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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/282: Iran-Report Nr. 7 - August 2012


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2012
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter. Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

INNENPOLITIK

• Chamenei: Atomkonflikt und Menschenrechte nur ein Vorwand
• Iranische Polizei: Satelliten und Internet sind eine ernste Gefahr
• Straßenproteste in Neischabur
• 65 Prozent des Urumieh-Sees ist ausgetrocknet
• Vertreter der Agentur Reuters in Teheran im Oktober vor Gericht
• Revolutionsgarde: Ziel der Sanktionen ist, Unruhen zu stiften
• Volksabstimmung über Atomprogramm gefordert
• 63 Prozent der Iraner für Einstellung der Urananreicherung
• Neue Cyberangriffe gegen Iran
• Polizei gegen Restaurants, Cafés und Touristenagenturen
• Neue Verhaftungswelle gegen die Bahais


CHAMENEI: ATOMKONFLIKT UND MENSCHENRECHTE NUR EIN VORWAND

Irans Revolutionsführer Ali Chamenei erklärte am 25. Juli auf einer Versammlung von Regierungsmitgliedern und führenden Politikern des Landes: "Die Realitäten zeigen, dass wir nicht nur keine Revision unserer bisherigen Politik vorzunehmen brauchen, sondern im Gegenteil mit voller Zuversicht unsere bisherige Strategie verstärkt fortsetzen müssen."

Die Feindschaft einiger Staaten gegen Iran richte sich im Grunde gegen die islamische Staatsordnung. Die Behauptung, bei den Auseinandersetzungen gehe es um das iranische Atomprogramm oder um Menschenrechte, sei nur ein Vorwand, sagte der Revolutionsführer.

Die Front gegen die Islamische Republik werde immer schwächer. Die Revolutionen im Nahen Osten und in Nordafrika, die nicht enden wollenden Probleme der USA in Afghanistan, die sich immer weiter vertiefende Wirtschaftskrise im Eurogebiet und das ständig wachsende Defizit im Staatshauhalt der Vereinigten Staaten seien Realitäten, mit denen der Westen zu kämpfen habe.

Zwischen der Wirtschaftskrise im Westen und den Problemen der iranischen Wirtschaft gäbe es einen grundlegenden Unterschied. "Unsere Probleme gleichen denen einer Gruppe von Bergwanderern, die den Gipfel des Berges bezwingen wollen, dabei mit Schwierigkeiten konfrontiert werden, die sie aber nicht davon abhalten weiter zu klettern.

Die wirtschaftlichen Probleme des Westens dagegen gleichen einem Omnibus, der unter einer Lawine begraben liegt", sagte Chamenei.

Chamenei kam auch auf die Geburtenkontrolle zu sprechen. Man müsse noch einmal über die bisherige Politik und der Notwendigkeit der Geburtenkontrolle nachdenken. Er sei der Meinung, dass eine solche Kontrolle falsch sei. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass die Geburtenkontrolle allmählich zur Überalterung der Gesellschaft und zum Rückgang der Bevölkerungszahl führe, was der Entwicklung nicht dienlich sei.

Der Revolutionsführer erwähnte auch die Atompolitik der Islamischen Republik, kritisierte die Kompromisse, die damals Präsident Chatami eingegangen war. "Damals ging die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Westen so weit, dass die (die westlichen Staaten) sich erlaubten immer mehr zu verlangen. Da sah ich mich gezwungen, persönlich einzuschreiten. Damals hatte Iran sich sogar bereiterklärt, die Zahl der Zentrifugen auf drei zu reduzieren. Aber sie waren so dreist, und verlangten, wir sollten gänzlich auf Zentrifugen verzichten. Heute haben wir elftausend Zentrifugen."

Am Ende seiner Rede rief Chamenei angesichts der Wirtschaftskrise die Politiker zu mehr Geschlossenheit auf. Amtsträger sollten vermeiden, Streit in aller Öffentlichkeit auszutragen, sagte Chamenei. Zwar gebe es Probleme im Land, doch sollten sich die Parteien nicht gegenseitig die Schuld zuschieben. "Stattdessen müssen Sie die Probleme in Eintracht lösen", forderte er in Anwesenheit von Präsident Mahmud Ahmadinedschad und dessen Widersacher Parlamentspräsident Ali Laridschani.

Konservative Kritiker werfen Ahmadinedschad Versagen in der Wirtschaftspolitik und bei der Bekämpfung der Preissteigerungen für Lebensmittel vor.


IRANISCHE POLIZEI: SATELLITEN UND INTERNET SIND EINE ERNSTE GEFAHR

General Bahman Kargar, Stellvertreter des iranischen Polizeichefs, bezeichnete Satelliten und Internet als eine "ernste Gefahr". Experten könnten Satelliten und Internet "richtig" verwenden, nicht aber die Mehrheit der Bevölkerung.

Laut Nachrichtendienst der iranischen Polizei sagte Kargar am 17. Juli, "unsere Feinde versuchen mit Hilfe der Satelliten und des Internets die Freizeit iranischer Familien zu beherrschen." Die Polizei müsse diesen Trend durch kluge Kontrollen aufhalten. Er bedauerte, dass man den Warnungen des Revolutionsführers, der von einer "kulturellen Invasion" gesprochen habe, "die einer chemischen Bombe gleicht", nicht genügend Beachtung geschenkt habe. Tatsächlich hatte Revolutionsführer Ali Chamenei die "kulturelle Invasion des Westens" mit einer chemischen Bombe verglichen, einer Bombe ohne Geräusch. "Stellen Sie sich vor, irgendwo würde eine chemische Bombe abgeworfen und von niemandem bemerkt werden. Nach sieben, acht Stunden wird man aber feststellen, dass Gesichter und Hände der Menschen voller Blasen sind", sagte Chamenei.

Mit einer "samtenen Kriegsführung verfolgten die Feinde das Ziel, Menschen in ihrer Freizeit zu unterhalten und sie unbemerkt zu verführen", sagte Kargar. Dies könne erhebliche gesellschaftliche Schäden anrichten. Mit "samtener" oder "sanfter Kriegsführung" werden in der offiziellen Sprache all jene Aktivitäten bezeichnet, die ohne Gewalt und Aufhebens die Gesellschaft kulturell und politisch zu beeinflussen versuchen. Das geschieht natürlich am besten durch Fernsehen, Rundfunk und Internet, heißt es.

Daher versucht das Regime seit Jahren die Antennen, mit denen ausländische Radio- und Fernsehprogramme empfangen werden, von den Dächern der Häuser einzusammeln. Immer wieder stürmen Polizei- und Ordnungskräfte in einen Stadtbezirk. Doch kaum haben sie ein oder zwei Häuser erreicht, schon sind sämtliche Antennen im Bezirk von den Dächern abmontiert, um wenig später wieder installiert zu werden. Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, das die Ordnungskräfte zur Verzweiflung bringt. Auch Internetdienste werden zwar massenhaft gefiltert, aber die Betreiber finden immer wieder neue Wege, um ihre Anliegen anderen mitzuteilen.


STRAßENPROTESTE IN NEISCHABUR

Am 23. Juli gingen zahlreiche Menschen in Neischabur auf die Straße, um gegen die Verdopplung der Preise für Hühnerfleisch innerhalb der vergangenen zwei Monate zu protestieren. Auf Videoaufnahmen sind Parolen gegen die Regierung zu hören. Berichte besagen, dass die Polizei und die "Garde gegen Aufruhr" in der Nähe der Demonstranten in Stellung gegangen waren, aber nicht angriffen. Die Demonstration sei somit ohne gewaltsame Auseinandersetzungen zu Ende gegangen.

Berichten in staatlichen Medien zufolge seien der Stadtkommandant, der Bezirksstaatsanwalt und der örtliche Kommandant der Streitkräfte zu den Demonstranten gegangen und der Staatsanwalt habe die Veranstaltung kritisiert. "Die Würde der Neischaburer lässt nicht zu, dass sie für zwei Eier demonstrieren", soll er gesagt haben. "Alle Damen und Herren, die hier versammelt sind und alle Parolen, die sie gerufen hätten, sind registriert ... Gott behüte, dass ihr euch nicht eines Tages zu Handlungen verleiten lasst und euch unserer Staatsordnung entgegenstellt", sagte der Staatsanwalt.

Der Hühnerfleischpreis war in den Vortagen rapide angestiegen. Die Regierung versuchte, durch eigene Angebote den Preis niedrig zu halten. Das hatte zu langen Warteschlagen geführt.

Der Stellvertreter des Stadtkommandanten, Hossein Assadollahi, sagte, einige Leute kauften Hühnerfleisch zu dem von der Regierung festgesetzten Preis, um es später weit teurer weiter zu verkaufen. Den Mangel an Hühnerfleisch begründete er damit, dass am Vorabend keine Hühner geschlachtet worden waren. Er sagte, bald werde ausreichend Hühnerfleisch zu Regierungspreisen auf den Markt kommen. Er entschuldigte sich bei der Bevölkerung und bat um ein wenig Geduld. In den nächsten Tagen werde der Markt zur Normalität zurückkehren.

Berichte über Demonstrationen sind in den staatlichen Medien Irans äußerst selten. Ausnahmen bilden selbstverständlich inszenierte Demonstrationen zugunsten der Staatsführung. Man vermutet, dass durch den Bericht entweder demonstriert werden sollte, dass die Regierung durchaus ein offenes Ohr für Klagen über ständige Preissteigerungen habe, oder dass die Gegner der Regierung Ahmadinedschad, die dieser eine unvernünftige Wirtschaftpolitik vorwerfen, dem Präsidenten einen Streich spielen wollten.


65 PROZENT DES URUMIEH-SEES IST AUSGETROCKNET

Der Stellvertreter des Umweltschutzamtes, Asghar Mohammadi Fasel, sagte am 22. Juli in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur IRNA, der Zustand des Urumieh-Sees sei "katastrophal". Nach vorliegenden Berichten sei 65 Prozent des Sees ausgetrocknet. Die Rettung des Sees sei nur dann möglich, wenn sich nicht alleine die Regierung, sondern auch die Justiz und das Parlament dafür gemeinsam einsetzen, entsprechende Gesetze verabschieden und Pläne ausarbeiten, sagte Fasel. Die bisherigen Aktivitäten der Regierung reichten längst nicht aus, um der nahenden Katastrophe Einhalt zu gebieten. Viele Versprechen und Ankündigungen der zuständigen Behörden seien bislang nicht eingelöst worden.


VERTRETER DER AGENTUR REUTERS IN TEHERAN IM OKTOBER VOR GERICHT

Der zuständige Leiter der Behörde für die Auslandspresse im Ministerium für Kultur und islamische Führung, Mohammad Dschawad Aghadschari, gab bekannt, dass der Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters im Oktober vor Gericht kommen soll. Es sei möglich, dass nach den Gerichtsverhandlungen das Büro von Reuters geschlossen werde, fügte er hinzu.

Zurzeit sind die Aktivitäten der Agentur eingestellt. Die elf Mitarbeiter wurden aufgefordert, ihre Pressekarten zurückzugeben. Die Agentur hatte eine Videoaufnahme von iranischen Frauen bei Ninjutsu-Übungen unter den Titel: "Tausende Ninjutsu-Frauen werden als Killerinnen ausgebildet" veröffentlicht. Später wurde der Titel geändert.

Nach einigen Tagen hatten Frauen, die auf dem Video zu sehen waren, bei der Justiz dagegen geklagt. Der Büroleiter von Reuters erklärte, "Wir geben zu, einen Fehler begangen zu haben, und wir nehmen den Vorwurf sehr ernst. Doch wir haben am selben Tag den Titel geändert."

Verantwortliche Politiker erklärten, über die weiteren Aktivitäten von Reuters werde das Gericht entscheiden. Aghadschari sagte, Reuters habe sich schriftlich und in Telefongesprächen entschuldigt, er erwarte jedoch, dass der Büroleiter persönlich erscheint und sich offiziell entschuldigt. Viele Medien aus dem Ausland, die in Iran arbeiten, hätten gemerkt, dass sie keinerlei Sanktionen zu erwarten hätten, wenn sie sich wie inländische Medien verhalten und die Regeln beachten würden.

Menschenrechtsorganisationen haben Iran oft als weltweit größtes Gefängnis für Journalisten bezeichnet. Die rigorosen Einschränkungen, die den Journalisten in Iran auferlegt werden, besonders jene, die nach den Unruhen von 2009 verordnet worden seien, seien unerträglich. Demgegenüber preisen iranische Politiker die iranische Pressefreiheit. Präsident Ahmadinedschad verstieg sich einmal sogar zu der Behauptung, Iran sei "das freieste Land der Welt".


REVOLUTIONSGARDE: ZIEL DER SANKTIONEN IST, UNRUHEN ZU STIFTEN

Ali Aschraf Nuri, Stellvertreter der politischen Abteilung der Revolutionsgarde, sagte am 17. Juli in Teheran, das eigentlich Ziel der Sanktionen gegen Iran sei, die Menschen auf die Straße zu locken. "Die einzige Hoffnung unserer Feinde ist, mit Hilfe von lähmenden Sanktionen die Geduld der Menschen zu beenden und sie, ähnlich wie 2009, zu Protesten auf die Straße zu locken", sagte Nuri. Die Verantwortung für das "Blutvergießen", das solche Proteste zur Folge hätten, liege bei den Führern der Opposition wie Mussavi und Karrubi.

Vor drei Jahren hatten in Iran monatelang landesweit Millionen auf den Straßen gegen eklatante Wahlfälschungen bei den Präsidentschaftswahlen protestiert. Das brutale Vorgehen der Ordnungskräfte, der Basidsch-Miliz und der Revolutionsgarden gegen die Demonstranten, tausende Festnahmen, Dutzende Tote, Schauprozesse und Folterungen hatten der Protestbewegung nach neun Monaten schließlich ein Ende gesetzt.

Sollten sich solche Szenen wiederholen, werde die "wachsame und systemtreue Bevölkerung den Demonstranten einen vernichtenden Schlag erteilen, unter anderem bei den nächsten Präsidentenwahlen 2013", sagte Nuri.

Nach Meinung von Nuri verfolgen die Vereinigten Staaten bei der Fortsetzung und Verschärfung von Sanktionen gegen Iran das Ziel "von außen Druck auszuüben und damit den Sturz des islamischen Staates vorzubereiten". Er forderte die Bevölkerung auf, Widerstand zu leisten. Auch einige Politiker haben in den letzten Wochen das Volk zum Widerstand aufgerufen.

"Die Lage ist sehr ernst, wir stehen kurz vor der Entscheidung, den Sieg davon zu tragen. Die Menschen müssen Geduld haben, Widerstand leisten", sagte Nuri. Auch Revolutionsführer Chamenei hatte kürzlich von der Bevölkerung verlangt, "den Druck auszuhalten, bis wir den Gipfel erklimmen, sobald wir angekommen sind, werden alle Machenschaften und Intrigen aufhören".


VOLKSABSTIMMUNG ÜBER ATOMPROGRAMM GEFORDERT

Ein populärer Vertreter der iranischen Opposition hat zu einer Volksabstimmung über das Atomprogramm aufgefordert. "Ganz offensichtlich sollten wir das Recht auf ein ziviles Atomprogramm haben. Die Frage ist aber, ob unsere nationalen Interessen dafür geopfert werden sollen", zitierte die Oppositionswebseite Jaras Ex-Innenminister Abdollah Nuri am 12. Juli. Er hatte Studenten getroffen. Nuri (62), der zeitweise inhaftiert war, gilt als ein möglicher Oppositionskandidat bei der Präsidentenwahl 2013.

"Der Druck, der unter dem Vorwand des Atomprogramms gegen Iran ausgeübt wird, und die Schäden, die dadurch entstanden sind, haben ein Übermaß erreicht. Iran muss versuchen, aus dieser Sackgasse herauszukommen und im Dienste unserer nationalen Interessen vernünftige Entscheidungen fällen", sagte Nuri. Die Regierung habe wichtige Gelegenheiten verpasst und werde möglicherweise nicht mehr das erreichen, was sie hätte erreichen können.


63 PROZENT DER IRANER FÜR EINSTELLUNG DER URANANREICHERUNG

Das persischsprachige Programm der BBC hat auf einen bemerkenswerten Vorgang aufmerksam gemacht: Laut einer Umfrage, deren Ergebnis am 3. Juli auf der Homepage des staatlichen iranischen Fernsehens erschien, stimmten 63 Prozent für die Einstellung der Urananreicherung. 19 Prozent waren der Meinung, Iran sollte sich durch die Schließung der Straße von Hormos "für die Sanktionen rächen", 18 Prozent stimmten dafür, Widerstand zu leisten und damit das Recht Irans auf Nutzung der Atomenergie verteidigen.

Wie viele Personen an der Umfrage teilgenommen haben, ist nicht bekannt. Die Homepage des staatlichen Fernsehens für neueste Nachrichten hat in Iran die meisten Zuschauer bzw. Leser und wird täglich von mehreren Zehntausend angeklickt.

In einer zweiten Umfrage, die ebenfalls am 3. Juli veröffentlicht wurde, sollten die Zuschauer zu einer möglichen Schließung der Straße von Hormos Stellung nehmen. Auch hier haben lediglich 11 Prozent zugestimmt, während 89 Prozent dagegen stimmten.

Einen Tag, nachdem diese Umfragen veröffentlicht worden sind, unterzeichneten hundert Abgeordnete des Parlaments einen Gesetzesentwurf zur Schließung der Straße von Hormos (s. S. 12)

Eine Stunde nach der Veröffentlichung wurden beide Umfragen von der Homepage gelöscht.

Danach kam ein Dementi. Diese Umfragen können auf keinen Fall als repräsentativ für die iranische Bevölkerung bezeichnet werden, hieß es. Dieser Kommentar, schreibt die BBC, deute auf den Versuch der Verantwortlichen, den gravierenden Unterschied zwischen dem Ergebnis der Umfragen und der offiziellen Position der Staatsführung zu verharmlosen. Offiziell wird die Anreicherung als "verbrieftes Recht" Irans bezeichnet.

Zwar sei nicht von der Hand zu weisen, schreibt die BBC weiter, dass eine Internet-Umfrage nicht unbedingt die tatsächliche Meinung der Bevölkerung wiedergibt. Dennoch könne nicht übersehen werden, dass es sich bei der Homepage des iranischen Fernsehens um eine staatliche Institution handelt, die vermutlich vorwiegend von Menschen genutzt wird, die den Angaben des Regimes vertrauen, genauso wie bei oppositionellen Webseiten, die eher von Oppositionellen besucht werden.

Doch abgesehen davon, sei höchst bemerkenswert, dass eine staatliche Institution die Frage nach der Urananreicherung stellt. Und es sei wohlgemerkt nicht um eine Anreicherung auf 20 Prozent gegangen, sondern um Anreicherung überhaupt. Dies sei insofern von Bedeutung, als bisher jeder Zweifel an der Anreicherung als Tabu galt. Dabei sei zu beachten, dass die Umfrage ohne Zweifel nicht ohne Zustimmung der Verantwortlichen des Fernsehens erfolgt sein könne. Bliebe die Frage, schreibt die BBC, ob dies als ein Sinneswandel oder eine Kurskorrektur der islamischen Staatsführung gedeutet werden könne.

Das iranische Fernsehen warf am 5. Juli der BBC vor, eine Umfrage manipuliert zu haben. Nach Darstellung des staatlichen Fernsehens hatten nur 24 Prozent für ein Ende der Anreicherung plädiert. Die übrigen Befragten hätten sich stattdessen für harte Maßnahmen wie eine Blockade der Straße von Hormos ausgesprochen. Die BBC teilte mit, die Vorwürfe seien "lächerlich und absolut falsch". Der Sender stehe nach wie vor zu seinem Bericht.


NEUE CYBERANGRIFFE GEGEN IRAN

Iran und vier weitere Staaten im Nahen Osten sind Sicherheitsexperten zufolge seit mindestens acht Monaten einem Cyberangriff ausgesetzt. Wie das israelische Unternehmen Seculert und die russische Firma Kaspersky Lab am 17. Juli mitteilten, handelt es sich um den ersten derartigen Angriff, bei dem die verwendeten Computerprogramme persische Formulierungen enthalten. "Aber wir wissen nicht, woher diese Leute (die Programmierer, d. Red.) stammen", sagte Seculert-Technologiechef Aviv Raff. Die genauen Ziele des "Mahdi" genannt Trojaners nannten die Unternehmen nicht. Die meisten betroffenen Rechner stünden in Iran.

Insgesamt seien etwa 800 Personen und Organisationen Opfer der Angriffe, darunter Finanzdienstleiter, Botschaften, Versorgungsunternehmen und Maschinenbau-Studenten, hieß es. Mit "Mahdi" lassen sich demnach Dateien stehlen, E-Mails mitlesen, Räume abhören, Schnappschüsse vom Desktop anfertigen und Textbotschaften abfangen. Vermutlich seien mehrere Gigabyte Daten von den befallenen Rechnern herunter geladen worden. "Jemand versucht im großen Umfang ein Dossier zu erstellen", sagte Raff. "Wir wissen nicht, was sie am Ende vorhaben."


POLIZEI GEGEN RESTAURANTS, CAFÉS UND TOURISTENAGENTUREN

Die Teheraner Polizei hat 87 Restaurants und traditionelle Teestuben im Bezirk Farahsad nahe der Hauptstadt Teheran geschlossen. Diese Lokale seien wegen Missachtung islamischer Moral und weil sie Frauen das Rauchen von Wasserpfeifen gestattet haben geschlossen worden. Manche Lokale hatten auch keine Lizenzen. Zudem wurde 15 Touristenagenturen die Lizenz entzogen, weil sie "unmoralische Reisetouren" veranstaltet hätten.

Die Nachrichtenagentur ISNA berichtete, dass drei Polizeieinheiten, bestehend aus Sicherheitspolizei, Verkehrspolizei und Sittenpolizei, die Lokale geschlossen und Frauen, die Kleidungsvorschriften missachtet hatten, verhaftet hätten.

Oberst Aliresa Mehrabi, Chef der Teheraner Sicherheitspolizei, sagte, die Lokale seien zuvor angewiesen worden, Frauen das Rauchen von Wasserpfeifen zu untersagen. Mortesa Scharifi, Leiter des Amtes für Tourismus und Kulturdenkmäler, sagte, Kontrollteams seien unterwegs, um unbemerkt Touristenagenturen zu beobachten. Und Esmail Ahmadi Moghaddam, Chef der iranischen Polizei, erklärte zum selben Thema: "Die Reisetouren sollen fröhlich sein, aber wenn sie moralische Grundsätze missachten, werden sie bestraft. Wir werden kompromisslos gegen sie vorgehen." Moghaddam kündigte an, Ordnungskräfte würden ab nächstes Jahr auf Vergnügungsplätzen aktiv werden. Sein Stellvertreter Ahmad Reza Radan sagte, die Polizei sei dabei, bessere Modelle zur "moralischen und gesellschaftlichen Sicherheit" auszuarbeiten. Dies gehöre zu den wesentlichen Aufgaben der Polizei.

Die Art, wie manche Frauen im Iran sich kleiden, das Verhalten von Jugendlichen, die die Polizei mit "Mob" bezeichnet, und das Einsammeln von Parabolantennen haben in den letzten Wochen in Teheran für kontroverse Diskussionen gesorgt.


NEUE VERHAFTUNGSWELLE GEGEN DIE BAHAIS

Eine Sprecherin der Internationalen Bahai-Gemeinde berichtete in einem Interview mit der BBC am 16. Juli, dass sechs Mitglieder der Bahai-Gemeinde in Teheran festgenommen worden seien. "Faran Hessami ist bislang die letzte, die in der vergangenen Woche in Haft genommen wurde", sagte Padideh Sabeti.

Frau Hessami sei am 15. Juli, während sie eine Vollmacht für den Anwalt zur Verteidigung ihres zu vier Jahren Haft verurteilten Mannes Kamran Rahimian beim Gefängnis einreichen wollte, selbst verhaftet worden. Rahimian war wegen "Mitgliedschaft in der Bahai-Gemeinde" sowie "Teilnahme an einer Versammlung mit der Absicht die Nationale Sicherheit zu stören" zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Er wurde nach drei Monaten Untersuchungshaft gegen eine Kaution freigelassen.

Nach der iranischen Revolution 1979 wurde den Bahais das Recht zu studieren und im Staatsdienst zu arbeiten abgesprochen. Ihnen wurde auch untersagt sich zu versammeln. Zudem wurden immer wieder Gräber der Bahais geschändet.

Zurzeit seien mehr als hundert Bahais aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit in Haft, heißt es. Darunter befinden sich sieben Führer der Bahai-Gemeinde, die zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Dem BBC-Bericht zufolge würden zurzeit die Akten von weiteren 300 Bahais von der Justiz bearbeitet.

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WIRTSCHAFT

• Ende der Atomgespräche in Istanbul
• Auswirkung von Sanktionen
• Iran gibt an, Kernbrennstoff für Schiffe herstellen zu können
• Zahl der Zentrifugen erhöht
• US-Senat wirft Großbank HSBC Milliardentransfer mit Iran vor
• Iran will Ölembargo umgehen
• Weitere US-Sanktionen gegen Iran
• Zwei Iraner in den USA wegen Schmuggels von Atommaterial angeklagt
• Lebensmittelvorräte werden aufgestockt


ENDE DER ATOMGESPRÄCHE IN ISTANBUL

Am 24. Juli endeten in Istanbul die Gespräche der Experten, die mögliche Lösungen für den Konflikt um das iranische Atomprogramm finden sollten. Etwaige Ergebnisse wurden nicht bekannt gegeben. Für die nächste Runde der Verhandlungen ist ein direktes Gespräch zwischen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalali vorgesehen. Ashton vertritt die so genannte 5+1-Gruppe, zu der China, die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland gehören. Teheran hatte vor Beginn des Treffens in Istanbul erneut darauf bestanden, dass die Verhandlungspartner das Recht Irans auf ein friedliches Atomprogramm anerkennen. "Unser Standpunkt ist klar: Wir wollen eine klare und offizielle Anerkennung unserer Rechte auf ein friedliches Atomprogramm", sagte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Ramin Mehmanparast. Erst danach wäre Iran bereit, alle Bedenken des Westens auszuräumen. Dies sei die "rote Linie", kommentierte die iranische Nachrichtenagentur Fars. Auch eine Inspektion der Militäranlagen, wie von der Internationalen Atomenergiebehörde und dem Westen gefordert, sei als vertrauensbildende Maßnahme möglich. Dazu müssten dann aber auch die westlichen Sanktionen gegen Iran aufgehoben werden.


AUSWIRKUNG VON SANKTIONEN

Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete am 3. Juli bei einem Treffen mit Sicherheitsbeamten in Teheran die Wirkung des gegen Iran verhängten Ölboykotts als "gering". Die Öleinnahmen bildeten weniger als zehn Prozent der Staatseinnahmen, sagte der Präsident. (Nach neusten Statistiken stammen 80 Prozent der Einkünfte Irans aus dem Ausland aus dem Handel mit Öl, Anm. d. Red.) "Wir müssen die Sanktionen als Chance betrachten, um selbst diese geringe Abhängigkeit des Staatshaushalts vom Öl zu beseitigen. Unsere Feinde sollen uns nicht durch einen Ölboykott schaden können."

Die Sanktionen gegen Iran seien die schwersten, die je gegen ein Land verhängt worden seien, sagte Ahmadinedschad. "Allerdings ist der Glaube unserer Feinde, uns durch die Sanktionen in eine Position der Schwäche drängen zu können, ein Irrtum, der aus einer materialistischen Denkart stammt. Wir müssen gegen die Sanktionen Widerstand leisten, um aus dieser Situation mit erhobenem Haupt herauszukommen und die Angriffe der Feinde mit machtvoller Überwindung der Sanktionen zunichte zu machen."

Die Islamische Republik sei seit 33 Jahren mit "diesen Feindschaften" konfrontiert, sagte der Präsident. "Wenn wir auch weiterhin an unseren Prinzipien festhalten, werden wir die Feindschaft unserer Gegner, an deren Spitze die USA stehen, immer herausfordern." Der Unterschied zwischen Iran und den USA sei, dass die USA sich in einer Lage des Untergangs befinden, während Iran auf dem Weg des Forschritts und der Blüte sei.

Nach Einschätzung der Brachenkenner fügt das Ölembargo Iran Milliardenverluste zu. Im Juli dürften sich die Ölexporte der Islamischen Republik verglichen mit dem Vorjahresmonat mehr als halbieren, hieß es nach Angaben der Agentur Reuters am 5. Juli. Teheran werde monatlich über drei Milliarden an Einnahmen verlieren. Die Ausfuhren dürften im Juli maximal 1,1 Millionen Barrel pro Tag betragen, sagten Personen, die mit den monatlichen Öllieferplänen Irans vertraut sind. 2011 waren es noch 2,2 Millionen Barrel pro Tag.

Im Gegensatz zu Ahmadinedschad hat ein ranghoher Politiker zugegeben, dass die Verschärfung der Sanktionen Iran schwer zugesetzt hat. Rund zwanzig Prozent der wirtschaftlichen Probleme des Landes seien auf die Strafmaßnahmen zurückzuführen, räumte Parlamentspräsident Ali Laridschani laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur ISNA am 17. Juli ein. Ins Detail ging er allerdings nicht. Um diesem Druck von außen zu begegnen, sei ein fähiges Management nötig, sagte Laridschani bei einem Treffen mit hohen Geistlichen in der heiligen Stadt Ghom. Laridschani gehört zu den Kritikern der Regierung Ahmadinedschads. Er ist als Anwärter für das Amt des Präsidenten bei den Wahlen im nächsten Jahr im Gespräch.

Das islamische Parlament veranstaltete am 25. Juli eine nichtöffentliche Sitzung zur Lösung wirtschaftlicher Probleme. Im Anschluss sagte Parlamentspräsident Laridschani, bei der Sitzung seien "Möglichkeiten diskutiert worden, um die Inlandsproduktion anzukurbeln und eine Wirtschaft des Widerstands einzuführen". An der Sitzung nahmen auch Ahmadinedschad und einige Kabinettsmitglieder teil. In Kürze soll eine gemeinsame Sitzung des Parlaments und der Regierung folgen.

Der Verfassung nach müssen die Sitzungen des Parlaments öffentlich sein. Ausnahmen bilden Situationen, in denen die Sicherheit des Landes gefährdet ist. Dann können entweder der Staatspräsident oder ein Minister oder mindestens zehn Abgeordnete eine nichtöffentliche Sitzung beantragen.

Wirtschaftsminister Schamseddin Hosseini sagte am 25. Juli der Agentur IRNA, es sei beschlossen worden "die Auswirkungen der Sanktionen zu begrenzen". Dazu gehörten "Kürzungen des Haushalts". Iran kämpft gegen eine galoppierende Inflation, die offiziell mit 21 Prozent angegeben wird, nach Einschätzung der Experten aber deutlich höher liegt.


IRAN GIBT AN, KERNBRENNSTOFF FÜR SCHIFFE HERSTELLEN ZU KÖNNEN

Iran ist nach eigenen Angaben dazu in der Lage, Kernbrennstoff zum Betrieb von Schiffen zu produzieren. Derzeit gebe es aber keine Pläne, das gegenwärtige Niveau der Urananreicherung auf diesen Grad zu erhöhen, sagte der Leiter des iranischen Atomprogramms, Freidun Abbasi, einem Bericht der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr vom 22. Juli zufolge. Würde Iran entscheiden, einen höheren Reinheitsgrad bei der Urananreicherung anzustreben als die gegenwärtigen 20 Prozent, würde es diesen Bedarf zunächst bei der Internationalen Atomenergiebehörde anmelden, sagte Abbasi.

Ein Parlamentsausschuss hatte einen Gesetzesentwurf verabschiedet, wonach die Regierung aufgefordert wird, mit Atomenergie betriebene Handelsschiffe zu entwickeln und diesen den entsprechenden Kernbrennstoff zur Verfügung zu stellen.


ZAHL DER ZENTRIFUGEN ERHÖHT

Obwohl Iran tief in einer Wirtschaftskrise steckt, hat die Regierung die Zahl der Zentrifugen zur Urananreicherung um zehn Prozent erhöht. Derzeit würden in den Atomanlagen Natans und Fordo 11.000 Stück betrieben, sagte Präsident Ahmadinedschad laut Medienberichten vom 25. Juli. Einem Bericht der Internationalen Atombehörde (IAEA) vom Mai zufolge, lag damals die Zahl bei 10.000 Zentrifugen.


US-SENAT WIRFT GROßBANK HSBC MILLIARDENTRANSFER MIT IRAN VOR

Die britische Großbank HSBC hat nach Erkenntnissen des US-Senats Milliardentransfers mit Iran abgewickelt und dies absichtlich verschleiert. Zwischen 2001 und 2007 seien von der HSBC und ihrer US-Tochter HBUS 25.000 Bankoperationen mit Iran in einem Gesamtvolumen von 16 Milliarden Dollar vorgenommen worden, ohne dass dies für Kontrolleure erkennbar gewesen wäre, heißt es in einem 330-Seiten-Bericht des US-Senats vom 17. Juli. Die Vorstände der Bank seien hingegen auf dem Laufenden gewesen.

Die Zahlungen liefen demnach unter anderem auch über die europäische Filiale HBEU und über die Nahost-Filiale HBME. Die US-Regierung hat Handels- und Finanzbeziehungen mit Iran, Nordkorea und dem Sudan untersagt. HBUS-Chefin Irene Dorner war am 17. Juli vor einen Senatsausschuss geladen, wo sie zu den Vorwürfen Stellung nehmen sollte.

Bereits am 16. Juli hatte der US-Senat der HSBC die Öffnung des Finanzsystems für Terroristen, Drogendealer und Geldwäscher vorgeworfen. Die Senatoren kamen zu dem Schluss, dass die HSBC-Zentrale in London ihren Filialen in Ländern wie Mexiko, Bangladesch und Saudi-Arabien erlaubt habe, Milliarden Dollar verdächtiger Herkunft ohne hinreichende Kontrollen in die USA zu schleusen.


IRAN WILL ÖLEMBARGO UMGEHEN

Das iranische Ölministerium will das Embargo der Europäischen Union umgehen. Entsprechende Pläne seien bereits ausgearbeitet, erklärte Ölminister Rostam Kasemi nach einem Bericht auf der Webseite seines Ministeriums vom 14. Juli. Iran stehe an der Front im wirtschaftlichen Kampf mit dem Westen, sagte Kasemi weiter. Einzelheiten der Pläne nannte er nicht. Das Ölembargo der EU gegen Iran trat am 1. Juli in Kraft.


ÖLPIPELINE UNTER UMGEHUNG DER STRAßE VON HORMOS ERÖFFNET

Die Vereinigten Arabischen Emirate haben am 15. Juli eine Ölpipeline unter Umgehung der Straße von Hormos eingeweiht. Das OPEC-Mitglied wappnete sich damit gegen Drohungen Irans, die Wasserstraße zu blockieren. Die 380 Kilometer lange Pipeline verläuft durch Wüstengebiet und über die Hadschar-Berge zur Stadt Fudschaira am Indischen Ozean. Bislang nahmen alle Ölexporte der Emirate den Weg über die Straße von Hormos. Wenn die Leitung einmal vollständig in Betrieb ist, können bis zu zwei Drittel der Produktion über die Hafenstadt Fudschaira abgewickelt werden.

Durch die Pipeline können täglich mindestens 1,5 Millionen Barrel Öl fließen, eine Ausweitung der Kapazität auf 1,8 Millionen Barrel ist geplant. Die Emirate sind der drittgrößte Exporteur innerhalb der Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC).


WEITERE US-SANKTIONEN GEGEN IRAN

Im Konflikt um das iranische Atomprogramm haben die USA weitere Sanktionen gegen Teheran verhängt. Das US-Finanzministerium kündigte am 13. Juli Restriktionen gegen elf Unternehmen an, die Geschäftskontakte zum iranischen Verteidigungsministerium, zur Revolutionsgarde und zu einer staatlichen Reederei unterhalten und damit dem Atomprogramm Vorschub leisten.

"Iran steht unter intensivem, multilateralem Druck und wir werden den Druck weiter erhöhen, solange sich Iran weigert, auf die wohlbegründeten Sorgen der internationalen Gemeinschaft bezüglich des Atomprogramms einzugehen", sagte der Staatssekretär im Finanzministerium, David Cohen.

Zudem wurden Strafen gegen einen österreichischen Geschäftsmann und drei Iraner verhängt. Alle Vermögenswerte der Unternehmen und Personen im Zugriffsbereich der US-Justiz würden eingefroren, teilte das Finanzministerium in Washington mit. Zudem sei es US-Bürgern untersagt, Geschäfte mit den betroffenen Firmen und Personen zu tätigen.

In einem weiteren Schritt identifizierte das Finanzministerium mehrere Tarnfirmen in Hongkong, der Schweiz und Malaysia, die im Auftrag der iranischen Regierung gehandelt haben sollen. Für diese Unternehmen werden nun die bereits existierenden Sanktionen gültig. "Iran versucht den Sanktionen durch den Einsatz von Tarnfirmen zu entgehen, wie es auch versucht, durch Neubeflaggung, Umlackierung und das Ausschalten der GPS-Sender eine Tankerflotte zu verbergen", hieß es in einer Mitteilung des Finanzministeriums.


ZWEI IRANER IN DEN USA WEGEN SCHMUGGELS VON ATOMMATERIAL ANGEKLAGT

Die US-Staatsanwaltschaft hat am 14. Juli gegen zwei Männer wegen versuchten Schmuggels von Geräten und Material für das iranische Atomprogramm Anklage erhoben. Die Männer sollen versucht haben, Spezialstahl für Zentrifugen zur Urananreicherung sowie radioaktives Material zu erwerben und nach Iran zu bringen, teilte das Justizministerium mit.

Einer der Angeklagten, ein Iraner namens Parvis Khaki, wurde im Mai auf einen US-Haftbefehl hin in den Philippinen festgenommen. Ein chinesischer Verdächtiger, Jungcheng Yee, ist weiterhin auf der Flucht. Khaki habe 2009 bis 2011 per E-Mail Verbindung zu einem amerikanischen Agenten gehabt. Er sei auf der Suche nach radioaktivem Material gewesen.

Der Fall zeige, dass Iran weiterhin versuche, über Mittelsmänner Materialien aus westlichen Staaten für sein Atomprogramm zu erwerben, sagte Staatsanwältin Lisa Monaco.

Den Angaben der Justiz zufolge sei es den beiden Schmugglern im Sommer 2009 gelungen, Material nach Iran zu schicken. Keiner von den beiden habe die Erlaubnis zum Export besessen. Sie hätten bei ihren Sendungen auch nie den Adressaten genannt.


LEBENSMITTELVORRÄTE WERDEN AUFGESTOCKT

Hassan Radmard, stellvertretender Industrie- und Handelsminister, sagte der Nachrichtenagentur Mehr am 27. Juli, Präsident Ahmadinedschad habe in einem dringenden Dekret die Aufstockung der Grundnahrungsmittel veranlasst. Getreide, Reis, Speiseöl und Zucker gehörten zu den Waren, deren Vorrat aufgestockt werden solle, in einer Menge, die eine Versorgung der Bevölkerung für drei Monate gewährleistet.

Seit Wochen steigen in Iran die Preise einiger Lebensmittel wie Hühnerfleisch, Teigwaren und Fleisch. Die Streichung der Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie im vergangenen Jahr hat unter anderem die Energiekosten in die Höhe getrieben, was wiederum zur Steigerung der Produktionskosten geführt hat. Zahlreiche Fabriken haben inzwischen geschlossen. Auch die rapide Zunahme von Importwaren hat zu wirtschaftlichen Problemen geführt. Schließlich haben die Wirtschaftssanktionen den Handel mit dem Ausland erheblich erschwert und den Absatz von Gas und Öl spürbar reduziert. All diese hat zur Verteuerung der Waren geführt.

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AUßENPOLITIK

• Abgeordnete im iranischen Parlament beantragen Sperrung der Straße von Hormos
• Drohung an arabische Unterstützer syrischer Rebellen
• Mossad organisierte Attentate auf iranische Wissenschaftler
• Attentat auf israelische Touristen in Bulgarien
• Annan fordert, Iran in die Lösung des Syrienkonflikts einzubeziehen
• US-Marine kritisiert
• Neue Auseinandersetzungen mit Saudi-Arabien
• Clinton: Umbruch im Nahen Osten ist eine Chance, Frieden und Demokratie näher zu kommen
• Schweden vertritt künftig britische Interessen in Iran
• Neuer ägyptischer Präsident Mursi nach Teheran eingeladen
• Teheran wegen Festnahme eines Diplomaten in Frankfurt verärgert


ABGEORDNETE IM IRANISCHEN PARLAMENT BEANTRAGEN SPERRUNG DER STRAßE VON HORMOS

Rund hundert von 290 iranische Abgeordnete reagierten am 3. Juli auf das von der EU ab 1. Juli gegen Iran verhängte Ölembargo mit der Forderung nach einem Gesetz, das Öltransporte in Richtung Europa durch die strategisch wichtige Meerenge von Hormos verbietet. Iranischen Medienberichten zufolge unterzeichneten sie eine entsprechende Gesetzesinitiative. "Das Projekt ist eine Antwort auf die Ölsanktionen der Europäischen Union gegen die Islamische Republik", sagte der Abgeordnete des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament, Ebrahim Agha Mohammadi, der amtlichen Nachrichtenagentur Mehr.

Der Agentur Fars zufolge sagte der Abgeordnete Dschawad Karimi Ghoddusi am 15. Juli, bisher hätten 150 Abgeordnete den Antrag unterschrieben. Die Initiatoren wollten, nachdem sie 250 Unterschriften gesammelt haben, den Gesetzesentwurf einreichen. Die meisten Unterzeichner hätten ihre Bereitschaft bekundet, bei der Umsetzung des Gesetzes, "wie ein Soldat ihre Pflicht zu erfüllen". Die Straße von Hormos solle bis zur gänzlichen Aufhebung aller gegen Iran verhängten Sanktionen geschlossen bleiben. Danach und nach der Erfüllung von vierzehn Bedingungen könne die Regierung die Sperrung wieder aufheben. Zu den Bedingungen gehöre die Abgabe einer Transportgebühr von drei Prozent des Preises von transportiertem Öl durch die Importländer.

Die Straße von Hormos ist mit einer Breite von nur 50 Kilometern und einer Tiefe von nicht mehr als 60 Metern das Nadelöhr des Ölhandels. Durch die strategisch wichtige Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman laufen rund 35 Prozent des per Schiff abgewickelten Ölhandels weltweit. Zahlreiche Golfstaaten sind vom Ölexport über diese Straße abhängig. Iran hatte vor wenigen Monaten mit einer kompletten Blockade der Meerenge gedroht, sollte der Westen weitere Sanktionen im Atomstreit verhängen.

Die Reaktionen damals und jetzt bei der Initiative der Abgeordneten waren teils radikal zustimmend, teils gemäßigt beschwichtigend.

Der Herausgeber der erzkonservativen Tageszeitung Kayhan, Hossein Schariatmadari, schrieb in einem Leitartikel am 3. Juli: "Die Schließung der Straße von Hormos und der Boykott für Öltanker und nötigenfalls auch Handelsschiffe sind wirksame und legitime Hebel in der Hand der islamischen Republik, um den Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten eine angemessene Antwort zu erteilen." "Iran kann und muss diesen Hebel, wenn nötig, einsetzen", schrieb er weiter. Er erinnerte an die Worte des Revolutionsführers, der gesagt hatte: "Wenn die USA und ihre Verbündeten gegen Iran Dummheiten begehen, sind ihre Interessen nirgends auf der Welt vor dem Sturm der islamischen Märtyrer sicher." Schariatmadari ist vom Revolutionsführer Chamenei zum Herausgeber von Kayhan ernannt worden.

Zur gleichen Zeit begann ein Raketenmanöver mit dem Namen "Der große Prophet 7" in verschiedenen Teilen des Landes. In der Wüste Lut wurden mehrere Raketen mit unterschiedlichen Reichweiten getestet. Sollte tatsächlich der Gesetzesentwurf vom Parlament verabschiedet werden, ist noch lange nicht sicher, dass die Regierung oder die Militärs dem Gesetz Folge leisten. Der Oberbefehl der Streitkräfte liegt beim Revolutionsführer Chamenei. Zudem ist ein Beschluss des Parlaments nichts wert, solange er nicht die Zustimmung des zwölfköpfigen Wächterrats erhalten hat.

Einen Tag nach der Gesetzesinitiative der Parlamentarier sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Außenpolitik, Allaeddin Borudscherdi: "Die Politik der Islamischen Republik am Persischen Golf besteht darin, die freie Fahrt für alle Schiffe zu sichern." Er glaube nicht, dass die gegenwärtige Politik Irans zu Auseinandersetzungen in der Region führen werde, sagte Boroudscherdi und fügte hinzu, allerdings werde Iran auf jede Aggression und Einmischung hart reagieren.

Die USA haben nach Medienberichten in den vergangenen Monaten ihre Militärpräsenz im Persischen Golf deutlich verstärkt. Ziel sei es, Iran davon abzuhalten, die Straße von Hormos zu schließen, schrieb die New York Times am 3. Juli. Es seien mehrere Kampfflugzeuge in die Region beordert worden, die iranische Raketenstellungen oder Atomanlagen angreifen könnten. Unter anderem haben die USA im April mehrere Tarnkappen-Jäger vom Typ F-22 "Raptor" an den Golf verlegt.

Die Antwort der USA auf den Gesetzesentwurf der Abgeordneten erfolgte am selben Tag. Die für Öltransporte wichtige Meerenge von Hormos "muss offen bleiben", betonte die Sprecherin des Außenministeriums in Washington, Victoria Nuland am 3. Juli. "Es handelt sich um einen internationalen Seeweg", fügte sie hinzu. Zugleich äußerte sie sich "tief besorgt" über die iranischen Raketentests.

Am 7. Juli gab ein Sprecher der US-Marine bekannt, dass ein weiteres Minensuchboot im Persischen Golf eingetroffen sei. Ursprünglich sollte das Schiff aus dem Betrieb genommen werden, wurde nun jedoch komplett überholt. Im vergangenen Monat waren bereits vier Minensuchboote angekommen, die die fünfte US-Flotte entlang einer der wichtigsten globalen Handelsrouten verstärken. Die USA befürchten, dass Iran die Straße von Hormos mit Minen bestücken könnte.

Am 8. Juli gab Parlamentspräsident Ali Laridschani bekannt, dass noch kein Gesetz zur Sperrung der Meerenge von Hormos vorbereitet worden sei. Einzelnen Parlamentariern sei es natürlich vorbehalten, innen- und außenpolitische Themen zu kommentieren und eigene Gesetzesentwürfe vorzulegen, sagte Laridschani der Nachrichtenagentur ISNA.

Ebenfalls am 8. Juli sagte der iranische Generalstabschef Hassan Firuzabadi dem staatlichen Fernsehsender Press TV, die Straße von Hormos werde geschlossen, wenn die Interessen Teherans ernsthaft in Gefahr seien. Einzelheiten nannte er nicht.

"Wir haben einen Plan, die Straße von Hormos zu schließen. Eine schiitische Nation (Iran) agiert vernünftig und würde einer Unterbrechung der Schifffahrtsroute nicht zustimme ... es sei denn unsere Interessen sind ernsthaft bedroht", sagte Firuzabadi.

Am 12. Juli haben die USA dutzende kleine Minenräumfahrzeuge im Persischen Golf in Stellung gebracht. Die ferngesteuerten Geräte vom Typ Sea Fox könnte iranische Unterwasserminen ausfindig machen und zerstören, sagte ein Angehöriger der US-Marine am 12. Juli und bestätigte damit einen Bericht der Zeitung "Los Angeles Times".

Den Angaben der US-Marine zufolge werden die Minenräumfahrzeuge im Wirkungsbereich der fünften Flotte eingesetzt, die im Golfemirat Bahrain stationiert ist. Nach Angaben des deutschen Herstellers Atlas Elektronik sind die etwas mehr als einen Meter langen Geräte mit einer Unterwasser-Kamera und einem Sonar-Ortungsgerät ausgestattet und können von Minenjagdbombern aus über ein Glasfaserkabel gesteuert werden. Sie haben eine Reichweite von 1000 Metern.

Im Gegenzug drohte Iran am 14. Juli mit einer Erhöhung seiner Militärpräsenz in internationalen Gewässern. Gleichzeitig bekräftigte der Marine-Kommandeur der Revolutionsgarden, Ali Fadawi, laut Presseagentur Fars, gegebenenfalls die Straße von Hormos zu blockieren. Iran könne verhindern, dass auch nur ein Tropfen Öl die Meerenge passiere, sagte er.

Am 16. Juli erklärte Generalstabschef Firuzabadi, die iranischen Streitkräfte seien für die Schließung der Straße von Hormos vorbereitet. Doch die Entscheidung zur Umsetzung des Plans liege einzig beim Revolutionsführer. "Wir haben nicht vor, die Meerenge von Hormos zu schließen, aber die Pläne dazu sind ausgearbeitet, es ist ein kluger und vernünftiger Plan", sagte der General und fügte hinzu: "Die Streitkräfte haben für jede Aktion ihre eigenen Pläne, aber die Entscheidung liegt beim Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Ali Chamenei, und dem Obersten Nationalen Sicherheitsrat, der ihm als Berater zur Seite steht,"

Am 24. Juli erklärte Aliresa Tangsiri, Stellvertreter des Chefs der Marineabteilung der Revolutionsgarden, "so lange Iran selbst die Meerenge von Hormos für den Öltransport benutzt, ist der Weg auch für andere frei. Iran wird die Straße von Hormos nicht schließen." Seit der Übernahme der Sicherheitskontrolle der Straße von Hormos durch die Revolutionsgarde hätten fremde Kriegsschiffe ihre Routen im Persischen Golf geändert. Jedes Schiff, das zum Persischen Golf fahren wolle, ankere zunächst am südlichen Ufer des Golfs. Dies zeige die Macht der Islamischen Republik. "Unsere Feinde behaupten immer wieder, die Islamische Republik beabsichtige, die Straße von Hormos zu schließen. Wir sagen der gesunde Menschenverstand schreibt uns vor, solange wir selbst die Straße benutzen, sie nicht zu schließen", sagte Tangsiri.

Der erste Kommandant der Marineabteilung der Revolutionsgarden, Hossein Alai, sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ISNA: "Es wäre gut, wenn Iran in dieser chaotischen Lage eindeutig klarstellen würde, dass er nicht die Absicht habe, die Straße von Hormos zu schließen. Nur so können wir der negativen Propaganda Einhalt gebieten."

Iran sei schon immer bemüht gewesen, die Sicherheit des Persischen Golfs zu gewährleisten. Bedroht werde die Lage durch die Präsenz fremder Kräfte am Golf. Die US-Kriegsschiffe seien ein Hindernis für die Golfanrainerstaaten, mit der Islamischen Republik zusammenzuarbeiten. Ein Abzug ausländischer Militärs aus dem Persischen Golf würde der Sicherheit der Region dienlich sein. Dann ließe sich auch der Transport durch die Straße von Hormos besser kontrollieren.

Es ist bemerkenswert, dass die meisten führenden iranischen Militärs erklärt haben, dass die Blockade der Straße von Hormos nicht beabsichtigt sei, während Politiker mit der Schließung drohen. Alai sagte, um die Straße von Hormos zu schließen, sei es nicht nötig, in die Gewässer des Persischen Golfs zu dringen, eine Blockade könne auch von der iranischen Küste aus durchgeführt werden. Er betonte jedoch, dass Iran sich mehr als andere Golfstaaten für die Sicherung der Transportwege durch den Golf eingesetzt habe, sogar während des Iran-Irak-Kriegs (1980-1988). Er verwies auf den Abschuss der iranischen Passagiermaschine 1988 durch ein amerikanisches Kriegsschiff und den Abschuss eines Fischerboots in diesem Juli. Die Unsicherheit entstehe durch die US-Streitkräfte und nicht durch Iran, sagte Alai. Der General erwähnte auch den Gesetzesentwurf der Abgeordneten zur Sperrung der Straße von Hormos. Die Reaktion sei nachvollziehbar und zeige, dass die Abgeordneten besorgt seien, doch die Entscheidung zu so einem Schritt liege beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat. Alai hatte im vergangenen Jahr einen Artikel in der Tageszeitung Etelaat geschrieben, den politische Beobachter als versteckte, aber scharfe Kritik an Revolutionsführer Chamenei interpretierten.


DROHUNG AN ARABISCHE UNTERSTÜTZER SYRISCHER REBELLEN

Ein hoher iranischer Militär hat arabische Staaten gewarnt, syrische Rebellen weiter zu unterstützen. Die "verhassten Araber" würden die Konsequenzen zu spüren bekommen, wenn sie weiterhin auf den Sturz der Regierung von Präsident Baschar Assad hinarbeiten, sagte der Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden, General Masud Dschasajerie, der Nachrichtenagentur Fars zufolge. "Bald wird der Boden Syriens vom Dreck der Feinde gereinigt sein." Dschasajeri nannte zwar keine einzelnen Länder, aber bekanntlich gehören Saudi-Arabien und Katar zu jenen Golfstaaten, die sich am stärksten für die syrischen Rebellen engagieren. Auch die Waffen, die seit Monaten den Aufständischen geliefert werden, stammen vorwiegend aus diesen beiden Ländern.

Saudi-Arabien steht nun an der vordersten Front jener sunnitischen Staaten, die mit Hilfe der USA gegen schiitische Staaten gebildet worden ist, allen voran gegen den schiitischen Iran. In Syrien herrscht seit Jahrzehnten die alewitische Minderheit gegen die sunnitische Mehrheit.

Iran versucht weiterhin dem Assad-Regime den Rücken zu stärken. Der für internationale Beziehungen zuständige Vize-Präsident, Ali Saedlu, habe angeboten, "Erfahrungen und Ressourcen" mit Syrien zu teilen, meldete IRNA am 25. Juli. Syrien und Iran könnten als starke Nationen die regionale und globale Stabilität beeinflussen, sagte Saedlu. Er nannte keine Details einer möglichen Hilfsaktion. Beide Länder sind von internationalen Sanktionen betroffen.

Am 3. Juli hat sich der syrische Parlamentspräsident zu Gesprächen mit seinem Amtskollegen Ali Laridschani in Teheran aufgehalten. Bei dem Treffen sagte Laridschani, die Position Syriens gegenüber Israel werde von Iran hoch gelobt. Iran hat zudem den syrischen Präsidenten Baschar Assad zur Teilnahme an der Konferenz der blockfreien Staaten Anfang September nach Teheran eingeladen.


MOSSAD ORGANISIERTE ATTENTATE AUF IRANISCHE WISSENSCHAFTLER

Ein Buch sorgte in diesen Tagen in Israel für Aufruhr. Die beiden Autoren Dan Raviv und Jossi Melman weisen in ihrem Enthüllungsbuch "Spys Against Armageddon: Inside Israel's Secret Wars" (Spion gegen das Armageddon: Israels geheime Kriege) nach, dass der israelische Geheimdienst für die Ermordung iranischer Atomwissenschaftler verantwortlich sei.

Den Angaben der beiden Autoren zufolge, setzte der Mossad im Iran eine verdeckte Einheit namens Kidon (Hebräisch für Bajonett) ein. Es handelte sich um israelische Agenten, die aus arabischen Ländern oder Iran stammen und nicht um vor Ort angeheuerte Kollaborateure, hieß es. Die speziell ausgebildeten Agenten bewegten sich mit gefälschten Dokumenten frei im Land des Erzfeindes. Es sei das Markenzeichen der Agenten, mit "sorgfältigen Erschießungen" und Haftbomben schnell zuschlagen zu können, sagten die Autoren am 9. Juli laut israelischen Medien. Sämtliche Attentate müssten zuvor vom jeweiligen Regierungschef persönlich genehmigt werden.

Die Anschläge auf iranische Atomwissenschaftler seien Teil eines "geheimen Kriegs", den Israel gegen die Entwicklung einer iranischen Atombombe führe. Israel stehe auch hinter den jüngsten Cyber-Attacken auf iranische Atomanlagen.

Im Mai war in Iran ein angeblicher Mossad-Agent hingerichtet worden. Jamal Fasihi wurde gehängt, weil er 2010 den Atomwissenschaftler Massud Ali-Mohammadi ermordet haben soll. Insgesamt wurden im Jahr 2010 zwei Forscher bei Attentaten getötet. Im Januar 2012 starb bei einem tödlichen Bombenanschlag der iranische Wissenschaftler Mostafa Ahmadi. Die iranische Führung machte Israel und die USA verantwortlich.

Iran beschuldigte auch Deutschland, in die Anschläge auf Atomwissenschaftler verwickelt zu sein. Neben den USA, Israel und Großbritannien hätten auch Geheimdienste aus der Bundesrepublik und Frankreich bei den Attentaten die Hände im Spiel gehabt, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur IRNA am 6. Juli Geheimdienstminister Heidar Moslehi. Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte, "derartige abstruse Vorwürfe" würden nicht kommentiert.

Dass Moslehi nun Vorwürfe gegen Deutschland und Frankreich erhob, ist für Oliver Thränert vom Zentrum für Sicherheitsstudien in Zürich ein Zeichen, dass der Minister jeglichen Kompromiss in den Verhandlungen mit den sechs Weltmächten im Atomstreit ablehnt. Deutschland und Frankreich haben sich zusammen mit den USA, Großbritannien, Russland sowie China bislang vergeblich um eine diplomatische Lösung bemüht.


ATTENTAT AUF ISRAELISCHE TOURISTEN IN BULGARIEN

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vermutet Iran hinter dem Attentat auf israelische Touristen am 19. Juli in Bulgarien. "Tödlicher iranischer Terrorismus trifft weiterhin unschuldigen Menschen", sagte Netanjahu kurz nachdem er von dem Attentat erfuhr. Er ist davon überzeugt, dass der Anschlag in einer Reihe steht mit zwei Bombenanschlägen aus diesem Jahr auf israelisches Botschaftspersonal in Indien und Georgien. Er sieht auch einen Zusammenhang zum Attentat von Buenos Aires vor genau 18 Jahren, bei dem 85 Menschen im dortigen Zentrum der jüdischen Gemeinde starben. "Es handelt sich um weltweit iranische Terrorangriffe und Israel wird entschieden reagieren", hieß es in dem Statement von Netanjahu.

Am 19. Juli hatte ein Selbstmordattentäter am Flughafen von Burgas einen Anschlag auf einen Bus mit israelischen Touristen verübt. Fünf Israelis, der bulgarische Busfahrer und der Attentäter wurden bei der Explosion getötet. Die USA machten die radikalislamische libanesische Hisbollah für den Anschlag verantwortlich.

Medienberichten zufolge war der Attentäter offenbar aus dem benachbarten Rumänien in das Land eingereist. Wie der bulgarische TV-Sender bTV am 23. Juli unter Berufung auf mit den Ermittlungen vertraute Quellen berichtete, hielt sich der Attentäter "zumindest am 16. Juli", also 48 Stunden vor dem Attentat, in Warna am Schwarzen Meer unweit der Grenze zu Rumänien auf. In einem Hotel habe er "genetische Spuren" hinterlassen.

Der Mann soll in Begleitung einer Frau gewesen sein. Die Polizei fahnde nach einer Frau, die sich ebenfalls in dem Hotel aufgehalten habe, berichtete die Zeitung "Troud". Sie könnte demnach auch in Verbindung mit einem möglichen Komplizen des Attentäters gestanden haben. Der Zeitung zufolge sprach der Mann fließend Russisch. Einem Gerichtsmediziner in Bulgarien zufolge könnte der Attentäter mit "zwischen 25 und 30 Jahren" deutlich jünger sein, als von den Behörden zuvor angegeben.

Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle warnten vor Vorverurteilungen. Aber auch sie gingen von einem Terrorakt gegen Israelis aus - und da stecken üblicherweise radikale islamische Gruppen wie Hisbollah dahinter.

Am 26. Juli machten sich der iranische und der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen in einem Schlagabtausch gegenseitig für das Attentat in Bulgarien verantwortlich. Der iranische Botschafter Mohammad Charsai wies israelische Vorwürfe zurück, beschuldigte stattdessen Israel, hinter dem Anschlag zu stecken.

Der stellvertretende israelische UN-Botschafter Haim Waxman nannte die Vorwürfe seines Kollegen "entsetzlich, aber nicht überraschend bei einer Regierung, die die offizielle Darstellung der Anschläge vom 11. September als Verschwörungstheorie bezeichnet und den Holocaust leugnet". Waxman warf Iran und der libanesischen Hisbollah-Miliz während einer Debatte im UN-Sicherheitsrat vor, für den Anschlag in Bulgarien verantwortlich zu sein. Iran und Hisbollah hätten in den vergangenen Monaten außerdem versucht, Anschläge auf Israelis in Indien, Aserbaidschan, Thailand, Kenia, der Türkei und Zypern verübt.

Charsai erklärte dagegen in seiner Rede, Iran würde niemals eine solch abscheuliche Tat begehen. Er könne jedoch Beweise vorlegen, die zeigten, dass Israel in der Vergangenheit seine eigenen Bürger getötet habe, um andere dafür verantwortlich zu machen. Das sei purer Staatsterrorismus. Er wundere sich, dass Israel wenige Minuten vor dem Anschlag Iran dafür verantwortlich gemacht hat.


ANNAN FORDERT, IRAN IN DIE LÖSUNG DES SYRIENKONFLIKTS EINZUBEZIEHEN

Der Syriengesandte der Vereinten Nationen, Kofi Annan, forderte vor seiner Reise nach Damaskus am 8. Juli, Iran solle in die Friedensbemühungen für Syrien einbezogen werden. Wörtlich sagte er, "Iran muss Teil einer Lösung für Syrien sein". Er zeigte sich über den bisherigen Verlauf der Friedensbemühungen unzufrieden und gestand, dass der Plan der UNO gescheitert sei. Man dürfe Länder wie Russland und Iran nicht ausschließen. Die beiden Länder würden immer wieder als Hindernis für den Frieden bezeichnet, doch niemand rede über Länder, die mit Geld und Waffen an der Krise beteiligt seien.

Saudi-Arabien, Katar und die Türkei werden verdächtigt, syrische Rebellen mit Gelder und Waffen zu unterstützen.

Russland nutze zwar seinen Einfluss, aber er sei sich nicht sicher, ob der russische Einfluss ausreiche, um eine Lösung zu finden, sagte Annan. Iran müsse ein Teil der Lösung sein. Die islamische Republik habe großen Einfluss auf Syrien, das könne nicht ignoriert werden.

Am 11. Juli flog Annan zu Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Ali Akbar Salehi nach Teheran. Iranischen Medien zufolge sagte Salehi nach dem Treffen, die unerlaubte Einmischung anderer Staaten hätte dazu geführt, dass sich die Krise in Syrien verschärft habe. Annan habe bisher versucht, unparteiisch und gerecht zu bleiben. Damit habe er den Zorn einiger Staaten offenbar herausgefordert.

Annan sagte, sein Besuch in der iranischen Hauptstadt zeige, dass Iran eine positive Rolle spielen könne. In diesem Punkt spreche er aber nur für sich selbst, fügte er hinzu. Die USA und die EU stehen einer Beteiligung der iranischen Führung an einer Konfliktlösung in Syrien skeptisch gegenüber. Annan glaube, Teheran könne seinen Einfluss auf Syriens Präsident Baschar al-Assad nutzen, um die Gewalt in dem Land zu beenden, hieß es aus UN-Kreisen.

Annan reiste weiter nach Bagdad, wo er mit Ministerpräsident Nuri al-Maliki Gespräche führte. Er werde weiter mit Teheran zusammenarbeiten, sagte er. China hat sich der Forderung Annans, Iran einzubeziehen, angeschlossen. Um eine angemessene Lösung zu finden, müssten auch die Länder der Region eingebunden werden, sagte Außenamtssprecher Liu Weimin am 11. Juli in Peking. Dazu gehörten insbesondere Staaten, die Einfluss auf Konfliktparteien in Syrien hätten. Auch Maleki unterstützte den Vorschlag Annans.

Am 15. Juli erklärte Irans Außenminister Salehi, sein Land sei bereit, ein Treffen mit der syrischen Opposition zu veranstalten. "Iran ist bereit, die syrische Opposition für Gespräche nach Teheran einzuladen und auch dafür, Gespräche zwischen ihr (der Opposition) und der syrischen Regierung vorzubereiten", sagte Salehi. Er betonte noch einmal, dass Iran alle sechs Punkte von Annas Plan unterstütze, allerdings nur, wenn Assad an der Macht bliebe. Dies gilt jedoch als größtes Hemmnis für eine Einigung mit der Opposition. Die Krise müsse im "syrisch-syrischen Rahmen" gelöst werden, ohne von außen auferlegte Entscheidungen, so Salehi.

Iran als enger Verbündeter Syriens scheint nach wie vor der Meinung zu sein, dass die Krise in dem Land durch Reformen, die Assad durchführen sollte, zu bewältigen ist. Ein Sturz des Assad-Regime würde für Iran negative Folgen haben.

Am 17. Juli sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran, "Iran hatte Kontakt mit der syrischen Opposition", ohne Details zu nennen. Zugleich bekräftigte er die Bereitschaft Irans, in dem blutigen Konflikt als Vermittler und Gastgeber für Gespräche zu fungieren.

Am 26. Juli erklärte der iranische Verteidigungsminister Ahmad Wahidi, sein Land habe nicht die Absicht, Soldaten zur Niederschlagung der Aufständischen nach Syrien zu entsenden. Er bezeichnete die syrischen Rebellen als Terroristen und sagte: "Die syrischen Streitkräfte sind in der Lage, ihre Aufgaben bei der Niederschlagung der Terroristen alleine zu bewältigen."


US-MARINE KRITISIERT

Nach dem Beschuss eines Fischerboots durch die US-Marine im Persischen Golf hat Iran die Präsenz der amerikanischen Truppen in der Region kritisiert. Ausländische Streitkräfte könnten eine Bedrohung für die Sicherheit am Golf sein, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am 17. Juli in Teheran. Diese wäre völlig überflüssig, wenn die Anrainerstaaten zusammenarbeiten würden.

Am 16. Juli hatte ein US-Marineschiff im Persischen Golf wegen einer mutmaßlichen Bedrohung Schüsse auf ein Motorboot abgegeben und dabei nach Angaben der Vereinigten Arabischen Emirate einen indischen Fischer getötet. Drei weitere indische Fischer seien verletzt worden, sagte Tarel Ahmad al-Hidan vom Außenministerium in Abu Dhabi.

Der Vorfall, bei dem das US-Versorgungsschiff "USNS Rappahannock" mit einem Maschinengewehr feuerte, ereignete sich laut dem US-Verteidigungsministerium vor Dschebel Ali, einer Stadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten zwischen Abu Dhabi und Dubai. Das Motorboot habe sich dem Ölversorgungsschiff schnell angenähert und auf Warnungen nicht reagiert, erklärte das Pentagon.

Offenbar wurde angenommen, bei dem Fischerboot handele es sich um jene kleinen Schiffe mit Raketenwerfern, die sich im Auftrag der iranischen Revolutionsgarde zahlreich in den Gewässern des Golfs befinden.

"Seit 2000 passen wir auf die kleinen Schiffe genau auf", sagte ein Vertreter des Pentagons. Im Oktober 2000 war mit einem kleinen Schiff, das mit Sprengstoff beladenen war, im Hafen von Aden in Jemen ein Anschlag auf den US-Zerstörer "USS Cole" verübt worden, bei dem 17 US-Marinesoldaten getötet und 40 verletzt wurden.


NEUE AUSEINANDERSETZUNGEN MIT SAUDI-ARABIEN

Iranische Medien und Politiker haben auf die Unruhen der Schiiten in Saudi-Arabien mit Protesten reagiert. Die Mehrheitsfraktion im Parlament forderte in einer Erklärung vom 15. Juli internationale Instanzen auf, "den Kampf" der saudischen Bevölkerung zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass die gegen sie ausgeübte Gewalt eingestellt werde. Mohammd Byatian, Sprecher des Industrieausschusses, erklärte, der Sturz des Saudi-Regimes habe bereits begonnen.

Die erzkonservative Tageszeitung Kayhan, die dem Revolutionsführer nahe steht, titelte auf der ersten Seite der Ausgabe vom 15. Juli: " Freie Republik Ostarabien ausgerufen". Im Text heißt es, "das saudische Regime hat aus Furcht vor einer Ausweitung der Unruhen auf andere Städte die Unterdrückung der Proteste verstärkt."

Demgegenüber hatte wenige Tage zuvor Parlamentspräsident Ali Laridschani erklärt, es sei möglich, dass es zwischen Saudi-Arabien und Iran bestimmte Differenzen gebe, aber diese müssten im Rahmen von Gesprächen gelöst werden. Seiner Ansicht nach habe die gute Beziehung zu Saudi-Arabien für Iran "strategische Bedeutung".

Seit Beginn der Rebellionen in Nordafrika und im Nahen Osten ist auch Saudi-Arabien mit Unruhen konfrontiert. Die Rebellen sind zumeist Schiiten, die zehn Prozent der Bevölkerung bilden.

Iran unterstützt als das größte schiitische Land die Schiiten in Saudi-Arabien. Neben diesem Konflikt sind in letzter Zeit die Beziehungen beider Länder spürbar getrübt worden durch die unterschiedliche Politik der beiden Staaten gegenüber Syrien und die Stationierung des US-Raketenschutzschirms in Saudi-Arabien. Die Schiiten, die zumeist in Gebieten mit größten Ölquellen wohnen, verlangen eine Gleichberechtigung mit der sunnitischen Mehrheitsbevölkerung.

Saudi-Arabien hat gemeinsam mit Katar in den letzten Monaten die Rebellen in Syrien auch mit Waffen massiv unterstützt, während Iran darum bemüht ist, das Assad-Regime an der Macht zu halten.

Masud Dschasayeri, Stellvertreter des Chefs der iranischen Streitkräfte, sagte kürzlich: "Die reaktionären Regimes in den arabischen Staaten, die die Unruhen in Syrien geschürt haben, müssen bestraft werden." Washington Post berichtete in einem Artikel vom 14. Juli über die kritische Lage im Mittleren Osten, Saudi-Arabien habe die Militärs und Sicherheitsdienste angewiesen, keinen Sommerurlaub zu machen. Solche Maßnahmen deuteten auf die Sorge Saudi-Arabiens vor möglichen militärischen Auseinandersetzungen mit Iran hin, hieß es.


CLINTON: UMBRUCH IM NAHEN OSTEN IST EINE CHANCE, FRIEDEN UND DEMOKRATIE NÄHER ZU KOMMEN

US-Außenministerin Hillary Clinton hat bei einem Besuch in Israel den Umbruch in den arabischen Nachbarländern als "Chance" angepriesen. "Dies ist eine Zeit der Unsicherheit, aber zugleich auch eine Gelegenheit", sagte Clinton am 16. Juli vor Journalisten in Jerusalem, nachdem sie vom israelischen Präsidenten Schimon Peres empfangen worden war. "Es bietet sich die Chance, unseren gemeinsamen Zielen der Sicherheit, der Stabilität, des Friedens und der Demokratie näher zu kommen".

"Es sind Momente wie diese, in denen Freunde wie wir gemeinsam denken und gemeinsam handeln müssen", sagte Clinton bei ihrem ersten Besuch in Israel seit September 2010, als sie vergeblich versucht hatte, die bilateralen Gespräche zwischen der israelischen und der palästinensischen Regierung in Gang zu halten. Seiher sind die Verhandlungen zwischen beiden Seiten blockiert.

Der israelische Präsident hob bei dem Treffen die Gemeinsamkeiten im Atomkonflikt mit Iran hervor. "Wir stimmen vollkommen darin überein, dass alles getan werden muss, um zu verhindern, dass Iran die Freiheit und Unabhängigkeit anderer Völker bedroht", sagte Peres.

Peres dankte Clinton dafür, dass sie gleich nach ihrem Besuch in Ägypten nach Israel gekommen sei, um ihre Eindrücke aus Kairo zu schildern. Von dem großen arabischen Nachbarn hänge es zu großen Teilen ab, ob der Friedensprozess weiter voran gehen könne. Israel hatte mit dem langjährigen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak gute Beziehungen gepflegt. Seit dessen Sturz fürchtet Israel, dass das Nachbarland den Friedensvertrag von 1979 aufkündigen könnte. Der seit drei Jahrzehnten währende Frieden mit Ägypten habe "hunderttausenden jungen Leuten in Ägypten und Israel das Leben gerettet", sagte Peres.

Zum Abschluss ihres Israel-Besuchs am 17. Juli warnte Clinton Iran, die Entschlossenheit des Westens zu unterschätzen. "Unsere Wahl ist klar: Wir werden alle Elemente der amerikanischen Macht nutzen, um Iran davon abzuhalten, Atomwaffen zu erhalten." Gegenwärtige arbeiteten die Regierungen in Washington und Jerusalem gemeinsam daran, den Druck auf die Islamische Republik weiter zu verstärken, sagte Clinton nach einem Gespräch mit Präsident Benjamin Netanjahu. Ihren Worten zufolge ziehen beide Staaten im Atomstreit an einem Strang. Man sei komplett einer Meinung und versuche derzeit Wege zu finden, um das iranische Verhalten in die richtige Richtung zu beeinflussen, sagte Clinton. Die jüngsten Vorschläge Irans an die fünf UN-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland wurden als untauglich zurückgewiesen.

Israel und die USA teilen die Einschätzung, dass die islamische Führung in Teheran unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie ungeachtet aller Dementis nach Atomwaffen strebt. Israel fühlt sich davon bedroht und behält sich deshalb ein Recht auf einen Militärschlag gegen iranische Atomanlagen vor. Auch die USA drohen mit einem militärischen Angriff, sollten die Verhandlungen mit Iran scheitern.

Am 26. Juli forderte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak zu einem raschen und energischen Vorgehen gegen Iran auf. "Ich bin mir der Schwierigkeiten sehr bewusst, wenn es darum geht, die iranischen Bemühungen zur Entwicklung einer Atombombe zu stoppen", sagte Barak nach Angaben seines Büros. "Es ist mir jedoch völlig klar, dass es sehr viel komplizierter, gefährlicher und teurer im Hinblick auf Menschenleben und Ressourcen wäre, gegen die bereits vollendete Bedrohung vorzugehen", sagte der Verteidigungsminister in einer offensichtlichen Anspielung auf einen Militärschlag.

Auch der US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney drohte Iran mit einem Militärschlag. "Wenn wir erkennen, dass alle Mittel erschöpft und fehlgeschlagen sind, dann werden wir eine militärische Option in Betracht ziehen müssen", sagte Romney in einem Interview der israelischen Tageszeitung "Haaretz" vom 27. Juli.

Ein Iran mit Atomwaffen sei die größte Gefahr für die Welt, die USA und die Existenz Israels, sagte der republikanische Politiker vor seinem Besuch in Israel. Er versprach Israel weiterhin, dass es im Falle seines Wahlsiegs keine Konfrontation zwischen beiden Ländern geben werde. Die USA würden jede Verurteilung Israels in internationalen Organisationen verhindern.


SCHWEDEN VERTRITT KÜNFTIG BRITISCHE INTERESSEN IN IRAN

Nach der Erstürmung der britischen Botschaft in Teheran im vergangenen Jahr wird künftig Schweden die Interessen Londons in Iran vertreten. Eine entsprechende Vereinbarung mit Schweden sei unterzeichnet, teilte das britische Außenministerium am 12. Juli in London mit. Umgekehrt werde Iran durch Oman in Großbritannien vertreten.

Ende vergangenen Jahres hatten iranische Demonstranten die britische Botschaft nach einer offenbar von der Regierung gebilligten Protestaktion gegen westliche Sanktionen gestürmt. Dabei wurden die britische Flagge heruntergerissen, ein Fahrzeug der Botschaft in Brand gesteckt und das Gebäude mit Brandsätzen angegriffen. In der Folge schlossen beiden Staaten ihre Vertretung im jeweils anderen Land. London zog seine Diplomaten aus Iran ab und wies die iranischen Vertreter aus Großbritannien aus.


NEUER ÄGYPTISCHER PRÄSIDENT MURSI NACH TEHERAN EINGELADEN

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat trotz jahrzehntelanger diplomatischer Funkstille mit seinem neuen ägyptischen Kollegen Mohammad Mursi telefoniert und ihn zu einer Konferenz nach Teheran eingeladen. Wie die ägyptische Nachrichtenagentur Mena am 2. Juli berichtete, gratulierte Ahmadinedschad Mursi zu seinem Wahlsieg und lud ihn zur Konferenz der blockfreien Staaten ein, die im September in Teheran stattfindet. Ägyptens Rolle innerhalb der Staatengruppe sei "unstrittig", wurde Irans Staatschef auf der Internetseite der iranischen Präsidentschaft zitiert.

Den Angaben aus Teheran zufolge antwortete Mursi auf die Einladung, er "hoffe", ihn auf der Konferenz zu treffen. Ägypten und Iran hatten ihre diplomatischen Beziehungen 1980 in Folge der islamischen Revolution in Iran 1979 und wegen des Friedensvertrags zwischen Ägypten und Israel auf Eis gelegt. Spätere Bemühungen Irans um Wiederaufnahme der Beziehungen blieben ohne Erfolg.

Iran hat auch den Palästinas Präsidenten Mahmud Abbas zu der Konferenz eingeladen. Wie sein Sprecher Nabil Abu Rudeina am 8. Juli der Nachrichtenagentur AP bekannt gab, wird Abbas der Einladung Folge leisten. Abbas wird zum ersten Mal seit seiner Wahl an die Spitze der Autonomiebehörde vor mehr als sieben Jahren nach Iran reisen.

Die Beziehungen zwischen dem palästinensischen Präsidenten und der islamischen Republik sind seit Jahren angespannt. Teheran zählt zu den engsten Verbündeten der Hamas.

Der in den 50er Jahren inmitten des Kalten Kriegs gegründeten Bewegung der Blockfreien gehören 118 Staaten an, darunter neben Iran und Indien, Pakistan, Ägypten und Südafrika. Sie verfolgt nach eigenen Angaben eine neutrale Politik den Weltmächten gegenüber.


TEHERAN WEGEN FESTNAHME EINES DIPLOMATEN IN FRANKFURT VERÄRGERT

Ein iranischer Diplomat wurde am 2. Juli in Frankfurt am Main vorübergehend festgenommen. Wie mehrere deutsche Zeitungen berichteten, beschuldigte eine Frau den Iraner, ihre zehnjährige Tochter angefasst und zu küssen versucht zu haben. Das Mädchen war beim Spielen, als der Mann sich ihm annäherte und es streichelte. Es wollte fortrennen, wurde aber von dem Mann gehindert. Er fasste das Mädchen fest an der Taille und versuchte es zu küssen. Als das Mädchen zu schreien anfing, ließ er es laufen. Er verfolgte es bis zu seinem Haus. Als die Mutter von dem Vorfall erfuhr, rief sie die Polizei an. Doch da der Mann unbekannt war, konnte die Polizei ihn nicht suchen.

Als das Mädchen und ihre Mutter eine Woche später den Mann auf der Straße wieder sahen, rief die Mutter ein paar Mal "Kinderschänder", um andere Frauen auf ihn aufmerksam zu machen und alarmierte die Polizei. Der Diplomat merkte, dass er in eine Klemme geraten ist, bat die Frau, ihm zu verzeihen und den Vorfall auf sich beruhen zu lassen. Er sei verheiratet und habe Kinder. Da traf die Polizei ein. Der Mann rief immer wieder "Diplomat, Diplomat". Die Polizei warf ihn zu Boden und legte ihm Handschellen an und brachte ihn zum Polizeirevier, ließ ihn aber bald frei, als er seinen Diplomatenpass vorzeigte. Das Hessische Justizministerium bestätigte, dass es Ermittlungen in dem Fall gebe. Die Staatsanwaltschaft nahm zunächst keine Stellung.

Der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament, Alaeddin Borudscherdi, warf der Bundesrepublik vor, die diplomatische Immunität und internationale Konventionen verletzt zu haben. Der Vorfall sei "ein im Voraus geplantes Szenario, um Iran im Ausland ein schlechtes Image zu geben".

Vor einigen Monaten hatte ein hoher Angestellter der iranischen Botschaft in Brasilien junge Mädchen in einem Schwimmbad sexuell belästigt. Der Vorfall sei auf kulturelle Unterschiede zurückzuführen, verlautete aus dem Teheraner Außenministerium. Der Beamte wurde nach Teheran abberufen.

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Autor: Bahman Nirumand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. August 2012