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STELLUNGNAHME/021: Rumäniens homophobes Referendum (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Rumäniens homophobes Referendum

Von Romania - Torture in Europe, 7. Oktober 2018



Photo by Stefan Botez, CC BY-SA 2.5 [taken from http://monsoux.blogspot.com/ Used with permission (granted via e-mail)] https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de, via Wikimedia commons

Teilnehmer beim GayFest Bukarest 2006
Photo by Stefan Botez, CC BY-SA 2.5 [taken from
http://monsoux.blogspot.com/ used with permission (granted via e-mail)]
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de via Wikimedia commons


Menschenrechtsgruppen reichen rechtliche Schritte gegen homophobes Referendum ein

Ein geplantes Referendum zur Änderung der Definition von Familie in der rumänischen Verfassung könnte zu einem Verstoß gegen internationale Menschenrechtsstandards führen und die homophobe Diskriminierung im Land verstärken, sagte Amnesty International [1], als sie sich anderen Rechtsgruppen anschloss und in einem Fall vor dem rumänischen Verfassungsgericht intervenierte.

Das der rumänische Staat Homophobie verbreitet, ist bekannt. Undenkbare Korruption lauert in jeder Ecke des Landes und ist allgegenwärtig.

Auch bekannt ist, dass die Pflicht zur Einhaltung der geltenden Menschenrechtskonventionen nur auf dem Papier anerkannt wurde, um ein Teil der Europäischen Gemeinschaft zu werden und damit so zu tun, als habe das Land und mit ihm seine Herrschenden die dunkle Vergangenheit hinter sich gelassen und sei dadurch berechtigt, die Milliarden-Förderung aus dem "Gemeinschafts-Topf" zu erhalten und auf EU-Ebene mitreden zu können.

Auch dachte sich wohl die rumänische Staatsmacht, dass ein Beitritt zur NATO dienlich wäre, der internationalen Gemeinschaft weis zu machen, man sei daran interessiert, die Einhaltung der Menschenrechte auch militärisch durchzusetzen. In der Folge wurden diverse Stützpunkte im Land eröffnet, die anscheinend geostrategisch von Bedeutung sind.

Jedoch merken bisher nur wenige, das durch die Beitritte keine positiven Änderungen im Land stattgefunden haben, welche erkennen lassen, man sei keine Diktatur mehr und man würde seine Bevölkerung und andere nicht mehr verfolgen, unterdrücken, foltern oder an Hunger und Verwahrlosung sterben lassen, wie in der Vergangenheit des Landes.

Auch der Geheimdienst (vergleichbar mit der Stasi), heute SRI genannt (ehemalige Securitate), ist bis heute umstritten aktiv. Teilweise sogar mit den alten Machthabern von damals.

Nun, im Jahr 2018, wird versucht das gespaltene rumänische Volk wieder zu einen, und von den enormen Problemen abzulenken, indem man homophobe Ängste und Ressentiments schürt.

Anstatt endlich Probleme anzupacken, wird versucht, die täglich demonstrierende und unterdrückte Bevölkerung wieder zu beruhigen, indem man ihr das Gefühl gibt, in einem sogenannten Referendum entscheiden zu dürfen.

Eine Volksabstimmung wird durchgeführt, nicht etwa, um beispielsweise über Mindestlöhne abzustimmen, mit dem die Arbeitnehmer sich wenigstens ein Minimum an Menschenwürde finanzieren können, auch wird nicht abgestimmt, ob vielleicht 30 Euro Sozialhilfe monatlich doch nicht ausreichen, um als kranker, alter oder hilfsbedürftiger Mensch am Leben zu bleiben und Miete zahlen zu können.

Nein, es wird versucht den Bürgern und auch der EU vorzugaukeln, es würde keine anderen Probleme geben, außer, dass es undenkbar ist, das LGBT (Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transgender oder Intersexuelle Menschen) den Namen Familie für ihr Zusammenleben zu benutzen.

Gemäß der Auffassung einiger, ist lediglich das Zusammenleben einer Frau mit einem Mann FAMILIENLEBEN! Andere Konstellationen sollen in Zukunft verfassungswidrig sein!

Um diesen Fakt in die Verfassung aufnehmen zu lassen, gibt der verarmte Mitgliedstaat nun mehr als 45 Millionen Euro für eine Volksabstimmung aus.

Dass Kinder allein oder sogar ganze Familien noch immer in Kanalschächten oder unterirdischen Fernwärmeschächten unter den Straßen leben, wird jedoch gekonnt ausgeblendet und verschwiegen.

Auch, dass Minderjährige in staatlichen Kinderheimen von der Polizei, den Heimleitern und Angestellten verkauft werden, um beispielsweise sexuelle Beziehungen mit Erwachsenen zu führen, oder Devisen ins Land zu spülen, wird auch mit aller Macht verheimlicht und bestritten.

Jugendliche, aber auch behinderte Minderjährige, werden in sogenannte Haftanstalten, in menschenunwürdige Gefängnisse eingeliefert, wo diese sich gegenseitig sexuell missbrauchen oder sogar töten. Sie werden eingesperrt mit Erwachsenen ohne Hilfe in absolut ekelhaften, illegalen Bedingungen! Das ist auch ein Teil der Wirklichkeit und des traurigen Alltags in diesem Land.

Nun soll absurderweise trotz eines neuen Urteils der EU-Richter ein Referendum entscheiden, was schon längst entschieden ist!

Das heißt, weiterhin werden EU-Richtersprüche verspottet, und es wird so getan, als müsse man sich nicht an die Gesetzgebung der europäischen Union halten.

Mit Blick auf die Aufenthaltsfreiheit von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen umfasse der Begriff des Ehegatten auch homosexuelle Partner, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem im Sommer 2018 verkündeten Urteil. Nachdem ein Rumäne mit seinem amerikanischen Ehemann gegen den rumänischen Staat in diversen Instanzen klagen musste (nachzulesen in einer kurzen Zusammenfassung der Zeitung taz)[2].

Die Diskriminierung, die unter anderem durch die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, durch die rumänischen Staatsmedien und die dortigen regierenden korrupten Politiker geschickt "verpackt und verharmlost" und dann verbreitet wird, hat in Zukunft extreme Auswirkungen für eine Vielzahl von Menschen, die sich in diesem Land aufhalten.

Welche Ausmaße die verbreitete Homophobie beispielsweise für deutsche Staatsbürger annehmen kann, wurde bereits veröffentlicht. Unter anderem im Tatsachenbericht in der Presseagentur Pressenza (Rumänien ein Alptraum der Menschenrechte und die EU schaut weg)[3].

Auch gab es ein recht neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem korrupte rumänische Gerichte und die rumänische Polizei in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft praktisch wegen Duldung von homophober Gewallt verurteilt wurden.

Das europäische Gericht erklärte, dass, wenn Hassverbrechen nicht von Gewaltangriffen, denen keine Vorurteile zugrunde liegen, unterschieden würden, diese Nichtbeachtung der diskriminierenden Tatmotive einer Gleichgültigkeit gegenüber Hassverbrechen und einer staatlichen Duldung derartiger Taten gleichkomme (eine kurze Zusammenfassung des Urteils hat Amnesty International veröffentlicht)[4].


Homophobie ist heilbar, Homosexualität aber nicht!

Ein Homosexueller Norweger wurde in Rumänien verhaftet, er musste eine Psychologin in der menschenunwürdigen JVA aufsuchen, die Diagnose der Rumänischen Psychologin war: Störung der Sexualpräferenz F65.9!

Am 17. MAI 1990 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der UNO Homosexualität aus ihrer Krankheitsliste gestrichen.

Das heißt, es wurde aus der International Classification of Diseases (ICD) gestrichen. Heute käme kein ernst zu nehmender Wissenschaftler mehr auf die Idee, Homosexuelle als krank anzusehen.

Jedoch anders im homophoben Rumänien!

Während sogar in den USA immer mehr Staaten die Reparativtherapie gegen Homosexualität verbieten, verabreichen die sogenannten Ärzte in Rumänien Medikamente, und stempeln Homosexuelle mit Hilfe einer Klassifikation F65.9 als krank ab.

Eine Übersetzung und das gesamte Dokument (Name des "Patienten" geschwärzt) ist hier [5] verfügbar.

Nachdem nun Polen und Ungarn wegen Nichteinhaltung der Rechtsstaatlichkeit und diversen Verstößen und Menschenrechtsverletzungen öffentlich gerügt wurden, und hoffentlich auch mal endlich Strafen zu erwarten haben, vermisst man die längst überfällige Durchsetzung von Sanktionen gegen Rumänien. Anscheinend wird dieser Staat von EU-Behörden geschützt oder vergessen, oder aufgrund der anscheinend wichtigen NATO-Stützpunkte haben die korrupten Staatsoberhäupter im Land nichts zu befürchten und können ungestraft weiter machen wie bisher.

Fazit ist, dass in diesem Land immer noch Menschen das Bedürfnis empfinden, die Verfassungsmäßigkeit der Definition von Familie anzufechten.

Ein Beispiel um die unglaublichen Vorhaben zu visualisieren: Eine Frau, die jahrelang von ihrem Mann misshandelt oder missbraucht wurde und sich danach entschließt, mit einer anderen Frau eine Familie zu gründen, wird laut rumänischer Verfassung vielleicht in Zukunft von der Bevölkerung noch härter ausgeschlossen als zuvor.

Oder ein Kind, welches bei seinem Vater aufwächst, und jener sich in einen anderen Mann verliebt, hat eventuell in Kürze keine Familie mehr, weil die Definition FAMILIE wie gefordert dann nur noch aus dem Zusammenleben von Mann und Frau Familie genannt werden darf.

Das nun auch Kinder und Jugendliche, die in diesem Land leben, noch weiter beeinflusst, verunsichert, diskriminiert oder sogar attackiert werden, ist vorprogrammiert.

Jugendliche werden von den Staatsmedien und anderen zwielichtigen Organisationen missbraucht, um "pro Homophobes-Referendum-Werbeclips" zu produzieren.

Inszeniert wurde beispielsweise diese Werbung mit der Überschrift "Rumänien für das Referendum", worin junge Menschen des Landes zu den Senatoren von Rumänien sprechen [6].

Der eindeutig homophobe Charakter dieses Referendums soll verharmlost werden, in dem man für dieses Referendum z.B. folgende Slogan benutzt: UNSERE MISSION - Schützen und unterstützen Sie die Familie, die auf der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau beruht.

"Wovor soll man die Familien schützen??? Etwa vor homosexuellen Menschen, die vorhaben anzugreifen, oder die Ehe zwischen Mann und Frau auslöschen wollen???

Oder sollen junge Menschen nun auch noch mit Hilfe der Verfassung davor beschützt werden, mit ihren "anders liebenden" Eltern, Pflegeeltern oder anderen Familienmitgliedern zusammen als Familie zu leben?

Wird ernsthaft die Überzeugung verbreitet, dass es besser ist, auf der Straße zu leben, oder in den diversen unmenschlichen, illegalen staatlichen Einrichtungen hausen zu müssen, weil auf einmal die Familie, die man gewohnt ist, keine Familie mehr ist?

Wir hoffen, dass die EU-Kommissare, in Zusammenarbeit mit diversen Menschenrechtsorganisationen, niemals zulassen, dass dieser Albtraum wahr wird. Sollte es doch dazu kommen, dass ein EU-Mitgliedstaat solche homophoben Anwandlungen auch noch in die Verfassung übernehmen darf, sollten zumindest Reisewarnungen ausgesprochen werden (z.B. von Seiten des Auswärtigen Amts), in denen Reisende davor gewarnt werden, das Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit regelmäßig missachtet werden und man sich nicht auf den Schutz der EU-Gesetzgebung verlassen kann und einem auch eine Botschaft im Land nicht hilft.

Auch muss davor gewarnt werden, dass insbesonders homosexuelle Menschen oder Familien befürchten müssen, bei der Durchreise oder bei einem touristischen Aufenthalt diskriminiert, verspottet, angegriffen oder sogar verhaftet zu werden, weil sie laut der Verfassung kein Recht haben, ihr Familienleben vor Ort auszuüben.

Romania - Torture in Europe
Blogg über Menschenrechtsverletzungen in Rumänien

Erstveröffentlicht bei:
http://torture-prison.eu/homophobes-referendum/


Anmerkungen:
[1] https://www.queeramnesty.de/meldungen/artikel/jahr/2018/view/rumaenien-menschenrechtsgruppen-reichen-rechtliche-schritte-gegen-homophobes-referendum-ein.html
[2] http://www.taz.de/!5510424/
[3] https://www.pressenza.com/de/2018/05/rumaenien-ein-alptraum-der-menschenrechte-und-die-eu-schaut-weg/
[4] https://www.queeramnesty.de/laender/artikel/kategorie/europa/view/rumaenien-verurteilt.html
[5] https://torture-prison.eu/wp-content/uploads/2018/10/homophob-doctor-romania.pdf
[6] https://youtu.be/hjt9hj8_Xxo


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

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Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Reto Thumiger
E-Mail: redaktion.berlin@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Oktober 2018

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