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ITALIEN/429: Proteste gegen Mattarellas Stellungnahme zum faschistischen Massaker vom 12. Dezember 1969 (Gerhard Feldbauer)


Erinnerung an faschistisches Massaker auf der Piazza Fontana im Dezember 1969

Scharfe Kritik an Präsident Mattarella, der Verwurzelung Melonis in diese Terrorbanden verschweigt

von Gerhard Feldbauer, 14. Dezember 2022


Eine Stellungnahme von Staatspräsident Mattarella zum Jahrestag des faschistischen Attentats in der Landwirtschaftsbank auf der Piazza Fontana am 12. Dezember 1969 in Mailand (17 Tote, über 100 Verletzte) hat scharfe Proteste hervorgerufen. Zwar verurteilte der Staatschef das Massaker als "einen grausamen Angriff, der Tod und Leid verursachte" und "die Institutionen der Republik bedrohte", behauptete aber, "es sei möglich gewesen, die neofaschistischen subversiven Strategien und die terroristischen Banden aller Zeichen zu besiegen". Abgesehen davon, dass er damit Anschuldigungen an Linke, dafür mitverantwortlich zu sein, übernimmt, vertuscht er, dass diese faschistischen Banden nicht besiegt wurden, sondern heute in Gestalt der Meloni-Regierung am Ziel sind. So könne Meloni heucheln, "die unschuldigen Opfer des Massakers auf der Piazza Fontana nicht zu vergessen", während sie deren direkte Kinder, Erben und politische Bewunderer der Protagonisten jener "dunklen Jahre" in ihre Regierung geholt hat, schreibt das linke Manifesto.

Zu ihnen gehöre die Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Isabella Rauti, Tochter von Pino Rauti, "dem Terror-Manager des Movimento Sociale Italiano - MSI (in dem Meloni die Jugendfront leitete und aus dem ihre Brüderpartei hervorging) und der Gründer der subversiven Pro-Nazi-Gruppe Ordine Nuovo, die für das Massaker an der Piazza Fontana verantwortlich war". Für den Anschlag in Mailand wurden Anarchisten und APO-Linke beschuldigt und über 300 von ihnen verhaftet, darunter der Balletttänzer Valpreda, der 3 Jahre unschuldig eingesperrt blieb. Der Anschlag sollte das Klima für einen faschistischen Putsch schaffen, den der Kriegsverbrecher und MSI-Ehrenvorsitzende Valerio Borghese, der wegen 800fachen Mordes an Partisanen und Widerstandskämpfern verurteilt, aber auf Betreiben der USA begnadigt wurde, im Dezember 1970 auslösen wollte. Rauti arbeitete, so Manifesto weiter, mit einem Guido Giannettini, Agent des italienischen Geheimdienstes SID, zusammen, der das bekannte provokative Pamphlet mit dem Titel "Le red hands on the Armed Forces" verfasste, in dem verbreitet wurde, die Streitkräfte seien "kommunistisch unterwandert" und die "rote Machtergreifung" stünde unmittelbar bevor. Das Machwerk sollte den Vorwand für einen weiteren, 1964 geplanten faschistischen Putsch gegen die Regierung der Apertura a Sinistra (Öffnung nach Links) des linksliberalen Vorsitzenden der Democrazia Cristiana (DC) Aldo Moro mit den Sozialisten Pietro Nennis liefern.

Manifesto erinnert daran, dass Melonis FdI in Brescia (1974 Ort eines ebenfalls faschistischen Massakers mit acht Toten und 102 Verletzten, für das Rauti verantwortlich gemacht wurde) eine Sektion nach ihm benannt hat. Alle Maskeraden, kosmetische Tünche und Beteuerungen, "nie mit dem Faschismus sympathisiert" zu haben, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Führerin der faschistischen Brüder Italiens (FdI) eine Regierung "reueloser Faschisten" gebildet hat, schätzte die Chefredakteurin des Manifesto, Norma Rangeri, ein. Wenn Mattarella dagegen äußert, die subversiven Strategien und die terroristischen Banden vom Schlag eines Pino Rauti seien "besiegt" worden, dann kann Meloni weiter behaupten, "nie mit dem Faschismus sympathisiert" zu haben.

Sich an das Massaker auf der Piazza Fontana zu erinnern bedeute, auf den schwarzen Faden hinzuweisen und ihn anzuprangern, der die heutigen Faschisten an diese tragische Seite der Geschichte bindet, schreibt das linke Contropiano auf seinem Online-Portal und fügt hinzu, heute sei es die Europäische Union, die die Interessen der großen Bosse des Kapitals verkörpert, die "keine Bedenken" hat, "Nazis und Faschisten einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen".

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 16. Dezember 2022

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