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ITALIEN/054: Kommunisten Italiens rufen zur Einheit der Linken (Gerhard Feldbauer)


Kommunisten Italiens rufen zur Einheit der Linken

Heimat der Kommunisten bei Lenin und Gramsci

von Gerhard Feldbauer, 11. September 2014



Über 100 Kommunisten Italiens in leitenden Funktionen haben in einem Appell zur Überwindung der Spaltung der linken und kommunistischen Bewegung ihres Landes und zur Einheit im gemeinsamen Kampf gegen den Imperialismus für politische und soziale Rechte aufgerufen. Der Appell hebt zwei Gesichtspunkte hervor: Eine einheitliche Vertretung der kommunistischen, antikapitalistischen, sozialistischen und antiliberalen Linken zu schaffen, die sich auf der Grundlage eines Minimalprogramms zur politischen (nicht organisatorischen) Vertretung der "Welt der Arbeit und der Klasse" zusammenfindet und zur Offensive gegen das Kapital antritt. Innerhalb dieser breiten einheitlichen linken Front sei eine unabhängig handelnde kommunistische Vertretung in reorganisierten Parteien, die alle kommunistischen Kräfte erfasst, erforderlich. Sie müssten ihre ideologische Heimat in aktualisierten historischen Erfahrungen der IKP, der italienischen Linken und der internationalen kommunistischen Bewegung finden und vom Beitrag Lenins und Gramscis ausgehend sich auf die besten marxistischen Traditionen stützen.

Unter den Unterzeichnern des Appells ist an erster Stelle der führende italienische und internationale kommunistische Philosoph Professor Domenico Losurdo von der Partei der Kommunisten Italiens (PdCI), Präsident der Internationalen Gesellschaft für dialektisches Denken, zu nennen, aber ebenso die breite gesellschaftliche Verwurzelung der Initiatoren: Sie kommen aus den beiden kommunistischen Parteien - PdCI und PRC (Partei der Rifondazione Comunista), aus den Gewerkschaften, sozialen Zentren, der Partisanenverbände, sind Vertreter der Wissenschaft, der Literatur und Kunst.

Der Aufruf analysiert den katastrophalen Niedergang der kommunistischen und linken Bewegung nach der Beseitigung der IKP 1991 und ihrer Mutation in eine sozialdemokratische Linkspartei PDS, die schließlich in eine Fusion mit dem katholischen Zentrum zur Demokratischen Partei (PD) mündete, deren Führung sich heute selbst sozialdemokratischer Traditionen entledigt. Da es der nach der Liquidierung der IKP gebildeten PRC nicht gelang, die aus der IKP überkommenen opportunistischen Erscheinungen zu überwinden, setzten weitere Spaltungen und der Verfall in neue Strömungen ein. Beteiligungen an Mitte Links-Regierungen brachten nicht nur keine sozialen Ergebnisse für die Arbeiter, sondern förderten Karrieredenken, untergruben die Kampfkraft und führten 2008 zur Aufgabe kommunistischer Identität und zum Aufgehen in einer linken so genannten Bewegung des Regenbogens (Arco Balèno) und damit zur katastrophalen Wahlniederlage (3,1 Prozent), seit der die Kommunisten und andere Linke nicht mehr im Parlament vertreten sind. Die Bildung einer neuen Linkspartei für Umwelt und Freiheit (SEL), die durch ein Wahlbündnis mit der PD sich einige Parlamentssitze sicherte, vertiefte die Spaltung nochmals.

Es werde sich um keinen kurzen, sondern um einen langen, stufenweisen Prozess handeln, der aber heute eingeleitet werden müsse, um eine konstruktiven Dialog zu eröffnen und Schritt für Schritt nicht nur gelegentliche Übereinstimmung zu erzielen, sondern zu einer aufbauenden Aktionseinheit zu kommen.

2008 hatten zahlreiche Kommunisten bereits einmal zur Einheit der Kommunisten mit Orientierung auf eine einheitliche Partei aufgerufen. Wenn ein konkreter Erfolg in dieser Hinsicht auch ausgeblieben ist, hat der damalige Appell dennoch zu einem Klärungsprozess dergestalt beigetragen, dass die Ursachen der Zerrissenheit diesmal klarer benannt werden, gleichzeitig die Einheitsbestrebungen sich auf die gesamte antikapitalistische Linke konzentrieren und selbst bei einer Aufgeschlossenheit der linken PD-Basis einen Dialog mit deren Führung nicht ausschließen.

Der Appell schließt: "Kommunisten, vereinigt Euch für die Schaffung einer kommunistischen Partei, einer Linken der Klasse und der Arbeit. Einheit und Einheitskurs".

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Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2014