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ITALIEN/196: "Nie wieder Faschismus" (Gerhard Feldbauer)


"Nie wieder Faschismus"

Antifaschisten Italiens demonstrierten Einheit, um Vormarsch der faschistisch-rassistischen Koalition zu stoppen

von Gerhard Feldbauer, 30. Oktober 2017


Das antifaschistische Italien hat am Sonnabend mit Hunderten Protestveranstaltungen den wachsenden faschistischen und rassistischen Gefahren ein entschiedenes Halt entgegengesetzt. Es wurde daran erinnert, dass an diesem Tag, am 28. Oktober 1922, mit der Machtergreifung des "Duce del Fascismo", Benito Mussolini, eine 23jährige verbrecherische Herrschaft begann, die unendliches Leid über die Menschen brachte. Unter der Losung "Der Antifaschismus marchiert", hatte der Nationale Partisanenverband Associazione Nazionale Partigiani d'Italia (ANPI) zu einem Kampftag "gegen Faschismus und Neofaschismus" aufgerufen. Neofaschisten mit dem Sturmtrupp der Forza Nuova (Neue Kraft) an der Spitze wollten am 28. Oktober den Einfall von 40.000 Faschisten vor 95 Jahren in Rom feiern, nachdem König Vittorio Emanuele auf Geheiß führender Kapitalkreise mit dem Gummikönig Pirelli an der Spitze Mussolini mit der Bildung einer Regierung beauftragt hatte. Auf Forderung der ANPI wurde dieser "Erinnerungsmarsch" vom Polizeipräsidenten der Hauptstadt verboten. Versuche faschistischer Provokationen wurden am Sonnabend in Rom von Sicherheitskräften sofort unterbunden und mehrere Täter festgenommen.

Wie die römische La Repubblica am Sonntag berichtete, nannte der 94jährige ANPI-Päsident, Carlo Smuraglia, ein aktiver Teilnehmer an der Resistenza gegen Hitlerdeutschland, auf einer Veranstaltung der ANPI auf dem Kapitolshügel von Rom, den Kampftag nicht nur eine Antwort auf diese Provokation, sondern den Beginn einer neuen Ära, den Faschisten in Schwarzhemden oder ihren heutigen anderen Formationen "null Toleranz zu gewähren". Es gelte, den Antifaschismus in allen Institutionen durchzusetzen, faschistische Manifestationen seien zu verbieten, "nicht weil sie die öffentliche Ordnung stören, sondern weil sie gegen unsere Verfassung verstoßen".

Auch in Mailand, Turin und Florenz, Neapel, Palermo und in über 50 weiteren Städten sowie Hunderten Gemeinden gingen Tausende Italiener auf die Strasse und forderten auf Transparenten und in Sprechchören "stoppt die Faschisten", "Nie wieder Faschismus", "Rettet die Demokratie", "Solidarität mit den Migranten". An den vielfältigen Veranstaltungen, darunter ein Kolloquium in Mailand, nahmen Sozialdemokraten, Linke und Kommunisten, Katholiken, Vertreter der drei großen Gewerkschaften CGIL, CISL und UIL, der Verband der Universitätsstudenten (UDU), Wissenschaftler und Kulturschaffende unterschiedlicher politischer Ansichten teil. Sie bekundeten, bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2018 der Koalition der rechtsextremen Forza Italia von Ex-Präsident Berlusconi, der faschistischen Brüder Italiens und der Lega-Rassisten eine entschiedene Abfuhr zu erteilen.

Zu den Teilnehmern der Manifestation auf dem Campidoglio gehörten u. a. die Vizepräsidentin des Senats, Rosa Maria Di Giorgi vom regierenden Partito Democratico (PD), die Bürgermeisterin von Rom Virginia Raggi von der Fünf Sterne Bewegung (M5S) und der Präsident des Verbandes der Freiwilligen der Freiheit - FIVL (katholische Partisanen), Prof. Francesco Tessarolo, die sich den Ausführungen Smuraglias anschlossen, dass diese "gemeinsame Front der Demokratie" einen "hervorragenden Beginn" darstelle. Rifondazione Comunista (PRC) appellierte in ihrem Online-Portal, sich der Kraft der einheitlich handelnden Antifaschisten zu erinnern, die 1945 mit der Hinrichtung Mussolinis der 23jährigen Diktatur ein Ende setzten. Beobachtern fiel auf, dass der wegen seiner Kollaboration mit dem faschistoiden Ex-Premier Berlusconi heftig kritisierte PD-Chef, Matteo Renzi, an keiner der Veranstaltungen teilnahm.

Die Teilnehmer der Kundgebung in Rom sangen zum Ende gemeinsam das legendäre Partisanenlied "Bella Ciao". Nach der Kundgebung legte eine Delegation der Versammelten an der Gedenkstätte für den 1926 ermordeten Führer der Einheitssozialisten, Giacomo Matteotti, am Lungotevere einen Kranz nieder.

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2017

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