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ITALIEN/427: Melonie zeigt ihr wahres Gesicht - Prozess gegen den Journalisten Roberto Saviano (Gerhard Feldbauer)


Meloni zeigt ihr wahres Gesicht

Prozess gegen Journalisten Roberto Saviano, der ihre menschenfeindliche Flüchtlingsverfolgung anprangerte

von Gerhard Feldbauer, 15. November 2022


Nachdem Brüssel die von der Führerin der faschistischen Brüder Italiens (FdI) Giorgia Meloni gebildete Regierung wärmstens begrüsst hat, sieht diese keine Anlass mehr, sich zurückzuhalten und zeigt ihr wahres Gesicht. Am Dienstag hat sie vor dem Gericht in Rom Klage gegen den neapolitanische Schriftsteller Roberto Saviano wegen Verleumdung erhoben. Saviano hatte, wie der Sender RAI Uno erinnerte, Meloni und den damaligen Innenminister Salvini im November 2020 für den Tod eines sechs Monate alten Babys, das an Bord der NGO Open Arms starb, weil es keine rechtzeitige medizinische Behandlung erhielt, verantwortlich gemacht. In der Piazzapulita genannten Fernsehdebatte über Migrantenfragen und die Politik der Behandlung der Flüchtlinge in italienischen Häfen hatte Saviano auf La7 im Dezember 2020 Meloni als "Bastard" bezeichnet. Saviano drohen wegen Diffamierung der Führerin der Brüder Italiens und derzeitigen Premierministerin drei Jahre Gefängnis.

Nach Melonis Wahlsieg schrieb der Schriftsteller in den sozialen Medien: "Ich habe meinen Namen auf Twitter im Trend gelesen, weil die Wähler von Meloni mich auffordern, das Land zu verlassen. Das sind Warnungen, und das ist das Italien, das uns erwartet." Dann hielt er den Wählern Melonis, die sagten, "Faschismus sei etwas anderes", entgegen, das ist "eine erste schwarze Liste der Feinde des Vaterlandes", die erstellt wurde.

Laut Medienberichten geht Saviano keinen Schritt hinter seine Äußerungen zurück. In einem Interview für die Turiner Zeitung La Stampa bekräftigte er seine Kritik an der Regierung Meloni und erklärte, dass er Meloni und Salvini wieder "Bastarde" nennen würde, wie er es in der Sendung auf der Piazzapulita getan habe. "Ich rechtfertige meine Empörung und meine tiefste Verachtung für diejenigen, die angesichts eines Schiffbruchs nicht sagen, dass Menschenleben vor jeder Ausbeutung oder jedem politischen Weg stehen, der mehr oder weniger streng, unflexibel, grausam wie Papeete oder übertrieben ist." Zu denen, die gegen die Verfolgung des bekannten Schriftstellers protestieren, gehört Burhan Sönmez, Präsident von Pen International, der Vereinigung von Schriftstellern, die weltweit für die Meinungsfreiheit kämpfen. Er forderte in einem von der Presse veröffentlichten Appell Meloni auf, die Klage zurückzuziehen.

Mit Roberto Saviano, Sohn eines katholischen Arztes und einer jüdischen Lehrerin, steht ein entschiedener Kämpfer gegen die Verbrechen der Mafia vor Gericht. Erstmals erregte er 2006 mit einer dokumentarischen Studie "Gomorra - Viaggio nell'impero economico e nel sogno di dominio della camorra" Aufmerksamkeit. Der Titel spielte auf die sündhafte Stadt Gomorrha der Bibel und auf die wirtschaftskriminellen Clans der Camorra in Neapel an. Seine Recherchen dazu hatte er jahrelang verdeckt vorgenommen und unter anderem als Hafenarbeiter gearbeitet. Für das Buch erhielt er mehrere Auszeichnungen, darunter den Premio Viareggio, den prestigeträchtigsten Literaturpreis Italiens. Es wurde in mehr als 50 Sprachen übersetzt, weltweit wurden mehr als zehn Millionen Exemplare verkauft.

Nach Erscheinen des Buches verfolgte die Camorra Saviano mit Todesdrohungen und er erhielt vom Innenministerium Personenschutz. Saviano ist Mitglied des Osservatorio sulla Camorra e l'Illegalità (Beobachtungsstelle für Camorra und Illegalität), Autor der linken Tageszeitungen Il Manifesto sowie der Zeitschrift L'Espresso und des Corriere della Sera.

Die Anhörung am Dienstag dauerte nur wenige Minuten. Das Verfahren wurde auf den 12. Dezember vertagt. Wie La Stampa schrieb, habe Salvini beantragt, als Zivilpartei zugelassen zu werden. Melonis Anwalt, Luca Libra, erklärte: "Wir werden prüfen, ob wir die Beschwerde zurückziehen."

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Quelle:
© 2022 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 18. November 2022

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