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ITALIEN/345: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 17.6.2020 (SB)



In der Versammlung der sogenannten Generalstände über die Annahme von Geldern aus dem EU-Wiederaufbaufonds steht am Mittwoch der Auftritt des Präsidenten des Industriellenverbandes Confindustria, Carlo Bonomi, bevor. Von ihm werde erwartet, wie die Nachrichtenagentur ANSA die stellvertretende Wirtschaftsministerin Laura Castelli von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) zitiert, daß er aus Sicht des Instrutriellenverbandes darlege, wie jetzt am besten zu verfahren und was "mit den vorhandenen Ressourcen zu tun" sei. Zu diesen Fragen hatte ANSA am Dienstag den Standpunkt von Ministerpräsident Giuseppe Conte wiedergegeben. [1]

Beiten Raum nahm am Mittwoch in der Berichterstattung italienischer Medien die am Vortag erfolgte Haftentlassung von Massimo Carminati, einem früheren Mitglied der faschistischen Terrororganisation "Nuclei Armati Revoluzionari", ein, der sich seit Dezember 2014 in Haft befunden hatte. Der auch "der Einäugige" genannte Carminati war ein enger Vertrauter von Gianni Alemanno von der faschistischen Alleanza Nazionale (AN), aus der die heutigen Fratelli Italiens (FdI) von Giorgia Meloni hervorgegangen sind. Bis 2013 war Alemanno Bürgermeister von Rom.

Carminatis Freilassung wurde damit begründet, daß die Untersuchungshaft abgelaufen und kein rechtskräftiges Urteil gegen ihn ergangen sei. Er war angeklagt worden, Chef einer "Mafia Capitale"-Bande zu sein, in deren Aktivitäten auch Alemanno verwickelt gewesen sein soll. Die Bande soll Politik und Geschäftswelt in der italienischen Hauptstadt jahrelang unterwandert und korrumpiert haben. 2017 war Carminati in einem Korruptionsprozeß zur "Mafia Capitale" zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Allerdings konnten ihm keine Mafiadelikte nachgewiesen werden, was weitaus härtere Strafen nach sich gezogen hätte. Später wurde das Strafmaß reduziert und schließlich sogar das Urteil aufgehoben. Ein neuer Prozeß gegen ihn müßte erst noch angesetzt werden.

Die "Mafia Capitale" ist Ende 2014 aufgeflogen. Sie soll in Rom gegen Schmiergelder lukrative Aufträge für von ihr kontrollierte Unternehmen an Land gezogen haben. Zu ihrem "Geschäftsfeld" gehörten unter anderem Flüchtlingsunterkünfte und die Müllentsorgung der Stadt. Dieser Skandal erschütterte damals auch die Politik. 2016 wurde Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung - mit den Stimmen der Lega - zur Bürgermeisterin der Hauptstadt gewählt. Die M5S-Politikerin wurde allerdings beschuldigt, selbst in die Mafia-Skandale verwickelt zu sein und nicht entschieden genug gegen Alemannos Komplizen vorzugehen. Ihr Versprechen, in Rom "von Grund auf aufzuräumen", wurde bis heute nicht eingelöst.


Anmerkung der SB-Redaktion:

[1] Siehe im Schattenblick unter INFOPOOL → EUROPOOL → POLITIK:
ITALIEN/344: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 16.6.2020 (SB)

17. Juni 2020


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