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ITALIEN/248: Senatorin der Regierungspartei zur Vorsitzenden der Kommission für den Schutz der Menschenrechte gewählt (Gerhard Feldbauer)


Vor Hohn triefende Fratze des Lega-Faschismus

Senatorin der Regierungspartei zur Vorsitzenden der Kommission für den Schutz der Menschenrechte gewählt
Scharfe Proteste

von Gerhard Feldbauer, 17. November 2018


Die regierende rassistische Lega und ihr Koalitionspartner, die rechte Fünf-Sterne-Bewegung, haben mit ihrer Mehrheit im Senat die Ernennung der Lega-Senatorin Stefania Pucciarelli zur Vorsitzenden der Kommission des Senats zum Schutz der Menschenrechte durchgesetzt. Bisher wurde das Ressort von der Demokratischen Partei (PD) verwaltet, die bei den Parlamentswahlen im März als Regierungspartei eine Niederlage erlitt. Gegen die Legistin war die Senatorin Emma Bonino als gemeinsame Kandidatin der PD und der linken Bewegung Freie und Gleiche (LeU) angetreten.

Schon 1991, als die Lega aus der Taufe gehoben wurde, war Pucciarelli eine enge Vertraute Umberto Bossis, des 2017 wegen Unterschlagung von 49 Millionen Euro Parteigeldern zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilten Lega-Gründers. Seitdem gehört sie zu den rassistischen Scharfmachern der ersten Reihe und ist eine besonders fanatische Vertreterin von deren Blut-und-Boden-Ideologie. Wie der Mailänder Corriere della Sera schreibt, ist die Senatorin "seit Jahren für ihre schmähenden Angriffe auf Zigeuner, Homosexuelle und bis zu den Wahlen auch gegen die Fünf Sterne bekannt".

Allein von den von ihr verfolgten Roma leben in Italien 120.000 bis 150.000 Menschen, mehr als 25.000 in erbärmlichen Unterkünften, aus denen seit dem Amtsantritt der Lega-M5S-Regierung Tausende vertrieben wurden. Fast die Hälfte der Roma besitzt die italienische Staatsbürgerschaft. Die Senatorin gehörte zu den Initiatoren des von Lega-Chef Salvini, Innenminister und Vizepremier, erlassenen verfassungswidrigen Sicherheitsdekrets, das den Kampf gegen die Mafia auf eine Stufe mit dem gegen Migranten stellt, ihnen Leistungen entzieht und das Asylrecht aushöhlt. Die Gewerkschaft CGIL zeigt auf ihrem Twitter ein Foto, wie die neue "Verteidigerin der Menschenrechte" vergangene Woche die Räumung eines Roma-Lagers in Castelnuovo Magra von Rom mit Bulldozern überwachte. Der Europäische Gerichtshof EGMR hat dieses Vorgehen wiederholt verurteilt.

In der Wahlkampagne unterstützte sie die von Lega-Chef Salvini betriebene Neufassung des Notwehrparagraphen, nach dem das Recht zu töten legalisiert werden soll, um den rassistischen Totschlägern von Migranten Straffreiheit zu sichern. Sergio Lo Giudice, Sprecher der PD für Menschenrechte, erinnerte daran, dass die Senatorin das Vorhaben Salvinis, "Diebe zu erschießen", ausdrücklich unterstützt. Ein Gesetz gegen Folter lehne sie dagegen ab. Das linke Manifesto informiert, dass die Senatorin unter dem Slogan der katholischen Familienauffassung die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ablehnt, ebenso die Zuerkennung der italienischen Staatsbürgerschaft für in Italien geborene Migrantenkinder.

Während der Fraktionschef der Lega im Senat, Massimiliano Romeo, laut der Nachrichtenagentur ANSA den Rassismus seiner Parteifreundin in hohnsprechender Weise als Basis einer "guten Arbeit" lobt, die dem "zivilen Zusammenleben moderner Demokratien" dienen werde, gibt es eine bisher kaum gekannte Protestwelle gegen diese den Grundsätzen der italienischen Verfassung widersprechende Ernennung. Der Sprecher von Amnesty International Italia, Riccardo Noury, erklärte es für nicht hinnehmbar, dass diese Senatorin, "die den Menschenrechten zuwider handelt, an die Spitze eines Organs berufen werde, dessen Aufgabe sei, diese zu schützen". Giuseppe Civati von der Leitung der LeU: Mit ihr werde eine Politikerin eingesetzt, die "die Menschenrechte mit Füßen tritt". Die frühere Parlamentspräsidentin Laura Boldrini verweist darauf, dass die Senatorin derzeit wegen "Aufhetzung zum Rassenhass" vor Gericht steht. Die römische La Repubblica nennt die Berufung "eine Kriegserklärung" an die Kämpfer für die Menschenrechte.

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Quelle:
© 2018 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. November 2018

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