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AUSSEN/152: Entwicklung - EU fordert Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Mai 2015

Entwicklung: EU fordert Paradigmenwechsel in der Zusammenarbeit

von Ramesh Jaura


Bild: © UNFPA Sudan

Die Europäische Union ruft nach Nachhaltigkeitszielen, die sowohl wirtschaftliche als auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen
Bild: © UNFPA Sudan

BRÜSSEL (IPS) - Im Vorfeld der internationalen Konferenz für Entwicklungsfinanzierung, die vom 13. bis 16. Juli in Addis Abeba stattfindet, hat die Europäische Union einen "wirklichen Paradigmenwechsel" in der globalen Entwicklungszusammenarbeit gefordert.

Dem Treffen in der äthiopischen Hauptstadt folgt der UN-Gipfel im September in New York, auf dem die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) offiziell verabschiedet werden, die an die Ende des Jahres ablaufenden Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) anschließen. Im Dezember findet dann in Paris die Klimakonferenz statt. "Diese Treffen werden über unsere Zukunft und den Ehrgeiz der internationalen Gemeinschaft für die kommenden Jahre und Jahrzehnte entscheiden", erklärte der EU-Entwicklungskommissar Neven Mimica.

Entwicklungsfinanzierungs- und Klimakonferenz seien eine Gelegenheit, die sich im Leben nur einmal biete, um die Armut zu beenden, einen gemeinsamen Wohlstand zu erreichen, die Volkswirtschaften zu transformieren, den Frieden zu fördern und die Einhaltung der Menschenrechte zu gewährleisten, fügte Mimica hinzu.

Die Europäische Kommission, die die Interessen der 28 EU-Mitgliedstaaten vertritt, befürwortet SDGs, die nicht nur die klassischen Bereiche wie Armutsbekämpfung, Gesundheit und Bildung abdecken, sondern auch wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte beinhalten. Ferner setzt sie sich für eine "universelle Agenda", d. h. die Anwendung der in New York zu beschließenden Ziele durch alle Länder ein, damit auf Landes- und internationaler Ebene Fortschritte erreicht werden können. "Eine solche weitreichende Agenda lässt sich nur durch eine wirklich globale Partnerschaft realisieren", meinte der EU-Kommissar.

Mimica genießt diesbezüglich die Unterstützung einer Gruppe eminenter Personen aus den EU-Staaten Deutschland, Finnland, Frankreich und Luxemburg, die die fünfte Auflage des Europäischen Entwicklungsberichts (ERD) verfasst haben. Der ERD 2015 wurde am 4. Mai unter dem Titel 'Finanzierung und Politiken für eine transformative Post-2015-Entwicklungsagenda - Auf die Kombination kommt es an' in Brüssel veröffentlicht.


Allumfassende Zusammenarbeit

Mimica zufolge soll die Agenda dazu dienen, alle Länder und alle gesellschaftlichen Akteure auf allen Ebenen zum Handeln zu bewegen: die Regierungen, den Privatsektor und die Zivilgesellschaft. Sie alle müssten ihren Teil beitragen.

Die wichtigste Botschaft des ERD lautet: Politik und Finanzierung müssen Hand in Hand gehen, damit eine transformative Post-2015-Agenda gelingen kann. Auf der Grundlage vorliegender Untersuchungsergebnisse und spezifischer Ländererfahrungen zeigt der Bericht, dass Entwicklungsfinanzierung allein nicht viel ausrichtet - selten werden die angepeilten Ziele erreicht. Ausschlaggebend sei, die beiden Instrumente Finanzierung und Politik zu kombinieren, heißt es in dem Report.

Mimica würdigte die im Bericht enthaltenen Feststellungen und Analysen als einen "wertvollen, forschungsbasierten und unabhängigen Beitrag zu unserem Denken und zu der globalen Debatte über die Post-2015-Agenda". Dies gelte insbesondere mit Blick auf die Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Addis Abeba, sagte der gebürtige Kroate während der Vorstellung des Berichts in Brüssel. "In diesem wichtigen Jahr der internationalen Entwicklungszusammenarbeit kann der ERD 2015 als Referenzpunkt dienen - sowohl für die Europäische Union als auch für die gesamte internationale Gemeinschaft."

In vielerlei Hinsicht ergänzt und unterstützt der ERD die Arbeit der Kommission in dem Bestreben, für einen umfassenden Ansatz zu werben, der die Post-2015-Entwicklungsagenda voranbringt. Gleichzeitig fordere der Report die Kommission heraus, sich Gedanken über weitere Vorgehensweisen zu machen, unterstrich Mimica.

Die Bedeutung des Berichts wird durch die Tatsache betont, dass die Europäische Union als Ganzes selbst in Zeiten signifikanter Haushaltszwänge der größte globale Geber ist. Nach den jüngsten Zahlen ist die offizielle Entwicklungshilfe (ODA) der EU insgesamt (durch EU-Institutionen und Mitgliedstaaten) auf 58,2 Milliarden Euro gestiegen und hat damit einen nominalen Rekordwert erreicht. Die kollektive EU-ODA 2014, die zum zweiten Mal infolge gestiegen ist, entsprach 0,42 Prozent des EU-Bruttonationaleinkommens (BNE) des letzten Jahres.

Ein 0,7-Prozent-ODA/BNE-Ziel war im Oktober 1970 gesetzt worden, als die UN-Vollversammlung eine Resolution annahm, die das Ziel beinhaltete, dass "jedes wirtschaftlich fortgeschrittene Land seine Entwicklungshilfe an die Entwicklungsländer progressiv erhöhen und sich intensiv darum bemühen wird, bis Mitte des Jahrzehnts einen Mindestnettobetrag von 0,7 Prozent seines BNE zu erreichen".

Bisher wurde dieses Ziel nicht erreicht, doch immer wieder auf hochrangigen internationalen Hilfs- und Entwicklungskonferenzen wiederholt. "Wir sind fest entschlossen, in jeglicher Hinsicht unseren Teil der Post-2015-Agenda einschließlich der Mittel für die Umsetzung zu leisten", sagte der EU-Kommissar Mimica.


Kollektive EU-Neuverpflichtung auf 0,7-ODA-Ziel

Er fügte hinzu: "In unserer Mitteilung vom Februar [über eine Globale Partnerschaft für Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung nach 2015] hat sich die Kommission sehr klar ausgedrückt. Wir haben den Mitgliedstaaten eine kollektive EU-Neuverpflichtung auf das 0,7- ODA/BNE-Ziel vorgeschlagen - und wir hoffen wirklich, dass sich die Mitgliedstaaten noch vor Addis darauf einigen werden."

Die ODA wird sicherlich auch im Post-2015-Kontext wichtig sein - vor allem für die ärmsten Länder (LDCs), wie Mimica erklärte. "Gleichzeitig erwarten wir, dass andere Partner inklusive andere entwickelte Volkswirtschaften und die Schwellenländer ebenso ihren fairen Beitrag leisten werden. Die Bemühungen der EU allein werden nicht reichen."

Wie der EU-Entwicklungskommissar weiter erklärte, wird man nach Addis Abeba und New York nur dann von ehrgeizigen Ergebnissen sprechen können, wenn die Staatengemeinschaft mehr Ehrgeiz entwickele. (Ende/IPS/kb/06.05.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/05/eu-calls-for-paradigm-shift-in-development-cooperation/

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IPS-Tagesdienst vom 6. Mai 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2015

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