazu geführt, dass Iran nicht mehr in der Lage sei, den Bedarf an verschiedenen Ressourcen zu decken. "Wir hatten nicht ausreichend Devisen, die Zentralbank konnte die Devisen nicht transferieren und das Transportwesen die benötigten Waren nicht in den Handel bringen", sagte der Minister. Zwar hätten die Sanktionen nicht das Land bezwungen, "aber der Krieg, der mit den Sanktionen geführt wird, ist kein Krieg um die Grenzen des Landes. Die Sanktionen beschränken sich nicht auf einem Bereich im Handel oder auf die Blockade der Guthaben der Islamischen Republik im Ausland, sie betreffen die ganze Wirtschaft. Wir müssen die Bevölkerung darauf vorbereiten, ihre Erwartungen herunterzuschrauben". Mit den Sanktionsmaßnahmen gegen die Zentralbank werde das "gesamte Nervensystem" der iranischen Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Vom Boykott des Transportwesens würden Industrie und Handel betroffen. Iranische Schiffe bekämen an wichtigen Häfen keine Erlaubnis, Waren ab- und aufzuladen. Außerdem sei es 13 der wichtigen Versicherungsgesellschaften verboten worden, iranische Schiffe zu versichern. Der Minister verwies auf Engpässe im Bereich Nahrungsmittel und Medikamente. Diese seien zwar nicht boykottiert, "aber wir können sie nicht einführen, weil die Zentralbank keine Geschäfte im Ausland abwickeln kann".

Einen Tag später erklärte Parlamentspräsident Ali Laridschani, Iran habe im Ausland "schwere Probleme" zu bewältigen. Zugleich betonte er, die Probleme der iranischen Wirtschaft seien nicht durch Außenpolitik zu lösen, sondern die Probleme der Außenpolitik könnten nur gelöst werden, wenn im Inland die Wirtschaft in Ordnung gebracht werden würde. "Die Lösung unserer internationalen Probleme hängt unmittelbar ab von der Lösung unserer innenpolitischen Problemen", sagte Laridschani am 11. Januar in Teheran. "Man kann eine Krankheit nur heilen, wenn man die Ursachen kennt." Er fuhr fort: "Vielleicht müssen wir unsere Wirtschaft reformieren. Aber in Zeiten der Inflation und Stagnation lassen sich Reformen nicht durchführen." Daher habe das Parlament die zweite Phase der Aufhebung von Subventionen der Energie und Nahrungsmittel gestoppt.

Die Aufhebung der staatlichen Subventionen begann vor zwei Jahren. Die Regierung Ahmadinedschad hatte im Frühjahr vergangenen Jahres die zweite Phase durchführen wollen, was durch einen Parlamentsbeschluss verhindert wurde.

Unter den Sanktionen leidet das Volk. Während das Regime sein Atomprogramm weiter ausbaut, militärische Manöver mit modernen Raketen veranstaltet und in Syrien, Palästina und Libanon materielle und militärische Hilfe leistet, haben der rapide Anstieg der Energiekosten und der Preise für Nahrungsmittel und Mieten bereits hunderttausende Familien in die Armut getrieben. Am 8. Januar mussten einige Fluggesellschaften ihre In- und Auslandsflüge streichen, weil sie den nötigen Treibstoff nicht bezahlen konnten. Das Ölministerium, das für die Vergabe von Treibstoff zuständig ist, hatte sich geweigert, den Gesellschaften weiterhin auf Pump Kerosin zu liefern, weil deren Schulden längst die zu tolerierende Grenze überschritten hatten.

Indes erklärte der Parlamentsabgeordnete Ahmad Tawakoli laut Nachrichtenagentur Mehr am 17. Januar, Irans Währung habe innerhalb eines Jahres die Hälfte ihres Wertes verloren. Schuld daran sei neben den internationalen Sanktionen auch die Wirtschaftspolitik der Regierung von Ahmadinedschad. Tawakoli, der auch Mitglied des Haushaltsausschusses im Parlament ist, sagte, der Rial habe im Vergleich zum Vorjahr gegenüber dem US-Dollar 55 Prozent an Wert verloren.

Eine soeben veröffentlichte Statistik zeigt den dramatischen Sturz der iranischen Währung seit der Gründung der Islamischen Republik. Während 1979, im Jahr der Revolution, der offizielle Kurs für einen US-Dollar bei 10 Tuman lag, wurden im Dezember des vergangenen Jahres für einen Dollar 3200 Tuman verlangt. Hatte man demnach für eine Million Tuman 100.000 Dollar bekommen, war im Dezember eine Million Tuman nur noch 313 Dollar wert.


VERKAUFSZAHLEN VON PEUGEOT UND CITROEN DRASTISCH ZURÜCKGEGANGEN

Wie das Unternehmen des Autobauers PSA Peugeot Citroen am 9. Januar mitteilte, sind die Verkaufszahlen im vergangenen Jahr um 16,5 Prozent gefallen. Als Begründung nannte die Firma Absatzschwierigkeiten in Südeuropa und im eigenen Land sowie die Sanktionen gegen Iran. Die Firma verkaufte nach eigenen Angaben weltweit 2,97 Millionen Fahrzeuge. "Der dauerhafte Zusammenbruch der europäischen Märkte trifft die Gruppe mit voller Wucht", erklärte Markenchef Frédéric Saint-Geours.

1,76 Millionen Fahrzeuge verkaufte PSA in Europa und damit 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Die vor allem für Iran bestimmten Peugeot-Autos, der die einzelnen Bauteile im eigenen Land selbst montiert, gingen demnach um ein Drittel auf 145.000 zurück. PSA hatte seine Aktivitäten mit Iran im Februar 2012 eingestellt. Demgegenüber verkaufte PSA mehr Fahrzeuge in China und Russland, nicht jedoch in Lateinamerika. Der größte französische Autobauer hatte im vergangenen Jahr versucht, seine Abhängigkeit vom europäischen Markt weiter zurückzufahren. Der Anteil der außerhalb Europas verkauften Autos stieg von 33 Prozent im Jahr 2011 auf 38 Prozent im vergangenen Jahr. Im Jahr 2015 will PSA die Hälfte aller Autos im außereuropäischen Ausland verkaufen.


DEUTSCHE BÖRSE WILL MÖGLICHE GELDBUßE AUS DEN USA ABWENDEN

Der Deutschen Börse droht ein Bußgeld von etwa 340 Millionen Dollar. Dabei geht es um mögliche Verstöße gegen Handelssanktionen gegen Iran. Die Deutsche-Börse-Tochter Clearstream habe beschlossen, mit der US-Exportkontrollbehörde (OFAC) in Verhandlungen zu treten, meldete dpa am 9. Januar. Dies habe die Deutsche Börse mitgeteilt. Die US-Behörde untersucht Wertpapierübertragungen innerhalb des Abwicklungssystems von Clearstream im Jahr 2008 auf mögliche Verstöße gegen US-Handelssanktionsvorschriften gegen Iran.

Clearstream ist die Abwicklungstochter der Deutschen Börse für Wertpapiergeschäfte. Das Unternehmen ist nach wie vor der Überzeugung, sämtliche US-Vorschriften über Handelssanktionen befolgt zu haben und hält den von der OFAC genannten Betrag für nicht gerechtfertigt und überhöht.

Die US-Behörden fahren derzeit eine harte Linie, wenn es um Geschäftsbeziehungen westlicher Firmen mit Iran geht. Die britische Großbank Standard Chartered musste, wie Iran Report berichtete, wegen Geldwäsche-Vorwürfen die Rekordsumme von 1,9 Milliarden Dollar zahlen. Dabei ging es auch um Transaktionen in andere Länder wie Mexiko oder Saudi-Arabien. Standard Chartered musste in Zusammenhang mit Iran-Geschäften 667 Millionen Dollar berappen. Auch andere Finanzfirmen sind ins Visier der US-Behörden geraten.

Auch der deutsche Maschinenhersteller MAN ist ins Visier der Amerikaner geraten. Einem Zeitungsbericht zufolge hat die Firma trotz Sanktionen Iran mit Dieselmaschinen beliefert. Die Tagezeitung "Die Welt" berichtete am 16. Januar unter Berufung auf Recherchen der US-Organisation "United against Nuclear Iran" (UANI), MAN habe hochwertige Schiffsdiesel geliefert und unterhalte nach wie vor Wartungsverträge mit Iran.

Der Konzern sei zudem an der Lieferung von Dieselmaschinen für zwölf Schiffsneubauten des Typs "Very Large Crude Carrier" in China beteiligt. China exportiert diese weiter an Iran. Das wäre ein Verstoß gegen die internationalen Sanktionen, die den Warenaustausch mit Iran wegen seines umstrittenen Atomprogramms stark einschränken.

Bei den Dieselmaschinen handelt es sich laut dem Bericht um hoch spezialisierte Anlagen, die nur wenige Firmen überhaupt bauen können. Iran ist zudem auf eine funktionierende Handelsflotte angewiesen, um seine Rohstoffe exportieren zu können. Die maritime Transportkapazität sei eine "Achillesverse des iranischen Regimes", sagte Michael Spaney, Sprecher der deutschen Organisation "Stop the bomb". Die iranische Schiffsflotte werde zudem von der Führung in Teheran direkt kontrolliert. "Indem MAN hilft, Probleme im Transportsektor zu überwinden, unterstützt die Firma den Ausbau von Iran lukrativstem Wirtschaftszweig", sagte Spaney weiter. Die Einnahmen könne Teheran nutzen, um sein Atomprogramm zu finanzieren und die syrische Führung zu unterstützen.

MAN wies die Vorwürfe zurück. Ein Sprecher des Unternehmens sagte der "Welt", dass seit 2010 kein Neu-Geschäft mehr aufgenommen werde und lediglich alte Verträge abgearbeitet würden. Der Bau von Schiffsmotoren in China habe nichts mit MAN Deutschland zu tun. Die Fertigung übernähmen chinesische Lizenzpartner, die die Maschinen in Eigenregie ohne Mitarbeit des deutschen Konzerns bauten. MAN habe keinen Einfluss darauf, wohin die Aggregate schließlich geliefert oder wo sie eingebaut würden, wurde der Sprecher weiter zitiert. Das Unternehmen halte sich im Übrigen strikt an alle internationalen Sanktionen.


FLUGZEUG MIT GOLD AN BORD VON DER TÜRKEI FESTGEHALTEN

Medien berichteten, dass ein Flugzeug mit 1,5 Tonnen Gold an Bord am 1. Januar in der Türkei vom Weiterflug abgehalten wurde. Die Maschine, ein Airbus 300, gehört einer türkischen Privatfirma. Den Berichten zufolge wollte das Flugzeug von Algerien und Ghana kommend nach einer Zwischenlandung in Istanbul nach Dubai weiterfliegen. Einige türkische Zeitungen schrieben, dass Endziel der Maschine sei Iran gewesen. Ein BBC-Korrespondent in der Türkei sagte dem Sender, bislang habe sich die Türkei nicht dazu geäußert, ob sie einen Staat als Eigentümer des Goldes ausgemacht habe.

Die Maschine sei aus technischen Gründen auf dem Flughafen Sabiha Göcek im asiatischen Teil Istanbuls gelandet, verlautete aus der türkischen Zollbehörde. Da sich die Besatzung weigere, Dokumente über die Ladung vorzulegen, könne die Maschine nicht weiterfliegen.

Nach Angaben der türkischen Regierung hatte Iran im vergangenen Jahr den Erlös aus Öl- und Gaslieferungen an die Türkei in Gold umgewandelt, weil Teheran wegen der internationalen Atomsanktionen kaum noch Zugang zu Dollars oder Euros hat. Das Gold sei anschließend nach Iran transportiert worden, teilweise über die Vereinigten Arabischen Emirate. Als Folge hatten sich die türkischen Goldausfuhren nach Iran im vergangenen Jahr vervierfacht.


MIT SEEMANÖVER STÄRKE DEMONSTRIERT

Medienberichten zufolge hat Iran bei einem groß angelegten sechstägigen Seemanöver Ende Dezember erfolgreich verbesserte Kurz- und Mittelstreckenraketen getestet. Wie die Nachrichtenagentur Fars meldete, handelte es sich unter anderem um eine verbesserte Kurzstreckenrakete vom Typ Nasr (Sieg). Nasr-Raketen können iranischen Angaben zufolge Schiffe mit einem Gewicht von bis 3000 Tonnen zerstören. Die Übung fand im Persischen Golf - unter Einbeziehung der für Ölexporte strategisch wichtigen Straße von Hormos - statt.


ZWEI FLUGGESELLSCHAFTEN WERDEN FLÜGE NACH TEHERAN EINSTELLEN

KLM und die österreichische Fluggesellschaft Austrian Airlines haben am 12. Januar erklärt, dass sie ihre Flüge nach Teheran einstellen werden. Die holländische Gesellschaft KLM gab bekannt, dass sie ab April dieses Jahres nicht mehr nach Teheran fliegen werde. Zurzeit bietet die Gesellschaft vier Mal in der Woche Flüge nach Teheran an. Die Flüge seien wirtschaftlich nicht mehr tragbar, sagte ein Sprecher dem britischen Sender BBC. Für die Zeit bis April würden die vier Flüge in der Woche nach und nach reduziert.

Auch der Sprecher der österreichischen Fluggesellschaft, die zur deutschen Lufthansa gehört, gab bekannt, wegen Mangel an Nachfrage werde die Firma ihre Flüge nach Teheran einstellen. Der letzte Flug der Firma nach Teheran fand am 13. Januar statt. Auch diese Gesellschaft hatte ursprünglich wöchentlich vier Flüge nach Teheran im Angebot. Im Sommer setzte sie ihre Flüge in die iranische Hauptstadt zwei Monate lang aus, weil die Betankung der Maschinen am Teheraner Flughafen unsicher war. Danach wurden die Flüge auf dreimal wöchentlich reduziert.

Demgegenüber erklärte ein Sprecher der Lufthansa, die Gesellschaft werde ihre Flüge nach Teheran fortsetzen. Zurzeit hat sie fünf Flüge in der Woche nach Teheran.

Die Fluggesellschaft BMA, die von British Airways gekauft wurde, hatte im Herbst ihre Flüge nach Teheran gänzlich eingestellt, weil sie Probleme mit der Betankung und den Schwankungen der Wechselkurse hatte.

Ein Boykott für die Betankung iranischer Maschinen auf fremden Flughäfen ist in der Liste der UN-Sanktionen gegen Iran nicht vorgesehen. Doch zu den Sanktionen der USA gegen Iran gehört auch ein Verbot der Betankung iranischer Flugzeuge. Das gilt nicht nur für amerikanische Firmen. Auch ausländische Firmen werden im Falle der Treibstoffversorgung iranischer Maschinen mit wirtschaftlichen Einschränkungen bestraft.

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AUSSENPOLITIK

• Hagel nimmt klare Position gegenüber Iran ein
• Olmert wirft Netanjahu Vergeudung von Milliarden wegen Iran vor
• Iran dementiert Cyber-Attacken auf amerikanische Banken
• Iranische Geiseln in Syrien ausgetauscht
• Syriens Ministerpräsident besucht Teheran
• Außenminister Salehi in Ägypten
• Iranische Revolution kein Vorbild für Ägypter
• Irans Innenminister trotz Sanktionen in die Schweiz eingereist
• UN "schockiert" über Hinrichtung von jungem Iraner
• Slowake unter dem Verdacht der Spionage festgenommen
• Geplante Veröffentlichung von Mohammad-Karikaturen verurteilt
• Deutsche lehnen Krieg gegen Iran mehrheitlich ab


HAGEL NIMMT KLARE POSITION GEGENÜBER IRAN EIN

Noch bevor er als neuer US-Verteidigungsminister in Amt und Würden kommt, will Chuk Hagel sein Image als außenpolitisches "Weichei" korrigieren. Der designierte Pentagon-Chef habe sich vor seinen künftigen Mitarbeitern für internationale Sanktionen gegen Iran ausgesprochen und auch militärische Optionen nicht ausgeschlossen, hieß es laut einer Meldung der AP vom 9. Januar aus dem Verteidigungsministerium.

Hagel vertritt in sicherheitspolitischen Fragen häufig eine moderate Linie und ist bei seinen republikanischen Parteifreunden wegen der Haltung gegenüber Teheran und der Kritik an Israel umstritten. Er gilt als scharfer Kritiker eines möglichen Militärangriffs auf iranische Atomanlagen durch Israel oder die USA. Schon während seiner Zeit im Senat hatte er gegen unilaterale Wirtschaftssanktionen gegen Teheran gestimmt und sich über den Einfluss der "jüdischen Lobby" in den USA beklagt.

Auch der designierte US-Außenminister John Kerry kündigte bei seiner Anhörung im US-Senat zum Konflikt mit Iran eine harte Linie an. "Wir werden tun, was wir müssen, um einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern", sagte er und fügte hinzu: "Die Zeit für Iran, mit der internationalen Gemeinschaft zu kooperieren, läuft ab."


OLMERT WIRFT NETANJAHU VERGEUDUNG VON MILLIARDEN WEGEN IRAN VOR

Israels früherer Ministerpräsident Ehud Olmert hat Amtsinhaber Benjamin Netanjahu kurz vor der Wahl die Vergeudung von elf Milliarden Schekel (etwa 2,2 Milliarden Euro) für Angriffsvorbereitungen für Iran vorgeworfen. Die Gelder seien für "verrückte Abenteuer ausgegeben worden, die nicht Wirklichkeit wurden und es auch nicht mehr werden", weil 2012 das entscheidende Jahr für einen Angriff auf das iranische Atomprogramm gewesen sei, zitierte die Zeitung "Times of Israel" am 12. Januar aus einem Fernsehinterview mit Olmert.

"Sie (die Regierungsmitglieder) haben die Welt ein Jahr lang in Schrecken versetzt und am Ende gar nichts getan", sagte Olmert mit Blick auf die israelischen Drohungen mit einem Überraschungsangriff gegen iranische Atomanlagen im Verlauf des vergangenen Jahres.

Netanjahus Wahlkampfzentrum reagierte scharf. Der wegen Untreue verurteilte Ehud Olmert, der während seiner Regierungszeit schwere Fehler begangen habe, sei "der Letzte, der sich moralisierend über einen Ministerpräsidenten Netanjahu" äußeren solle, der das Land angesichts globaler Umwälzungen gestärkt habe.

Kurz vor den Parlamentswahlen in Israel hatte Netanjahu gesagt, eine mögliche iranische Aufrüstung mit Atomwaffen sei "das Problem der Welt". Der israelische Rundfunk meldete am 20. Januar, der Regierungschef habe bei einem Treffen mit US-Senatoren am Vorabend gesagt, es wäre aus historischer Sicht unverzeihlich, das iranische Nuklearprogramm nicht zu stoppen. Der 63-jährige betonte vor den Wahlen am 22. Januar zudem, er werde ungeachtet eines Haushaltsdefizits von 39 Milliarden Schekel (fast acht Milliarden Euro) die Steuern nicht erhöhen. Nach der Wahl sagte Netanjahu trotz erheblicher Verluste, die er einstecken musste, das wichtigste Ziel seiner neuen Regierung sei, das iranische Atomprogramm zu verhindern.

Indes erklärte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak, er rechne mit höchstens "chirurgischen" Schlägen der USA gegen das iranische Atomprogramm. "Es geht nicht um die Alternative zwischen einem großen Krieg oder dem Scheitern, Iran zu stoppen", zitierte die Zeitung "Haaretz" am 26. Januar den Minister in Davos.

"Wenn alle Stricke reißen, könnte es zu einem chirurgischen Einsatz kommen", habe Barak im Gespräch mit dem US-Magazin "The Daily Beast" hinzugefügt. "Selbstverständlich hoffen wir, dass diplomatische Mittel ausreichen werden", betonte der Minister. Barak hat seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und wird der nächsten israelischen Regierung voraussichtlich nicht mehr angehören.


IRAN DEMENTIERT CYBER-ATTACKEN AUF AMERIKANISCHE BANKE

Die ständige Vertretung Irans bei den Vereinten Nationen dementierte "entschieden" die Behauptung, Computer-Netze amerikanischer Banken attackiert zu haben. "Wir weisen die Behauptung zurück und verurteilen zugleich alle Cyber-Attacken, die die nationale Souveränität der Staaten verletzen und Institutionen, die dem Volk dienen, zum Ziel haben", hieß es in der Erklärung, die am 11. Januar veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zu den USA, deren Cyber-Attacken gegen Iran nachgewiesen seien, habe Iran bis zum heutigen Tag internationale Rechte geachtet und auf Gegenmaßnahmen gegen Finanz- und Wirtschaftsinstitutionen anderer Länder verzichtet.

Erwähnt werden in der Erklärung auch die Attentate auf iranische Atomwissenschaftler, die Zerstörungsversuche iranischer Computer-Netzwerke und "andere feindliche Maßnahmen". Darüber habe Iran bei der UNO Beschwerde eingelegt. Ziel der Vorwürfe gegen Iran sei die Denunzierung der Islamischen Republik und die Suche nach Vorwänden, um illegale Maßnahmen gegen das iranische Volk und die iranische Regierung durchführen zu können.

Tatsächlich wurde Iran mehrmals Opfer von Cyber-Angriffen. Im April 2012 hatte das Ölministerium in Teheran von einer Internet-Attacke auf die iranischen Ölanlagen gesprochen, im Jahr 2010 hatte der Computerwurm Stuxnet einen Teil der Zentrifugen zur Urananreicherung in der Atomanlage Natans lahm gelegt. Teheran machte die USA und Israel verantwortlich.

Laut einem Pressebericht seien US-Banken Ziel groß angelegter Cyber-Angriffe geworden, hinter denen Iran vermutet wird. "In der US-Regierung besteht kein Zweifel daran, dass Iran hinter diesen Angriffen steckt", sagte der Experte James Lewis vom Center for Strategic and International Studies der New York Times am 10. Januar. Dem Bericht zufolge werden bei den Angriffen die Webseiten von Banken durch eine Masse an Informationsanfragen lahm gelegt. Jedoch würden nicht wie sonst üblich einzelne PCs für konzentrierte Angriffe genutzt, sondern ganze Rechenzentren.

Die 20 größten US-Banken waren am 10. Januar von einer solchen Angriffswelle betroffen. Eine Gruppe namens Izz ad-Din al-Qassam Cyber Fighters bekannte sich dazu. Nach Angaben des auf Computersicherheit spezialisierten Unternehmens Radware gab es die ersten derartigen Angriffe im September vergangenen Jahres. "Wir sehen gerade einen dauerhaften Angriff auf einen Industriesektor, wie wir es nie zuvor erlebt haben", sagte Radware-Vicechef Carl Herberger.


IRANISCHE GEISELN IN SYRIEN AUSGETAUSCHT

Am 9. Januar meldete die türkische Nachrichtenagentur Anatoli unter Berufung auf die türkische Hilfsorganisation IHH, dass 48 Iraner, die sich in Syrien in Geiselhaft befanden, gegen 2130 Gefangene in staatlichen Gefängnissen ausgetauscht wurden. Auch die iranische Nachrichtenagentur IRNA meldete, die iranische Botschaft in Damaskus habe die Freilassung bestätigt. Unter den freigelassenen Gefangenen befanden sich auch Menschen, die nicht die syrische Staatsbürgerschaft haben, darunter vier Türken, sowie 70 Frauen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Die iranische Botschaft in Damaskus hatte im August vergangenen Jahres die Geiselnahme von 48 iranischen Staatsbürgern bekannt gegeben, die sich in einem Bus auf dem Weg zum Flughafen von Damaskus befanden. In den darauf folgenden Wochen veröffentlichte eine syrische Oppositionsgruppe Videoaufnahmen von den Geiseln. Die Geiseln seien Mitglieder der iranischen Revolutionswächter (Pasdaran), die zur Unterstützung syrischer Regierungstruppen eingesetzt worden waren, erklärte die Gruppe. Sie forderte, Iran sollte die Unterstützung für die syrische Regierung einstellen, andernfalls werde man die Geiseln töten.

Iran dementierte. Es handele sich um normale Pilger, die zum Besuch heiliger Stätten nach Irak gekommen seien, hieß es aus Teheran. Später räumte man allerdings ein, dass unter den Pilgern auch pensionierte Revolutionswächter gewesen seien.

Der Austausch sei nach Auskunft der IHH durch die Vermittlung der Türkei und Katars zustande gekommen, was als "humanitärer diplomatischer Erfolg" zu bewerten sei. Die beiden Staaten würden sich weiterhin um Freilassung nicht-syrischer Bürger in Syrien bemühen.

Die iranischen Geiseln seien, wie eine AFP-Journalistin berichtete, am Nachmittag des 9. Januar in einem Hotel in Damaskus eingetroffen, wo sie mit dem iranischen Botschafter zusammenkamen. Der Gefangenenaustausch war der größte seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im März 2011. Zugleich war es das erste Mal, dass die syrische Führung in eine Freilassung von Gefangenen im Austausch für Staatsbürger aus Drittländern einwilligte. Die hohe Zahl der Freigelassenen schien zu zeigen, wie wichtig es für Präsident Baschar al-Assad war, an den guten Beziehungen zu Teheran festzuhalten. Iran ist der engste Verbündete Syriens.

Zwei Tage vor dem Austausch sicherte Teheran seine Unterstützung für den von Assad vorgestellten Plan für ein Ende der Gewalt zu. "Die islamische Republik unterstützt die Initiative von Präsident Assad für eine globale Beilegung der Krise" erklärte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi am 7. Januar laut einer Mitteilung des Ministeriums. Assads Plan weise "Gewalt, Terrorismus und Einmischung von außen zurück und schlägt einen umfassenden politischen Prozess vor", hieß es.

Der Minister rief die syrischen Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft dazu auf, die "Gelegenheit" zu nutzen, die Assads Plan biete, um Sicherheit und Stabilität in Syrien wieder herzustellen und zu verhindern, dass sich die Krise auf die gesamte Region ausweite.

Assad, der sich am 6. Januar erstmals seit sieben Monaten wieder in einer öffentlichen Ansprache zu Wort gemeldet hatte, schlug einen Drei-Stufen-Plan vor, der nach dem Ende der Gewalt zu einer politischen Lösung führen solle, bei der er an der Macht bleibe. Einen Dialog mit vom Ausland gesteuerten "Banden", als die er die Aufständischen bezeichnete, werde es jedoch nicht geben, sagte Assad.


SYRIENS MINISTERPRÄSIDENT BESUCHT TEHERAN

Syriens Ministerpräsident Wael Nader al-Halki traf am 15. Januar mit einer zehnköpfigen Delegation, darunter die Minister für Öl, Energie und Finanzen, zu einem offiziellen Besuch in Teheran ein. Die Einladung erfolgte durch Irans Vizepräsidenten Mohammad Resa Rahimi. Hauptthema der Gespräche war die Krise in Syrien. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, sagte, der Besuch diene der Intensivierung bilateraler Beziehungen zwischen Damaskus und Teheran. "Und ich denke, diesbezüglich ist es ein wichtiger Besuch", fügte er hinzu.

Zwischen Iran und Syrien war vor einigen Jahren vereinbart worden, dass jedes halbe Jahr einmal die Staatspräsidenten beider Länder die Hauptstadt des anderen Landes besuchen. Seit dem Ausbruch der Unruhen in Syrien hat dessen Präsident Iran nicht mehr offiziell besucht. Auch Irans Präsident hat während dieser Zeit nicht regelmäßig die Vereinbarung eingehalten.

Al-Halki ist der ranghöchste syrische Politiker, der Iran besucht. Zuletzt hat er im Sommer in Vertretung seines Staatspräsidenten an dem Gipfel Blockfreier Staaten in Teheran teilgenommen.

Die iranische Führung bekräftigte ihre Unterstützung für die syrische Regierung unter der Führung von Baschar al-Assad. Nach den ersten Gesprächen mit al-Halki sagte Vizepräsident Rahimi: "Unsere Feinde, die Zionisten, die USA und der Westen, haben ein Bündnis gebildet, um sowohl Iran als auch Syrien zu schaden." Laut IRNA lobte der syrische Ministerpräsident die Unterstützung Irans seit dem Ausbruch der Krise in seinem Land. "Das syrische Volk ist sicher, dass es die schweren Tage bestehen und all die Probleme in den Griff bekommen wird", sagte al-Halki, der auch mit Staatspräsident Ahmadinedschad und dem Revolutionsführer Chamenei Gespräche führte.

Iran hat großes Interesse, die herrschende Macht in Syrien zu unterstützen. Syrien bildet für Teheran eine Brücke zu den arabischen Staaten, vor allem zu den palästinensischen Organisationen und der Hisbollah in Libanon. Sollte das Assad-Regime stürzen, wären seine Nachfolger sicherlich nicht an einem engen Bündnis mit Teheran interessiert. Folgerichtig sagte der konservative Freitagsprediger von Teheran, Ahmad Chatami, am 2. Januar in der Stadt Babol, "manche Leute begreifen nicht, dass die Unterstützung Syriens aus unserem eigenen Interesse erfolgt". "Die Intention unserer Unterstützung besteht darin zu verhindern, dass unsere Feinde dort (in Syrien) Kräfte sammeln, mit dem Ziel, gegen Iran, die Hisbollah und gegen die Front des Widerstands vorzugehen. Wenn Syrien fällt, ist als Nächstes Iran daran." Dann werde sich "der Feind" den Grenzen Irans nähern. Daher erfolge die Unterstützung Syriens "nicht nur aus religiösen Gründen, sondern auch aus nationalem Eigeninteresse".

Am 26. Januar ging der außenpolitische Berater des Revolutionsführers und frühere Außenminister Ali Akbar Welajati noch einen Schritt weiter und erklärte, jede Form des Angriffs auf das verbündete Land Syrien käme einem Angriff auf Iran gleich. "Syrien hat eine sehr grundlegende Rolle in der Region in der Politik des Widerstands. Deshalb wird ein Angriff auf Syrien wie ein Angriff auf Iran betrachtet", sagte Welajati der Nachrichtenagentur Mehr.


AUßENMINISTER SALEHI IN ÄGYPTEN

Am 10. Januar reiste Irans Außenminister Ali Akbar Salehi mit einer hochrangigen Delegation nach Kairo. Der staatliche Rundfunk berichtete, dass Salehi bei seinem offiziellen Besuch über bilaterale Beziehungen zwischen Iran und Ägypten sowie über die Konflikte in der Region, insbesondere über die Entwicklung in Syrien und Palästina Gespräche führen werde. Bei seiner Ankunft erwähnte Salehi auf dem Kairoer Flughafen vor Journalisten den Plan des syrischen Präsidenten Assad zur Beilegung der Krise in Syrien und sagte, es lägen mehrere Vorschläge zur Beendigung der Krise in Syrien vor, unter anderem der Vorschlag Irans. "Man muss schauen, wo die Gemeinsamkeiten dieser Vorschläge liegen", sagte Salehi. "Wir müssen versuchen, die Meinungen der beteiligten Staaten einander näher zu bringen, damit die Probleme unter Syrern verhandelt und gemeinsame Lösungen gefunden werden."

Im Vorfeld der Reise Salehis bekräftige das iranische Außenministerium noch einmal die Entschlossenheit des Landes, Assad zu unterstützen. Die Zukunft des syrischen Präsidenten müsse über Neuwahlen bestimmt werden, sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast am 8. Januar. "Ob Assad bleibt oder geht, das sollte allein das syrische Volk durch Neuwahlen bestimmen", sagte er bei einer Pressekonferenz in Teheran. Das politische Schicksal Assads könne nicht von außen gesteuert werden. Nur ein demokratischer Prozess würde zu einer Lösung der Krise in Syrien führen. Dieses Thema werde der iranische Außenminister bei seinem Besuch in Ägypten ansprechen. Der Sprecher bekräftigte die iranische Unterstützung für Assads Plan einer nationalen Mobilmachung. "Wer Frieden und Demokratie in Syrien will, sollte diesen Plan unterstützen."

Dem Vorwurf, Iran unterstütze die syrische Regierung finanziell und militärisch, widersprach Salehi, indem er sagte, Iran habe nicht die Absicht, sich in die inneren Angelegenheiten Syriens einzumischen. "Wir können als Freunde des syrischen Volkes und der syrischen Regierung so handeln, dass schlimme Folge der Krise vermieden werden und in die Region so bald wie möglich Ruhe einkehrt." Ägypten könne als ein wichtiger und einflussreicher Staat bei der Lösung des Syrien-Problems eine große Rolle spielen. "Wir müssen alles daran setzen, um die Krise ohne Einmischung von außen friedlich zu lösen."

Seit dem Sturz Husni Mubaraks war dies das dritte Mal, das Salehi Ägypten besuchte, das erste Mal zur Teilnahme an einem Treffen der Außenminister der Blockfreien Staaten 2012 und das zweite Mal zu Gesprächen zwischen Ägypten, der Türkei und Iran über die Krise in Syrien.

Bei Salehis Treffen mit seinem ägyptischen Amtskollegen Mohammad Amr drehte sich das Gespräch hauptsächlich um den blutigen Konflikt in Syrien, teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Kairo mit. Die beiden Gesprächspartner hätten verschiedene Standpunkte vorgetragen, fügte er hinzu. Auf der anschließenden Pressekonferenz begrüßte Salehi den Vier-Punkte-Plan des ägyptischen Präsidenten Mohammad Mursi zur Beilegung der Krise in Syrien. Dies gehöre zu den besten Vorschlägen, "da der Plan die wichtigsten Staaten der Region einbezieht und die Einmischung von Fremden ausschließt." Mursi versucht mit Hilfe Irans, der Türkei und Saudi-Arabiens eine Lösung für Syrien zu finden. Salehi sagte, auch Indonesien, Malaysia und Pakistan hätten den Wunsch geäußert, sich an dem Plan zu beteiligen. Er fügte hinzu, alle Regierungen, also auch die syrische, müssten die Forderungen ihrer Völker ernst nehmen. Er betonte die Notwendigkeit von direkten Verhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition.

Bei dem Gespräch wiederholte Amr die Einladung an Ahmadinedschad zur Teilnahme an der Konferenz Islamischer Staaten im Februar in Kairo. Bei seinem Treffen mit Präsident Mursi wiederholte Salehi dieselben Standpunkte wie gegenüber Amr.

Der iranische Außenminister kehrte nach seinem zweitägigen Besuch mit leeren Händen nach Teheran zurück. Weder in Bezug auf die Konflikte in der Region noch in Bezug auf eine mögliche Intensivierung der Beziehungen zu Ägypten hatte der Minister Positives vorzuweisen. Im Gegenteil. Während er sich in Kairo aufhielt, fand eben dort die bislang größte Konferenz arabischer Separatisten in Iran statt. Es handelt sich um arabisch sprechende Bewohner in südlichen Provinzen Irans, die seit Jahren nach Autonomie streben. Dass ihre Konferenz in Kairo stattfand, konnte als Provokation gedeutet werden, zumal ein Stellvertreter des ägyptischen Präsidenten zu den Initiatoren der Konferenz gehörte.

Auch Salehis Treffen mit dem höchsten sunnitischen Geistlichen Scheich Tayyeb war für Iran wenig schmeichelnd. Tayyeb kritisierte ganz offen die Politik Irans in den arabischen Staaten sowie die Verletzung der Rechte der sunnitischen Minderheit in Iran. Dabei soll er den Berichten zufolge eine recht undiplomatische und grobe Sprache benutzt haben. Salehi solle der iranischen Führung mitteilen, das Al Azhar die Einmischung Irans in Bahrain schärfstens verurteile.

Die ägyptischen Medien erwähnten den Besuch des iranischen Außenministers nur am Rande, während sie tagelang ausführlich über die Konferenz der iranischen Araber berichteten. Die staatliche Nachrichtenagentur bezeichnete sogar die südiranische Provinz Chusestan als arabisches Gebiet, das von Iran okkupiert werde. Merkwürdig war auch, dass iranische Medien zu alledem schwiegen. Sie sprachen von einer Annäherung der beiden Staaten als ein positives Ergebnis der Reise.

Der Besuch Salehis zeigte wieder einmal, wie isoliert Iran in den letzten Jahren geworden ist. Kairo scheint nicht so sehr an einer weiteren Annäherung an Teheran interessiert zu sein, obwohl Iran um die Gunst Ägyptens wirbt und sogar als Mubarak noch an der Macht war diesbezüglich mehrere Versuche unternahm. Kairo scheint weit mehr an der Beziehung zu den arabischen Golfstaaten interessiert zu sein, sowohl aus finanziellen als auch aus politisch-strategischen Gründen. Außerdem bemüht sich die von Islamisten beherrschte Regierung provokative Handlungen den USA und der EU gegenüber möglichst zu vermeiden. Die Machtübernahme der Islamisten in Kairo hat, wie bereits festzustellen ist, den Einfluss Saudi-Arabiens und Katars in Ägypten erheblich gestärkt.


IRANISCHE REVOLUTION KEIN VORBILD FÜR ÄGYPTER

Offenbar hat ein Bericht des iranischen Senders Press TV die Muslimbrüder zu einer scharfen Reaktion veranlasst. Der Sender, der in englischer Sprache sendet, hatte am 21. Januar berichtet, der Vorsitzende der von den Muslimbrüdern gegründeten Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, Saad al-Katatni, habe die iranische Revolution von 1979 als "Quelle der Inspiration für die Revolution" des so genannten Arabischen Frühlings bezeichnet.

Der Sprecher der Muslimbrüder, Mahmud Ghoslan, wies dies am 22. Januar umgehend zurück. Al-Katatni habe dies bei seinem Zusammentreffen mit dem iranischen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani am Rande einer Konferenz im Sudan nicht gesagt, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Das sind lügnerische Medien. Die ägyptische Revolution ist etwas Besonderes", fügte er hinzu.


IRANS INNENMINISTER TROTZ SANKTIONEN IN DIE SCHWEIZ EINGEREIST

Mostafa Nadschar, iranischer Innenminister, der zu den Personen gehört, gegen die die Europäische Union ein Einreiseverbot verhängt hat, traf am 12. Januar in der Schweiz ein. Iranischen Medien zufolge folgte der Minister einer Einladung des Obersten Kommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge.

Es war die zweite Reise des Ministers nach Europa, seitdem er Einreiseverbot hat. Seine erste Reise, die nach Wien führte, fand vor etwa einem Jahr statt. Dort besuchte er ebenfalls eine Einrichtung der UNO.

Nadschar ist nicht das einzige iranische Kabinettsmitglied, das trotz Einreisverbot ein europäisches Land besucht. Ölminister Rostam Ghasemi und Außenminister Ali Akbar Salehi stehen ebenso wie der Innenminister auf der EU-List unerwünschter Personen. Beide Minister haben mehrmals Europa besucht. Ghasemi fuhr zu einer Tagung erdölproduzierender Länder (OPEC) nach Wien, Salehi hielt sich in verschiedenen europäischen Hauptstädten auf.

Grenzbeamte der EU-Staaten sind verpflichtet, unerwünschte Personen an der Grenze zurückzuweisen. Rechtsexperten sind der Ansicht, dass unerwünschte Personen nur mit einer Sondergenehmigung einreisen dürfen. Diese könnte Personen gewährt werden, deren Präsens an einem bestimmten Ort als notwendig erachtet wird. Ob die eingereisten iranischen Minister tatsächlich eine Sondergenehmigung erhalten haben, ist nicht bekannt. Allerdings fühlt sich die Schweiz, die nicht Mitglied der Europäischen Union ist, an EU-Beschlüsse nicht gebunden.


UN "SCHOCKIERT" ÜBER HINRICHTUNG VON JUNGEM IRANER

"Zutiefst schockiert" zeigte sich das UN-Menschenrechtskommissariat über die Hinrichtung eines zum Tatzeitpunkt minderjährigen Iraners. "Die Todesstrafe kann nicht bei Verbrechen von Menschen unter 18 Jahren angewendet werden", erklärte eine Sprecherin von UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay am 22. Januar. Die Kinderrechtskonvention und die Internationale Konvention über bürgerliche und politische Rechte, zu denen sich auch Iran bekannt habe, beinhalteten ein absolutes Verbot der Todesstrafe für Menschen, die zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen seien.

Der 21-jährige Ali Nader war am 17. Januar hingerichtete worden. Er wurde wegen Mordes an einer Frau verurteilt, zum Tatzeitpunkt war er 17 Jahre alt. Der UN-Sprecherin zufolge war es die erste Hinrichtung eines zum Tatzeitpunkt Minderjährigen seit September 2011. Die iranischen Behörden hätten sich zuletzt offenbar bemüht, derartige Fälle zu vermeiden.

Die UN-Menschenrechtskommission zeigte sich besorgt über das Schicksal von fünf Iranern, in deren Fall der Oberste Gerichtshof die Todesstrafe bestätigen soll und denen eine schnelle Hinrichtung droht. Nach Vorwürfen der Folter gebe es erhebliche Zweifel an einem gerechten Prozess, erklärte die UN-Sprecherin.

Im vergangenen Jahr wurden in Iran mehr als 400 Menschen hingerichtet. Das UN-Menschenrechtskommissariat rief die iranische Regierung auf, die Vollstreckung der Strafe einzuschränken und internationale Standards zur Wahrung der Rechte der Beschuldigten zu beachten. Die UNO verurteilt zudem die häufig angewendete Praxis öffentlicher Hinrichtungen in Iran. 2012 gab es 55 solcher Hinrichtungen, zuletzt wurden am 20. Januar zwei Menschen in einem Park in Teheran hingerichtet.

Irans Justizchef Ali Laridschani rechtfertigte die Hinrichtungen. Auch die Justiz finde die Hinrichtung von Menschen bedauerlich, aber wenn die Sicherheit auf dem Spiel stehe, dürften Emotionen keine Rolle spielen. Die öffentliche Hinrichtung am 20. Januar hatte im Iran kontroverse Diskussionen ausgelöst und Proteste hervorgerufen, vor allem weil vielen das Todesurteil für einen Raubüberfall als völlig unangemessen erschien. Laridschani wies das Argument der Gegner zurück, unerträgliche Armut habe zu der Tat geführt. "Ist es vernünftig und menschlich, wenn jeder, der unter Armut leidet, solche schrecklichen Taten begeht ... Sind denn alle Wege zur Beseitigung der Armut verschlossen? Kann man nur noch mit Gewalt vorgehen und jemandem die Tasche rauben?" Würde man nicht solche Straftaten hart ahnden, wäre die Lage weitaus schlimmer als heute, sagte der Justizchef am 23. Januar.


SLOWAKE UNTER DEM VERDACHT DER SPIONAGE FESTGENOMMEN

Behörden im Iran haben einen Slowaken unter dem Verdacht der Spionage für den US-Geheimdienst CIA festgenommen. Der Mann sei wegen der mutmaßlichen "Bedrohung der nationalen Sicherheit" in Haft genommen worden, teilte das slowakische Außenministerium am 22. Januar in Bratislava mit. Die Behörden hätten die diplomatische Vertretung der Slowakei in Iran über die Festnahme informiert, den slowakischen Diplomaten sei ein Besuch des Mannes aber verwehrt worden, teilte das Ministerium mit.

Das iranische Staatsfernsehen hatte in der Woche davor einen Bericht ausgestrahlt, in dem sich ein westlicher Bürger im Alter von rund 30 Jahren angeblich zu der Spionage bekannt und sich beim iranischen Volk dafür entschuldigt habe. Demnach wurde der Mann bereits im August nach monatelanger Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden festgenommen. Dem Staatsfernsehen zufolge unterhielt der Mann Kontakte zu iranischen Forschern, um an Informationen zum "wissenschaftlichen Fortschritt" des Landes zu gelangen. Der Mann schilderte in dem Bericht, wie er angeblich von der CIA rekrutiert wurde.

Slowakischen Medien zufolge soll es sich bei dem Festgenommenen um einen 26-jährigen Mann handeln, der im vergangenen Jahr nach Teheran ging, um dort im Telekommunikationssektor zu arbeiten. Seine Eltern in der Slowakei habe er Anfang Dezember zum letzten Mal kontaktiert, berichtet die Zeitung "SME". Danach verliere sich seine Spur.


GEPLANTE VERÖFFENTLICHUNG VON MOHAMMAD-KARIKATUREN VERURTEILT

Proteste aus Teheran wurden bereits laut, bevor die von dem französischen Magazin "Charlie Hebdo" angekündigten Mohammad-Karikaturen veröffentlicht wurden. "Wir verurteilen jegliche religiöse Beleidigung, insbesondere die des islamischen Propheten, und fordern juristische Schritte gegen die Karikaturisten", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums Ramin Mehmanparast am 1. Januar während einer Pressekonferenz in Teheran.

Das Satire-Magazin hatte die Veröffentlichung der Karikaturen für den 2. Januar angekündigt. Mit einem Comic sollte in einem Sonderheft das Leben des Propheten Mohammad dargestellt werden. Schon im September hatte das Magazin mit derben Mohammad-Karikaturen weltweite Proteste der Muslime hervorgerufen.

Noch vor den Karikaturen löste ein Schmäh-Video über Mohammad im Sommer 2012 Massenproteste von Muslimen in der arabisch-islamischen Welt aus. Bei den wochenlangen Unruhen starben etliche Menschen. Begonnen hatte die Verunglimpfung des Propheten mit der Veröffentlichung ähnlicher Karikaturen im September 2005 in einer dänischen Zeitung. Bei den Protesten, die sie auslösten, kamen mehr als 150 Menschen ums Leben.


DEUTSCHE LEHNEN KRIEG GEGEN IRAN MEHRHEITLICH AB

Einer von der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (ippnw) dem Meinungsforschungsinstitut Forsa in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge, sprechen sich 80 Prozent der Befragten gegen einen militärischen Angriff auf Iran aus. Auf die Frage, welche Maßnahmen die internationale Gemeinschaft ergreifen sollte, wenn Iran in der Lage wäre, Atomwaffen zu bauen, sprechen sich 80 Prozent der Bundesbürger dafür aus, durch politische Verhandlungen - zum Beispiel im Rahmen einer UN-Konferenz für eine Zone frei von Massenvernichtungswaffen im Nahen Osten - zu versuchen, eine Atommacht Iran zu verhindern.

Nur 7 Prozent der Befragten befürworten eine militärische Intervention. 8 Prozent vertreten die Meinung, man solle sich aus dem Konflikt heraushalten und eine Atommacht Iran hinnehmen. Die Befragung wurde im Januar 2013 durchgeführt. Die Ergebnisse wurden am 28. Januar in Berlin der Presse bekanntgegeben.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
12. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 2/2013 - Februar 2013 / 12. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2013