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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/244: Iran-Report Nr. 7 - Juli 2010


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 7 - Juli 2010


Der von der Heinrich-Böll-Stiftung seit 2002 publizierte, monatlich erscheinende Iran-Report des Autors Bahman Nirumand bietet einen Überblick über die innenpolitische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Iran und die iranische Außenpolitik.

Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


Innenpolitik
Opposition sagt Massenproteste zum Jahrestag der Präsidentenwahl ab
Proteste erstickt
Obama: Kampf der Iraner um Freiheit unterstützen
Angriff auf Auto von Karrubi
Regierung contra Parlament
Karrubi will Proteste fortsetzen
30 Jahre Berufsverbot für Journalistin
Zahl der Hinrichtungen gestiegen
Reporter ohne Grenzen und Amnesty kritisieren Iran
Es wird Sommer: Die Polizei und die Kleiderordnung
Sunnitischer Rebellenchef Rigi hingerichtet
TV zeigt Video mit einem angeblich in die USA entführten Atomphysiker

Wirtschaft
UN-Sicherheitsrat stimmt für neue Sanktionen gegen Iran US-Kongress und EU für zusätzliche Sanktionen
Putin: Verzicht auf Raketenlieferung an Iran wird teuer
Iran will Bedingungen für Atomgespräche bekannt geben
Zwei UN-Atominspektoren Einreise verweigert
Große Erdgas-Reserven entdeckt
Total liefert nicht mehr in Iran
Nur 0,5 Prozent der deutschen Exporte gehen nach Iran

Außenpolitik
G8-Staaten erhöhen Druck auf Nordkorea und Iran Ahmadinedschad kritisiert Atommächte
CIA: Iran könnte in zwei Jahren Atombomben bauen
Teheran wirft USA "psychologische Kriegsführung" vor
UN drängen auf Gespräche mit Teheran
Gates: Iran könnte Europa mit hunderten Raketen angreifen
Irans Militärmacht
US-Generalstabschef gegen Angriff auf Iran
Medien: Israel darf saudischen Luftraum bei Angriff auf Iran nutzen
Fidel Castro warnt vor Krieg
Iran bestellt deutschen Botschafter ein
Kein iranisches Hilfsgüter-Schiff für Gaza
Proteste bei Paris
Tauffest in Hannover für Exil-Iraner
Eier auf iranischen Außenminister in Dublin
Iranische Delegation besucht KZ-Gedenkstätte nicht

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Innenpolitik

Opposition sagt Massenproteste zum Jahrestag der Präsidentenwahl ab

Führende Oppositionelle haben Massenproteste zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentschaftswahlen abgesagt. Die beiden Politiker Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi begründeten in einer Erklärung, die am 10. Juni auf Oppositionswebseiten veröffentlicht wurde, die Absage mit Gefahren für Leib und Leben der Demonstranten.

"Angesichts der brutalen Niederschlagung der Proteste im vergangenen Jahr, als Menschen lediglich auf friedliche Weise ihre Stimme einforderten, rufen wir die Bevölkerung auf, ihren Protest auf andere Weise zu zeigen", hieß es in der Erklärung. "Die verantwortlichen Machthaber wissen am besten, dass die Bewegung weiterlebt und darauf stolz sein kann, dass sie trotz Drohungen und Gefahren, Unsicherheiten und Risiken von ihren Forderungen nicht abweicht", schrieben die Politiker im Vorfeld des Jahrestages am 12. Juni. Die Stärke der Bewegung zeige sich schon darin, dass allein die Ankündigung einer Demonstration die "Unterdrücker in Angst und Schrecken" versetzt und sie zur Generalmobilisierung der gesamten Streit- und Sicherheitskräfte veranlasst hat.

Die Staatsführung sollte "in Richtung einer freien Presse, freien Wahlen und Einhaltung der Menschenrechte gehen, aber das Gegenteil geschieht", erklärte Karrubi in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Mussavi. Die Teheraner Regierung "bringt die Leute zum Schweigen, schließt die Medien, organisiert Wahlen wie die im vergangenen Jahr und füllt die Gefängnisse", ergänzte Mussavi.

Karrubi, Mussavi und zehn oppositionelle Organisationen hatten beim Innenministerium eine Demonstration beantragt, eine "stille, friedliche" Demonstration, bei der keine Flugblätter verteilt, keine Transparente mitgeführt und keine Parolen gerufen werden sollten. Aber selbst dies wurde mit absurden Begründungen abgelehnt.

Dagegen traf die Regierung alle möglichen Vorbereitungen, um jeglichen Versuch, doch zu protestieren, zu unterbinden. Bereits seit dem 9. Juni standen einige Viertel der Hauptstadt Teheran unter massiver Kontrolle der Polizei und Revolutionsgarden. Offiziell wurde das ungewöhnliche Aufgebot mit einem Manöver begründet, das die Polizei zur Verbesserung der Sicherheit der Hauptstadt geplant habe. Zugleich warnte die Polizei die Opposition vor Aktionen. Sie werde "illegale Versammlungen" nicht dulden, sagte Polizeichef Hossein Sadschedinia.

Seit Monaten schon versucht das Regime, den Widerstand der Opposition zu brechen, hunderte zusätzliche Festnahmen, willkürliche Urteile mit absurd hohen Gefängnisstrafen, Folterungen, Erpressung von falschen Geständnissen und Hinrichtungen dienten zur Einschüchterung. Jedem, der sich zur Teilnahme an möglichen Protestdemonstrationen entschließen würde, sollte bewusst sein, dass er damit seine Freiheit, gar sein Leben riskiert.

Auf einer Großkundgebung am 4. Juni zum Gedenken an den Tod von Ayatollah Chomeini versuchten Staatspräsident Ahmadinedschad und Revolutionsführer Chamenei sich als die wahren Erben des Gründers der Islamischen Republik zu präsentieren und jede Art von Opposition und Widerstand als Verrat und Kollaboration mit den äußeren und inneren Feinden des Islamischen Staates zu denunzieren. Nur er und seine Regierung führten den Willen Chomeinis fort, sagte Ahmadinedschad. Es sei befremdlich zu sehen, dass sich auch die Anhänger der Monarchie, des Westens und der Volksmodschahedin auf Chomeini beriefen. Und Chamenei ergänzte mit Blick auf die oppositionellen Reformer, man könne nicht behaupten, ein Jünger Chomeinis zu sein und gleichzeitig "die Fahne der Feinde des Imams und des Islam tragen".

Die Kundgebung sollte eine Woche vor dem Jahrestag der Präsidentenwahl die Macht des Regimes demonstrieren. Rund 50.000 Busse waren im Einsatz, um Menschen aus der Provinz in die Hauptstadt Teheran zu bringen. Gerüchte besagen, dass die Teilnehmer ein Handgeld und Proviant bekamen.

Der Enkel Chomeinis, Hassan Chomeini, der bei der Präsidentenwahl dem Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussavi nahe stand, wurde bei dem Versuch, vor dem Mausoleum seines Großvaters eine Rede zu halten, von Anhängern der Regierung immer wieder unterbrochen. Unter den Rufen der Menge musste er seine Bemühungen schließlich aufgeben, wie Bilder des staatlichen Fernsehens zeigten. Dies hat selbst bei Konservativen Unmut erzeugt.

Historisch betrachtet, handelt es sich bei den gegenwärtigen Vorgängen im Iran um die dritte Phase der vollständigen Liquidierung der Opposition. Gleich im ersten Jahr nach der Gründung der Islamischen Republik wurde ein Feldzug gegen Monarchisten, Liberale, Nationalisten und Laizisten geführt. Es gab tausende Hinrichtungen, fast drei Millionen Andersdenkende verließen aus Angst von Sanktionen das Land. In der zweiten Phase erteilte Ayatollah Chomeini kurz vor seinem Tod den Befehl, sämtliche politische Gefangene, Anhänger der Volksmodjahedin und linker Organisationen ohne Gerichtsverhandlung zu erschießen. Es waren mehrere zehntausend Oppositionelle.

Nun befinden wir uns in der dritten Phase, in der auch ein Teil aus dem islamischen Lager zur Zielscheibe der Aggressionen geworden ist. Seit dem Ausbruch der Proteste sind hunderte von aktiven Reformern festgenommen, gefoltert und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Mehr als zehntausend der besten Köpfe des Landes, Journalisten, Künstler, Schriftsteller und aktive Politiker sind ins Ausland geflüchtet.

Mag sein, dass es dem Regime gelingt, mit massiver Gewalt eine Zeitlang für Ruhe zu sorgen. Was aber bleibt, sind die katastrophalen wirtschaftlichen, sozialen und politischen, auch außenpolitischen Probleme, zu deren Lösung ein im eigenen Land und international isoliertes Regime nicht fähig ist.

Wäre die Demonstration erlaubt worden, hätten Millionen daran teilgenommen. Dann hätte das Regime wohl kaum noch behaupten können, bei der Opposition handele es sich um eine Handvoll vom Ausland gekaufter Agenten.

Das massive Aufgebot von Sicherheits-, Polizei- und Militärkräften zur Aufrechterhaltung des Demonstrationsverbots zeugte von panischer Angst und erweckte den Eindruck, als befände sich das Regime im Krieg gegen das eigene Volk. Demgegenüber stand die Opposition mit leeren Händen da. In politischen Kreisen wird es als vernünftig angesehen, dass die Oppositionsführer Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi um weitere Opfer zu verhindern, die Proteste abgesagt haben.

Mit der Absage wurde eine neue Phase der Protestbewegung eingeleitet. Die bisherige Taktik, offizielle Anlässe für Straßenproteste zu nutzen, scheint angesichts der hohen Risiken nicht mehr ratsam. Mussavi rief seine Anhänger auf, im Internet auf die Unterdrückung durch das Regime aufmerksam zu machen. "Wir müssen die sozialen Netzwerke und Websites ausweiten, sie sind unsere besten Mittel", erklärte er. "Sie funktionieren wie eine Armee. Sie sind unsere Armee gegen die Militärgewalt."

Die Opposition muss nun versuchen, die Proteste auf Fabriken, Schulen und Universitäten bis hin zu den Einrichtungen der staatlichen Verwaltung auszuweiten. Die Voraussetzungen dafür könnten günstiger nicht sein. Die katastrophale Lage der Wirtschaft, die hohe Arbeitslosen- und Inflationsrate, die überall zu spürenden Repressionen im Alltag haben der Regierung weitgehend die Basis entzogen. Verschiedene Arbeiterorganisationen haben für Juli Streiks und Protestdemonstrationen angekündigt. International treibt die abenteuerliche Politik der Regierung das Land immer weiter in die Isolation. Der Staatsapparat befindet sich spätestens seit Beginn der Massenproteste vor einem Jahr in einem rapiden Zerfallsprozess. Zahlreiche Träger von Schlüsselpositionen haben sich inzwischen der Opposition angeschlossen. Selbst religiöse Instanzen, die Großayatollahs, sind auf Distanz gegangen. Das Regime stützt sich nur noch auf Gewalt. Angesichts dieser Lage hätte eine gut organisierte Opposition mit einer klaren Führung und durchdachten Strategien die besten Aussichten auf Erfolg.


Proteste zum Jahrestag der Präsidentenwahl erstickt

Das Regime in Teheran hat zum Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl neue Massenproteste von Regierungsgegnern erfolgreich verhindert. Nach Angaben von Augenzeugen kam es am 12. Juni in der Hauptstadt Teheran lediglich zu einzelnen Zusammenstößen mit der Polizei und Sicherheitskräften. Größere Proteste gab es nicht. Dennoch gab es 91 Festnahmen von Verdächtigen, wie die Nachrichtenagentur ISNA am 13. Juni unter Berufung auf den iranischen Polizeichef Hussein Sadschadinia berichtete. Zu den Umständen der Festnahmen äußerte er sich nicht.

Vize-Polizeichef Ahmad-Resa Radan sagte der Agentur ISNA, "trotz der Propaganda der Feinde" habe es am 12. Juni keine Demonstrationen oder Unruhen gegeben. Einige "Verdächtige" seien festgenommen worden. Sicherheitskräfte waren laut Augenzeugen an verschiedenen Orten der Stadt in Stellung gegangen. Am Nachmittag habe es vereinzelte Auseinandersetzungen gegeben, sagten sie weiter. Eine unabhängige Bestätigung der Angaben war wegen der verhängten Nachrichtensperre nicht möglich.

Der oppositionellen Internetseite Kalameh.com zufolge kam es auf dem Campus der Universität zu "Zwischenfällen" zwischen Studenten und Angehörigen der regierungstreuen Bassidsch-Milizen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Borna riefen einige Studenten an der Teheraner Universität "Allah Akbar" (Gott ist mächtig). Der Ruf war im vergangenen Jahr zum Kennzeichen der Opposition geworden und wurde schon am Vorabend des Jahrestages nach Monaten wieder von den Dächern und Balkonen in einigen Stadtteilen Teherans gerufen.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich besorgt über die Lage in Iran. "Seit den Wahlen im Juni 2009 hat sich die Menschenrechtslage in Iran stark verschlechtert", sagte Ashton laut einer an 12. Juni in Brüssel verbreiteten Stellungnahme. Sie sprach von einem "Klima der Angst", in dem die Iraner leben müssten. Ashton rief die iranische Regierung auf, das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit zu garantieren. Die EU sei bestürzt über die Folterungen politischer Häftlinge und die Anwendung der Todesstrafe. "Wir nutzen diese Gelegenheit, um den Menschen in Iran zu versichern, dass sie nicht vergessen worden sind."

US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die Regierung in Teheran auf, die Rechte und die Würde ihrer Bürger zu achten. Ein Jahr nach den Wahlen "müssen noch immer viele politische Gefangene im Gefängnis leiden, und einigen von ihnen droht die Todesstrafe, weil sie ihre Meinung geäußert haben". Iran müsse umgehend alle inhaftierten Menschenrechtsaktivisten freilassen. Clinton forderte zudem die Freilassung von drei US-Bürgern, die vor fast einem Jahr bei einer Wanderung in der Grenzregion zum Irak festgenommen worden waren und seitdem inhaftiert sind.

Am 12. Juni 2009 war der ultrakonservative Präsident Mahmud Ahmadinedschad mit Hilfe eines eklatanten Wahlbetrugs wieder gewählt worden. In den Tagen danach zogen Hunderttausende von Menschen auf die Straßen. Die Sicherheitskräfte hatten die Proteste brutal niedergeschlagen. Laut offiziellen Angaben gab es dabei dreißig Tote, nach Angaben der Opposition sollen mehr als achtzig Menschen ums Leben gekommen sein. Tausende Regimegegner wurden festgenommen. Mehr als hundert von ihnen, darunter ehemalige reformorientierte Minister und Abgeordnete, wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Es gab mehrere Todesstrafen und Hinrichtungen. Dennoch leistete die Opposition neun Monate lang Widerstand.


Obama: Kampf der Iraner um Freiheit unterstützen

Zum ersten Jahrestag der umstrittenen Präsidentenwahl in Iran hat US- Präsident Barack Obama die Welt aufgerufen, die Iraner in ihrem Kampf für Freiheit zu unterstützen. "Es liegt in der Verantwortung aller freien Menschen und Nationen, klar zu machen, dass wir auf der Seite derjenigen sind, die Freiheit, Gerechtigkeit und Würde wollen", erklärte Obama am 11. Juni in Washington. Der Mut des iranischen Volkes gebe ein Beispiel für alle.


Angriff auf Auto von Karrubi

Schlägertrupps haben am 14. Juni nach Angaben oppositioneller Medien das Auto des iranischen Oppositionspolitikers Mehdi Karrubi angegriffen. Außerdem hätten sie während eines Besuchs von Karrubi bei Großayatollah Jussef Sanei dessen Haus in der Stadt Ghom umstellt, berichtete die Internetseite "Kalameh". Ein ungenannter Informant wurde zitiert, die Menge habe Sprechchöre gegen Sanei, Karrubi und Mussavi gerufen. Karrubis Sohn Hossein sagte der Webseite, das Auto seines Vaters sei bei dem Angriff vor Saneis Haus völlig zerstört worden.

Sanei ist einer der ranghöchsten schiitischen Gelehrten. Er hatte sich scharf gegen das gewaltsame Vorgehen der Regierung gegen Oppositionsanhänger nach der umstrittenen Präsidentenwahl vor einem Jahr gewandt. Das Internetportal "Dscharas" meldete, die Häuser Saneis sowie des im Dezember gestorbenen oppositionsnahen Großayatollahs Hossein Ali Montaseri seien angegriffen worden. Die Randalierer hätten Fensterscheiben zerschlagen, zitierte die Webseite Montaseris Sohn Said.


Regierung contra Parlament

Rund zweihundert Demonstranten versammelten sich am 22. Juni in Teheran vor dem islamischen Parlament mit der Forderung, die "unfähigen Abgeordneten" hinauszuwerfen. "Das Parlament der Aristokraten ist eine Schande", stand auf den Plakaten. Polizei und Sicherheitskräfte unternahmen keinen Versuch, die angeblich spontane Demonstration aufzulösen.

Aktueller Anlass für die Protestversammlung war ein Beschluss des Parlaments, mit dem die Mehrheit der Abgeordneten eine vom Obersten Rat der Kulturrevolution beschlossene Satzungsänderung der "Asad Universität" (Freie Universität) rückgängig machte. Doch in Wirklichkeit geht es um den erbitterten Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit auch innerhalb des konservativen Flügels der Islamischen Republik tobt.

Die Asad Universität ist die größte Bildungseinrichtung des Landes. Sie verfügt nicht nur über hunderte von Universitäten, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen, sie ist auch im Ausland, vor allem in den arabischen Nachbarstaaten, vertreten. Das gigantische Unternehmen, das 1983 auf Initiative des Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani gegründet wurde, sollte unabhängig von der Regierung einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Entwicklung leisten. Heute werden die Asad Universitäten von rund anderthalb Millionen Studierenden besucht.

Zum Vorstand der Universität gehören neben Rafsandschani auch der Oppositionsführer und ehemalige Ministerpräsident Mir Hossein Mussavi sowie einige moderate Konservative. Die Regierung von Mahmud Ahmadinedschad ist seit ihrer Amtsübernahme bemüht, den alten Vorstand zu verdrängen und die Asad Universität der eigenen Kontrolle zu unterwerfen. Nun hatte der Rat der Kulturrevolution, dem Ahmadinedschad vorsteht, eine diesem Ziel entsprechende Satzungsänderung beschlossen.

Das Parlament lehnte diesen Beschluss ab. Auch die Justiz entschied durch ein Urteil, dass der Rat der Kulturrevolution nicht zu einer Satzungsänderung der Asad Universität befugt sei.

Parlamentspräsident Ali Laridschani bezeichnete die Demonstration vor dem Parlament als einen Akt der Feindschaft gegen "eine der drei Gewalten" des islamischen Staates. Diese offene Beleidigung des Parlaments und seines Vorsitzenden lasse sich weder mit dem "Erbe des Ayatollah Chomeini vereinbaren noch mit dem Führungsstil des Revolutionsführers Ali Chamenei", sagte Laridschani.

Auch die beiden Oppositionsführer Mussavi und Mehdi Karrubi bezeichneten in einer gemeinsamen Erklärung die Attacken gegen das Parlament als eine bewusst "geplante" Aktion, die zur "Schwächung der Volksvertretung" führen soll. Ferner warfen sie der Regierung vor, einerseits legal angemeldete Demonstrationen nicht zuzulassen und es andererseits den eigenen Leute zu erlauben, jederzeit und gegen wen sie möchten zu demonstrieren. Diese Willkür bedrohe die Substanz des islamischen Staates.

Der sich zuspitzende Konflikt zwischen der Regierung Ahmadinedschad und dem Parlament, in dem die Konservativen die absolute Mehrheit haben, verdeutlicht einmal mehr die tiefe Spaltung, die sich spätestens seit der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads im Juni vergangenen Jahres und den darauf folgenden Unruhen vollzieht. Die Ultrarechten mit Revolutionsführer Chamenei und Präsident Ahmadinedschad an der Spitze streben ein Monopol der Macht an und sind dabei, mit Hilfe der Revolutionswächter und den Basidsch-Milizen nicht nur die Reformer, sondern nun auch die moderaten Konservativen auszuschalten. Wir haben es inzwischen praktisch mit einem Regime zu tun, das sich nur noch auf seine Militärmacht verlässt. Viele politische Beobachter sprechen bereits von einer Militärdiktatur.


Karrubi will Proteste fortsetzen

Der frühere iranische Parlamentspräsident Mehdi Karrubi hat die Unterdrückung der Proteste gegen die Präsidentenwahl in Iran vor einem Jahr erneut scharf verurteilt. "Die Wahl, die euch gestohlen wurde und das Recht, das euch ungerechterweise genommen wurde, sind ein Skandal, der nie ausgelöscht werden kann", schrieb der Oppositionsführer in einem "Brief an das iranische Volk" am 20. Juni auf seiner Internetseite. Auch ein Jahr später seien die Forderungen der Opposition "trotz aller Repression nicht vergessen, und sie haben sich sogar in allen Schichten der Gesellschaft weiter verbreitet". "Ich werde bis zum Ende durch den Pakt mit euch engagiert bleiben", betonte Karrubi.

Karrubi hatte bei der Wahl wie auch der ehemalige Regierungschef Mir Hossein Mussavi gegen den Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad kandidiert und war ihm unterlegen. Die Opposition wirft dem Präsidenten schweren Wahlbetrug vor.


30 Jahre Berufsverbot für kritische Journalistin

Eine regimekritische Journalistin in Iran wurde zu 30 Jahren Berufsverbot verurteilt. Zudem hat Jila Bani-Yaghub eine einjährige Bewährungsstrafe bekommen, weil sie mit ihren Berichten über die Proteste gegen Präsident Ahmadinedschad Propaganda gegen die Staatsführung betrieben habe, berichteten Webseiten der iranischen Opposition am 10. Juni. Bani-Yaghub hatte für mehrere reformorientierte Zeitungen gearbeitet. Ihr Mann Mahmud Amui war im vergangenen Jahr zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden und sitzt derzeit im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran.


Zahl der Hinrichtungen gestiegen

Die Bundesregierung nimmt an, dass die Zahl der Hinrichtungen in Iran im vergangenen Jahr gestiegen ist. Die Zunahme betrage nach unterschiedlichen Quellen zwischen 10 und 16 Prozent im Vergleich zu 2008. Dies geht aus einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor, die die Pressestelle des Bundestages am 27. Mai in Berlin veröffentlichte.

In Iran gebe es zwar keine offiziellen Statistiken zur Zahl der vollstreckten Todesstrafen, heißt es in der zitierten Antwort weiter. Unterschiedliche Quellen beziffern die Zahl der Hinrichtungen auf 270 bis mindestens 388. Seit dem Amtsantritt des Präsidenten Ahmadinedschad im Jahr 2005 gebe es damit eine Vervierfachung. Der Antwort zufolge kann die Todesstrafe nach iranischem Recht unter anderem für Mord, Hoch- und Landesverrat, Vergewaltigung und Rauschgiftschmuggel verhängt werden.


Reporter ohne Grenzen: 170 Journalisten in Iran festgenommen

Ein Jahr nach der umstrittenen Wiederwahl Ahmadinedschads hat Reporter ohne Grenzen (ROG) die Einschränkung der Pressefreiheit in Iran stark kritisiert. Das Ausmaß der Unterdrückung und Verfolgung kritischer Stimmen sei dramatisch, erklärte die Journalistenvereinigung am 9. Juni in Berlin. "Das iranische Regime hat einen ganzen Berufsstand von Journalisten und politischen Beobachtern zerschlagen."

Nach ROG-Angaben wurden in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 170 Journalisten und Blogger in Iran festgenommen. 37 von ihnen seien noch im Gefängnis, mehr als hundert Medienschaffende hätten ihre Heimat verlassen. Mit Inhaftierung, Folter, finanziellem Druck sowie sozialer und beruflicher Ausgrenzung werde ein "Zermürbungskrieg" geführt, heißt es.

Die Journalistenvereinigung kritisierte die Behörden für ihre gezielte Unterdrückung von Protesten, um den Rückhalt der Opposition in der Bevölkerung zu schwächen. Zudem übten die Revolutionären Garden Zensur aus, schlössen Zeitungen und nähmen Journalisten fest. Darüber hinaus werde durch gezielte Kontrollmaßnahmen bewusst die Verbreitung von Bildern und Filmmaterial gestört. Ausländische Korrespondenten seien dadurch gezwungen, das Land zu verlassen.


Amnesty wirft Iran Niederschlagung der Opposition vor

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Iran die brutale Niederschlagung der Oppositionsbewegung vorgeworfen. Die islamische Republik setze Folter und politisch motivierte Hinrichtungen gegen Regierungsgegner ein, hieß es in einem am 9. Juni veröffentlichten Bericht zum Iran. Journalisten, Studenten, Geistliche und politische Aktivisten seien in Haft genommen worden. Auch Anwälte, Intellektuelle, ehemalige politische Gefangene und Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten gerieten zunehmend ins Visier.

Präsident Ahmadinedschad hatte die Iraner gewarnt, dass die Regierung keine Proteste zum Jahrestag seiner umstrittenen Wiederwahl dulden würde. "Die iranische Regierung ist entschlossen, ihre Kritiker mundtot zu machen", sagte der amtierende Generalsekretär von Amnesty International, Claudio Cordone. Zugleich versuche sie zu verhindern, dass Übergriffe während der Proteste nach der Wahl ins Licht der internationalen Öffentlichkeit gelangten.

Nach Amnesty International wurden mehr als 80 Regierungsgegner zu bis zu 15 Jahren Haft verurteilt. Zwei wurden demnach vor Gericht gestellt und hingerichtet.


62.000 Iranerinnen wegen Missachtung der Kleiderordnung verwarnt

Wegen vermeintlich unzureichender Verschleierung wurden in der Provinz Ghom, deren gleichnamige Hauptstadt den Status einer heiligen Stadt genießt, 62.000 Frauen von der Polizei verwarnt. Zudem seien rund hundert Fahrzeuge beschlagnahmt worden, weil die weiblichen Insassen den Schleier nicht richtig getragen hätten, zitierte die Tageszeitung "Tehran Emruz" am 21. Juni den Polizeichef der Provinz, Mehdi Chorassani. Angaben darüber, in welchem Zeitraum die Verwarnungen ausgesprochen wurden, machte er nicht. In der Provinz Ghom leben mehr als eine Million Menschen, die meisten von ihnen in der 150 Kilometern südlich von Teheran gelegenen Hauptstadt.

Die Vorgaben gegen vermeintlich unzureichend verschleierte Frauen sind in Iran zu Beginn jedes Sommers Thema heftiger Debatten. Anfang Juni hatte Staatschef Mahmud Ahmadinedschad im staatlichen Fernsehen gesagt, er sei "strikt gegen" das Vorgehen der Polizei und halte es für "undenkbar, dass solche Aktionen zum Ergebnis führen". Konservative Religionsvertreter kritisierten Ahmadinedschad daraufhin. Die Polizei müsse durchsetzen, dass die religiöse Kleiderordnung des Islam befolgt werde.


Sunnitischer Rebellenchef Rigi hingerichtet

Am 20. Juni wurde der sunnitische Rebellenchef Abdolmalek Rigi in Iran hingerichtet. Der Anführer der Rebellengruppe Dschundallah sei am Morgen des 20. Juni gehängt worden, meldete IRNA. Die iranische Justiz hatte Rigi den Angaben zufolge wegen Anschlägen und bewaffneten Angriffen auf Sicherheitskräfte sowie Raubüberfällen zum Tode durch den Strang verurteilt. Er war seit sieben Jahren der führende Kopf der Dschundallah. Diese sollen seither Anschläge verübt haben, bei denen insgesamt 154 Menschen ums Leben kamen und 320 verletzt wurden. Allein bei einem Anschlag im Oktober in der Stadt Pischin wurden 42 Tote gezählt.

Die Gruppe Dschundallah wird für mehrere Anschläge in Sistan-Baluchistan verantwortlich gemacht. Die Provinz im Südosten des Landes, in der viele Sunniten leben, ist eine Hochburg des sunnitischen Widerstands gegen die schiitische Vorherrschaft in Iran.

Bei einer Aufsehen erregenden Flugzeugentführung wurde Rigi im Februar von den iranischen Sicherheitskräften gefasst. Iranische Agenten leiteten damals den Flieger mit dem Rebellenchef an Bord auf dem Weg von den Vereinigten Arabischen Emiraten nach Kirgistan in den Iran um. Ende Mai war bereits Rigis Bruder Abdolhamid hingerichtet worden.


TV zeigt Video mit einem angeblich in die USA entführten Atomphysiker

Das iranische Fernsehen hat erneut ein Video ausgestrahlt, bei dem es sich um einen vom US-Geheimdienst entführten iranischen Atomphysiker handeln soll. "Ich bin Schahram Amiri, Bürger der Islamischen Republik. Vor ein paar Minuten ist es mir gelungen, aus den Händen von Agenten des amerikanischen Geheimdienstes in Virginia zu fliehen", sagte ein Mann in dem am 29. Juni ausgestrahlten Video, das nach dessen Angaben vom 14. Juni stammt. "Jeden Moment kann ich erneut von amerikanischen Agenten gefasst werden", sagte der Mann weiter. Wenn ihm etwas zustoße und er nicht nach Iran zurückkehre, sei die US-Regierung dafür verantwortlich.

Der Mann in dem Video versicherte, dass er sein Land nicht verraten und keine Papiere an irgendjemanden übergeben habe. Er rief die iranischen Behörden sowie Menschenrechtsorganisationen auf, bei der US-Regierung auf seine Freilassung zu dringen. Am 7. Juni hatte das iranische Fernsehen schon einmal ein Video ausgestrahlt, in dem ein Mann, der sich als Amiri ausgab, beteuerte, vom US-Geheimdienst entführt worden zu sein. Er werde in Tucson im Bundesstaat Arizona festgehalten, sagte er darin. Iran hatte danach von den USA Informationen über den Physiker verlangt.

US-Außenamtssprecher Philip Crowley hatte daraufhin eine Entführung Amiris durch US-Behörden dementiert. Zu der Frage, ob Amiri sich in den USA aufhalte, wollte er sich nicht äußern. Amiri war im Juni 2009 nach seiner Ankunft zu einer Pilgerreise in Saudi-Arabien verschwunden. Ende März berichtete der US-Fernsehsender ABC, der Physiker sei übergelaufen und arbeite mit der CIA zusammen. Zu dem nun ausgestrahlten Video sagte ein US-Vertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur AFP, die Anschuldigung, "dieses Individuum" sei von den USA entführt worden, sei "lächerlich".


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Wirtschaft

UN-Sicherheitsrat stimmt für neue Sanktionen gegen Iran

Die Vereinten Nationen haben im Atomstreit mit Iran am 9. Juni schärfere Sanktionen verhängt. Im Un-Sicherheitsrat in New York stimmten zwölf der fünfzehn Mitglieder für eine vierte Sanktionsrunde, mit der Teheran gezwungen werden soll, auf sein umstrittenes Atomprogramm zu verzichten. Iran kündigte an, die Urananreicherung fortzusetzen.

Brasilien und die Türkei votierten gegen die Resolution 1929, der Libanon enthielt sich. Der von den USA mit Unterstützung Großbritanniens und Frankreichs eingebrachte Resolutionstext sieht eine erneute Verschärfung der Sanktionen vor, nachdem bereits 2006, 2007 und 2008 Strafen wegen des iranischen Atomprogramms beschlossen worden waren.

Folgende neue Sanktionen sind geplant:

Der Verkauf schwerer Waffen an Iran wird verboten. Das umfasst unter anderem Panzer, großkalibrige Geschütze, Kampfflugzeuge und Kampfhelikopter, Kriegsschiffe, Raketen und Raketentechnologie. Iran wird die Entwicklung oder der Test von Raketen untersagt, die atomare Sprengköpfe transportieren könnten. Staaten dürfen Iran keine Raketentechnologie liefern oder in anderer Form Unterstützung anbieten.

Schiffe mit dem Ziel Iran dürfen durchsucht werden, wenn der Verdacht besteht, dass sich an Bord von den Sanktionen betroffenes Material oder Gerät befindet. Die Kontrollen dürfen in Häfen wie auch auf hoher See erfolgen. Bei einem Fund muss das Material beschlagnahmt werden.

Iran wird untersagt, im Zusammenhang mit dem Atomprogramm im Ausland Recherchen etwa über Uran-Bergwerke anzustellen oder Investitionen in Raketentechnologien zu tätigen. Die Staaten sind angehalten, solche Recherchen oder Investitionen auf ihrem Territorium zu verhindern.

Internationale Finanztransaktionen müssen gestoppt werden, wenn sie einen Zusammenhang zu dem Atomprogramm Irans haben könnten. Auch sollen Staaten in solchen Fällen die Eröffnung von iranischen Banken auf ihrem Territorium untersagen und den eigenen Banken verbieten, in Iran Filialen zu eröffnen.

Die Auslandsvermögen einer weiteren Person sollen eingefroren werden, außerdem sind 22 Unternehmen und Organisationen aufgelistet, die mit dem Thema Atom oder ballistische Raketen zu tun haben. Vorgesehen sind Reisverbot für Mitglieder der Garden und für Angestellte der von ihnen geführten Firmen.

Der Handel mit Öl und Ölprodukten wurde allerdings - ein Zugeständnis an China - nur gestreift.

US-Außenministerin Hillary Clinton bezeichnete die Sanktionen als die bislang schärfsten gegen Iran. Sie verbieten Iran "alle Aktivitäten" in Zusammenhang mit ballistischen Raketen, die mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden können. Die Sanktionen richten sich insbesondere gegen die Revolutionsgarden.

In Teheran erklärte ein Sprecher des Außenministeriums im staatlichen Fernsehen, es handele sich um einen "unrichtigen" Schritt, der "die Situation weiter verkompliziert". Der iranische Botschafter bei der Internationalen Atombehörde IAEA in Wien, Ali Asghar Soltanieh, kündigte eine Fortsetzung der Uran-Anreicherung an. "Egal wie viele Resolutionen noch kommen, wir werden unsere Urananreicherung fortsetzen", sagte er. Präsident Ahmadinedschad hatte bereits zuvor gedroht, bei neuen Sanktionen nicht mehr mit den Vertretern der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands zu sprechen. Bei einem Treffen mit Iranern in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe am 9. Juni sagte Ahmadinedschad: "Wir werden von links und rechts mit Drohungen und Sanktionen überschüttet. Für uns ist das wie eine lästige Schmeißfliege." Ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtete von einer äußerst emotionalen Reaktion Ahmadinedschads. "Gegen uns sind nun Sanktionen erlassen worden. Für uns ist das wie eine Serviette, mit der man sich den Speichel abwischt und sie dann in den Müll wirft. Wir haben Ausdauer und werden dem widerstehen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte die neuen Sanktionen. "Ich halt das für eine wichtige Stunde der internationalen Diplomatie", sagte Merkel am 9. Juni in Berlin. Die Welt habe deutlich gemacht, dass sie entschlossen sei eine atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Es sei schade, dass Brasilien und die Türkei nicht der Resolution zugestimmt hätten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte ebenfalls die neuen Sanktionen. Ziel bleibe eine "diplomatische Lösung", erklärte er in Berlin.

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin äußerte sich trotz Zustimmung seines Lands zu den Sanktionen skeptisch über die Wirksamkeit. Insgesamt seien Sanktionen "nicht effektiv", sagte Putin in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. So entwickle Nordkorea sein Atomprogramm trotz internationaler Sanktionen weiter.

Israel begrüßte die Sanktionen. "Die größte Gefahr für den Frieden ist, wenn die gefährlichsten Regime der Welt die gefährlichsten Waffen der Welt bekommen", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan wollte hingegen "Diplomatie, Diplomatie, Diplomatie". Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva nannte die Sanktionen einen "Irrtum". "Anstatt Iran an den Verhandlungstisch zu rufen, haben sie nach meiner persönlichen Meinung aus Halsstarrigkeit beschlossen, die Sanktionen aufrechtzuerhalten." Auch die Organisation Islamischer Konferenz (OIC) mit Sitz in Dschidda zeigte sich skeptisch: "Die neuen Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran werden sich negativ auf die Bemühungen um eine friedliche Lösung durch Dialog und Verhandlungen auswirken."

In Wien übergaben Vertreter der USA, Frankreichs und Russlands der IAEA ihre Stellungnahmen zu dem Vorschlag Irans für eine Urananreicherung im Ausland. Dieser war im vergangenen Monat mit Brasilien und der Türkei ausgehandelt worden. Die IAEA machte keine Angaben zu dem Inhalt der Stellungnahmen. Bekannt ist, dass die US-Delegation den Vorschlag ablehnt.

Im Bemühen um eine Einigung im Atomstreit hatte die IAEA Teheran zunächst vorgeschlagen, sein angereichertes Uran im Ausland gegen Brennstäbe für einen Forschungsreaktor zu tauschen. Iran lehnte dies jedoch ab und handelte mit Brasilien und der Türkei einen Vorschlag aus, der neben der Anreicherung von iranischem Uran im Ausland auch eine weitere Anreicherung in Iran zulassen würde.


US-Kongress stimmt für neue Sanktionen

Der US-Kongress hat neue Sanktionen im Atomstreit mit Iran gebilligt. Nach einem einstimmigen Votum des Senats stimmte am 25. Juni auch das Repräsentantenhaus für den Gesetzesentwurf, der zwischen den beiden Kammern ausgehandelt worden war. 408 Abgeordnete stimmten im Repräsentantenhaus für den Text, acht waren dagegen. Mit der Verabschiedung durch den Kongress kann der Entwurf nun Präsident Barack Obama zur Unterzeichnung vorgelegt werden.


EU will zusätzliche Sanktionen

Die EU verschärft ihre Sanktionen gegen Iran weit über die vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Strafmaßnahmen hinaus. Die Außenminister einigten sich am 14. Juni überraschend auf einen konkreten Katalog, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle bekannt gab. Verabredet wurden weitere Einschränkungen im Handel mit Gütern, die gleichzeitig militärisch und zivil genutzt werden können. Weitere Versicherungs- und Finanzinstitute sollen auf Schwarze Listen gesetzt werden, ebenso Verkehrsunternehmen wie die staatliche Schifffahrtslinie IRISL.

Auch die Gas- und Ölindustrie wird getroffen. Verboten sind hier Investitionen, technische Hilfe, der Transfer von Technologien, Ausrüstung und Dienstleistungen, sagte Westerwelle weiter. Überdies habe man sich auf neue Visabeschränkungen und das Einfrieren von Konten bei den Revolutionsgarden geeinigt.

Es gebe Unternehmen, die sich fragten, was die Sanktionen für ihre Geschäfte bedeuteten, räumte der Minister ein. Immerhin ist Deutschland in der EU der größte Handelspartner Irans, und Lobbyisten haben bereits vor Nachteilen für die Industrie gewarnt. "Aber was würde eine atomare Bewaffnung Irans bedeuten", entgegnete Westerwelle. "Wir sind nicht bereit zuzusehen. Wir müssen mit eigenen Maßnahmen unseren Beitrag leisten, dass die iranische Regierung an den Verhandlungstisch zurückkehrt."

Der russische Präsident Dmitri Mewedew hat laut einem Medienbericht die zusätzlichen Sanktionen der USA und EU kritisiert. Er sorge sich, dass die neuen Beschlüsse eher die Bevölkerung träfen als die Regierung der Islamischen Republik, sagte Medwedew in einem am 10. Juni veröffentlichten Interview mit Wall Street Journal. Er bemängelte auch die fehlende Abstimmung. Russland habe erst vor einer Woche im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen neuen Strafmaßnahmen zugestimmt. Die jetzt beschlossenen Sanktionen gingen über die Beschlüsse der UNO weit hinaus. "Dazu haben wir uns nicht bereiterklärt, als wir eine gemeinsame Lösung bei den Vereinten Nationen diskutierten."


Putin: Verzicht auf Raketenlieferung an Iran wird teuer

Der russische Regierungschef Wladimir Putin geht davon aus, dass der Verzicht Russlands, Luftabwehr-Raketen nach Iran zu liefern, sein Land teuer zu stehen kommen wird. "Die Iraner sind sehr unzufrieden, sie werden jetzt versuchen, Strafen wegen Nicht-Erfüllung des Vertrags zu verhängen", sagte Putin nach Angaben französischer Medien am 11. Juni in Paris. Er war dort mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu einem Arbeitsessen zusammengekommen.

Der Kreml hatte zuvor mitgeteilt, das Russland wegen der US-Sanktionen gegen Iran keine modernen Luftabwehrsysteme an Teheran liefern werde. Die von den Iranern bestellten Anlagen vom Typ S-300 fielen unter die neue Resolution. Französische Medien berichteten, Sarkozy habe Putin zu der Entscheidung beglückwünscht. Dies sei eine "äußerst mutige" Maßnahme gewesen, "die Russland viel kosten wird."

Moskau hatte den Vertrag mit Iran über die Lieferung des Luftabwehrraketen-Systems bereits vor Jahren geschlossen, aber nie umgesetzt. Die USA räumten ein, dass der Vertrag nicht ausdrücklich unter die jüngsten Sanktionen falle, die der UN-Sicherheitsrat im Atomstreit mit Iran verhängt habe. Auch Washington lobte Moskau für sein Verhalten.


Iran will neue Bedingungen für Atomgespräche bekannt geben

Die iranische Regierung will Anfang Juli neue Bedingungen für die Wiederaufnahme von Gesprächen über ihr umstrittenes Atomprogramm bekannt geben. Sein Land wolle erneut verhandeln, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad nach Angaben des staatlichen Fernsehens IRIB am 24. Juni.

Der iranische Präsident verurteilte zugleich erneut die jüngsten UN-Sanktionen, die er als "nutzlos" beschrieb. Die iranische Regierung hatte bereits signalisiert, dass sie zu Gesprächen mit China, Frankreich, Großbritannien, Russland, den USA und Deutschland bereit ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Teheran weiterhin an der umstrittenen Urananreicherung festhalten wird.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat sich um Verhandlungen mit dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalali bemüht, eine Antwort der Iraner auf das Gesprächsangebot steht aber noch aus.

Vier Tage nach der Ankündigung schränkte Iran seine Gesprächbereitschaft ein. Als Reaktion auf die jüngste Sanktionsrunde werde sein Land frühestens Ende August zu Verhandlungen bereit sein, sagte Ahmadinedschad am 28. Juni. Er verlangte eine stärkere Einbeziehung der Türkei und Brasiliens in die Verhandlungen.


Zwei UN-Atominspektoren Einreise verweigert

Iran hat zwei Inspektoren der UN-Atomaufsichtsbehörde IAEA die Einreise verweigert. Die beiden seien im Land unerwünscht, weil sie einen nicht wahrheitsgemäßen Bericht über die Nuklearprojekte des Landes verfasst hätten, sagte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, am 21. Juni. Einzelheiten wurden nicht bekannt.


Große Erdgas-Reserven entdeckt

In Iran sind neue Erdgasvorkommen entdeckt worden. In dem im Nordwesten des Landes gelegenen Toos-Feld seien Reserven in Volumen von 62 Milliarden Kubikmeter gefunden worden, zitierte die Zeitung "Keyhan" am 20. Juni den Generaldirektor der Nationalen Iranischen Ölgesellschaft, Ahmad Kalebani. Zur Erschließung seien sechs neue Bohrlöcher nötig.

Iran verfügt über die zweitgrößten Erdgas-Reserven der Welt nach Russland. Fehlende Technologie, Sanktionen und andere Faktoren beschränken jedoch die Exporte der Islamischen Republik.


Total liefert keinen Treibstoff mehr nach Iran

Nach den jüngsten Sanktionen der Vereinigten Staaten gegen Iran liefert auch der französische Erdölriese Total keinen Treibstoff mehr in die Islamische Republik. Total habe den Verkauf von Treibstoff und Raffinerieerzeugnissen "ausgesetzt", teilte das Unternehmen am 28. Juni mit. In unternehmensnahen Kreisen hieß es, es werde schon "seit mehreren Wochen" kaum mehr geliefert, es handele sich aber nur noch um sehr geringe Mengen.

Total hatte im April in seinem Jahresbericht angekündigt, dass die seinerzeit von den USA geplanten Strafen gegen Iran sich "erheblich ungünstig" auf die Geschäftsergebnissen auswirken könnten.

Iran gehört zwar zu den größten Rohölproduzenten der Welt, muss jedoch wegen seiner veralteten Raffinerien Treibstoff einführen, um den eigenen Bedarf zu decken. Ein Drittel der Lieferungen kommt laut Medienberichten aus China.

Große Erdölkonzerne wie die britisch-niederländische Gruppe Royal Shell, der norwegische Konzern Statoil und die italienische ENI ziehen sich derzeit aus Iran zurück.


Nur 0,5 Prozent der deutschen Exporte gehen nach Iran

Für die deutsche Wirtschaft sind die Exporte nach Iran von geringer Bedeutung. 2009 gingen nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts weniger als 0,5 Prozent der Waren in die Islamische Republik, insgesamt betrug der Wert des Exports rund 3,7 Milliarden Euro. In der deutschen Rangliste der Exportländer stand Iran damit auf Platz 38. Die Importe aus Iran betrugen rund 538 Millionen Euro, das bedeutet Platz 66.

Wichtigste Exportgüter waren für mehr als 1,2 Milliarden Euro Maschinen, für 386 Millionen Euro wurden chemische Erzeugnisse und für 338 Millionen Euro elektrische Ausrüstungen geliefert. Weitere Exportprodukte waren Metalle, Autos, Computer oder auch Arzneimittel. Bei den Importen nach Deutschaland stand mit 275 Millionen Euro die Kategorie Erdöl und Erdgas an der Spitze, gefolgt von Landwirtschaftsprodukten.

Für die Wirtschaft Irans ist Deutschland dagegen von großer Bedeutung als Handelspartner. Nach China und den Vereinigten Arabischen Emiraten stand Deutschland bei den iranischen Importen im Jahr 2008 auf Platz drei, wie Germany Trade & Invest, die frühere Bundesagentur für Außenwirtschaft, berichtete. So kamen 8,9 Prozent aller Importe Irans aus Deutschland. Bei den Abnehmerländern iranischer Waren taucht Deutschland dagegen nicht auf den ersten fünf Plätzen auf.


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Außenpolitik

G8-Staaten erhöhen Druck auf Nordkorea und Iran

Die G8-Staaten haben Nordkorea und Iran in der Abschlusserklärung ihres diesjährigen Gipfels scharf kritisiert. Die Regierung in Pjöngjang habe mit dem Angriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff gefährliche Spannungen geschürt, die sich weit über Nordost-Asien ausbreiten könnten, hieß es in der Erklärung am Ende des zweitägigen G8-Gipfels am 26. Juni im kanadischen Huntsville. "Solch ein Vorfall ist eine Herausforderung für den Frieden und die Sicherheit in der Region und darüber hinaus." Es müssten "angemessene Schritte" gegen die Täter unternommen werden. Bei dem Vorfall waren 46 südkoreanische Marinesoldaten gestorben.

Neben Nordkorea stand Iran im Fokus der Erklärung. Die acht führenden Industrieländer - USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien und Russland - riefen alle Staaten dazu auf, die neuen Sanktionen gegen die Islamische Republik vollständig umzusetzen. "Wir sind hochgradig besorgt über die fehlende Transparenz Irans im Hinblick auf seine atomaren Aktivitäten und sein Vorhaben, die Anreicherung von Uran fortzusetzen und auszuweiten, bis zu fast 20 Prozent", hieß es in dem Abschlusskommunique.


Ahmadinedschad kritisiert Atommächte - Verstimmung bei China-Besuch

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat bei einem besuch in China den USA und anderen Atommächten vorgeworfen, die Nukleartechnologie für ihre Interessen zu "monopolisieren". "Nuklearstaaten erlauben den anderen nicht einmal die friedliche Nutzung der Atomenergie", sagte Ahmadinedschad am 11. Juni nach Angaben des arabischen Senders Al-Dschasira bei einem Besuch auf der Weltausstellung in Shanghai. Teheran beharrt darauf, dass sein umstrittenes Atomprogramm nur friedlichen Zwecken diene.

Ahmadinedschad ging nicht auf die Verstimmung ein, die das befreundete China mit seiner Unterstützung der neuen UN-Sanktionen hervorgerufen hatte. Auffälliger Weise traf Ahmadinedschad bei seinem China-Besuch auch keinen chinesischen Spitzenpolitiker. "Er kommt nur für die Expo", sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Peking. "Es gibt kein Arrangement, um chinesische Führer zu treffen." Auf der Expo 2010 nahm Ahmadinedschad am iranischen Nationaltag teil.

Nach der Verhängung neuer Sanktionen hatte Teheran Kritik und Verwunderung ausgedrückt, dass China im Weltsicherheitsrat für die Resolution gestimmt hatte. Die Haltung werde negative Auswirkungen auf die Beziehungen Pekings zur islamischen Welt haben, sagt ein iranischer Regierungsvertreter.

Ahmadinedschad hatte schon nicht am Gipfel der Shanghai Kooperationsorganisation (SCO) am 10. Juni teilgenommen, zu dem Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao nach Usbekistan gereist war. Iran genießt Beobachterstatus in der Gruppe, zu der außer China, Russland und Usbekistan auch Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan gehören.

China, das Wirtschafts- und Energieinteressen in Iran verfolgt, hatte nach langem Zögern die UN-Resolution gestützt, plädiert aber unverändert für Dialog in dem Streit. Aus chinesischer Sicht ist die Tür für diplomatische Bemühungen weiter offen. China wolle die Wirksamkeit der internationalen Mechanismen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen sowie Frieden und Stabilität im Nahen Osten wahren, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.


CIA: Iran könnte 2012 Atombomben haben

Iran verfügt nach Einschätzung von CIA-Chef Leon Panetta über genügend niedrig angereichertes Uran für zwei Atombomben. Sollte es das Regime in Teheran darauf anlegen, könnten diese Nuklearwaffen 2012 einsatzbereit sein, sagte Panetta am 27. Juni dem Sender ABC. In einer ersten Reaktion betonte Russlands Präsident Dimitri Medwedew, dass dies genau überprüft werden müsse.

"Sollten die Behauptungen der amerikanischen Geheimdienste bestätigt werden, würde dies die Lage deutlich verschärfen", sagte Medwedew nach dem G20-Gipfeltreffen im kanadischen Toronto. Beim vorherigen Treffen der G8-Staats- und Regierungschefs sei die Frage der nuklearen Sicherheit gründlich erörtert worden, darunter vor allem die Lage der Länder, "die große Zweifel hervorrufen: Iran und Nordkorea".

Um Atombomben zu bauen müsse Iran das Uran zunächst hoch anreichern, sagte Panetta. "Und wir würden schätzen, dass es, wenn sie sich dafür entscheiden, wahrscheinlich ein Jahr dauern würde, diesen Punkt zu erreichen. Wahrscheinlich würde es ein weiteres Jahr dauern, die geeignete Art von Trägersystem zu entwickeln, um die Waffen einsatzbereit zu machen."

Der Chef des Geheimdienstes äußerte die Überzeugung, dass Iran trotz der jüngsten UN-Sanktionen weiterhin an seinen Nuklearkapazitäten arbeite. Es gebe in Teheran "eine anhaltende Diskussion darüber, ob sie mit der Bombe weitermachen sollten oder nicht. Aber sie entwickeln ganz klar ihre nuklearen Fähigkeiten, und das gibt Anlass zur Besorgnis ... darüber ... was ihre Absichten sind."

Medwedew äußerte sich über den CIA-Bericht: Zwar müsse die Information überprüft werden, sie gebe jedoch Anlass zur Sorge, da das Atomprogramm der Islamischen Republik nicht transparent sei, sagte der russische Präsident. Sollte die CIA-Information zutreffen, würde das die Spannungen anheizen. Für diesen Fall schließe er Konsequenzen nicht aus. Russische Spitzenpolitiker äußern sich selten öffentlich zu Berichten des amerikanischen Geheimdienstes. Medwedews Erklärung deutet auf wachsende Differenzen mit Iran hin. Präsident Ahmadinedschad hatte der Führung in Moskau vorgeworfen, sich dem Druck der USA zu beugen.


Teheran wirft USA "psychologische Kriegsführung" vor

Mit Blick auf den neuesten CIA-Bericht warf Teheran den USA vor, einen "psychologischen Krieg" zu führen. Damit sollten "die friedlichen Atomaktivitäten des Iran verunglimpft werden", sagte Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast am 28. Juni nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.


UN drängen auf Gespräche mit Teheran

Im Atomstreit mit Iran drängt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf eine neue Verhandlungsrunde. Auch wenn der Sicherheitsrat im Juni weitere Sanktionen gegen Iran beschlossen habe, stehe die Tür für eine diplomatische Lösung weiterhin offen, sagte Ban am 28. Juni vor Reportern. Iran hatte wenige Stunden zuvor seine Bereitschaft zur Rückkehr an den Verhandlungstisch erklärt. Nach den Worten von Präsident Ahmadinedschad sollten neue Gespräche aber erst in einigen Wochen stattfinden - als Bestrafung des Westens für die neuen Sanktionen.

Ban sagte weiter, er habe am Wochenende beim Gipfeltreffen der Industrie- und Schwellenländer (der G20) mit hochrangigen EU-Vertretern über den Atomstreit gesprochen. "Ich werde die Führungsspitzen dieser Welt und die betroffenen Parteien weiterhin dazu drängen, ihre Beratungen wieder aufzunehmen, um letztendlich zu einer Lösung in dieser Angelegenheit zu kommen."

Geht es nach Ahmadinedschad, dann finden neue Verhandlungen frühestens Ende August statt. Dem Westen müsse beigebracht werden, wie man einen Dialog mit anderen Ländern führe, begründete er das. Zugleich müsse der Westen seine herrische Haltung ablegen und freundlichere Länder an den Gesprächen beteiligen, forderte der Präsident in seiner ersten Pressekonferenz nach dem Beschluss neuer Sanktionen im US-Kongress weiter.

Dabei wies er auch den CIA-Bericht zurück. "Fürchten sie sich so sehr vor zwei Bomben? In ihren Arsenalen stehen 20.000 Bomben und sie fürchten sich so sehr vor der Möglichkeit, dass zwei Bomben existieren könnten? Das ist wirklich erstaunlich." Iran habe betont, dass nur politisch zurückgebliebene Länder Atombomben besäßen; jene, denen es an Logik fehle. "Was ist der Nutzen solcher Bomben?"


Gates: Iran könnte Europa mit hunderten Raketen angreifen

Das iranische Raketenarsenal stellt nach Worten von US-Verteidigungsminister Robert Gates eine große Bedrohung für Europa dar. Geheimdienstkenntnisse zeigten, die islamische Republik würde im Fall eines Angriffs nicht bloß eine Handvoll Geschosse auf Europa abfeuern, sondern wohl eher ganze Salven, sagte Gates am 17. Juni bei einer Kongressanhörung. Dutzende, wenn nicht gar Hunderte Raketen könnten so Europa erreichen, warnte Gates.

Die Informationen des Geheimdienstes sind Gates zufolge ein Grund für den im Herbst eingeleiteten Umbau der US-Raketenabwehr gewesen. Die USA hatten im September Pläne für einen Raketenschild in Osteuropa gekippt und dies unter anderem mit einer veränderten Bedrohungslage durch Iran begründet. Statt des Schilds sollen nun - zusätzlich zu den auf dem Kontinent stationierten Abfangraketen - mit modernen Abfangsystemen ausgerüstete Kriegsschiffe vom Mittelmeer und der Nordsee aus flexibel für die Sicherheit der europäischen Verbündeten und der dort stationierten US-Soldaten sorgen. Gates zufolge sollen die neuen Waffen etwa im Jahr 2020 einsatzbereit sein.


Irans Militärmacht

Die Islamische Republik ist eine hochgerüstete Regionalmacht. Wie dpa am 10. Juni meldete, unterhält Iran mit zusammen 523.000 Mann bei regulärer Armee und Revolutionsgarden die zahlenmäßig größte Streitmacht im Nahen und Mittleren Osten. Zudem kann Iran im Kriegsfall bis zu einer Million Kämpfer der Volksmiliz mobilisieren.

Seit Jahren hat die Islamische Republik ein strategisches Raketenarsenal aufgebaut. Auf Basis der hauptsächlich von Nordkorea gelieferten Scud-Raketen wurden bis zu 600 Schahab-1- und Schahab-2-Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern gebaut. Von der Schahab-3, die 2000 Kilometer weit fliegen kann, soll es bereits etwa 50 geben. Zum Schutz von Irans strategischen Waffen sollte Russland etwa 30 modernste Kurzstrecken-Luftabwehrraketen liefern.

In der iranischen Luftwaffe dienen 42000 Soldaten, davon 12000 bei der Luftabwehr. Etwa 310 Kampfjets soll es geben, davon sind etwa siebzig russischer Herkunft, 180 stammen aus früheren US-Lieferungen. Das Heer ist mit 350000 Mann die größte Teilstreitkraft und verfügt über 1600 Kampfpanzer. Die Marine hat 18000 Mann. Für sein modernes Arsenal ist Iran auf Militärlieferungen aus dem Ausland angewiesen. Hier dürften die jetzt verschärften Sanktionen das Regime besonders treffen. Nach der neuen Resolution des UN-Sicherheitsrats dürfen Raketensysteme, Kriegsschiffe, Panzer und Kampfhubschrauber nicht mehr an Iran verkauft werden. Es ist davon auszugehen, dass sich nicht alle Staaten an diesen Beschluss halten werden. Zudem besteht immer die Möglichkeit, Waffen und Rüstungsgüter auf dem Schwarzmarkt zu erhalten.

Die neuen Sanktionen sollen die Revolutionsgarden am stärksten treffen. Diese Säule des Systems unterhält neben den regulären Streitkräften separate Truppenteile mit mehr als 100000 Gardisten als Heer, rund 20000 Mann bei einer Marinegarde und etwa 5000 bei einer eigenen Luftwaffe. Für Mitglieder der Revolutionsgarden sowie Mitarbeiter ihrer Firmen gilt nun ein Reiseverbot.


US-Generalstabschef gegen Angriff auf Iran

Trotz wachsender Sorge über das iranische Atomprogramm hat sich Generalstabschef Mike Mullen gegen einen Angriff auf Iran ausgesprochen. Ein Militärschlag gegen Iran wäre "unglaublich destabilisierend" für die Region, sagte Mullen am 28. auf einer Sicherheitskonferenz in Aspen. Er glaube, dass auch Israel dies verstehe, fügte der Admiral hinzu, der gerade erst von einer Reise in den Nahen Osten zurückgekehrt ist. Israel befürchtet einen iranischen Angriff, sollte Teheran eines Tages über Atomwaffen verfügen. Mullen bekräftigte, es wäre "unglaublich gefährlich", wenn Iran dies gelingen sollte.


Medien: Israel darf saudischen Luftraum bei Angriff auf Iran nutzen

Im Falle eines Angriffs auf die umstrittenen iranischen Atomanlagen will Saudi-Arabien Israel laut einem Pressebericht seinen Luftraum nutzen lassen. Wie die britische Zeitung "The Times" am 12. Juni unter Berufung auf US-Quellen berichtete, führe die Regierung in Riad bereits Tests durch, damit ihre eigenen Flugzeuge nicht betroffen sein würden und kein Flugzeug irrtümlich abgeschossen werde. Riad dementierte den Bericht umgehend.

Die Vorbereitungen liefen mit Einwilligung des US-Außenministeriums, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Armeekreise. Demnach soll es einen schmalen Luftkorridor im Norden des Landes für die israelische Luftwaffe geben. Mögliche Ziele eines Luftangriffs seien die Urananreicherungsanlagen Natans und Ghom, die Anreicherungsanlage in Isfahan sowie der Schwerwasserreaktor in Arak. Das saudisch-arabische Außenministerium bezeichnete den Bericht als "lügenhafte Behauptung", wie es in einer von der Nachrichtenagentur SPA verbreiteten Erklärung hieß. Saudi-Arabien weise jede Verletzung seiner Souveränität und jede Nutzung seines Luftraums für einen Angriff auf andere Länder zurück.


Fidel Castro warnt vor Krieg zwischen USA und Iran

Kubas Ex-Präsident Fidel Castro hat vor einem drohenden Krieg zwischen den USA und Iran gewarnt. Wenn amerikanische und israelische Schiffe versuchten, iranische Handelsschiffe zu kontrollieren, werde ein "Geschoss-Regen" in beide Richtungen entfesselt. "Das wird genau der Monat sein, in dem der schreckliche Krieg beginnt. Es ist nicht möglich, vorherzusagen, wie viele Schiffe von welcher Flagge versenkt werden", schrieb Castro in seinen am 28. Juni veröffentlichten "Reflexionen".

Castro berief sich in dem Beitrag auf Äußerungen der iranischen Revolutionsgarden, die den USA und deren Verbündeten für den Fall von Schiffsinspektionen mit einer Antwort im Persischen Golf und der Straße von Hormos gedroht haben. Die Revolutionsgarden verfügten nach eigenen Angaben über hunderte mit Raketen bewaffnete Schiffe.


Iran bestellt deutschen Botschafter ein

Das iranische Außenministerium hat einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge den deutschen Botschafter einbestellt. In dem Bericht vom 22. Juni heißt es, Anlass sei ein Handgemenge in der deutschen Botschaft, bei dem eine Frau verletzt worden sei. Einzelheiten wurden nicht genannt. Zahlreiche Iraner versammeln sich jeden Morgen vor der deutschen Botschaft, um Visa zu beantragen. Während der Sommermonate ist der Andrang besonders groß, es kommt häufig zu Reibereien.

Der Sprecher des Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, sagte, der Vorfall, der sich gegen eine iranische Staatsbürgerin richte, werde zurzeit geprüft. "Wir werden es nicht erlauben, dass unsere Staatsbürger beleidigt werden." Auf die Frage, wie Iran mit dem Vorfall umgehen werden, sagte Mehmanparast: "Wir werden jeden Schritt der Staatsbürgerin gegen die deutsche Botschaft voll unterstützen."

Iranischen Medien zufolge habe der deutsche Botschafter erklärt, ihm sei der Vorfall nicht bekannt. Er werde den Vorwurf der "Beleidigung und Gewaltanwendung" ernsthaft prüfen.

Laut Berichten soll es sich bei der Betroffenen um eine 55-jährige Frau handeln. Sie soll von Angestellten der Botschaft geschlagen worden sein und sich im Teheraner Krankenhaus Sina befinden.

Die deutsch-iranischen Beziehungen sind zurzeit wegen des Konflikts um das iranische Atomprogramm und der Missachtung der Menschenrechte in Iran recht distanziert.

Wenige Tage bevor der deutsche Botschafter einbestellt wurde, hatte Teheran den britischen Botschafter einbestellt. Dabei sei es um mutmaßliche Verstrickungen Großbritanniens in ein Terrorkomplott gegangen, teilte das britische Außenministerium am 16. Juni mit. Britische Staatsbürger sollen vom Exil aus eine militante Organisation unterstützt haben, um Irans Präsident Ahmadinedschad zu schaden.

Botschafter Simon Gass wies die Anschuldigungen den Angaben zufolge zurück. London verurteilt Terroraktivitäten überall auf der Welt, habe Gass klargemacht. Die Sache werde damit als erledigt angesehen, hieß es im Außenministerium.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und London gelten seit den blutigen Protesten nach den Präsidentschaftswahlen als frostig. Iran hatte den Briten vorgeworfen, die Proteste damals fortlaufend unterstützt zu haben.


Kein iranisches Hilfsgüter-Schiff für Gaza

Am 14. Juni meldeten internationale Agenturen ebenso wie iranische Medien, Iran habe beschlossen zwei Schiffe mit Hilfsgütern in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen zu schicken. Ein Schiff habe bereits am 12. Juni abgelegt, ein weiteres werde am 18. Juni folgen. An Bord seien Lebensmittel, Baumaterial und Spielsachen. Die Lieferungen seien Teil der internationalen Bemühungen, die von Israel verhängte Blockade des palästinensischen Küstengebiets zu durchbrechen. Iran werde bis zum Ende der Blockade Hilfen dorthin verschiffen, kündigte ein Sprecher der iranischen Gesellschaft für Verteidigung der palästinensischen Nation an.

Einem iranischen Zeitungsbericht zufolge hatten sich 200.000 iranische Jugendliche zur Teilnahme an der Aktion gemeldet. Berichte über eine mögliche Begleitung der Schiffe durch die iranischen Revolutionsgarden wurden dementiert. Ihr stellvertretender Chef, Hossein Salami, sagte der amtlichen Agentur IRNA zufolge, es gebe keine derartigen Pläne. Ein solcher Einsatz würde nach Einschätzung von Experten das Risiko einer größeren Konfrontation mit Israel bergen.

Iran spricht Israel das Existenzrecht ab und sympathisiert mit der Palästinenserorganisation Hamas. Israel verdächtigt Iran, Waffen in den Gazastreifen zu schmuggeln. Iran selbst hat stets den Vorwurf der Waffenlieferung zurückgewiesen und gesagt, das Land liefere der Hamas lediglich moralische Unterstützung.

Israels Truppen hatten Anfang Juni gewaltsam das türkische Schiff "Mavo Marmara" einer internationalen "Solidaritätsflotte", das die israelische Blockade brechen und Hilfsgütern in den Gazastreifen bringen wollte, gestürmt; dabei wurden mindestens neun Menschen getötet. Israel wurde für sein Vorgehen weltweit scharf kritisiert. Danach erklärte es sich bereit, die Blockade zu lockern.

Am 21. Juni erklärte die iranische Hilfsorganisation Roter Halbmond, es sei bislang noch kein Schiff für den Gazastreifen entsandt worden. Ein Sprecher der Organisation sagte der Nachrichtenagentur ISNA am 21. Juni, wegen mangelnder internationaler Koordination hätten die Lieferungen Iran noch nicht verlassen. Ein Datum stehe ebenfalls noch nicht fest.

Am 22. Juni meldete das staatliche iranische Fernsehen, am 27. Juni werde ein Schiff mit 1.100 Tonnen Hilfsgütern auf eine zweiwöchige Fahrt in Richtung Gaza Iran verlassen. An Bord seien auch fünf Journalisten.

Am 25. Juni verlautete schließlich aus Teheran, Iran wolle nun doch kein Schiff mit Hilfsgütern in den Gaza schicken. "Die Reise wird nicht stattfinden", sagte der Generalsekretär einer vom islamischen Parlament gegründeten Unterstützungsorganisation für die Palästinenser, Hossein Scheincholeslam, laut IRNA.

Israel habe aus der Aktion eine "politische Angelegenheit" gemacht. "Wir wollen dieser Art von humanitärer Hilfe nicht politisch aufladen", sagte Scheincholeslam. "Das Wichtigste ist für uns, die Blockade zu brechen." Die Hilfslieferung werde den Bewohnern des Gazastreifens nun "mit anderen Mitteln" gebracht.

Israels Handelsminister Benjamin Ben Elieser drohte indes iranischen Aktivisten einer möglichen neuen Flottille für den Gazastreifen mit ihrer Verhaftung. Sollten iranische Aktivisten versuchen, die Blockade des Gazastreifens zu durchbrechen, würden sie festgenommen, sagte Elieser der Financial Times Deutschland am 28. Juni. "Sie kommen herein, aber sie kommen nicht mehr heraus." Dies sagte Elieser im Hinblick auf Berichten in der iranischen Presse, demzufolge iranische Aktivisten und Politiker erwägen, an Bord libanesischer Schiffe in den Gazastreifen zu gelangen.


Proteste bei Paris

Mehrere tausend Menschen haben am 26. Juni nahe der französischen Hauptstadt Paris gegen das Teheraner Regime protestiert. An der von Exiliranern organisierten Demonstration in Taverny beteiligten sich auch der frühere Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen, John Bolton, und der ehemalige spanische Regierungschef Jose Maria Aznar. Nach Angaben der Veranstalter kamen 100.000 Menschen zur Demonstration.

Die Demonstration wurde vom Nationalen Widerstandsrat, eine Tarnorganisation der umstrittenen Volksmodjahedin organisiert. Die Exilorganisation, die bis zum Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein im Irak angesiedelt war und dort unter der Obhut des damaligen Regimes arbeitete, wird von den USA als terroristisch eingestuft. Auch die Europäische Union führte sie in ihrer Liste terroristischer Organisationen auf, nahm sie aber im vergangenen Jahr aus der Liste heraus.


Tauffest in Hannover für Exil-Iraner

Rund vierzig Iranerinnen und Iraner haben sich am 20. Juni in Hannover taufen lassen. In einem feierlichen Gottesdienst, der in deutscher und persischer Sprache gefeiert wurde, bekannten sie sich zum christlichen Glauben. Erstmals fand die Taufe so vieler Exil-Iraner im Rahmen eines Tauffestes in der Kreuzkirche statt. In zwei weiteren Gottesdiensten wurden zahlreiche hannoverische Kinder und Erwachsene in die Kirche aufgenommen.

Die Iraner seien aus dem ganzen Bundesgebiet zum Tauffest angereist, sagte der Iraner-Seelsorger der Hannoverschen Landeskirche, Pastor Hans-Jürgen Kutzner. Unter den Getauften sind auch einige Exil-Iraner, über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist. Die meisten Getauften sind gut ausgebildete Männer im Alter von 25 bis 45 Jahren, sagte Kutzner. Aber auch Rechtsanwältinnen und Ärztinnen sind getauft worden. Gerade die junge akademische Oberschicht verlasse das Land.

Kutzner hob in seiner Ansprache hervor, dass die Taufe befreiende Wirkung habe und den Gläubigen Fröhlichkeit schenke. Die Iraner gestalteten den Gottesdienst mit persischer Musik.

Kutzner sagte der Agentur epd, dass die Zahl der Taufen im vergangenen Jahr zugenommen habe. Hier bestehe ein Zusammenhang mit der so genannten "Grünen Revolution", die das Regime blutig niedergeschlagen habe. "Die Bilder einer blutüberströmten Studentin, Neda, gingen via Twitter und das Internet um die Welt", sagte Kutzner. Dies habe insbesondere auch viele Exil-Iraner betroffen gemacht. Dennoch bleibe der Übertritt zum Christentum ein Akt der Glaubensüberzeugung.

Die iranische Bevölkerung gehört mehrheitlich der schiitischen Glaubensrichtung an. Seit zwei Jahren gebe es in dem Land ein Gesetz, das die Abkehr vom Islam strafrechtlich verfolge und mit dem Tod bestrafe, sagte Kutzner, der seit sieben Jahren die Iraner-Seelsorge leitet. So gebe es unter den Getauften viele Ängste. "Sie sorgen sich auch um ihre Angehörigen", sagte Kutzner. Mitunter gebe es ein großes Misstrauen selbst gegenüber Freunden: "Das öffentliche Bekenntnis zum Christentum ist ein großer Schritt."

Die Iraner hatten sich mit Unterricht auf die Taufe vorbereitet und einen Fragebogen ausfüllen müssen. "Darin wird unter anderem die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes unterstrichen", sagte Kutzner. Viele Iraner hätten zunächst durch den Koran ein falsches Bild davon. In den Gottesdiensten und Gebeten werde der dreieinige Gott mit einem persischen Wort benannt und nicht als Allah angerufen, erläuterte der Pastor.


Iranischer Außenminister in Dublin mit Eiern beworfen

Der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki wurde am 10. Juni in Dublin mit Eiern beworfen. Die irische Polizei nahm drei Demonstranten fest. Bereits bei Mottakis Auftritt zuvor im Dubliner Institut für Internationale und Europäische Angelegenheiten gab es einen Zwischenfall, als zwei Demonstranten riefen, der Außenminister stehe für Terrorismus und Diktatur. Leibwächter Mottakis trieben die beiden Männer mit Tritten und Schlägen aus dem Raum. Vor dem Institut warfen Demonstranten Eier auf Mottaki und traten gegen sein Auto, als er herauskam. Leibwächter schützten ihn mit einem Schirm. Bei seinem Auftritt in dem Institut verurteilte Mottaki die vom UN- Sicherheitsrat gegen Iran verhängten Sanktionen.

Bereits bei einem Besuch des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments in Brüssel wurde Mottaki attackiert. Der britische Konservative Struan Stevenson rief Mottaki "Mörder" zu, als dieser das Parlamentsgebäude betrat. Ein Bild der bei Protestdemonstrationen im vergangen Sommer getöteten Regimekritikerin Neda Agha Soltan wurde dem Briten von Sicherheitsleuten des Parlaments vor der Ankunft Mottakis entwunden.


Iranische Delegation besucht KZ-Gedenkstätte nicht

Eine iranische Delegation hat sich in Weimar geweigert, die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zu besuchen. Die Besucher aus der Stadt Schiraz haben den im Programm vorgesehenen Besuch abgesagt, teilte die Stadtverwaltung am 24. Juni mit. Zwischen Weimar und Schiraz besteht eine Städtepartnerschaft.

Oberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) erklärte, er bedauere die Absage. Eine Städtepartnerschaft sei aber undenkbar ohne Einbeziehung der KZ-Gedenkstätte und ohne Verständnis für die Aufgabe, vor die Weimar durch die Erinnerung an Buchenwald gestellt sei. Nach den Medienberichten sagte danach auch der Stadtrat ein Treffen mit der Delegation aus Schiraz ab.

Im vergangenen Jahr war ein Besuch der Gedenkstätte Buchenwald auch im Rahmen des Goethe-Hafis-Festivals geplant. Einige der geladenen Gäste aus Iran nahmen nicht daran teil. Zumindest diese Erfahrung hätte genügen müssen, um nach einem Jahr den Versuch nicht zu wiederholen.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
9. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 7/2010 - Juli / 9. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2010